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Viele Interviews und dünne Wassersuppe statt guter Theologie

17. Juli 2023 in Kommentar, 22 Lesermeinungen
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Eine gewisse Erschütterung ist nachvollziehbar, immerhin hat die Einrichtung, der Victor Manuel Fernández künftig vorstehen wird, noch vor einigen Jahren gegen ihn wegen Lehrfragen ermittelt. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Der neue Präfekt des Glaubensdikasteriums, Victor Manuel Fernández, hat sein Amt noch nicht angetreten, da schlägt der Erzbischof schon hohe Wellen. Der Argentinier, der schon lange dem Dunstkreis von Kardinal Bergoglio / Papst Franziskus angehört, gibt Interviews im Akkord und mischt dabei gleich mal die kirchliche Lehre auf. Schon vor seinem Amtsantritt hat er mehr Interviews gegeben, als Kardinal Ratzinger in seiner 24-jährigen Amtszeit. Den Katechismus möchte er ändern. Der Zölibat steht zur Disposition. Frauen im Diakonat, man weiß es nicht. Entscheidungen des derzeitigen Präfekten, beispielsweise zu Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare, stellt er en passant im Pressegespräch in Frage, ohne auch nur eine Stunde schon im Amt gewesen zu sein. Dazu noch der Rat, die Bibel nicht so wörtlich zu nehmen, aus dem Mund eines designierten Präfekten der Glaubenskongregation. Das ist starker Tobak. Natürlich gibt es, wie Fernández betont, eine Hermeneutik, doch bei eindeutigen Aussagen der Schrift, zu denen es eine klare Lehr- und Auslegungstradition gibt, kommen auch zeitgenössische hermeneutische Relativierungen an ihre Grenzen.

Eine gewisse Erschütterung ist nachvollziehbar, immerhin hat die Einrichtung, der er künftig vorstehen wird, noch vor einigen Jahren gegen ihn wegen Lehrfragen ermittelt. Das ist nicht einfach eine Latrinenparole, das wurde von seinem Vorvorgänger bestätigt. Es ist zu keiner Lehrverurteilung gekommen, von einem Freispruch erster Klasse kann man allerdings nicht ausgehen. Die Publikationsliste des neu ernannten Präfekten und künftigen Kardinals wird von vielen als eher dürftig bezeichnet. Auffällig ist, das sie vom Vatikan veröffentlicht wurde. Die beeindruckende Publikationsliste von Kardinal Müller sucht man vergeblich. Ein Buch über das Küssen trug dem künftigen Präfekten den Spottnamen „Tucho, Besame mucho“ ein. Verteidiger stilisieren ihn schon jetzt als Opfer von Hass, wenn sich Spott über ihn ergießt. Er selber hat sein Framing gefunden, Angriffe auf ihn seien Angriffe auf den Papst. Die Muster sind bekannt. Fernández gilt als Ghostwriter des Papstes. Bei "Evangelii Gaudium", "Laudato Si'" und "Amoris Laetitia" soll er Teile des Textes zugeliefert haben. Wer die eher europäische Tradition von päpstlichen Schreiben kennt und schätzt, fremdelt nicht erst seit gestern mit den oben genannten Texten. Von unlesbar über wischiwaschi bis hin zu handfester lehrmäßiger Kritik reichen die Urteile über diese Schreiben. Der Streit um Amoris laetitia ist bis heute in guter Erinnerung und bedürfte im Grunde dringend einer lehrmäßigen Klärung. Damit ist vorläufig nicht zu rechnen.


Der Papst schätzt den Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität Argentiniens, den er selber unmittelbar nach seiner Wahl zum Papst zum Erzbischof ohne Bistum ernannt hatte. Mit der Berufung des 60-jährigen nach Rom bei gleichzeitiger Kardinalserhebung erreicht der franziskanische Pontifikalprotektionismus in diesem Fall seinen vorläufigen Höhepunkt. Selbst hartnäckige Verteidiger des gegenwärtigen Pontifex geraten angesichts dieser Ernennung in Erklärungsnot. Sein Amt versteht der ernannte Präfekt nicht im klassischen Sinne eines Glaubenshüters, sondern eher dialogisch. Er wolle dafür sorgen, erklärte Fernández, dass „eine Stimmigkeit in den lehramtlichen Aussagen der Kirche“ gewährleistet werde. Dabei verwies er besonders auf das „Lehramt von Franziskus“. Damit deutet der künftige Kardinal mehr als deutlich an, dass das gegenwärtige Pontifikat in einer gewissen Spannung zum traditionellen Lehramt der Kirche steht, was ja durchaus von vielen angenommen wird. Seinen Förderer und dessen Theologie verteidigt Fernández jedoch ganz im Sinne seines und wohl auch dessen dialogischen Lehrverständnisses. Franziskus habe schon so viel dazu beigetragen, betont der Erzbischof in einem seiner zahlreichen Interviews. Auffällig ist, dass Franziskus in seinen Lehrschreiben vor allem sich selber zitiert, was in römischen Schreiben sehr ungewöhnlich ist, da die Päpste in der Vergangenheit vor allem die Kontinuität zu ihren Vorgängern unter Beweis stellen wollten.

