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Die Lebenserinnerungen von Wolfgang Waldstein

16. September 2013 in Buchtipp, keine Lesermeinung
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Wir werden zusehends arm an Vorbildern. Am Vorbild von Wolfgang Waldstein können nachfolgende Generationen lernen, was es auf sich hat mit den Kardinaltugenden Weisheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Mäßigung. Eine Rezension von Gabriele Kuby


Wien (kath.net) Prof. Wolfgang Waldstein legt mit 85 Jahren seine Lebenserinnerungen vor, knapp und nüchtern, ähnlich wie sein Altersgenosse und Geistesverwandter Joseph Ratzinger es mit seinem „Mein Leben“ getan hat. Das ist eine Generation, die mit Not und Bedrängnis aufgewachsen ist, den Krieg durchlebt hat, zu jung, um Schuld auf sich zu laden, und von denen einige im Bewusstsein der Gnade des Überlebens aus ihrem Leben etwas Großes gemacht haben. Sie haben ihre Lebenszeit ausgekauft und auch ihre besonderen Gaben.

Wolfgang Waldstein wurde 1928 in Finnland geboren. Der Vater, Konzertpianist in Petersburg, erkannte, dass er die Stadt verlassen musste, als 1918 unter seinem Fenster geschossen wurde. An der Grenze zu Finnland wurde ihm und seiner Mutter alles abgenommen, was sie bei sich hatten – sie konnten nur das nackte Leben retten. Aber der Vater hatte Hände, die Klavier spielen konnten, gab Konzerte und Klavierstunden. Bei einem solchen Konzert lernte er seine Frau kennen, Witwe eines russischen Fürsten, welchen die Bolschewiken 1918 auf der Krim erschossen hatten. Von beiden Eltern muss dem kleinen Wolfgang ein verpflichtendes Ehrgefühl vermittelt worden sein, welches ihn z. B. mit elf Jahren nach tagelangem Hungern eine Einladung zum Essen lieber ausschlagen ließ, als die zerrissenen Knie seiner Knickerbockerhosen den Blicken preiszugeben.

Bis zur „Heimführung der Volksdeutschen ins Reich“ 1939 zieht die Familie Waldstein in Finnland siebzehnmal um. Immer wieder neu hofft der Vater auf bessere berufliche Chancen. Wolfgang, der noch zwei jüngere Schwestern hat, muss früh Verantwortung übernehmen und tut, was er kann für die Existenz der Familie: Beeren pflücken, Holz hacken, Fischen. Er ist ein pfiffiges Kerlchen, das sich locker in vier Sprachen bewegt, Deutsch, Schwedisch, Finnisch und Russisch. Französisch weigert er sich zu lernen, weil er erleben muss, wie der Vater bei Tisch seine Mutter demütigt, indem er mit den Gästen Französisch spricht, was sie nicht versteht. Das Kind leidet unter den Streitereien der Eltern so sehr, dass es sich einmal vor Schmerz mit beiden Händen die Haare ausreißt und sich wohl geschworen haben muss, es selbst einmal anders zu machen. Ein Grundakkord ist angeschlagen, der durch das lange Leben klingen wird: Liebe und Gerechtigkeit.

Der kleine Wolfgang und auch der große hält seinen Schutzengel auf Trab. Er fällt mit vier Jahren vom Steg ins tiefe Wasser, kann nicht schwimmen, aber er hat anderen zugeschaut, die es konnten, macht es ihnen nach und ertrinkt nicht. Ein Jahr später kann er dann schon die Schwester retten, als sie ins Wasser fällt. Er spielt mit der Gas-Schrot-Pistole seines Vaters und kommt gerade noch davon; er will wissen, ob Benzin auf Wasser brennen kann, und verursacht fast einen Brand des Bootshauses; er überlebt russische Fliegerangriffe auf Finnland, steht mit zehn Jahren Todesangst um seine Eltern aus, die er in der Stadt weiß, deren rotglühenden Himmel er nach Bombenangriffen sieht. Später bei den Klettertouren in den Salzburger Bergen schlittert er wortwörtlich mehrmals am Tod vorbei.

