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Gewissenbisse - ein ‚Gewissensurteil‘?

17. Oktober 2015 in Kommentar, 2 Lesermeinungen
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Ein Kommentar zu den aktuellen Konfusionen von F.N. Otterbeck.


Köln-Deutz (kath.net)
Die synodale Intervention von Kardinal Marx vom vergangenen Mittwoch wurde breit publiziert. Der DBK-Vorsitzende hat sich bemüht: Er schlägt einen Ton an, der seine Worte zumindest nachvollziehbar, vielleicht sogar plausibel erscheinen lässt, d.h. zustimmungsfähig. Der Teufel steckt aber bekanntlich im Detail.

Eminenz Marx streift kurz die Gewissenslehre der Kirche. Aber in welchem Verhältnis steht das abweichende Urteil des Einzelnen, im Sonderfall, zu einer allgemeinen Regel? Die Ausnahme beansprucht nicht, die Regel zu ersetzen. Das Gewissen, das mir von einer Regel abzuweichen erlaubt, erkennt diese zunächst an, macht aber eine Art "Notstand" geltend. Die wenigen Einzelfälle, in denen die "Wvh." (= zivil Wiederverheirateten) nach Zugang zu den Sakramenten dürsten, sind allesamt ohne eine neue Regel - der Jurist würde polizeirechtlich sagen: eine Allgemeinverfügung - im Gewissensbereich des Einzelnen zu lösen.

Verdächtig macht sich, wer für Einzelfälle aber eine Regel fordert, selbst wenn eilfertig versichert wird, dass es keine "generelle" Regel sein soll. Wie war das noch zu Königstein (in Österreich "Maria Trost") im weniger heiligen Jahr 1968, dem europäischen Jahr der Unbarmherzigkeit? Man konnte, so man wollte, das Wort der Bischöfe zu 'Humanae vitae' (Enzyklika vom 25. Juli 1968) orthodox, konform, richtig auslegen: Sogar das irrende Gewissen vermag Gehorsam zu beanspruchen, gegen die Regel.

In der Praxis wurde der proklamierte Einzelfall aber zur "Massenfalle" für die gesamte Pastoral. Unter Berufung darauf, dass ja "verantwortete Elternschaft" eine Entscheidung der Eltern über die Kinderzahl billige, wurde der Gebrauch der Pille und anderer Maßnahmen zur Empfängnisverhütung als bloße "Methodenwahl" verharmlost, die jedes Ehepaar "selber verantworten" dürfe. Die Folge: Der Kulturbruch ist heute nicht mehr zu bestreiten.

Es gibt so gut wie keine "katholischen Familien" mehr in unseren Breiten (im Sinne des Begriffs, der vor dem 25. Juli 1968 galt, also auch zu den von Marx eifrig beschworenen Konzilszeiten). Die Verhütung ist allgemein als sozio-ökonomisches "Muss" für Mädchen und Frauen zwischen 13 und 33 vorgesehen. Wer den inneren Zusammenhang von Verhütungsmentalität und höherer Abtreibungsbereitschaft ins Feld führt, der wird lächerlich gemacht. Der innere Zusammenhang von Sexualität und Fruchtbarkeit ist im Allgemeinen gar nicht mehr präsent; und wird von der Marx'schen Interpretation der einschlägigen Stellen von "Gaudium et spes" anscheinend weiterhin verdunkelt.


Wenn sich das schlechte Gewissen regt, dann nannte man das früher: Gewissensbisse. Wetten dass? Nahezu jede Frau ahnt, dass es eigentlich nicht "so" sein soll, dass sie täglich eine Pille einwirft, um hormonell "dauerschwanger" aber doch unfruchtbar zu sein (und das nicht selten 20 Jahre lang!). Ein Gewissensurteil ist ganz was anderes als der Gewissensbiss, sogar seine vulgäre Variante: "Das bestimme ich!" Schon Romano Guardini nannte die sittliche Autonomie der Moderne einen "Starrkrampf". Es gibt eine berechtigte Autonomie, das frei verantwortete Gewissensurteil, beispielsweise von Stauffenberg am 20. Juli 1944. Aber es gibt auch eine "Autonomie" die nichts anderes ist als Kapitulation vor rezenter Ideologie oder dem Kreislauf von Industrie und Konsum. Etwa: "Ich verbrauche, also bin ich." Völlerei gehört übrigens auch zu den Todsünden.

