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Unser Schlachtruf sei: MUZUMY (Mut zur Mystik)!

23. April 2021 in Kommentar, 13 Lesermeinungen
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Haben wir keine Angst davor, tun wir es nicht ab und stellen wir uns dann andererseits auch selbstverständlich dem Echtheitstest über die Fruchtbarkeit unseres Lebens - BeneDicta am Freitag von Linda Noé


Linz (kath.net)

Die Autobahn verengt sich wegen Bauarbeiten. Gerade eben noch bin ich meinen morgendlich noch etwas müden Gedanken nachgehangen, plötzlich bin ich hellwach und alarmiert: gleich neben mir rechts am Pannenstreifen sehe ich ein panisches Reh die Böschung hochspringen, das versucht, über den Wildtierschutzzaun zurück in den Wald zu kommen. „Oh nein, bitte nicht!“ schießt es mir durch den Kopf. Nicht nur wegen der großen Gefahr für die Autofahrer, sondern auch, weil mir dieses Tier mit seinem gehetzten Blick sofort leidtut. Ich wähle durch meine Freisprechanlage seufzend die Nummer der Autobahnpolizei und erkläre die Sachlage. „Danke, da ist bereits jemand unterwegs“ tönt der freundliche Mann am anderen Ende. „Wir werden sehen, ob wir es schaffen- man kann dem Wild leider nicht gut zureden- die laufen verschreckt von einem Fahrbahnrand zum anderen und man kann sie schwer einfangen. Das ist einfach für alle sehr gefährlich!“ 

Endlich zuhause angekommen, werfe ich mit der Kaffeetasse in der Hand einen schnellen Blick auf die facebook timeline und bleibe bei einem, vermutlich den meisten Lesern gut bekannten, Zitat hängen, das eine Freundin gepostet hat: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein. (Karl Rahner)“. Es entfaltet sich eine kurze, aber für mich sehr interessante Diskussion darüber, was man unter dem Begriff „Mystiker“ verstehen kann. Währenddessen fällt mir wieder das Reh ein- ob es inzwischen wohl eingefangen werden konnte? „Man kann dem Wild leider nicht gut zureden ….“ klingen mir die Worte des Mannes am Telefon nach. Eigentlich verhalten wir Menschen uns in diesem Leben doch oft wie das panische Reh auf der Autobahn. Anstatt das Ohr zu öffnen für den Einzigen, der helfen kann, wahre Sicherheit zu finden, rennen wir gehetzt von einer Fahrbahnseite zur anderen. Mystik… bedeutet das nicht eigentlich dieses Innehalten und Hören, die Nähe zu Gott, die es zur Rettung der Situation auf der Autobahn des Lebens bräuchte?  In der Diskussion vor mir auf dem Bildschirm zeigt sich mittlerweile, dass es in der Runde erhebliche Zweifel darüber gibt, ob ein Mystiker auch dazu fähig sei, ein praktisches Leben zu führen. „Wer kocht und putzt da- wer bringt den Müll raus?“ Das Rahner Zitat ist sehr bekannt und bewegt, aber was verbinden wir mit dem Begriff „Mystiker“ und was bedeutet er wirklich?


Tatsache ist: „Mystiker“ ist kein offizieller Titel der Kirche. Im Gegensatz zu „Doktor“ und „Märtyrer“ handelt es sich eher um eine allgemeine Beschreibung der Spiritualität eines Heiligen. „Mystik ist der Versuch, die Lehrdimension des Glaubens durch einen eigenen Erfahrungsweg zu ergänzen.“ (Johannes Hartl in seiner gleichnamigen hörenswerten Vortragsreihe).  Ich muss niemandem erzählen, dass das Kirchenschiff in diesen Zeiten wildesten Wassern und Zentrifugalkräften ausgesetzt ist. Zeit, das Rennen von Hier nach Da zu beenden und die rettende Nähe Jesu, auch in der persönlichen Erfahrung, an vordere Stelle zu setzen? Muss die notwendige Veränderung aus dem Gebet und von Innen kommen? - Und wer trägt dann den Müll raus und kümmert sich um die anderen praktischen Fragen in der Kirche, um die Bewahrung der Lehre, etc? Sind wir dann nicht in Gefahr, in ein subjektives bloßes „Gott Erleben-wollen“ zu fallen? Und ist Mystik nicht etwas für besonders begnadete Seelen? Mir ist bewusst, dass ich hier mehr Fragen aufwerfe, als man sie in der gebotenen Kürze beantworten könnte, aber ich halte es für grundlegend wichtig, diese Fragen anzustoßen, um (wie das Reh vielleicht) die gefährliche Autobahn dieser Zeit, das müßige Hetzen, Lärmen und auch oft oberflächliche Streiten, verlassen können.

