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Lateinamerika: 'Es gibt keinen sozialen Frieden mehr'

22. Februar 2011 in Interview, 14 Lesermeinungen
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Kardinal Maradiaga: In der Finanzkrise brachten die reichen Nationen 'plötzlich 600 Milliarden Dollar auf, nur um einige Banken zu retten' - Von Mark von Riedemann / KIRCHE IN NOT


München (kath.net/KIN)Der Präsident von Caritas International, Kardinal Óscar Andrés Rodriguez Maradiaga, wird vom 18. bis 20. März 2011 im Congress Centrum Würzburg beim "4. Internationalen Kongress Treffpunkt Weltkirche" zu Gast sein. Veranstalter des Kongresses ist das weltweite katholische Hilfswerk "Kirche in Not". Der Kardinal will die deutsche Öffentlichkeit für das große Problem der stetig steigenden Armut und der sozialen Probleme in Lateinamerika sensibilisieren. Im Gespräch mit Mark von Riedemann skizziert er bereits im Vorfeld des Kongresses seinen Standpunkt.


KIRCHE IN NOT: Eminenz, Sie haben die Globalisierung oft kritisiert und festgestellt, dass dabei die Gier der Reichen die Mehrheit der Menschen am Rand des Existenzminimums zurücklässt. Wie begründen Sie diese Aussage?

Der Heilige Vater hat oft betont, dass wir in einer ethischen Krise stecken, die den Großteil der Weltbevölkerung außen vor lässt. Nach Berechnungen von "Caritas International" wäre kurz vor der Finanzkrise eine Hilfe von sieben Milliarden Dollar von Seiten der reichen Nationen genug gewesen, um alle Armut der Welt zu lindern.

Damals bekam ich von der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) die Information, dass dieses Geld leider nicht vorhanden sei.
Ein Monat später begann die Finanzkrise und die reichen Nationen brachten plötzlich 600 Milliarden Dollar auf, nur um einige Banken zu retten.

Wenn sie dieses Geld statt auf die Banken auf jeden einzelnen Menschen der Erde aufgeteilt hätten, besäße heute jeder einzelne von uns 1,4 Millionen Dollar und die Armut wäre schon lange verschwunden. Aber stattdessen hören die Staaten nicht auf, Geld in den bodenlosen und löchrigen Sack der Banken zu stecken!


KIRCHE IN NOT: In den vergangenen Jahren haben sich in Lateinamerika zunehmend sozialistische Regime gebildet - zum Beispiel in Venezuela oder Bolivien. Würden Sie sagen, dass dieser Linksruck seine Ursache in der Frustration über zu wenig soziale Gerechtigkeit und zuviel Armut hat?

Auch. Aber der Hauptgrund ist meiner Ansicht nach die Korruption unter den Politikern. Die größte Krankheit in Lateinamerika ist, dass die meisten Politiker irgendwann die Probleme ihres Landes nicht mehr richtig wahrnehmen. Sie betrachten ihren Staat wie einen Piratenschatz, den sie sich aneignen können. Ihr Traum ist es, nach einer Wahlperiode reich zu werden und den Rest ihres Lebens in Wohlstand verbringen zu können - ohne arbeiten zu müssen oder gerichtliche Konsequenzen zu fürchten.

KIRCHE IN NOT: Alle neuen sozialistischen Regierungen in Lateinamerika wurden wegen ihres Engagements für die Armen gewählt. Eigentlich müssten sie doch gut mit der Kirche zusammenarbeiten, die sich seit jeher für die Ärmsten der Armen einsetzt. Jedoch kämpfen diese Regierungen vielmehr gegen die Kirche. Wie kommt das?

