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Zur Buße das Durchlesen von Konzilstexten

27. Mai 2010 in Aktuelles, 29 Lesermeinungen
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Der Novus Ordo kann mindestens so transzendent und erhaben und mysterial gefeiert werden wie der Ritus von Pius V. aus dem 16. Jahrhundert - Dogma ist etwas Beglückendes - Kath.Net dokumentiert den Grundsatzvortrag von P. Karl Wallner zum Priestertum


St. Pölten (kath.net)
Aufgrund vieler Anfragen des gestrigen Artikels veröffentlicht Kath.Net, mit Genehmigung von P. Karl Wallner, den Vortrag "Welche Priester brauchen wir für das 3. Jahrtausend?" im Wortlaut:

Wir befinden uns im von Papst Benedikt XVI. ausgerufenen Priesterjahr, das mit dem Herz-Jesu-Fest im Juni 2009 aus Anlass des 150. Todestages des heiligen Pfarrers von Ars Jean-Marie Vianney am 4. August 1859 eröffnet wurde. Im Vorjahr hatten wir gedacht, dass das Priesterjahr sich in schönen liturgischen Feiern und aufbauenden Rundschreiben über das Priestertum entfalten würde, doch es ist ganz anders gekommen.

Die Kirche erlebte eine große Läuterung und eine schmerzhafte Reinigung. Und das ist vielleicht gut so. Ich bin zuversichtlich, dass die Verantwortlichen sehr schnell und sehr gründlich alles rechtlich Notwendige und disziplinär Mögliche tun werden, um das besser zu regeln, was vielleicht kirchenintern aufgrund unzureichender psychologischer Einschätzung der Pädophilie oder aufgrund veralteter und inakzeptabler schwarzer Pädagogikmethoden schief gelaufen ist. Nach Abklingen der aufgeheizten medialen Entrüstung muss es doch erlaubt sein festzustellen, dass Missbrauch keineswegs ein kirchliches oder gar katholisches oder gar am Zölibat festzumachendes Thema ist.

Die nüchterne Statistik weist aus, dass 99,7 Prozent der Fälle sich im familiären Bereich ereignen, wie unlängst sogar das kirchendistanzierte Journal „Profil“ verkündet hat.

Neben den natürlichen Maßnahmen der Kirchenleitungen muss aber auch der Kosmos des Übernatürlichen ausgeschöpft werden. Denn alles, was in der Kirche gelingt, ist letztlich ein Werk göttlicher Gnade, eine Manifestation einbrechenden Gottesheiles. In der Pfingstsequenz bekennen wir gegenüber dem Heiligen Geist: „Ohne Dein lebendig Wehn’ kann im Menschen nichts bestehen, kann nichts heil sein und gesund! Was befleckt ist, wasche rein. Dürrem gieße Leben ein, heile Du, wo Krankheit quält.“ Papst Benedikt XVI. hat deshalb bei seiner Pilgerfahrt nach Fatima am 13. Mai 2010 insbesondere die Priester dem Unbefleckten Herzen Mariens anvertraut und geweiht. Nach Hans Urs von Balthasar und anderen Theologen meint ja die Übergabe des Johannes unter dem Kreuz an Maria, die Jesus gleichsam als Testament in der Stunde seines Todes vollzieht, mit Johannes, dem Apostel, insbesondere „den Priester“.

All das stimmt mich zuversichtlich, und darum möchte ich in diesem Vortrag auf das Wesentliche gehen, von dem ich glaube, dass wir es von Zukünftigen Priestern erwarten dürfen, ja erwarten müssen. Ich wurde eingeladen, zwar einen theologisch verantworteten Vortrag hier zu halten, aber keinen allzu akademischen. Sie werden ein weithin persönlich gehaltenes Plädoyer eines Mönchs (28 Jahre) und Priesters (22 Jahre) hören, der noch dazu in der Verantwortung steht, in der Priesterausbildung tätig zu sein: „Wie sollen die Priester der Zukunft sein? Welche Priester brauchen wir auf dem Weg in das 21. Jahrhundert?“

Gleich zu Beginn muss ich ausdrücklich die Punkte erwähnen, über die ich nicht sprechen werde: Wenn ich von Priestern spreche, so setze ich das katholische Verständnis des Weihesakramentes voraus, also das, was der Glaube der katholischen Kirche lehrt, abgesichert durch das pneumatische Wirken des Heiligen Geistes in 21. Ökumenischen Konzilien und in dem apostolischen Lehramt des Papstes und der Bischöfe, denen überzeitlich das Wort Christi gilt: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab!“ (Lk 10,16) Darum werde ich mich hier definitiv dem gleichsam neurotischen Zwang entziehen, im Zusammenhang mit dem Priestertum über das Thema des Zölibates zu sprechen. Ebensowenig wird es mir um die Zulassung von Frauen zum Priestertum gehen. Für letzteres besteht aufgrund der Theologie der Weihe, wonach der Geweihte gleichsam ontologisch in die Dienst- und Sklavengestalt des mensch- und manngewordenen Christus eintritt, keine Option.

Die Nicht-Möglichkeit der Frauenordination ist durch ein klares und eindeutiges „Non Possumus“ des obersten Lehramtes – Paul VI. in „Inter insigniores“ (1976) und Johannes Paul II. in „Ordinatio Sacerdotalis“ (1994) – entschieden.