Eine der derzeitigen Hauptaufgaben des Glaubensdikasteriums, die Bearbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs, wird allerdings nicht in den Händen des künftigen Präfekten liegen. Fernández selber sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, einen Fall von sexuellem Missbrauch in seinem Verantwortungsbereich als Erzbischof unzureichend behandelt zu haben. Auch dieser Aspekt mutet seltsam an, wie kann der Leiter einer Behörde für einen Teil der Aufgaben seiner Behörde keine Verantwortung wahrnehmen. Es ist wohl ein sehr lateinamerikanisches Leitungsverständnis, das sich dem europäischen Geist vollends verschließt.

Der Papst, so lehrt es die Kirche, ist in der Ausübung seines Amtes völlig frei und unbeschränkt. Nehmen wir es ernst. Das bedeutet nämlich auch, dass der Papst sich nicht an seine eigenen Regeln halten muss. Man kann Papst Franziskus sicher nicht vorwerfen eine Häresie zu lehren. Doch er schrammt öfter mal ganz leger pastoral an der Grenze der Rechtgläubigkeit herum. Auch ein Papst, der rechtlich umstrittene Entscheidungen fällt, der seine eigenen Gesetze nicht hält, ist und bleibt Papst. Zugleich aber gilt, dass sich die Lehre der Kirche nicht ändert. Mag Tucho auch den Katechismus neu schreiben. Dieser wird dann das Papier nicht wert sein, auf dem er gedruckt ist. Mag der Papst in seiner Amtszeit noch so viele umstrittene Ernennungen vornehmen, die Kirche berührt das in ihrer Substanz nicht. Weil die Kirche zu einem wesentlichen Teil eine überzeitliche und überweltliche Existenz hat, können die Schrammen, die wir und unsere Zeitgenossen ihr zufügen, keinen existentiellen Schaden anrichten. Offensichtlich kann auch der Papst das nicht. Trotzdem – das sei hier unumwunden eingestanden – verursacht die Lektüre der Weissagungen von Anna Katharina Emmerick hinsichtlich der Afterkirche gewaltiges Unbehagen.

Nimmt man die Kirchengeschichte ernst, dann sind solche Entwicklungen in immer neuen Varianten auftretende Wiederholungen. Die Kirche erlebt Blüten und Dürren. Und wer in einer Dürre lebt, entwickelt logischerweise apokalyptische Phantasien. Doch es gilt das Herrenwort, dass es uns nicht ansteht, Orte und Zeiten zu wissen. Es sind die ganz weisen, wie Papst Benedikt XVI., der schon als junger Theologieprofessor die Gnade hatte, hinter den schönen Schein des damals noch „Haus voll Glorie“ zu blicken und die Krise des getauften Neuheidentums heraufziehen zu sehen. Wie soll denn das spurlos an der Kirche vorbei gehen?

Dabei gibt es zu allen Zeiten in der Kirche mitten in der Dürre die Orte der Blüte. Die jungen Kirchen in Afrika und Asien sind das in unserer Zeit. Wer also angesichts der in Europa und nun jüngst auch in Rom kränkelnden Mutter Kirche seine Stirn in Sorgenfalten zieht, werfe einen Blick in andere Teile der Welt. Nicht nur dort, auch hier, gibt es mitten in der Dürre blühen kirchliche Oasen. Da pflegt man die Anbetung, feiert würdig die Geheimisse unseres Glaubens und erlebt Bekehrungen und Berufungen. Es fällt auf, dass sich an den Orten der Blüte niemand an den zeitgeistigen Streitpunkten stößt oder einen anderen/geänderten Katechismus will. Wen Sorge umtreibt, suche diese Orte auf. Das macht Mut. Der Katechismus, den uns der Heilige Papst Johannes Paul II. geschenkt hat, wird unverändert weiter gelten. Wer nach diesem Katechismus glaubt, geht nicht fehl. Auch die Feier der Geheimnisse des Glaubens dürfen wir so fortführen, wie wir es von den Altvorderen übernommen haben. Die Antwort auf „Traditiones custodes“ haben in diesem Jahr zu Pfingsten 16000 vorwiegend junge Menschen auf dem Weg von Paris nach Chartres gegeben. Das Allerschönste daran, sie war kein bisschen polemisch. Es war einfach nur schön, die Bilder zu sehen und die Berichte über die Wallfahrt zu lesen. Die Organisatoren stehen jetzt vor der Aufgabe zu überlegen, wie sie im nächsten Jahr alle Anmeldewünsche berücksichtigen können. Wenn wir im Bild von Wüste und Oase, von Dürre und Blüte bleiben, dann liegt Rom wohl gerade mitten in der Sahara. Warten wir auf den nächsten Regen.


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