Wenn neosozialistische Regierungen an die Macht kommen, verschwindet die Freiheit. Es gibt dann keine Meinungsfreiheit und keine Informationsfreiheit mehr. In Venezuela wurden zum Beispiel alle Medien beschlagnahmt, die nicht einer Meinung mit der Regierung waren. Diese Regierungen wollen ihr Volk gleichschalten - und da gibt es keinen Raum für Widerspruch. Auf solche Missstände muss die Kirche hinweisen und dadurch macht sie sich die Neosozialisten zum Feind, da sie ihnen nicht blind gehorcht.

KIRCHE IN NOT: Würden Sie sagen, dass die Kirche in den neosozialistischen Ländern Lateinamerikas bedrängt wird?

Ja. Und ich kann das sagen, weil ich mich regelmäßig mit Bischöfen aus aller Welt treffe und austausche. Ich habe Ecuador und Peru besucht und überall Repressionen gegen die Kirche erlebt. Bischöfe aus Venezuela und Bolivien berichten mir über Schwierigkeiten mit der Regierung. Darum ist es nicht übertrieben, von einer bedrängten Kirche zu sprechen.

KIRCHE IN NOT: Wie kann die Kirche in dieser Situation handeln?

Als Weltkirche müssen wir uns solidarisch zeigen mit den bedrängten Bischöfen und die betreffenden Politiker anklagen. Ich habe das einige Male getan und wurde deshalb von Venezuelas Präsident Chavez angegriffen. Aber das macht mir nichts aus, denn jemand muss die Wahrheit sagen! Diese Regierungen können die Vorstellung nicht ertragen, dass jemand anderer Meinung sein könnte als sie. Sie denken, dass sie allein die ausschließliche Wahrheit besitzen, aber das ist eine Lüge. Sehen Sie sich Venezuela an: Dieses Land ist so reich an Bodenschätzen und doch sind Armut und sogar Hunger auf dem Vormarsch. Das widerspricht sich doch und ist wirklich lächerlich. Das kommt dabei heraus, wenn das Volk nicht zu kritisch-politischem Denken erzogen wird. Oft werden Stimmen einfach gekauft. In meiner landwirtschaftlich geprägten Heimat Honduras verdienen die meisten Menschen fast das ganze Jahr über keinen Cent und bekommen nur einmal Geld, nämlich nach der Ernte. Wenn nun Politiker kommen und ihnen 50 Dollar für ihre Stimme bieten, dann stimmen diese armen Menschen natürlich sofort für die korrupten Politiker. So ist die Situation bei uns - leider!

KIRCHE IN NOT: So wie Sie das beschreiben, scheint Lateinamerika in Armut zu versinken. Was sind die Auswirkungen dieser Armut?

Was würden Sie tun, wenn Sie keine Arbeit haben, aber Ihre Familie ernähren müssen? Auswandern, natürlich! Viele wandern in Richtung des gelobten Landes nach Norden und wissen nicht, dass diese Entscheidung ihre Armut nur noch verstärken wird. Überall gibt es Mauern, Barrieren und Gesetze gegen Einwanderer. Arbeitgeber werden hart bestraft, wenn sie illegale Einwanderer einstellen. Viele illegale Einwanderer verstecken sich, können nicht arbeiten und dadurch natürlich auch keinen Lohn nach Hause schicken. Früher war unsere Wirtschaft von diesen Geldsendungen abhängig, heute jedoch fließt nichts mehr. Das Ergebnis ist, dass die Wirtschaft zusammenbricht. Die Menschen suchen ihre Zuflucht in Gewalt, schließen sich Banden an oder geraten in den Drogenhandel, der in Lateinamerika floriert. Auch Entführungen und Menschenhandel sind richtige Wirtschaftszweige geworden. Es gibt keinen sozialen Frieden mehr. Das ist tragisch: Wir haben den Frieden verloren, weil unsere Menschen keine Möglichkeit mehr sehen, ihr Geld auf ehrliche Weise zu verdienen.

