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Das Ende der Säkularisierung hat begonnen

vor 2 Stunden in Kommentar, keine Lesermeinung
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In einem Podcast zeigt sich Erik Varden von der Attraktivität der Wahrheit viel überzeugter als von den Erkenntnissen der Soziologie. Es wird immer Menschen geben, die nach Gott suchen - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Es war schon kräftig, was Bischof Erik Varden im Gespräch mit dem Wiener Theologen Jan-Heiner Tück sagte: „Also zuallererst möchte ich einen Kontrapunkt setzen, denn ich bin von diesen religionssoziologischen Daten überhaupt nicht überzeugt.“ Damit leitete der Vorsitzende der Nordischen Bischofskonferenz sein Statement ein, das sich mit einer Frage nach aktuellen religionssoziologischen Studien befasste. Diese sagen nämlich sehr allgemein, dass die religiöse Indifferenz zunimmt. Der Bischof hingegen entgegnete, die religiöse Indifferenz verändere sich gerade im Moment. Er sehe, fuhr der Bischof fort, eine tektonische Bewegung im Gang. Er denke da zuallererst an Skandinavien. Die Länder dort seien äußerst säkularisiert, der Prozess der Säkularisierung sei jedoch jetzt zu Ende. Es gebe eigentlich nichts mehr zu säkularisieren, so Varden. In seinem persönlichen Erleben stellt der skandinavische Bischof eine neue Sehnsucht und eine neue Suche nach Sinn, nach Kriterien, nach Gemeinschaft, nach Wahrheit fest. Ein Hinweis von Tück auf eine Studie des Pew Research Center, welche eine massive Abnahme von Gottesdienstteilnahme oder der Bedeutung von Religion im persönlichen Leben festgestellt hat, führt den Bischof zu der Aussage, dass bei allem Respekt vor dem Pew Research Center, diese Aussage rein empirisch seinem persönlichen Erleben nicht entspreche. Das Gespräch im Rahmen des Podcast „Communicatio“, einem Projekt von Communio online, geht weiter mit Beschreibung des persönlichen Glaubensweges des Bischof, der Trappist ist und einen Glaubensweg unserer Zeit vom getauften Agnostiker zum Mönch und Bischof durchlaufen hat.

Der Gedanke an eine Ende der Säkularisierung hat etwas Verlockendes. Was wäre es doch schön, bald wieder eine blühende Volkskirche zu haben: Dieser Gedanke ist allerdings so falsch, wie er naheliegt, und entspricht in keiner Weise den Wahrnehmungen Erik Vardens. Nicht nur in Norwegen, so beschreibt der Bischof, sondern auch in anderen, von länger anhaltenden Säkularisierungsprozessen geprägten Ländern, stelle er einen Zuwachs an religiösem Interesse bei Jugendlichen fest. Ferner berichtet er, von deren treuer Teilnahme an gut vorbereiteten und sorgfältig gestalteten Gottesdiensten. Der entscheidende Satz ist jedoch dieser: „Freilich rede ich von keinem Majoritätsphänomen; die Tendenz ist aber deutlich und anhaltend wachsend: Die Jugend sehnt sich nach Substanz. Für leeres, gefühlsduseliges Gerede haben sie wenig Geduld, und das ist gut so.“


Das sind zwei bedeutende Punkte. Zum einen gilt es festzustellen, dass wir es nicht mit einem Massenphänomen zu tun haben. Zum anderen betont der Bischof die hohe Qualität des Interesses. Beides ist dem Grunde nach das genaue Gegenteil von Volkskirche. Nimmt man es ganz genau, dann haben wir es ohnehin bei dem, was wir mit Volkskirche umschreiben, eher mit einem soziologischen Phänomen zu tun als mit einer religiösen Wirklichkeit. Auch in besten volkskirchlichen Zeiten kam der regelmäßige Messbesuch am Sonntag kaum einmal über 50 Prozent. Alte, Kranke, Mütter mit kleinen Kindern waren schon immer dispensiert. Und die „lauen Katholiken“ waren doch immer wieder Ziel der Predigt. Es gab allerdings Ausnahmen, so berichtete ein älterer Pfarrer von „seiner“ Dorfgemeinde, die über mehr als ein Jahrzehnt an Ostern geschlossen zur Beichte gegangen war. Selbst die Luft im Dorf sei anders gewesen, wusste er zu berichten. Ausnahme.