Beim Thema „Zölibat“ leide ich sehr darunter, dass dieser Wert des Ganz-auf-Gott-konzentrierten-Lebens durch die innerkirchliche Diskussion permanent als Unwert betrachtet wird. Schon die Frage „Warum dürfen Priester nicht heiraten?“ - gestellt in einer Gesellschaft, wo stabile Ehe- und Familienbindungen selbst eine beispiellosen Verfall erleben - ist die Unterstellung einer Deprivation, einer Beraubung!

Es ist aber umgekehrt. Ich habe als Pfarrer immer wieder die Feststellung gemacht, dass die Leute meinen, dass wir Priester von einer Art Sondereinsatztruppe des vatikanischen Geheimdienstes gleichsam zwangsentführt wurden, um nun in dieser ehelosen frauen- und sexlosen Lebensform dahinzuschmachten. Die Menschen sind bass erstaunt, wenn man ihnen sagt, dass man freiwillig, aus Liebe zu Christus, auch unter dem bewussten Willen zum Opfer, zur Ganzhingabe, in diese Lebensform getreten ist, um auch Zeugnis dafür zu geben, dass das zukünftige „Himmelreich“ für uns nicht bloß ein schönes Märchen ist, sondern die große Hoffnung, die uns trägt, und die allein den Verzicht auf Ehe und Familie sinnvoll macht.

Leider ist für manche innerkirchlich eingerosteten Ideologen der Zölibat immer und überall an schlechthin allem schuld. (Ein Journalist hat unlängst humorvoll geschrieben: Wenn sich im nächsten Kirchenskandal etwa herausstellen sollte, dass die Vatikanbank irgendwelche Kontakte mit der Mafia hat, so würde sofort auch dafür wieder der Zölibat verantwortlich gemacht.)

Nur ein Wort noch zu unserem Nicht-Thema des Zölibats, es stammt aus dem Mund von Kardinal Schönborn. Dieser wurde vor einiger Zeit gefragt, ob man etwas am Zölibat ändern soll. Er antwortete: „Ja, man soll ihn besser leben!“ So wie die beste Werbung für Ehe und Familie das Vorbild gelingender Ehen und Familien ist, so wird die Verliebtheit in Gott, die selbstaufopferende Ganzhingabe in der spirituellen Beziehung zum jenseitigen Gott mit der Bereitschaft zum Dienst für Gläubige und Gemeinde im Zölibat auch dann zu strahlen beginnen, wenn wir Priester ihn authentisch leben.

Fünf Punkte halte ich für ein zukunftsfähiges Priesterbild für wesentlich:

1. Ein Priester der Zukunft muss authentisch-nachkonziliar sein

Das Wort „nachkonziliar“ ist heute schon fast eine Provokation, und zwar für beide Ränder, die sich in der Kirche entwickelt haben: Für steht „nachkonziliar“ gleichsam für die große Hemmung, die nach dem Konzil dem sogenannten Geist des Konzils entgegengesetzt wurden. Die „nachkonziliaren“ Entscheidungen von Papst Paul VI., die Kirche nicht durch Bischofssynoden gleichsam in einen Zustand des Konziliarismus überzuführen, seine unpopuläre Entscheidung in Humanae Vitae 1968 die unaufgebbare Verbindung zwischen Geschlechtlichkeit in der Ehe mit der Offenheit für das Kind einzufordern, seine Ablehnung des Frauenpriestertums, sein Festhalten am Zölibat… und vieles mehr wird von jenen Theologen, die im Konzil nur eine Art Anstoßereignis sahen, als Tragödie bewertet. Noch dazu die Tatsache, dass auf das Pontifikat des vorsichtigen und leidenden Paul VI. das fast 27-jährige und damit zweitlängste Pontifikat in der Kirchengeschichte von Johannes Paul II. folgte.

Der Priester der Zukunft, so möchte ich hier einmahnen, darf nicht „neben“ oder „außer“ dem stehen, was das 2. Vatikanische Konzil gebracht hat. Das letzte der insgesamt 21 Ökumenischen Konzilien wollte die Erneuerung der Kirche. Ich habe aber das Gefühl, dass die kirchliche Atmosphäre der letzten Jahre und Jahrzehnte aus verschiedendsten Motiven von einer substantiellen Konzilsverweigerung geprägt war.

Ich erinnere mich noch an mein Noviziat, wo ich die Konzilstexte von A bis Z durchgelesen habe und meinen Verdacht bestätigt fand, dass der sogenannte „Geist des Konzils“ in vielerlei Hinsicht nicht der Geist des Konzils ist, sondern der Geist der 68er Jahre. Und der war nicht nachkonziliar, sondern vielfach antikonziliar.