Foto: Óscar Andrés Rodriguez Kardinal Maradiaga, © Kirche in Not

Kirche in Not
Lorenzonistr. 62
81545 München
Deutschland

Telefon: +49 / 89 / 64 24 888 – 0
Fax: +49 / 89 / 64 24 888 50
E-Mail: [email protected]



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Lesermeinungen

 Josua 24. Februar 2011 
 

@Pantau

Ihr denken ist viel zu national, denken Sie doch mal Global, bei Ihrem Industriekapitalismus bleiben immer Menschen auf der Strecke und das kann ich nicht akzeptieren.Es entsteht sicher auch Wohlstand aber der ist ungleich verteilt. Auch verdirbt zu viel Wohlstand den Charakter.


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 Pantau 24. Februar 2011 
 

@Josua

Zitat: \"..das Wirtschaft dem Menschen dienen muss und nicht umgekehrt.\"

Da \"Wirtschaft\" nichts anderes ist, als die organisierte Bedürfnisbefriedigung von Menschen, dient sie natürlich diesen. Also keine Sorge.


Zitat: \" Ich bin sowieso gegen moderne Technik und Industrie.\"

Fein. Wie schafften Sie es, diese Meinung hier kund zu tun?


Zitat: \"Die Mormonen in den USA zeigen uns wie Wirtschaft funktionieren muss.\"

Nein. Sie zeigen uns lediglich, wie man vor ein paar Jahrhunderten lebte, mehr nicht.


Zitat: \"Nur so ein System hat Gottes Segen.\"

Wo steht das?


Zitat: \" Die Industrialisierung fuert zur Ausbeutung des Menschen,...\"

Die Industrialisierung schaffte es in Europa, den Arbeiter dermaßen aus zu beuten, dass er nicht mehr hungern musste und jedes Jahr nach Sylt in den Urlaub fahren kann, wenn er will. Dieser gewaltige Wohlsstandsschub begann übrigens bereits im tiefen 19. Jhd., wo in kurzer Zeit ganz ohne linken Firlefanz die Kaufkraft des einfachen Arbeiters sich verdreifachte. Einen größeren Breitenwohlstand hat es vorher niemals gegeben. Was Sie hier über \"Ausbeutung\" des Arbeiters durch die Industrie erzählen, ist schlicht Unfug! Machen Sie sich bitte mal über die bittere Armut der einfachen Bevölkerungsschichten in der Zeit vor der Industrialisierung kundig, bevor Sie hier solche Storys erzählen. Ich glaube, Ihnen täte es gut, sich mal für einen Monat in der Zeit um zweihundertfünfzig Jahre zurück versetzten zu lassen und dort am „nichtausgebeuteten“, \"romantischen\" Leben des einfachen Mannes Teil zu haben. Sie wären kuriert.

ef-magazin.de/2009/07/20/1363-die--industrielle-revolution--warum-in-england-warum-im-18-jahrhundert


1
 
 Josua 24. Februar 2011 
 

Industrie,Kapital,moderne Technik sind des Teufels wenn man so will...

an Befreiungstheologe>
Ich hoffe das Ihre LAG genuegend Einfluss gewinnt auf die Linke, befuerchte aber das diese Partei im grossen atheistisch bleibt.
In einem Punkt stimme ich Ihnen zu,das Wirtschaft dem Menschen dienen muss und nicht umgekehrt. Ich bin sowieso gegen moderne Technik und Industrie. Die Mormonen in den USA zeigen uns wie Wirtschaft funktionieren muss. Eine Form von Agrarsozialismus wenn man so will,wird dort praktiziert und der funktioniert. Nur so ein System hat Gottes Segen. Die Industriealisierung fuert zur Ausbeutung des Menschen, dass hat ein kluger Papst schon frueh erkannt.


