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Vergebung für einen Mörder

4. Oktober 2009 in Chronik, keine Lesermeinung
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Ein Sexualverbrechen mit tiefgreifenden Folgen. Von Klaus Rösler.


Freiburg/Br. (kath.net/idea) „Wir sind durch die Hölle gegangen.“ Was Ursula Link aus Schallstadt bei Freiburg im Breisgau zu beschreiben versucht, lässt sich kaum in Worte fassen. Es ist wie in einem schlechten Film. Ihre Tochter Stefanie wird sexuell missbraucht und umgebracht. Und die Leiche anschließend geschändet. Dass Ursula Link heute – fast neun Jahre später – über die Tat sprechen kann, verdankt sie Gott. Sie hat sogar dem Täter vergeben – von Angesicht zu Angesicht. idea-Mitarbeiter Klaus Rösler sprach mit der 54-Jährigen.

Die Jahrtausendwende will die 16-jährige Realschülerin Stefanie Link mit Freundinnen feiern – in Freiburg. Am frühen Morgen wollen sie zurück. Doch aus Versehen besteigen die drei einen falschen Bus. An der Endhaltestelle machen sie sich zu Fuß auf den Heimweg. Sie freuen sich, als ein weißer VW-Golf stoppt und der Fahrer ihnen anbietet, sie mitzunehmen.

Nur nach Schallstadt würde er nicht fahren. Zwei Mädchen steigen ein – und kommen in der Silvesternacht nach Hause. Steffi aus Schallstadt geht alleine weiter. Plötzlich ist der nette Fahrer jedoch wieder da, nachdem er ihre beiden Freundinnen nach Hause gebracht hat. Sie steigt sorglos ein. Zwei Kilometer vor ihrem Zuhause biegt der Mann in einen Feldweg ab ...

Den ganzen Neujahrstag über macht sich Ursula Link Sorgen. Steffi ist noch nie weggeblieben, ohne Bescheid zu sagen. Vergeblich ruft die Mutter ihre Tochter auf dem Handy an. Sie telefoniert mit allen Freundinnen. Abends geht sie zur Polizei. Am nächsten Tag findet ein Bauer die Leiche. Die Polizei überbringt die Todesnachricht.

Seit diesem Augenblick ist für Ursula Link und ihre andere Tochter Nadine nichts mehr so wie vorher. Das Leben wird für beide unerträglich. Da Ursula Link seit der Trennung von ihrem Mann 1992 alleinerziehend und in Teilzeit berufstätig ist, hatte Steffi sich um ihre zwei Jahre jüngere, 14-jährige Schwester Nadine gekümmert. Alle drei hingen sehr aneinander. Deshalb schmerzt der Verlust umso mehr. Weiterzuleben kostet unendlich viel Kraft.


Ursula Link kann nicht mehr arbeiten. Ihre Tochter bekommt Probleme in der Schule, wird zur Außenseiterin. Es ist für sie kein Trost, dass der Täter schon wenige Tage später ermittelt wird.

Endlose Alpträume – Hilfe von Christen

Zwei Jahre nach der Tat versucht Nadine sich das Leben zu nehmen. Der Selbstmordversuch scheitert. Einige Wochen verbringt sie in der Jugendpsychiatrie. Doch die Verhaltenstherapie – die sie zusammen mit ihrer Mutter macht – hilft nur bedingt. Aus Angst vor Alpträumen schlafen Mutter und Tochter meist eng aneinandergekuschelt. Und trotzdem wachen sie oft schweißgebadet in Panik auf.

Ursula und Nadine Link fühlen sich zwar alleingelassen, aber sie sind es nicht. Denn Eltern von Freunden ihrer toten Tochter Stefanie kümmern sich um sie. Es sind Christen, Angehörige einer Pfingstgemeinde. Sie helfen mit Rat und Tat – im Haushalt und mit Gesprächen. Doch Ursula Link drücken auch Schulden, schließlich war sie ja nicht mehr in der Lage, zu arbeiten und Geld zu verdienen. Sie bittet diese Freunde um Geld, doch sie sind selber klamm.

„Der Einzige, der euch in eurer Situation noch helfen kann, ist Jesus Christus“, meinen die Freunde. Ursula Link und ihre verbliebene Tochter wissen: Sie haben nichts mehr zu verlieren. Sie entscheiden sich, Christen zu werden, sprechen es in einem Gebet aus. Es ist der 24. Oktober 2002. Das Gebet hat Folgen. Langsam geht es beiden besser. Der Lebensmut kommt zurück. Sie spüren: „Jesus Christus ist bei uns.“

Und Ursula Link macht eine ungewöhnliche Erfahrung: Sie liest in der Bibel und kann danach erstmals wieder schlafen. Am nächsten Morgen ist sie so fit, dass sie arbeiten gehen möchte. Sie liest am kommenden Tag weiter – mit denselben Folgen. Schließlich kehrt sie auf ihre Arbeitsstelle in einem Pharma-Unternehmen zurück.