Tatsache ist, dass das 2. Vatikanum am 8. Dezember 1965 endete; das war zugleich der Vorabend einer Epoche, die Kardinal Walter Kasper folgendermaßen charakterisiert: „Mitte und Ende der 60er Jahre kam es in der gesamten westlichen Welt zu einem neuen Schub der Aufklärung, der Emanzipation und der Säkularisierung. Was man bei uns gewöhnlich als Studentenrevolution bezeichnet, war in Wirklichkeit eine viel umfassendere Kulturrevolution, welche in Deutschland geistig und kulturell wohl einen größeren Ein¬bruch bedeutete als der äußere Zusammenbruch von 1945.“

Wenn von Konzilsverweigerung gesprochen wird, so meint man oft nur die traditionalistische Haltung, die zum lebvebrianischen Schisma von 1988 führte. Der durch einige Mitarbeiter des deutschen Papstes Benedikt XVI. unzureichend vorbereitete und ungeschickt vermittelte Versuch, dieses Schisma vorerst durch die Aufhebung der Exkommunikation führte gerade in der jüngsten Vergangenheit zu einem schweren Erdbeben, durch das 2009 das Ansehen des Heiligen Vaters in der medialen Öffentlichkeit schwer beschädigt wurde. Hier wirkt ein geradezu dämonischer Mechanismus, denn auf diese Weise wurde gerade wieder die andere Seite gestärkt, die unter dem Namen „Konzil“ nur einen dünnen Liberalismus verstehen. Es gibt keinen „Geist des Konzils“, der von den Texten, zu deren Erstellung die Bischöfe ja um jedes Wort gerungen hatten, getrennt werden kann.


Das Konzil ist eine doktrinäre Realität, nach unserem Glauben sogar ein Werk des Heiligen Geistes. Ein Priester der Zukunft muss darum die Texte des Konzils kennen. Er muss die Aussagen des Konzils über die hierarchisch-episkopale Struktur der Kirche, über die Allgemeine Berufung zur Heiligkeit, über die Übernatürlichkeit der Offenbarung, über das Wesen des Priestertums, auch über den Zölibat usw. kennen und verinnerlicht haben.

Wenn es einen tatsächlich „heiligen“ „Geist des Konzils“ gibt, dann ist dieser die von Johannes XXIII. gewünschte Unerschrockenheit, auf die Menschen unserer Zeit zuzugehen, eine „Kirche in der Welt von heute“ zu sein. Nicht eine Kirche, die sich in der Welt von heute auflöst, sondern die aus der Glaubenskraft der eigenen Identität auf die Menschen zugeht.

Das war die Grundabsicht des seligen Johannes XXIII., die in allen Dokumenten massiv durchklingt. Das hat Johannes Paul II. vorgezeigt, indem er die Welt unermüdlich bereiste: dass die Kirche mutig in die Welt von heute geht, nicht um sich zu verweltlichen, sondern um die Welt für Christus zu gewinnen.

Dieses allererste Anliegen des Pastorlakonzils scheint mir leider am allerwenigsten erfasst zu sein. Wir erleben eine Selbstauflösung der Kirche durch klerikale Verweltlichung auf der einen Seite oder ein defensives Sich-Verschanzen in der Sakristei auf der anderen Seite.

Ein zukünftiger Priester sollte auch konkret wissen, was das 2. Vatikanische Konzil in dem Priesterdekret „Presbyterorum ordinis“ an Dogmatischem aber auch an Praktischem lehrt. Da finden sich oft auch konkrete pastorale Hinweise, die wie Perlen sind, etwa wenn gesagt wird, dass die Wohnung des Priesters so schlicht gestaltet sein soll, dass selbst Arme keine Scheu haben sie zu betreten…

Wir Priester der Zukunft müssen das Konzil kennen, und wenn wir es authentisch kennen, werden wir es lieben. Das Unwissen hier ist erschreckend, anstelle von Wissen über das Konzil sind vage Vermutungen und fixierte Vorurteile zu finden. Das Konzil war nicht die Selbstsäkularisierung der Kirche, als die es von Traditionalisten leider ausgegeben wird.

Schluss mit den Vorurteilen, die durch nichts in den Texten des Konzils gedeckt sind. Missbräuche dürfen nicht mit Inhalten verwechselt werden, wie dies gerne von jenen vorgeschoben wird, die das Konzil von der anderen Seite her verweigern, von der Seite der Tradition.

Ich glaube nicht, dass der Priester der Zukunft traditionalistisch sein sollte, sehr wohl aber sollte er aus der Tradition her leben, aus den spirituellen, liturgischen Schätzen der katholischen Tradition. Zu diesen gehört mittlerweile auch das 2. Vatikanische Konzil. (Wenn ein Priester zu mir beichten kommt, gebe ich ihm gerne als Buße das Durchlesen von Konzilstexten, etwa auch die „Allgemeine Einführung in das Messbuch“ von Paul VI., die oft für viele eine Offenbarung ist. Denn der Novus Ordo, also der ordentliche Ritus der römischen Messliturgie, kann meines Erachtens mindestens so transzendent und erhaben und mysterial gefeiert werden wie der Ritus von Pius V. aus dem 16. Jahrhundert).

Ich wünsche mir also Priester für die Zukunft, die nicht nur im chronologisch-zeitlichen Sinn „nachkonziliar“ sind, sondern im inhaltlichen Sinn. Man müsste vielleicht besser sagen: „authentisch-nachkonziliar“! Und ich muss Ihnen gestehen, dass ich viele junge Priester kenne, für die diese frohe Offenheit, die aus einer treuen Liebe zur Kirche, zum Dogma, zur Liturgie kommt, kenne.