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 Pantau 23. Februar 2011 
 

@Befreiungstheologe

Darauf muss ich leider etwas ausführlicher antworten:

Ihre Forderung nach „Demokratisierung“ von Privatunternehmen ist in etwa so vernünftig wie die Forderung, die Entscheidungen innerhalb eines Flugzeuges dürften nicht patriarchalisch in der Verantwortung des Piloten bleiben, sondern müssten „demokratisiert“ werden. Die Markscheide zwischen Sinn und Unsinn demokratischer Prozesse ist ihr Gegenstand. Solange dieser aus der Menge der öffentlichen Güter oder Organisationen kommt, entscheidet sinnvoller Weise ihr Eigentümer, das Volk.

Bei einem Privatunternehmen werfen Eigentümer ihre eigenen ersparten Arbeitsfrüchte in das Feuer des unternehmerischen Risikos. Sie sind es auch, welche z.B. mit ihren Entscheidungen für die Sicherstellung der Arbeitssicherheit sowohl mit ihrem Geld als auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Daher steht ihnen nicht nur moralisch sondern auch aus der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung von Verantwortung die absolute Entscheidungsgewalt zu. Was SIE hingegen fordern, ist die Trennung von Entscheidungsgewalt und Verantwortung, wobei letztere im Nirwana verschwindet.

Hinzu kommt, dass – unabhängig davon, dass Entscheidungen ohne Verantwortung ohnehin qualitativ schlecht sind – die deutlich schlechtere Qualität demokratischer Entscheidungen überhaupt. In welchem Flugzeug säßen Sie lieber: in einem, wo der Landeanflug per Mehrheitsbeschlüsse der Passagiere durchgeführt wird, oder in einem, wo ein ausgebildeter Pilot die Entscheidungen trifft, welcher zudem für jeden Kratzer an der Maschine Rede und Antwort stehen muss? In welcher Firma fühlten Sie sich wohler: In einer, wo unternehmerische Entscheidungen „demokratisch“ durch Schweißer, Hoffeger und Elektriker mehrheitlich getroffen werden, welche selber kein Kapital investiert haben, oder in einem patriarchalischen Familienunternehmen, welches in der fierten Generation bis jetzt allen Stürmen trotzte?

Um Sozialismus zu haben kommt es nicht darauf an, ob Sie gnädiger Weise dem Eigentümer auf dem Papier sein Eigentum lassen. Entscheidend allein ist, ob der Eigentümer das Exklusivverwendungsrecht über sein Eigentum hat, oder ob dies ein Anderer besitzt. Deshalb war der nationale Sozialismus auch ökonomisch ein vollwertiger Sozialismus, da der Unternehmer – ganz wie in Ihrem Wunschmodell – zwar pro forma noch Eigentümer auf dem Papier war, ein anderer jedoch (der Staat) ihm alles vorschrieb.

Um den Gesetzen der Schwerkraft Rechnung zu tragen ist es nun mal wichtig, beim Verlassen eines Flugzeuges einen RICHTIGEN Fallschirm zu besitzen und nicht nur einen Regenschirm, auf welchen die Linke netter Weise „Fallschirm“ drauf schrieb. Das alleine genügt nicht. Das Selbe gilt auch für die ökonomische Notwendigkeit der Privatgebundenheit von Produktionsmitteln. Wenn sie nicht auch faktisch privat sind – und dazu gehört zwingend die Verfügungsmacht des Eigentümers – dann geht die Sache in die Hose, ganz egal wie sehr Sie auch immer behaupten, Sie hätten das Unternehmen doch gar nicht verstaatlicht, sondern dem Eigentümer doch nur genau vorgeschrieben, wen er in welchem Proporz einzustellen habe, wie er diesen dann zu bezahlen hat, wo und wie er investieren müsse und mit wem er unter welche Bedingungen handeln dürfe. Das ist kein Eigentümer oder Unternehmer mehr, sondern eine Marionette, welche im Grunde nur noch zum Zahlmeister degradiert wurde und auch keine Verantwortung mehr wahr nehmen kann. Dies kann dann im Übrigen niemand mehr und das Ergebnis solcher Unternehmen konnten wir 1989 bewundern.