Das soziologische Phänomen Volkskirche hatte zumindest in der Nachkriegszeit in Deutschland eine gewisse Ähnlichkeit mit der Zeit des Biedermeier zwischen 1815 und 1848, die sich durch eine Hinwendung zum Privaten und häuslichen Glück auszeichnet. Nach den Napoleonischen Kriegen im 19. Jahrhundert und nach den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert gab es eine große Sehnsucht nach geordnetem, friedlichen Leben. Eine auch politisch von der Christdemokratie geprägte Zeit machte das Christentum zu einem einigenden Momentum der Gesellschaft. Adenauers Idee einer politischen Partei aller Christen lag zeitgeistig voll im Trend einer immer stärker werdenden Sehnsucht nach Ökumene. Sehr grob umschrieben ist dies das Klima, in dem sich eine Volkskirche ausbildete, die auf der Welle eines aristokratischen Pius XII. und dessen Bestrebungen zur Versöhnung der Völker ebenso schwimmen konnte wie auf den Reformwellen des „Guten Papstes“ Johannes XXIII., der übrigens persönlich ein konservativer Bischof war. Das Aggiornamento hat zwar die Kirche in die heutige Zeit geführt, was sicher lobenswert ist. Es wird aber nur zu gerne vergessen, dass die Säkularisierung unserer Gesellschaft schon in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts massiv an Fahrt aufgenommen hatte. Vergessen wir nicht, aus welcher Zeit die großen Denker des Atheismus wie Marx, Feuerbach oder Freud kommen. Bedenken wir auch, dass dies die Zeit der großen Esoteriker war. Theosophie oder Anthroposophie gehörten um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert zum guten Ton. Der Kontext der Volkskirche ist aber auch ein Höhepunkt in der europäischen Theologie. Sie findet statt in einer Zeit, in der man Guardini, Rahner, de Lubac und viele andere theologische Geistesgrößen auch außerhalb der Kirche liest. Ebenfalls in diese Zeit fällt das Wirken eines Josef Pieper, der unter anderem Thomas von Aquin rezipiert.

Es ist also keineswegs eine homogene Zeit. Und wie in der Zeit einer breiten religiösen Teilnahme des Volkes bereits der Keim des Glaubensabfalls breiter Massen lag, so liegt heute in der glaubenslosen Wirklichkeit unserer Tage das Potential einer Suche nach der Wahrheit. Und genau in diesem Kontext der Suche verteidigt Bischof Varden den Begriff der Wahrheit, von dem er sagt, man dürfe das verpönte Wort „Wahrheit“ immer noch beim Namen nennen. Er begründet es damit, dass die Leute durchdachte und realistische Antworten suchen, „die von Menschen gegeben werden, die diese Sinn- und Wahrheitsangebote aus- und vorleben“. Dass er selber als Mönch damit natürlich auch ein monastisches Ideal postuliert, ist hier nur eine Randnote. Etwas anderes ist viel entscheidender: Im Gegensatz zu den allermeisten deutschen Bischöfen, die glauben, man könne die Menschen mit Fabeleien wie Genderideologie oder Ohrenschmeicheleien wie einer neuen Moraltheologie überzeugen, setzt Erik Varden als Priester, als Bischof, als Mönch und als Missionar auf den Wahrheitsbegriff. Das Risiko der Wahrheit ist deren Härte und Unnachgiebigkeit. Die Wahrheit lässt sich nicht deklinieren, sie lässt sich nicht adaptieren und sie folgt keinem noch attraktivem Zeitgeist.