2. Ein Priester der Zukunft muss wesentlich auf Gott konzentriert sein

Das Hauptproblem des kirchlichen Lebens ist die Veräußerlichung, und diese äußert sich natürlich auch in einer oberflächlichen Einschätzung des priesterlichen Dienstes. Der Pfarrer ist gut, der gesellig ist, der „menschlich“ ist, der einen guten Schmäh hat, der teamfähig ist usw. All diese menschlichen Eigenschaften sind wichtig. Als Priesterausbildner muss ich wirklich sagen, dass die „Normalität“ des Charakters und der Persönlichkeit eine wichtige Grundlage für ein fruchtbares Priestersein ist. Hier gilt der Satz der klassischen Gnadenlehre, dass die Gnade die Natur ja nicht ersetzt, sondern diese vielmehr voraussetzt, dann aber erhöht und zur Vollendung führt. Wenn also ein Priester von Natur aus kontaktfreudig ist, wenn er teamfähig, gesprächssensibel und zugleich auch Entscheidungen treffen und führen kann, umso besser.

Wenn er gut im Small-Talk (bzw. im Kaffee-Geplaudere) ist, dann soll das auch gut sein. Aber im Sinne Christi ist er nur dann ein guter Priester, wenn er in allem seinen Tun eine Konzentration auf das Wesentliche hat. Und dieses Wesentliche ist Gott.

Hier muss der Priester ein mutiger Trendsetter gegen die allgemeine Veräußerlichte Sicht der Kirche sein. für viele Menschen ist die Kirche nur mehr ein Religionsverein zur Veranstaltung schöner Zeremonien wie Erstkommunionen, Hochzeiten und Begräbnissen… Wo kommen die wesentlichen Themen noch vor? Gibt es Gott? Was ist Heil? Was kommt nach dem Tod? Hat mein Leben einen Sinn? Macht der Glaube glücklich? Themen wie Pfarrfeste, Kirchenrestaurierungen, Seniorenausflüge, Pfarrblattfinanzierung usw. sind auch wichtig, aber sie sind nur das - unverzichtbare aber nebensächliche -Beiwerk, das instrumentale Brimborium für das Wesentliche. Die Wesentlichkeit muss im konkreten Alltagsbetrieb des Priesters zu spüren sein.

Das 2. Vatikanum beginnt seine große dogmatische Konstitution über die Kirche mit dem Bezug auf das Allerwesentlichste, auf Christus: Christus, das Licht der Welt - „Lumen gentium“ - spiegelt sich auf dem Antlitz der Kirche wider. So der 1. Satz der Kirchenkonstitution. Das Wesen der Kirche liegt darin, das göttliche Licht Christi in die Welt hineinzustrahlen. Von diesem Wesentlichen ist oft keine Spur.

Wird über die Kirche geredet, so geht es nicht um den fortlebenden Christus, sondern um eine Institution zur Aufrechterhaltung familiärer Zeremonien und religiöser Sentimentalitäten. Die Menschen kommen, um in den schönen Kir¬chen zu heiraten, getauft, gefirmt und begraben werden und mehr nicht. (Dabei sind die Farbe des Blumen¬schmucks und der Schnitt des Brautkleides wichtiger als die Gnade, die Gott zu einem le¬benslänglichen Glück schenken möchte. Bei der Verkündigung des Evangeliums oder während der Predigt des Pfarrers wird die Videoka¬mera abgeschaltet, sobald aber die Braut auch nur in der Nase bohrt, richten sich 10 Fotoapparate auf sie… Wo die Kirche nur mehr als beitragseinhebender Trachten- und Zeremonienverein verstanden wird, hat sie ihr göttliches Wesen verloren. Was ohne Wesen ist, darf ruhig verwesen.)

Die Wesentlichkeit des Priesters in seiner Konzentration auf Gott ist nichts Kompliziertes, sie ist nichts künstlich Aufgesetztes. Sie ist so einfach: Wenn man das Taufgespräch einfach mit einem Gebet beginnt, die Probe für die Trauung in der Kirche damit, dass man dem Brautpaar die Kniebeuge erklärt, die man gerade gemacht hat. Nach einem Geburtstagsbesuch den Jubilar fragt, ob man ihm zum Segen die Hand auflegen darf… Achtung! Ich meine mit Wesentlichkeit nicht etwas Unnatürliches, Sprödes und Aggressiv-Antisäkulares. Der Priester der Zukunft muss einer sein, der deshalb wesentlich ist, weil ihm Gott gleichsam selbstverständlich ist. Weil er in einer tiefen lebendigen Beziehung zu Gott steht und diese von sich her in die Welt strahlt. Sein Strahlen soll den Namen tragen: „Meine Liebe ist Gott, mein Leben ist Christus!“

Und darum muss ein Priester der Zukunft in seinem pastoralen Dienst auch immer wieder ausdrücklich Gott thematisieren. Wir haben etwas zu verkündigen, und das ist Gott selbst! Eindeutig ist, dass wir einen Aufbruch der Religiosität erleben; ebenso eindeutig leider, dass er vielfach an den christlichen Kirchen vorbeigeht. Religiosität „in“ ist, und es hat sich geradezu ein „Jahrmarkt“ der religiösen Angebote entwickelt: das Angebot reicht von östlicher Meditation über die abenteuerlichen Ideologien mancher Sekten bis hin zum kom¬merziellen Handel mit abergläubischen Praktiken.