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  23. Februar 2011 
 

Niemand will mehr Planwirtschaft...

außer die DKP vielleicht. Auch wollen wir nicht allles verstaatlichen.Schauen sie mal in das Parteiprogramm der Linken rein.Firmen sollen demkratisiert werden und nicht verstaatlicht.Wir arbeiten auf die eben genannte Gesellschaftsstruktur hin.Egoismus kann wie in der jetzigen Gesellschaft gefördert, oder aber auch aberzogen werden.


0
 
  22. Februar 2011 
 

Der Sozialismus im Urchristentum

Hier ein ganz Interesanntes Zitat/Kapitel aus der Apostelgeschichte:
\"Die Schar derer, die an Jesus glaubten , hielt fest zusammen; alle waren ein Herz und eine Seele.Nicht ein Einziger betrachtete irgendwas von dem,was ihm gehörte, als sein persönliches Eigentum; vielmehr teilten sie alles miteinander, was sie besaßen.\"
Apostelgeschichte 4,32-33

\"Es gab unter ihnen auch niemand, der Not leiden musste. Denn wenn die Bedürfnisse es erforderten, verkauften diejenigen die ein Grundstück oder ein Haus besaßen, ihren Besitz und stellten den Erlös der Gemeinde zur Verfügung, indem sie das Geld vor den Aposteln niederlegten. Davon wurde dann jedem das zugeteilt, was er nötig hatte.
Apostelgeschichte 4,34-35

und diese Gesellschaftstruktur hat funktioniert und kann es wieder!!!!


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 Kathole 22. Februar 2011 
 

Unverhältnismäigkeit der Prioritätensetzung bei \"Hilfsbereitschaft\" der reichen Länder

Die von Kardinal Maradiaga angesprochenen 700 Miliarden Dollar sind allein das von der US-Regierung 2008 noch unter George Bush beschlossene Rettungspaket für die Finanzwirtschaft und Teilen der Industrie. Allein für Deutschland sind es noch einmal etwa 50 Milliarden. Der Rettungsschirm für Griechenlands Regierung von den Euro-Ländern und dem IWF betzrägt noch einmal 110 Milliarden Euro.

In irgendeiner Kommunikationrichtung hat sich vermutlich auch noch ein tückischer und häufiger Übersetzungsfehler eingeschlichen:
Im Spanischen bedeutet die Zahl 1 \"billón\" wie im Deutschen 1 Billion, also 1 Tausend Milliarden. In der globalen Wirtschaftssprache Englisch ist 1 \"billion\" hingegen nur 1 Milliarde. Nur so kann ich mir erklären, daß man bei der Division der welweiten Banken-Rettungspakete in Höhe von sicher über 1 Billion Dollar (?) durch die Weltbevölkerung von etwa 7 Milliarden Menschen in die Nähe der Größenordnung einer Million je Erdenbewohner kommt.

Ich denke, wir sollten uns vor allem aber vor Augen halten, daß es dem Kardinal in dem Interview nicht darum ging, aufzuzeigen, wie durch das Drucken und Verteilen von Geld alle Menchen zu Millionären gemacht werden und wir fortan im irdischen Paradies leben können. Er wollte doch primär auf die Unverhältnismäigkeit der Prioritätensetzung in den reichen Ländern dieser Erde hinweisen:

Klopft man wegen 7 Milliarden für die weltweite Hunger- und Armutsbekämpfung an, so wird durch den Türspalt rausgerufen: \"Kein Geld da! Verschwinde!\". Fahren hingegen Banker und Finanzjongleure mit ihren Limousinen vor, nachdem sie gerade eine Pechsträhne im großen Casinospiel der Finanzindustrie erlebt haben, so geht dieselbe Tür weit auf und es heißt: \"Willkommen! Bedienen Sie sich! 700 Milliarden? Kein Problem! Falls es nicht langt, melden Sie sich einfach noch einmal\"

Diese Unverhältnismäßigkeit in der Art und Größe der \"Hilfsbereitschaft\", je nachdem ob es sich um einen \"notleideneden\" Finazcasino-Spieler oder um einen hungernden Menschen nach Art des bilblischen Lazarus handelt, das sollte uns zu denken geben, und dieses Nachdenken nicht im Disput kleinlicher Nachrechnereien untergehen.


