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"Nun musste sich mit Benedikt XVI. einer der Genannten 'entschuldigen'"

14. Februar 2022 in Aktuelles, 11 Lesermeinungen
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Thomas Fischer kritisiert im "Spiegel" die Heuchelei beim Thema "Missbrauch" - "Wer will, dass sich Missbrauch und Erniedrigung von Kindern nicht wiederholen, muss in die Flüchtlingslager und Elendsviertel der Welt gehen und nicht auf den Petersplatz


München (kath.net)
"Gern vergessen werden gute Nachrichten: Sexualstraftaten durch katholische Kleriker dürften in den letzten 25 Jahren nicht häufiger geschehen sein als Sexualstraftaten durch Mediziner oder Sozialarbeiter, Sportlehrer oder Polizeibeamte. Die Wahrscheinlichkeit, von einem schwulen Kleriker begrapscht zu werden, mag größer sein als die, Opfer eines Eisenbahnunglücks zu werden, ist aber nicht annähernd so hoch wie die, im Automobil oder an Krebs zu sterben." Dies betont Thomas Fischer im "Spiegel" in einer kritischen Würdigung des Münchner Missbrauchs-Gutachten. Der Rechts­wissenschaftler war von 2000 bis 2017 Richter im 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs. Er erläutert, dass nicht einmal klar sei, ob die in dem Bericht als solche gezählten Personen allesamt Täter oder nur Verdächtige waren, und ob alle Opfer auch tatsächlich solche waren. Der Jurist verweist auch darauf, dass fast alle Taten, die im neuen oder in alten Gutachten erwähnt wurden, inzwischen strafrechtlich erledigt seien. Täter wurden abgeurteilt, Beschuldigte verstorben, mutmaßliche Taten seien verjährt. Wenn man die Presseberichte darüber liest, kann man es bezweifeln, ob dies von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen wird. " Da scheint es oft, als müssten die inzwischen senilen Kaplane von 1960 und die psychisch auffälligen Dorfpfarrer aus den frühen Siebzigern nun aus Gräbern und Pflegeheimen vor Gericht geschleppt werden, auf dass Tribunale aus Beauftragten, Begutachtern, Hobbypsychiatern und Fernsehansagern entscheiden, ob sie in der Hölle der »Bild«-Seite eins braten müssen, bis der Tod eintritt."


Fischer kritisiert auch die Reaktion der Öffentlichkeit auf die Entschuldigung von Benedikt und erinnert daran, dass es seit 1945 in München sieben Erzbischöfe und in der Weltkirche 7 Päpste gab. "Nun musste sich einer der Genannten »entschuldigen«. Er ist bald 95 Jahre alt und hat sich, wie er sagt, beim Bestreiten einer Teilnahme an einer Sitzung vor 42 Jahren geirrt. Das hat ihm erwartungsgemäß nichts genützt. Er soll sich gefälligst noch einmal entschuldigen, und noch einmal, und dann noch einmal. Und zwar richtig!" Der Jurist erinnert daran, dass auch der derzeitige Erzbischof von München sich geirrt habe und sogar der Bundeskanzler sich gelegentlich irre und sich seiner Meinung schätzungsweise fast ein Prozent aller Menschen sich schon einmal geirrt habe. Er frage sich, warum man nur an den Gewändern der Bischöfe ab 1980 und von Päpsten ab 2005 nach Spuren verdächtigen Vergessens suche.

Die Erschüttertheit über die berichteten Fälle klerikalen Missbrauchs sei laut Fischer zu einem erheblichen Teil vorgetäuscht. "Selbstverständlich wurden sexuell motivierte Grenzüberschreitungen und Gewalthandlungen in der katholischen Kirche zulasten der Tatopfer vertuscht, diese vielfach gedemütigt, missachtet und zusätzlich ausgegrenzt. Genauso wie in der evangelischen Kirche, den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften, den Schulen, Kindergärten, Vereinen. Und ganz besonders den Familien. Gewiss: Eine Menge Vertuscher und Verleugner sitzen und saßen in frommen Heuchelgremien. Die bei Weitem meisten saßen allerdings seit jeher daheim auf dem Sofa und schwadronierten über die Verderbtheit der jeweils anderen."

Er frage sich, warum für Millionen von Euro Wahrheiten von vor 30 oder 50 Jahren enthüllt werden, die jeder schon kennte. "Wer will, dass sich Missbrauch und Erniedrigung von Kindern nicht wiederholen, muss in die Flüchtlingslager und Elendsviertel der Welt gehen und nicht auf den Petersplatz."