Marx streift auch kurz die Befugnis der Kirche, die Gewissen zu bilden. Wir erleben aber seit Jahrzehnten, dass in der Pastoral, "in der Fläche", nicht nur fast jede Katechese entfallen ist, sondern auch jede Gewissenserziehung. Was als solche deklariert wird, ist auch heute, 40 Jahre danach, immer noch nichts anderes als der Ausschank des abgestandenen 'Würzburger Hofbräu' von 1975 (Synodenbeschluss "Unsere Hoffnung" etc. pp.). Synodenpoesie? Nicht mein Bier!

Gewissensbildung vollzieht sich nicht in Papierfabriken (vulgo: Ordinariat oder Generalvikariat), die auch die fusionierten "pastoralen Räume" vollstopfen mit Handreichungen, Arbeitshilfen, Positionspapieren, Projektbeschreibungen, Leitlinien, Maßgaben, Runderlassen und eben - Allgemeinverfügungen. Gehorsam kann nur einfordern, wer einfache, klare und vollziehbare Regeln formuliert. Eine perplexe "Verkündigung", deren Wohlfeilsprech dem Hellhörigen nur noch eine "Botschaft" übermittelt - die Angst vor dem Kirchenaustritt: die ist zwar noch hörbar, aber nicht zu verstehen. Zu dieser "Hellhörigkeit" bedarf es keiner konspirativen Hermeneutik, sondern nur des gesunden Menschenverstandes.

Und ganz ohne Hellseherei: Es steht bekanntlich noch ein anderer Verdacht im Raum, dass man von "Einzelfällen" redet, aber auf eine Quasi-Abschaffung des "intrinsice malum" d.h. der in sich schlechten Handlung abzielt. Abgesehen davon, dass die Wirklichkeit nicht durch solche Meinungsäußerungen beeinflussbar ist. liegt auch hier eine Konfusion vor. Die in sich schlechte Handlung ist keineswegs die unverzeihliche Sünde wider den Heiligen Geist (die so fatal ist, dass sie gewissermaßen den Sturz der Engel zu imitieren versucht). Es handelt sich "nur" um ein Werturteil über die Handlung, einen "Tatbestand" also.

Mord ist in sich schlecht, Abtreibung auch, auch die Lüge; und der eheliche Akt ohne Ehe. Das Maß der persönlichen Schuld fällt Christus als Richter aller Welt selber (und das irrende Gewissen mag Barmherzigkeit finden). Das Urteil Christi ist aber kein hier und jetzt noch unzugängliches Orakel, dass uns erst am Ende aller Tage überrascht. "In der Wahrheit Christi" lebt nicht etwa der isolierte Bibelleser, der hofft, dass aus dem Wort vom Karfreitagsmysterium ein einzelner symbolischer Blutstropfen dereinst auch seine verdorbene Seele erlösen wird (und bis dato: Heulen und Zähneknirschen!). Nein: Die Freude des Evangeliums bezieht ihre Hoffnung, die sie allen Seelen einzustiften vermag, die an ihr Anteil erwerben wollen, daraus, dass Christus und seine Kirche seit jeher eine wirkmächtige "Kooperation der Wahrheit" bilden, deren allgemeine Regeln für die allermeisten Einzelfälle nämlich ein sicheres Geleit bieten.

Beispiel: Nach Meinung von Kardinal Richelieu - damals gegen die "parti devot" formuliert - genügt die Furchtreue, also die Angst vor der Strafe Gottes, um im Bußsakrament durch Christi Zuspruch die Taufgnade zurückzuerhalten, also "fit für den Himmel" zu sein. Die vollkommene Reue, Zerknirschung aus Liebe zu Gott, vermag zwar "aus sich" die Schuld zu tilgen. Denn der Herr verschmäht das reuige Herz nicht. Aber wir sind nicht vollkommen, wir hegen Zweifel am Gnadenstand der Seele. Hier ist der Ort, wo der Durst nach der sakramentalen Gewissheit der Vergebung göttliches Entgegenkommen finden kann. Das Gewissensurteil der meisten Deutschen sieht schon seit etwa 1517 oder 1648 ungefähr so aus: Wenn ich "oben" ankomme, dann wird sich Mein Erlöser schon für mich verwenden. Und wenn nicht? Auch gut. Diese Mentalität bedarf zwar keiner "Lossprechung" mehr; sie ist aber weit weg vom genannten Minimum der "Furchtreue"; und mithin schon ziemlich nah dran an der Sünde wider den Hl. Geist.