Spiritismus und Okkultismus sind salonfähige Gesprächsthemen geworden; und die Sensation des Religiösen und Ab¬normalen wird auch in den Medien breitgetreten. Johann Baptist Metz hat in einer scharfen Zeitgeistanalyse in den 90er Jahren die neue Mentalität treffend charakterisiert als „Religiosität ohne Gott“. Religiosität ist vielfach bloß ein erbauliches Gefühl oder ein wohliges Nervenkribbeln. Bei vielen beschränkt sich Religiosität auch auf die belanglose Feststellung: „Irgendetwas wird es schon geben“.

Für uns aber ist Religiosität zutiefst dadurch charkterisiert, dass ein personaler Gott in unsere Welt eingebrochen ist, sich hier mitten unter uns inkarniert hat.

Und dass er im Heiligen Geist diese personale Beziehung auch mit jedem von uns in der von ihm fortgesetzten Heilsgeschichte aufnehmen möchte. Gott hat sich vor zweitausend Jahren in seinem menschgewordenen Sohn endgültig ausgesprochen. Jacques Maritain formuliert, dass „…das eigentlich Charakteristische der jüdisch-christlichen Offenbarung“ darin besteht: „Sie ist nicht unaussprechlich, sie ist ausgesprochen.“ Dieser sich ausgesprochen habende Gott ist eine Sensation, denn er ist „die Liebe“. Das ist die immer aktuelle, immer erfüllende, immer befreiende Mitte des christlichen Glaubens, wie Papst Benedikt XVI. in seiner ersten Enzyklika „Deus Caritas est“ ausgeführt hat. In diese Mitte des Glaubens, also zu Gott hinzuführen, wird die wesentliche Verkündigungsaufgabe für den Priester der Zukunft sein.
Ich meine aber nicht nur, dass der Priester oft und viel über Gott, über Dreifaltigkeit und eben die substantiellen Themen in der Kirche predigen soll, sondern er soll auch den Bezug auf Gott sonst immer durchscheinen lassen. Für viele Menschen ist Kirche eben ein Religionsverein, wo wir Religiösen irgendwelche selbsterfundenen mythischen Phantasien vertreten.

Unsere Religion hat aber eine völlig gegenteilige Struktur: Wir sind die Religion des Einbruches Gottes in diese Welt: Gott hat zu uns gesprochen, ja mehr noch, sein Wort, der ewige Logos, ist unter uns Mensch geworden. Unser Glaube bezieht sich nicht auf Menschsatzung, sondern auf Gottes Selbstoffenbarung. Ich glaube, dass ein Priester daher durchaus in die Argumentation die Worte einfließen lassen kann: „Der liebe Gott will…“ oder „Gott sagt uns doch…“ Mir fehlt einfach auch im Mund von uns Priestern oft viel zu sehr der Bezug auf Gott. Der Gott, der sich selbst ausgesprochen hat, will auch von seinen Gesandten ausgesprochen werden. Aber freilich nicht nur durch das gesprochene Wort, sondern auch durch das Zeugnis des Lebens

3. Ein Priester der Zukunft muss ein Zeuge sein.

Ich muss hier eine Analyse des Zeitgeistes geben, die mich als gläubigen Christen und noch mehr als Dogmatikprofessor zutiefst schmerzt: Meine Analyse des Zeitgeistes lautet: „Dogma out ist, Zeugnis ist in.“ Was meine ich damit? Wir leben in der Zeit des Super-Mega-Subjektivismus. Unser eigenes „Ich“ ist der Mittelpunkt des Kosmos geworden, wir messen alles daran, ob es „für mich“ gut ist, ob es „mir etwas bringt“. Der Trendforscher Mathias Horx spricht vom Zeitalter des totalen Individualismus. Daraus folgt, dass das „Objektive“ für uns Menschen heute , die wir nur in unser Ich verliebt sind, keinen Wert mehr darstellt. Wir leben in der Zeit des Wahrheitsrelativismus und es fehlt nicht an zeitgeistigen Philosophien, die nicht von einer Wahrheit, sondern von vielen Wahrheiten, die einander auch diametral widersprechen, ausgehen.

Dogma aber ist das Objektive.

Lassen wir Katholiken uns nie den Begriff „Dogma“ schlechtreden, denn für uns ist Dogma etwas zuhöchst Beglückendes – entgegen dem pejorativen Sprachgebrauch! Dogma ist das, was uns Gott um unseres Heiles willen offenbart hat.

Dogma ist das Gegenteil von der partikulären „Meinung“ von irgendjemandem. Im Dogma spricht Gott zu uns, gibt uns Grund, Sinn und Fundament, letzte Wahrheit! Das Dogma trägt und formuliert uns die freudige Botschaft, dass Gott unser rettendes Heil ist. Die Dogmen sind die „Schutzwälle der Offenbarung“ . Dieses „Dogma“ umfasst also alles für uns Wichtige, darum spricht Vinzenz von Lerins Anfang des 5. Jahrhunderts vom „dogma catholicum“, „allesumfassenden Dogma“. Aber eben dieses Objektive, das sich in der Lehre der Kirche niederschlägt, das von den Formulierungen der Konzilien und Päpste, von den Absicherungen des Kirchenrechtes geschützt wird, ist out.