Wie bei Joseph Ratzinger ist der vorgelebte Glaube des Vaters prägend. Er vermittelt ihm „einen starken Sinn für das Heilige und eine große Ehrfurcht davor“. Nach ausgezeichneter Vorbereitung ist die Erstkommunion für ihn eine echte Initiation ins Christenleben, eine Tür, die sich niemals mehr schließen wird. Im Kinderherz des Sechsjährigen wohnt eine wache Seele, die bewusst die Frage stellt, „was die Zukunft für mich wohl bringen wird“. Als junger Mann mit 22 Jahren wird er auf diese Frage eine ganz persönliche Antwort geben: Vor dem Apsis-Mosaik im Kloster Maria Laach, das Jesus Christus darstellt mit den Worten „Ego sum via, veritas et vita“ („Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“) fasst er den Entschluss: „Ich will Gottes Willen suchen und tun, koste es, was es wolle.“

Die „Heimführung“ führt die „gefühlten“ Österreicher 1939 über notvolle Umwege nach Salzburg, wo der Vater im Mozarteum eine Stelle bekommt. Obwohl er die Annahme der deutschen Staatbürgerschaft verweigert hatte, wird er nach dem Krieg fünf Jahre lang als staatenlose „Diplaced Person“ geführt, eine tiefe Demütigung, die den Vater zu dem Entschluss bringt, nach Argentinien auszuwandern. Die Schiffskarten sind schon gekauft, aber ein Betrug verhindert, dass die Reise angetreten werden kann, so dass Wolfgang Waldstein Österreich erhalten bleibt.

Aber noch steht der Krieg bevor. Die Wohnung der Waldsteins unter Blockwart-Aufsicht ist erbärmlich, die Matratzen von Wanzen durchseucht. Der Junge muss in die HJ, kann sich aber besonderer NS-Schulung wegen erkennbaren Mangels an Nazi-Begeisterung entziehen. Eine Freundschaft mit Herbert Rieser, einem Mitschüler, entsteht, die ein Leben lang halten wird. Als dieser von einem Hitlerjungen verprügelt wird, verpasst Wolfgang dem Täter eine saftige Ohrfeige, was dazu führt, dass er seinerseits von einer HJ-Gang Prügel bezieht. Zuflucht finden die Nazi-resistenten Buben in der katholischen Gemeinde beim Ministrantendienst und der täglichen Heiligen Messe.

Am Ende des Krieges wird Salzburg von schweren Bombenangriffen heimgesucht. Die Kuppel des Doms wird zerstört, Bombenhagel, brennende Häuser, Tote, Detonationen, Tiefflieger, Schutz im Mönchsberg-Stollen. Ein Sechzehnjähriger allein im Überlebenskampf.

Die Hungerjahre nach dem Krieg beginnen. Wolfgang entdeckt das Bergsteigen, macht 1948 die Matura. Er möchte Jura studieren, verdient das Geld für das erste Semester mit schwerer körperlicher Arbeit. Aber der Vater verliert durch eine Intrige seine Stelle im Mozarteum, und der Sohn muss den Vater mit dem Ersparten vor dem Gerichtsvollzieher retten. Er kann nicht studieren, wird stattdessen Diözesanjugendführer und zwei Jahre später Sekretär des Katholischen Bildungswerks in Salzburg. Schon damals gibt es innerkirchlichen „Dissens in Grundsatzfragen“. Der „Modernismus“, die ewige Anfechtung des Glaubens durch den Zeitgeist, dringt in die Kirche ein. Wolfgang Waldstein lässt sich nicht anfechten, damals nicht und ein Leben lang nicht.