Und ausgerechnet diese Wahrheit ist es, die endsäkularisierte Menschen anzieht. Nicht als Massenphänomen, aber durchaus in Zahlen quantifizierbar, wenn man sich die Erwachsenentaufen in Frankreich und anderen Ländern anschaut. Soziologisch ist dieses Phänomen noch gar nicht erfasst. Hier gilt immer noch die Lehre von Flucht aus den Kirchen. Wenigstens gibt es in Frankreich eine rudimentäre Vorbereitung in Form des Congrès Mission. Doch auch hier sagen die Seelsorger, wir öffnen die Türen, doch die jungen Menschen kommen zum Fenster herein. Es ist ein Phänomen, dass sie auf keinem der bekannten und etablierten Wegen zur Kirche kommen. Doch man könnte es wissen, gerade in Frankreich. André Frossard suchte als glühender Atheist in einer Kirche Schutz vor dem Regen und verließ das Gotteshaus als gläubiger römisch-katholischer Christ. Diese Gottesbegegnung, so schrieb er später, galt allein ihm und es war doch die Gottesbegegnung, die jeder Mensch zu jeder Zeit machen könne. Es sind junge Menschen, denen Gott begegnet ist und die den suchen, der sie gesucht hat. Jene jungen Menschen sind es, die die Kirche plötzlich und überraschend suchen.

In Deutschland sehen wir dieses Phänomen noch nicht. Einerseits ist die Kirche in Deutschland noch zu sehr mit sich selbst befasst. Die Selbstsäkularisierung der Kirche ist hier noch voll im Gange. Allerdings, so muss man einwenden, gibt es keine Garantie, dass Gott das Ende dieser Prozesse abwartet. Es gibt auch keine Möglichkeit, dies vorherzusehen. Beginnt es in der Diaspora? Vielleicht im Osten des Landes? Vielleicht gerade dort, wo die Christen winzige einstellige Prozentzahlen ausmachen? Oder stürmen sie katholische Hochburgen in Westfalen, im Rheinland, in Bayern? Was Bischof Varden im Gespräch aufzeigt, die Suche nach Wahrheit, ist ein sich immer wieder in der Geschichte wiederholender Prozess. Ganz tief im Menschen verborgen liegt die Erinnerung an die Existenz des Wahrhaftigen, und so lange die Sehnsucht des Menschen danach nicht erlischt, so lange werden immer wieder Menschen nach Gott fragen. Auch damit steht das Christentum im Kontrast zu allen säkularen Heilslehren, die vorgeben, das Paradies auf Erden herstellen zu können. Wir wissen, dass dies niemals geschieht, ebenso sehr, wie wir wissen, dass derjenige, der am Ende der Zeiten das verlorene Paradies im Reich Gottes wieder aufrichten wird, uns im Evangelium und in den Sakramenten nicht nur den Weg bahnt, sondern auch einen Vorgeschmack davon gibt.

Es ist eine gute Sache, wenn ein Bischof den Mut zeigt, sich den soziologischen Erhebungen und deren Ergebnissen entgegenzustellen, ohne jedoch deren Wirklichkeitsgehalt zu bestreiten. Zeitliche Wirklichkeiten sind bei aller Relevanz für unseren Alltag hier und jetzt eben doch keine ewigen Wahrheiten. Diese kann uns in der Tat nur Gott bieten. Darum wird es immer Menschen geben, die ihn suchen. Darum dürfen wir darauf vertrauen, dass es immer wieder vorbildliche Hirten wie Erik Varden geben wird, die Ihn so verkündigen, dass die Menschen auch zu Ihm kommen wollen.

Bild oben: Leere Kirchenbänke sind nur ein Zeitbild, keine ewige Wirklichkeit. Foto: Pixabay


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