Das heißt konkret: Heute wird nicht mehr danach gefragt, was Jesus oder die Kirche denn nun „objektiv“ (also „dogmatisch“) lehren, sondern wie man sich subjektiv dazu verhält. Mit einem dogmatischen Argument - also: „Jesus sagt, dass…“, - wird man wenig Erfolg haben. Wenn man sich aber in seiner Subjektiverfahrung absichert, schaut die Sache plötzlich ganz anders aus. Es klingt doch sehr authentisch, wenn man sagt: „Mir sagt mein Jesus, dass…“

Wir Mönche etwa erleben eigentlich eine gute Zeit in der medialen Wahrnehmung, denn wir Mönche – also wir geheimnisvollen Wesen, die an so mystischen Orten wie Klöstern leben – werden für authentischen Subjekte gehalten.

Bei uns sehen die Leute irgendwie, dass wir aus einer persönlichen, also subjektiven Entscheidung, in dieser Lebensform sind. Nicht, dass sie unsere Lebensform deshalb verstehen würden, sondern sie finden uns authentisch, weil sie Subjektivität respektieren.

„Pater, warum sind sie im Kloster? – Weil ich Gott liebe“ wird bedingungslos akzeptiert. So wie man für sich erwartet, dass man in seinem eigenen „Ich denke mir“ respektiert wird, so ist man heute auch bereit, das „Ich glaube das“ zu akzeptieren, wenn es durch persönliche Überzeugung gedeckt ist.

Und das lässt sich auch für die Verkündigung fruchtbar machen: Priester der Zukunft sollten auch den Mut haben, persönlich zu bezeugen, was sie objektiv vertreten. Vorauszusetzen ist dabei freilich, dass jeder Priester wirklich das glaubt, was der Glaube der Kirche lehrt, dass er also persönlich deckungsgleich mit dem ist, woraus er lebt und was er verkündigt. Der Erfolg der Verkündigung wird weitgehend dann gegeben sein, wenn vermittelt werden kann, dass diese und jene Glaubenswahrheit auch für den Verkündiger persönlich bedeutsam ist. Das objektive Dogma kommt dabei dann nicht zu kurz, denn es wird vom Priester der Zukunft in Gestalt von persönlichen Überzeugungen glaubhaft verkündet. „Personae personas attrahunt“, sagten die Lateiner: Überzeugte Persönlichkeiten ziehen andere an, stecken andere an, formen zu neuen überzeugten Persönlichkeiten.

4. Ein Priester der Zukunft muss persönlich fromm sein

Uns in der der westlichen Kirche fehlen zusehends die „Starzen“. Starez heißt in der östlichen Kirche der geistliche Vater und Begleiter, also der gottes- und weltkluge Weise. Starez ist der in geistlichen Dingen erfahrene Seelenführer und Beichtvater, einer, der zumindest Zeit hat und der im Gespräch den Horizont ausweitet hin auf Gott. Unsere frühen „Geistlichen“ haben sich zu „Seel-Sorger“ gewandelt. Nomen est omen. Es geht nicht mehr um ein Sein (Geistlich-Sein), sondern um ein Tun (Seel-Sorgen, Pastoral-schaffen, Pfarre-organisieren). Unsere Seelsorger lassen eher den Typ des managenden Organisators und Entertainers heraushängen, die meist auch dem Begriff nach dezidiert nicht mehr das sein wollen, was man sie früher genannt hat: „Geistliche“.

Papst Benedikt XVI. hat bei seiner Ansprache bei uns im Stift Heiligenkreuz am 9. September 2007 beklagt, dass dieser Begriff „Geistliche“ zusehends abkommt. Es ist eine Tragödie, dass unsere Seelsorger immer weniger „Geistliche“ sind, weil sie immer weniger „geistlich“ sind. Wörtlich sagte der Papst: „Bischof Sailer von Regensburg hat einmal gesagt, die Priester müssten vor allem geistlich-Geistliche sein. Ich fände es schön, wenn der Ausdruck ‚Geistliche’ wieder vermehrt in Gebrauch käme.“ Vielleicht ist ein Grund dafür, dass die Menschen zu den Gurus und Wunderheilern laufen darin zu sehen, dass wir Priester zu wenig „geistlich“ sind.

In dem Buch „Von Gott reden ist gefährlich“, hat die aus aus Sowjetrussland ausgewiesene Dissidentin Tatjana Goritschewa ihre Erfahrungen der Emigration in den Westen schildert. Während in der Sowjetunion das Reden über Gott von außen her gefährlich war, diagnostiziert sie im Westen innere Blockaden der Gläubigen und auch der Priester, Gott zu thematisieren bzw. ein Milieu der Gottesbegegnung zu schaffen. Sie schildert dabei u. a. ihren Schock über die Teilnahme an einem Pfarrausflug, wo kein einziges Gebet gesprochen wurde, wo Gott nie thematisiert wurde.