Fügungen führen ihn in die Familie Seifert, wo ihm eine junge Frau begegnet, die ihm als ein engelgleiches Wesen erscheint, für ihn völlig unerreichbar, wie er meint. Als sie sich ein Jahr später wieder begegnen, verloben sich die Amerikanerin Marie Theresa, genannt „Esi“, und Wolfgang nach zehn Tagen und heiraten ein halbes Jahr später an ihrem Geburtsort in den Vereinigten Staaten. Trauzeuge ist der Philosoph und Emigrant Dietrich von Hildebrand. Der Segen Papst Pius XII. erreicht die Brautleute per Telegramm. Eine christliche Ehe nimmt ihren Anfang, gegründet auf die Lehre von Humanae Vitae, „die Wahrheit, die wirklich frei macht“. 2013 sind Wolfgang und Esi 61 Jahre lang verheiratet, haben sechs Kinder, 24 Enkel und 15 Urenkel. Einen Streit zwischen den Eltern haben die Kinder nie erlebt.

Wolfgang Waldstein beginnt sein Jura-Studium neben der Arbeit und hat bereits drei Kinder, als er 1956 zum Dr. jur. promoviert wird mit einem Thema, das ihn sein Leben lang nicht mehr loslässt: das Naturrecht, welches bereits bei den Römern grundgelegt ist. Es darf vom Staat nicht missachtet werden, wenn er nicht totalitär werden soll.

Die akademische Laufbahn führt 1963 zur Habilitation in Innsbruck und schließlich mit einem Ruf zum ordentlichen Professor zurück nach Salzburg. 1968 wird er zum Rektor der Universität gewählt und verteidigt in seiner Inaugurationsrede in der überfüllten Aula die akademische Freiheit gegen die revoltierenden, marxistisch indoktrinierten Studenten.

Der Stern, der Wolfgang Waldstein leitet und dem er immer treu bleibt, ist der Kampf für Gerechtigkeit, Freiheit und die Würde des Menschen. Er kämpft für den Schutz des ungeborenen Lebens und muss selbst in der Päpstlichen Akademie für das Leben, in dessen Direktorium er gewählt wird, gegen einen modernistischen Jesuiten Klartext sprechen. Bis heute, im hohen Alter von 85 Jahren, erhebt er seine Stimme gegen das Hirntod-Kriterium, welches Menschen, deren Herz schlägt, für tot erklärt, damit ihnen Organe zur Transplantation entnommen werden können – „ein menschenverachtender Irrweg, bei dem Millionen Menschenleben geopfert werden“.

Wolfgang Waldstein wird nach seinem Ausscheiden aus der Salzburger Universität noch 1996 an die Lateran Universität nach Rom berufen. Er wird mit Ehrungen überhäuft. Papst Benedikt XVI. zitiert ihn mehrmals in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag 2011. Aber seine hohen akademischen Leistungen sind nur ein Teil seines Lebens. Er ist leidenschaftlicher Bergsteiger, erklimmt noch zu seinem achtzigsten Geburtstag seinen geliebten Dachstein mit seinem Sohn. Den Weg kennt er, denn er hat den Berg mehr als hundertmal bestiegen, oft auch in der Nacht, um den Sonnenaufgang zu erleben. In den Ferien will er sich vom Lesen erholen und verlegt sich aufs Schnitzen – Erzengel und Madonnen, versteht sich. Sie haben ihn ein Leben lang begleitet, ein Leben in Fülle, in dessen Zentrum Jesus Christus steht, „die Sonne der Gerechtigkeit“.

Wir werden zusehends arm an Vorbildern. Am Vorbild von Wolfgang Waldstein können nachfolgende Generationen lernen, was es auf sich hat mit den Kardinaltugenden Weisheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Mäßigung.

kath.net-Buchtipp
Mein Leben
Erinnerungen
Von Wolfgang Waldstein
Gebundenen Ausgabe, 240 Seiten;
2013 Media Maria
ISBN 978-3-9815943-4-8
Preis: 18.50 EUR

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