0
 
  22. Februar 2011 
 

Ein neues Prinzip der katholischen Soziallehre muß her

Dieses Prinzip ist die Trennung von Reichtum und Macht. Dann werden alle wirtschaftlichen und sozialen Probleme in der Dritten Welt und anderswo in katholischen Ländern gelöst werden. Das eigentliche Problem dieser Länder ist die Monopolisierung der Staatsgewalt durch Reiche. Diese wollen ihre Privilegien verteidigen und werden immer reicher, während die Bevölkerung verarmt. Das ist ein Teufelskreis, der nurch durch eine Durchsetzung des Prinzips der Trennung von Geld und Politik verwirklicht werden kann. Das wäre eine echte Befreiungstheologie. Alles andere ist nur eine Ablenkung vom eigentlichen Problem - der Verbindung von Macht und Geschäft.


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 Christoph Sanders 22. Februar 2011 
 

Nun ja

600 Milliarden Dollar aufgeteilt auf knapp 7 Milliarden Menschen: 1,4 Millionen für jeden??? Ich komme auf knapp 86 Dollar für jeden.
Was die venezolanischen Medien anbelangt habe ich schon Anderes gelesen. z.B.:
http://zmag.de/artikel/Venezuela-und-die-Medien-Fakten-und-Fiktion
http://amerika21.de/analyse/22502/fernsehen-venezuela
Wer verbreitet hier Lügen oder verfälscht die Wahrheit?
Venezuela gehört zu den Staaten, die sich dem US-Imperialismus und der Globalisierung widersetzen. Entsprechend hat das Land auch so einige Probleme; auch mit den für ihre Wahrheitsliebe bekannten Mainstream-Medien des Westens.
Im link einige interessante Infos -auch über Ecuador, Panama, Venezuela, Irak, Bolivien, Jamaika (teilweise im 2. Teil)- von John Perkins, einem ehemaligen \"Wirtschaftskiller\".
Man kann sich ja einmal fragen, warum manche reale Diktatoren jahrzehntelang ihr Unwesen treiben dürfen, ohne dass die Medien groß darüber berichten, während andere sogenannte \"Diktatoren\" ständig durch die Presse geschleift werden.
Mussolini werden folgende Worte zugeschrieben: \"Faschismus ist die Verschmelzung der Konzernmacht mit der Staatsmacht\". Aber solange die Massen sich einreden lassen, dass der Faschismus von rechts kommt, wird dieser sich unbehelligt immer weiter ausbreiten können.