 


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Lesermeinungen

 modernchrist 16. Februar 2022 
 

modernchrist

Um was soll es gehen? Um Prävention von Missbrauch - oder um Bestrafung von echten und mutmaßlichen Tätern? Der Staat ist da großzügiger, er weiß um die Veränderung der Wahrheit durch Erinnerung und Manipulation, er kennt nicht ohne Grund Verjährung.Will man Priestergräber einebnen? Verstorbene oder Demente, die sich nicht mehr verteidigen können, verdammen? Vage Anschuldigungen als Wahrheit nehmen? Man weiß, dass nur ca. ein Drittel aller Anschuldigungen strafrechtlich relevant ist. Die beiden anderen Drittel sind üble Nachrede (aus verschiedenen Absichten) oder banale Handlungen ohne Strafbewehrung. Echte Opfer jedoch brauchen Gehör und Wiedergutmachung - allerdings unter Ermittlung der Wahrheit!


0
 
 Andrea Pirringer 16. Februar 2022 
 

Bei all der Gier nach Demütigung des emeritierten Papstes

drängt sich doch der Verdacht auf, dass hier manche schon sehr lange gewisse Rachegelüste gehegt haben und nur auf den richtigen Moment warteten, um - endlich - loslegen zu können.
Da wurde auch auf das Alter des hl. Vaters keine Rücksicht genommen.
Dies finde ich besonders schäbig, lässt es doch jeden Anstand vermissen und zeugt nicht von einer guten Kinderstube.


0
 
 edessa 15. Februar 2022 
 

@Zyane

Wieo 2??? Chris2 hat geschrieben, dass der verurteilte Priester 2 1/2 Jahre Haft bekam.


1
 
 Zyane 15. Februar 2022 
 

@Chris2

Eine Grundregel der Statistik lautet, dass eine Stichprobe wenigstens den Umfang 50 haben sollte. 2 ist da noch ganz weit weg.


2
 
 frank.r 15. Februar 2022 
 

@Chris2

" Die Kirche hat vorehelichen Geschlechtsverkehr generell abgelehnt..." Sollte man meinen, aber kath.net hat meines Wissens die wilde Ehe des Katholiken Sebastian Kurz nie kritisiert, obwohl viele andere Politiker zu Recht kritisiert werden.


2
 
 Chris2 14. Februar 2022 
 

@felis.catus

Als ob man das gläubigen Katholiken sagen müsste. Die Kirche hat vorehelichen Geschlechtsverkehr generell abgelehnt, während nicht wenige Linke in meiner Jugend sogar Sex mit Kindern legalisieren wollten. Und ich kenne zig Priester. Die beiden einzigen, von denen ich weiß, dass sie körperliche Grenzen zu Minderjährigen überschritten hatten, waren beide sehr progressiv (einer bekam 2 1/2 Jahre Haft dafür).


2
 
 Chris2 14. Februar 2022 
 

... und er muss vor allem die Täterstrukturen zerschlagen.

Benedikts Nachfolger in München will sie stattdessen legalisieren. Welch eine Verhöhnung der Opfer. Auch der künftigen...


2
 
 Herbstlicht 14. Februar 2022 
 

eine Gruppierung vergessen zu erwähnen

Kindesmissbrauch - ein abstoßendes, übles Delikt!
Dass solches auch in der katholischen Kirche geschah schockiert doppelt.
Dennoch finde ich es anerkennenswert, dass Thomas Fischer sich ausdrücklich um Fairness bemüht.
Er erinnerte daran, dass solch schreckliche Taten auch in anderen Teilen der Gesellschaft passierten, z.B. evangelische Kirche, Vereine, Schulen, Heime und auch Familien.
Thomas Fischer vergaß in seiner Aufzählung leider auch die "Die Grünen" miteinzubeziehen.
Teile von ihnen forderten ja sogar die Straffreiheit für Pädophilie.


5
 
 felis.catus 14. Februar 2022 
 

Sicher, der Spiegel-Redakteur hat Recht. Die meisten Fälle von Missbrauch sind an anderen Stellen der Welt und nicht in der Kirche. Allerdings sieht das der Redakteur wohl als Atheist, während wir bedenken müssen, dass der Katechismus uns auch ganz klare Regeln zum Sexualverhalten stellt.
Zu sagen: "Andere sind schlimmer" zählt da nicht!


3
 
 Gesualdo 14. Februar 2022 
 

Bemerkenswert

Danke, dass kath.net diesen Kommentar würdigt. Fischer hat dem wütenden Gutbürger den Spiegel vorgehalten, im wahrsten Sinne des Wortes. Dass er (als Atheist!) damit ins Schwarze trifft, zeigen die vielen empörten Leserkommentare auf spiegel-online. Das Feindbild RKK darf nicht angetastet werden! :-)


10
 
 KatzeLisa 14. Februar 2022 
 

gut so

Eine gute juristische Einordnung im gehypten Skandal um den em. Papst Benedikt. Immerhin im Spiegel!


5
 

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