Konkrete Menschen, die wir mit der Mystik assoziieren, sind der Hl Gregor von Nyssa, der „Vater der Mystik“ dessen ganze Theologie weniger akademische Reflexion als Ausdruck seines geistlichen Lebens ist, sowie natürlich der Heilige Johannes vom Kreuz (der 1926 von Papst Pius XI. zum Kirchenlehrer erhoben wurde und traditionell den Beinamen »Doctor mysticus« trägt), sowie die große Teresa von Avila.

„Im Geistlichen Gesang legt der hl. Johannes den Weg der Reinigung der Seele dar, also den allmählichen freudigen Besitz Gottes, bis die Seele schließlich spürt, dass sie Gott mit derselben Liebe liebt, mit der sie von ihm geliebt wird.“ (Dieses Zitat muss man sich doch im Herzen zergehen lassen)  „Diese Reinigung ist als ein Weg dargestellt, den der Mensch unternimmt, indem er mit dem göttlichen Wirken zusammenarbeitet, um die Seele von jeder Anhänglichkeit oder Zuneigung, die dem Willen Gottes entgegensteht, zu befreien. “

Dies erklärte Benedikt XVI bei der Generalaudienz im Februar 2011 und beendete seine Reflexion mit einer Feststellung, die gut auf die Zweifel mit dem oben erwähnten „Müll-raustragen“ passt: „Liebe Brüder und Schwestern, am Ende bleibt die Frage: Hat dieser Heilige mit seiner hohen Mystik, mit diesem mühsamen Weg zum Gipfel der Vollkommenheit auch uns etwas zu sagen, dem gewöhnlichen Christen …..“ …“oder ist er nur ein Beispiel, ein Vorbild für wenige auserwählte Seelen“….? Um die Antwort zu finden, müssen wir uns vor allem vor Augen halten, dass das Leben des hl. Johannes vom Kreuz kein »Schweben auf mystischen Wolken« war, sondern ein sehr hartes, sehr praktisches und sehr konkretes Leben – als Reformator des Ordens“…  „als Provinzoberer und auch im Kerker seiner Mitbrüder, wo er unglaublichen Schmähungen und physischen Misshandlungen ausgesetzt war. Es war ein hartes Leben, aber gerade in den Monaten, die er im Kerker verbrachte, hat er eines seiner schönsten Werke geschrieben.“

Hier zeigt sich auch, dass der brauchbarste Test, den wir zur Bestimmung der Echtheit eines Mystikers, neben der vorhandenen Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche, kennen, der der persönlichen und sichtbaren praktischen Verwandlung, sowohl auf Seiten des Mystikers, als auch auf Seiten derer, die der Mystiker beeinflusst hat, ist.

Auch die Heilige Teresa von Avila gibt mit ihrem Leben Zeugnis dafür: Mit dem Heranreifen ihrer Innerlichkeit beginnt die Heilige, das Ideal der Reform des Karmelordens konkret zu entwickeln: 1562 gründet sie in Ávila den ersten reformierten Karmel. Praktisches Leben pur, und das unter nicht wenig Schwierigkeiten.

Die praktischen Aufgaben und Herausforderungen unseres eigenen Lebens sollten uns also nicht zur Ausrede werden, den inneren Weg des Gebets, der Reinigung und der persönlichen Verwandlung auf besonders begnadete Menschen zu schieben. Ich erlebe mich selbst und andere oft als schnell versucht- sei es aus Ungeduld, Angst vor Kontrollverlust, Sehnsucht nach schneller äußerer Veränderung, Ignoranz des Übernatürlichen oder einfach aufgrund falscher Bildern von Heiligkeit- das innere Leben gegen das praktische Tun auszuspielen, oder uns selbst persönlich nur in einem dieser Bereiche zu sehen.

Die Beispiele der Mystiker belehren uns jedoch eines Besseren und zeigen, wie praktisch und tiefgreifend die ersehnte Veränderung der Kirche durch das Wirken der Menschen sein kann, die Gott und ihr inneres Leben mit Ihm an erste Stelle setzen.

Haben wir keine Angst davor, tun wir es nicht ab und stellen wir uns dann andererseits auch selbstverständlich (und mutig) dem Echtheitstest über die Fruchtbarkeit unseres Lebens, unserer konkreter Beziehungen und unserer Arbeit.

In diesem Sinne (ich zitiere ich nochmal aus unserer Diskussion in den sozialen Medien): „Unser Schlachtruf sei: MUZUMY (Mut zur Mystik)!“

Und dann ran den Müllkübel und raus damit!

 

Foto: (c) Peter Esser

 


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