Das vielleicht Entscheidendste, das von einem zukünftigen Priester einzufordern ist, ist seine Rückbindung in die Frömmigkeit. Ich verwende hier das alte deutsche Wort „fromm“, ich könnte auch den Begriff „geistlich“ oder „spirituell“ verwenden. Es kommt auf die Sache an. Leider habe ich das Gefühl, dass sich viele Priester oft ihrer Gottbezogenheit schämen. Und es gibt die Angst vieler Priester, als fromm zu gelten. Das passe nicht in die „moderne“ säkulare Welt. Dabei übersieht man, dass es die rationalistische und antimystische Moderne schon lange nicht mehr gibt. Wir sind schon lange hinübergeglitten in die spiritualitätsfreundliche Postmoderne. Wenn ich mir eine Kritik erlauben darf: viele haben in Kirche und Theologie noch nicht begriffen, dass der Rationalismus der Moderne schon lange durch den Irrationalismus der Postmoderne abgelöst wurde. Um es in der Jugendsprache zu sagen: Fromm ist cool.

Öffnen wir hier bitte unsere Augen: Rund um uns hat sich ein gigantischer Markt für Spirituelles und dessen Surrogate gebildet. Den immer mehr Getauften, die nie persönlich zu beten gelernt haben, die in ihrer Beziehung zu Gott wahrhaft „tot“ sind – das ist der eigentlich Begriff des Todes, wie ihn die Bibel prägt -, steht die steigende Zahl derer gegenüber, die irgendwo und irgendwie nach Sinn und spiritueller Erfüllung suchen. Der Mensch ist eben rettungslos auf seine Erfüllung im Raume Gottes hin angelegt und wenn die Kirche, wenn der Priester vergisst, dass genau die Vermittlung in diesen Raum Gottes hinein unsere Kernkompetenz ist, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich die Kirchen leeren und zugleich die Esoterik-Seminare boomen.

Es ist doch eine Tragik der letzten Jahre, dass wir im kirchlichen Leben viele Dimensionen aufgegeben haben, wo die Kirche dem Menschen diese mystisch-personale Gottesbegegnung ermöglicht hat. Das gilt vor allem für die Liturgie. Wir haben leichtfertig unsere Kompetenz für das, was ich die „mystische Gänsehaut“ nennen möchte, verspielt.

In das geistige Vakuum sind, wie wir heute sorgenvoll feststellen müssen, abergläubische Riten, Kulte, Sekten sonderlichster Art nachgedrungen. Man kniet nicht mehr vor dem Allerheiligsten, sondern liegt auf teuren New-Age-Seminaren in verrenkter Verzückung auf Matratzen, angebliche Urlaute ausstoßend…

Die Kirche hat sich immer von der Spiritualität her erneuert, von den Heiligen her, von der verinnerlichten Geistigkeit. „Contemplata aliis tradere“, lautet ein alter Grundsatz: das Verinnerlichte, Kontemplierte, Durchbetete hat Anziehungskraft genug in sich selbst. Die Priester der Zukunft müssen aus dieser persönlichen Beziehung, aus ihrem Frommsein heraus, agieren, um andere in ihre Gottesbeziehung hineinzuziehen.

5. Ein Priester der Zukunft muss zeitrelevant sein

Die Priester der Zukunft müssen aber auch zeitrelevant sein, das heißt, sie müssen so reden und agieren, dass sie die Menschen des 21. Jahrhunderts treffen. In der Substanz ist der Glaube, den wir von Christus zu verkünden übernommen haben, immer relevant. Was die dogmatische Substanz betrifft, so sollte man sich schleunigst von den Minderwertigkeitskomplexen verabschieden, die uns die Theologie der 60er und 70er-Jahre eingeredet hat. Damals dachte man ja tatsächlich, dass man mit den „alten Dogmen“ von der Menschwerdung Gottes, vom Sühnetod Christi, von seiner Auferstehung von den Toten, von seiner Gegenwart im sakramentalen Leben der Kirche, keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlockt.

Ich denke hier nur an den giftigen Spott von Hans Küng über das christologische Dogma von Chalcedon in seinem Buch Christ-Sein. Unter dem Motto „Das gibt den Menschen nichts mehr“, meinte man in den 60er und 70er Jahren die Relevanz des Glaubens von der Peripherie her festmachen zu können. Daher hat man damals begonnen, das Randständige, das Sekundäre zu betonen. Und das war immer das, was der Zeit entsprach: soziale Betroffenheit und politisches Engagement; es kam zu den vielen Genitivtheologien von der „Theologie der Befreiung“ bis hin zur „Theologie der Zärtlichkeit“.

Meine Deutung der Zeichen der Zeit geht dahin, dass sich das Relevanz-Problem von selbst her zu lösen beginnt, denn die Religiosität der Menschen, die Sehnsucht nach Göttlichem zunimmt. Mitten unter uns etablieren sich Religionen, die noch weit Zeitgeist-Ungemäßeres verkünden als wir, der Islam mit seinen weit strengeren moralischen Vorschriften. Wer in der Jugendseelsorge ist wird merken, dass die Jugendlichen nicht primär deshalb kommen, weil wir ihnen in der Kirche Diskoabklatsch oder Actionkitsch bieten, sondern weil sie etwas über Gott hören wollen, weil sie das Unerfahrbare erfahren wollen.