Dieser Zynismus, der sich gegen die Doktrin der hl. Kirche Gottes auflehnt, kennzeichnet auch das "Argumentieren" der Spötter wie Andreas Englisch, der sich derzeit anschickt, sein nächstes Papstbuch zu vermarkten. Als ob Papst Franziskus, der die Gnadenmittel der Kirche den Menschen erreichbarer machen will (um Seelen zu retten, wie einstmals auch St. Pius X. es wollte) dieselben abzuschaffen oder wenigstens zu sterilisieren trachten könnte! Zugegeben: Es ist eine nicht geringere Verwirrung der Begriffe eingetreten. Nicht jedem ist die theologische Höhe eines Benedikt XVI. gegeben, schon gar nicht Danneels, Kasper oder Lehmann.

Also: Das "intrinsice malum", das in sich böse Tun, charakterisiert dennoch "nur" eine verzeihliche Sünde. Vergebung setzt aber Reue voraus, also auch den Entschluss, die eingefahrenen Gleise zu verlassen. Das echte Gewissensurteil vermag dem Einzelnen, selbst wenn es irrt, eine reuelose Fortsetzung des bisherigen Weges im Einzelfall zu erlauben. Aber in den meisten dieser Fälle dürfte es wohl bei redlicher Betrachtung der Sachlage so sein, dass ein autonomes "Gewissensurteil" nur die Gewissensbisse - armer Sünder zu sein - tottrampeln will "Kann denn Liebe Sünde sein?" usw. Geht man aber mit dem Argwohn zu weit, wenn man das Fehlen einer beherzten Gewissenslehre, hier und heute, darauf zurückführt, dass von Sünde nicht mehr gesprochen werden soll? Etwa weil Teilhard de Chardin SJ oder Karl Rahner SJ oder beide oder nur ihre Epigonen "wissenschaftlich" bewiesen haben, dass es eine Sünde Adams nicht geben konnte? Auf den Beweis warten wir immer noch sehr gespannt.

Wir wissen zwar nicht, was "der Fall" in Raum und Zeit genau war. Das Credo des Gottesvolkes von 1968 (formuliert durch Paul VI.) hält aber fest: In Adam haben alle gesündigt. Und mit dem Apostel Paulus dürfen wir folgern: Also vermag in Christus auch Einer alle zu erlösen; oder zumindest viele.

Didaktisch-pädagogisch wertvoll kann man auch heute nicht anders von der Heilsgeschichte reden als schon der Hl. Augustinus es tat. 1.) Gnadenstand im Ursprung, dann 2.) die gefallene Menschheit, 3.) das Erscheinen des einzigen Erlösers, der Weg der Kirche, schließlich 4.) die Vollendung. Nur diese Verkündigung, kein anderes Evangelium, tut dem Menschen den Menschen voll kund (vgl. GS 22). Die deklaratorische "Abschaffung" der bösen Tat hingegen erlöst niemanden; das spürt übrigens auch das ruhelose Herze dessen, der vielleicht nur geringe Schuld auf sich geladen hat, diese aber feinfühlig bereut. Diese und noch bessere Argumente sind den derzeit zu Rom versammelten "Neuerern" (allenfalls ein Drittel der Synodalen) natürlich allesamt bekannt. Vielleicht nützt die Erinnerung daran wenig, wenn es gar nicht um die "Einzelfälle" geht, sondern um den Umsturz. Endlich soll das Dogma fallen? Exemplarisch, der "Dynamik" der Welt zuliebe? Dann sollte man aber nicht von pastoraler Perspektive reden, sondern ehrlich von - Heuchelei.


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