www.youtube.com/watch?v=3ZpnOX4l7XA


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 clemens 22. Februar 2011 
 

Sehr seltsam

Ich hoffe sehr, dass das Interview schlecht übersetzt ist. Sonst müsste man dringend an der Kompetenz des Kardinals zweifeln.
Mit 7 Mrd. Dollar kann man jedem Armen der Welt zwei Dollar auszahlen, das hilft vielleicht für ein paar Tage, aber sicher nicht, \"um alle Armut der Welt zu lindern\".
\"Wenn sie dieses Geld (600 Mrd. Dollar) statt auf die Banken auf jeden einzelnen Menschen der Erde aufgeteilt hätten, besäße heute jeder einzelne von uns 1,4 Millionen Dollar.\" Das stimmt - aber nur, wenn die Weltbevölkerung nur 428.000 Menschen umfasst.
Außerdem müsste dem Kardinal klar sein, dass ein echter Zusammenbruch des Bankensystems der westlichen Länder die Wirtschaft der südlichen ebenso verheerend treffen würde. Hunderte Millionen Menschen würden ihren Job verlieren, hörten die Staaten auf, \"Geld in den bodenlosen und löchrigen Sack der Banken zu stecken\".
Und was er über Lateinamerika sagt, stimmt sicher punktuell, und die Not (und die Gleichgültigkeit vieler wie auch die Korruption) ist groß. Aber insgesamt geht es dem Kontinent stetig besser. Was er im letzten Absatz schildert, dass etwa Entführung ein Wirtschaftszweig geworden ist, ist keine erst kürzlich stattgefundene Entwicklung und bessert sich mancherorts zB in Argentinien auch.
Auch stimmt es nicht, dass die Geldsendungen von Migranten \"heute nicht mehr fließen\". In Mexiko sind zB die Zahlungen von Mexikanern aus den USA wegen der Wirtschaftskrise zurückgegangen, aber nur von 25 auf 21 Millarden Dollar. Das ist nicht nichts. (Aber es lässt immerhin erahnen, was passieren hätte können, wäre Amerikas Banksystem wirklich zusammengebrochen).
Schon der alte österreichische Caritas-Präsident Ungar hat immer gesagt, amn solle nicht übertreiben. Denn das rüttle die Menschen nicht auf, sondern vermittle nur das Gefühl, man könne eh nichts ausrichten.
Dass die Korruption der Politiker (sprich: eine auf Unehrlichkeit und persönliche Bereicherung aufbauende Verwaltungstradition) und der Neosozialismus die eigentlichen Feinde des Volkes sind, hat der Kardinal immerhin klar benannt.


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 dominique 22. Februar 2011 
 

@Calimero

Gute Fragen zu Abgründen, die noch der Hinterfragungen bedürfen. Ein Kardinal Maradiaga, der offenkundig auch die \"Befreiungstheologie\" angemessen und richtig hat einformen können, ist erst der Anfang glaubwürdiger gesellschaftlicher Neupositionierung der kath. Kirche für Latein- und Südamerika. Es gibt dort sicher noch enorm viel in Kirche und Laienorganisationen zu tun, denke ich mal.


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 Calimero 22. Februar 2011 
 

Versinkt Lateinamerika tatsächlich in Armut?

Ist heute schlimmer als von 10, 20 oder 30 Jahren? Über Jahrhunderte bestand der soziale Frienden Lateinamerikas darin, dass der Armen arm und die Reichen reich blieben.
Doch zumindest im größten Land Braslien bildet sich heute zunehmend eine Mittelschicht heraus.
Ich hätte gern gewusst, warum auf dem \"katholischsten Kontinent\" der Welt überwiegend linke Regierungen gewählt und wiedergewält werden. Und warum beispielsweise in Braslien nichtmal konservative oder eplizit katholischen Kandidaten zur Präsidentschaftswahl antreten.


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  22. Februar 2011 
 

@dominique

...vollkommen richtig ein Sklavenhaus der Geldgier und Egoismus. Kapitalismus ist eine Krankheit und religiöser Sozialismus wäre ein gesellschaftliche Medizin.


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 dominique 22. Februar 2011 
 

Das ist tragisch:

Wir haben den Frieden verloren, weil unsere Menschen keine Möglichkeit mehr sehen, ihr Geld auf ehrliche Weise zu verdienen.

Ja, der Kardinal trifft es sehr genau. Die \"ehrliche Weise\" hat uns verlassen - nicht nur in Lateinamerika. Manche sind schon so bestürzt, dass sie zweifeln und mit Gott hadern, ihm unterstellen, er habe die Welt verlassen. Unsere Arbeit, unsere Mühen drohen zu versinken im Morast von Korruption, Erniedrigung, Ausbeutung und Verbrechen - nicht nur in Lateinamerika leiden die Menschen unter den vielfältigen, oft schändlich subtilen, Formen der Ent-Menschlichung, die ihnen angetan werden. Als hätte uns das \"Sklavenhaus Ägypten\" wieder eingeholt.


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