Was uns in die Zukunft tragen wird, das sind die Aufbrüche, quantitativ vielleicht klein, von Gebetskreisen, Jugendbewegungen. Das Heil, das die Menschen heute in der Kirche suchen, ist nicht etwas Weltliches, sondern etwas Geistiges, etwas, das die „Seele“ betrifft. Es ist geistlich-relationales Heil, also Heil, das aus der Begegnung mit dem Göttlichen kommt. Ein Zeichen dafür ist, dass kontemplative Orden mehr Nachwuchs haben als andere.

Zugleich aber möchte ich hier deutlich feststellen, dass gerade diese spirituelle Rückbindung des Priesters ihn nicht davon abhalten darf, den Glauben zeitgemäß, eben zeitrelevant zu verkündigen. Im Gegenteil: gerade der spirituelle Eros muss doch dazu treiben, auf dem realen Boden der Wirklichkeit zu stehen. Die Zeichen der Zeit zu deuten. Die Mittel der Zeit zu ergreifen! Ist es nicht erstaunlich, dass es gerade die frömmsten Priester, die frömmsten Kreise und Gruppierungen waren, die das Internet für die Verkündigung entdeckt haben. Mittlerweile gibt es sogar ein Wort des Papstes, wo er die Pfarrer dazu aufruft, auch die modernen Medien, etwa die sozialen Netzwerke zu verwenden, um den Glauben zu verkünden.

Sosehr die Priester der Zukunft in der Substanz in der katholischen Tradition und Spiritualität verwurzelt sein müssen, ebenso sehr sollten sie jedoch in den Mitteln, die sie zur Verkündigung ergreifen, modern und zeitgemäß sein. (Don Bosco betrieb eine aufwändige und kluge Öffentlichkeitsarbeit, was sich z. B. darin zeigte, dass er stundenlang mit den Jugendlichen vor dem – gerade erst erfundenen Fotoapparaten – posierte, damit eine Aufnahme über die Beichte der Jugendlichen entsteht. Er wusste um die Suggestivkraft der Fotographien, der damals allermodernsten Medien. Auch Therese von Lisieux wurde wiederholt auf dem Sterbebett fotografiert, so als wüssten die Mitschwestern schon, dass man damit einmal wird Propaganda für die Heiligkeit machen können.)
Ausblick

Am Schluss eines solchen Vortrages, indem ich viele persönliche Wünsche und Visionen äußern durfte, muss die Reduktion in den Raum der Gnade stehen. Sonst wirken solche Forderungen nicht nur realitätsfern, sondern auch überheblich. Darum muss ich am Schluss den Glauben der Kirche an die Sakramentalität des Priestertums bekräftigen und damit den Glauben an die letztlich übernatürliche Wirkmacht Gottes im Priestertum.

Das Priestertum ist nicht unsere Sache, es ist Gottes Sache, denn es ist ein Sakrament. Der katholische Glaube ist davon überzeugt, dass es nur einen einzigen Priester gibt, und das ist Christus, und das es folglich in der Kirche nur ein einziges Priestertum gibt, das unseres Herrn Jesus Christus. Der Priester wird kraft der Weihe hineingestellt in dieses Priestertum Christi, oder anders gesagt, er wird zum Ort der Anwesenheit des erhöhten und gnadenwirkmächtigen Christus. Es geschieht durch die Weihe eine seinsmäßige Entselbstung, ein Ordo, ein Hinordnung auf den gnadenhaft einwirkenden Christus.

Der Priester ist nur sekundär menschlicher Mittler, primär ist er personaler Ort, wo sich die göttliche Mittlerschaft Christi ereignet. Thomas Schuhmacher spricht in seinem jüngst erschienen Buch „Bischof, Presbyter, Diakon“ von einer Asymmetrie zwischen dem menschlichen Beitrag und dem göttlichen Beitrag. Der Priester übernimmt mit seiner Weihe die Platzhalterschaft für den eigentlichen Akteur, den erhöhten Herrn Jesus Christus. Katholisches Priestertum ist das der menschlichen Freiheit überantwortete „Vikariat“ des unsichtbar agierenden Gott. Der geweihte Priester ist nicht primär kraft seiner menschlichen Qualitäten Mittler zwischen Gott und den Menschen, sondern er ist es durch die Wirksamkeit Christi in ihm und durch ihn.

Ein katholischer Priester ist etwas total anderes ist als ein Guru, ein Imam, ein esoterischer Lehrer oder sonst etwas, der in eigener Kraft – „de suo“ – seine Jünger zum Göttlichen hin führen will.
Wenn ich also argumentiert habe, dass ein Priester der Zukunft 1. authentisch-nachkonziliar, 2. wesentlich-auf-Gott-konzentriert, 3. zeugnismutig, 4. gläubig-fromm und 5. apostolisch-zeitrelevant sein soll, so sind dies alles sekundäre Aspekte gegenüber dem einen und einzig wichtigen, das die Fruchtbarkeit jeder priesterlichen Existenz ausmacht: dass der Geweihte sich täglich immer tiefer mit Christus verbindet, um so immer mehr Instrument für Gottes Wirken in diese Welt hinein zu werden.

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