Ursula Link besucht – zuerst zögerlich – auch die Gemeinde ihrer Freunde. Weil sie von niemandem angesprochen werden will, kommt sie als Letzte und geht als Erste. Sie steht ganz hinten. Doch als sie immer wieder kommt, stellt man ihr einen Stuhl hin – ein sichtbares Zeichen dafür, dass sie willkommen ist. In der Pfingstgemeinde lässt sie sich schließlich taufen. Die Taufe ihrer Tochter folgt ein Jahr später. Ihre Medikamente – Antidepressiva – brauchen sie nicht mehr. Nadine hat inzwischen ihre Mittlere Reife nachgeholt und ist Krankenschwester geworden. Heute arbeitet sie als Stationsschwester.

Ist Steffi bei Gott?

Die Lektüre der Bibel hat für Ursula Link weitere Folgen. Sie fragt sich: Ist ihre ermordete Tochter bei Gott? In einer Vision sieht sie Steffi plötzlich vor sich. Es geht ihr gut. Der Mutter wird klar, dass so friedlich nur jemand aussehen kann, der ganz nah bei Gott ist. Das gibt ihr Kraft.

Später – beim Lesen der Bibel – taucht dann aber die Frage auf: War denn Steffi überhaupt Christin? Auf unerwartete Weise erhält die Mutter darüber Klarheit. Denn beim Aufräumen findet sie ein kleines Neues Testament, das Steffi im Alter von elf Jahren von der missionarischen Bewegung der Gideons geschenkt bekommen hatte. Darin befindet sich ein Gebet („Mein Entschluss, Jesus Christus als meinen Erretter anzunehmen ...“) – unterschrieben von Steffi. Ursula Link ist überglücklich: „Jesus hat mir mit der Unterschrift in der Bibel gezeigt: Schau her, es ist alles in Ordnung.“

Einsatz für Straftäter

In den nächsten Jahren macht sie weitere Glaubenserfahrungen. In einer internationalen Pfingstgemeinde in Freiburg hört sie, dass der Pastor und andere Mitarbeiter oft Strafgefangene hinter Gittern besuchen. Dort will sie mitarbeiten. Deshalb schließt sie sich der Gruppe an, einem Arbeitszweig der Gefangenenmission „Schwarzes Kreuz“.

Im Gefängnis wird ihr deutlich, dass ihr die Straftäter besonders am Herzen liegen: „Ich kann diese Menschen mit den Augen Jesu sehen. Ob Bankräuber, Mörder, Drogenabhängiger – das spielt alles keine Rolle.“ Sie verspürt eine große Liebe zu ihnen. Und dabei wird ihr bewusst: Eines Tages wird sie dem Mörder ihrer Tochter begegnen.

Dieser Gedanke ist für sie plötzlich nicht mehr erschreckend. Den Mann hat sie kurz gesehen – bei zwei Verhandlungen. Beim ersten Mal wird er zu einer 13-jährigen Haftstrafe verurteilt. Das Urteil empfindet die Staatsanwaltschaft als zu milde. In der zweiten Verhandlung wird er zu lebenslänglich mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Ursula Link weiß, dass sie auch ihm vergeben muss.

Treffen mit dem Mörder

Anfang dieses Jahres erfährt sie, dass der Täter schwerstkrank in eine Klinik verlegt worden ist. Sie sieht eine Chance, ihn endlich zu treffen. Der Staatsanwalt, dem sie die Idee vorträgt, mauert. Er hat Angst, dass die Mutter sich nur rächen will. Auch die Ehefrau des Täters fürchtet sich zunächst vor einer Begegnung. Dennoch kommt es zu dem Treffen. Anfang Februar 2009 ist es so weit.

Der Gefängnisseelsorger, eine Sozialarbeiterin und die Ehefrau des Täters sind mit dabei. Ursula Link reicht dem Todkranken ihre Hand und sagt ihm, dass sie ihm vergeben hat, nachdem sie Jesus Christus kennen gelernt hat, der ihr ein neues Leben geschenkt hat. Und sie sagt ihm auch, dass Gott ihm auch vergeben will, wenn er seine Schuld bekennt.

Ein heiliger Moment

Völlig unerwartet bittet der Mann schließlich die Mutter der Tochter, die er umgebracht hat, mit ihm zu beten. Und sie beten tatsächlich zusammen. Sie hat den Eindruck, dass sie mit ihm ein Gebet sprechen sollte, in dem er bekennt, künftig Jesus Christus nachfolgen zu wollen (ein so genanntes Übergabegebet). Tatsächlich spricht der Mann dieses Gebet nach. „Das war ein ganz heiliger Moment“, sagt Ursula Link. „Die Herrlichkeit Gottes war in dem Raum spürbar.“

Die anwesende Sozialarbeiterin ist so beeindruckt von der Atmosphäre, dass sie ebenfalls Ja zum Gebet sagt – und auch die Ehefrau des Mörders. Alle reichen sich die Hände und sprechen abschließend ein Vaterunser. 14 Tage später stirbt der Mann – als ein von Gott begnadigter Sünder. Ursula Link hat erlebt, wie real der Frieden sein kann, den Gott schenkt: „Das ist gewaltig und wunderschön.“


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