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Benedikt XVI. und ‚pro multis’ in ’Jesus von Nazareth II’

26. April 2012 in Weltkirche, 25 Lesermeinungen
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Heilsuniversalität, Freiheit des Menschen, konkreter Vollzug der Eucharistie und Stiftung der Kirche. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Der Brief Papst Benedikts XVI. an die Bischöfe des deutschsprachigen Raums, der als solcher jedoch an alle Bischöfe der Welt ergeht, mit dem die Anweisung getroffen wird, die Kelchworte „pro multis“ mit „für viele“ zu übersetzen, hat Aufsehen erregt. In einer ausführlichen mystagogischen Katechese erklärt Benedikt XVI. seine Entscheidung und weist die Bischöfe an, das Volk Gottes ihrer Teilkirchen mit einer intensiven Katechese auf diese Neuerung hinzuführen.

Die Entscheidung Benedikts XVI. ist im Kern durch keine große Neuigkeit begründet. Bereits im zweiten Band seines Werkes über Jesus von Nazareth hatte sich der Papst mit dem Problem des „pro multis“ auseinandergesetzt.

Zu einer näheren Hinführung zum Verständnis der Entscheidung Benedikts XVI. veröffentlicht kath.net den Text aus „Jesus von Nazareth II“, Freiburg 2011, S. 154-158


Benedikt XVI.

Nun bleibt noch ein Wort aus den Stiftungsworten Jesu auszulegen, das in jüngster Zeit Anlass zu vielfältigen Debatten geworden ist. Nach Markus und Matthäus hat Jesus gesagt, dass sein Blut „für viele“ ausgegossen werde und damit eben auf Jes 53 angespielt, während bei Paulus und Lukas vom Geben bzw. vom Ausgießen „für euch“ die Rede ist.

Die neuere Theologie hat mit Recht das allen vier Berichten gemeinsame Wort „für“ unterstrichen, das man als Schlüsselwort nicht nur der Abendmahlsberichte, sondern der Gestalt Jesu überhaupt ansehen darf. Sein ganzes Wesen wird mit dem Wort „Proexistenz“ um schrieben – ein Stehen nicht für sich selbst, sondern für die anderen, das nicht etwa nur eine Dimension dieser Existenz ist, sondern ihr Innerstes und Ganzes. Sein Sein ist als solches „Sein für“. Wenn uns gelingt, dies zu verstehen, dann sind wir wirklich dem Geheimnis Jesu nahegekommen, dann wissen wir auch, was Nachfolge heißt.

Aber was bedeutet „ausgegossen für viele“? In seinem grundlegenden Werk „Die Abendmahlsworte Jesu“ (1935) hat Joachim Jeremias zu zeigen versucht, dass das Wort „viele“ in den Einsetzungsberichten ein Semitismus sei und daher nicht von der griechischen Wortbedeutung her, sondern von den entsprechenden alttestamentlichen Texten aus gelesen werden müsse. Er versucht zu beweisen, dass das Wort „viele“ im Alten Testament „die Gesamtheit“ bedeute, also in Wirklichkeit mit „alle“ zu übersetzen sei. Diese These hat sich damals schnell durchgesetzt und wurde zum theologischen Allgemeingut. Von ihr her wurde dann in verschiedenen Sprachen bei den Wandlungsworten „viele“ mit „alle“ übersetzt. „Für euch und für alle vergossen“, hören heute die Gläubigen die Worte Jesu während der Eucharistiefeier.


Inzwischen ist aber dieser Konsens unter den Exegeten wieder zerbröckelt. Die überwiegende Meinung geht heute dahin, dass „viele“ in Jes 53 und auch an anderen Stellen zwar eine Gesamtheit bezeichne, aber nicht einfach mit „alle“ gleichgesetzt werden könne. Im Anschluss an qumranischen Sprachgebrauch geht man jetzt überwiegend davon aus, dass „viele“ bei Jesaja und bei Jesus die „Gesamtheit“ Israels bedeute (vgl. Pesch, Abendmahl, S. 99f; Wilckens I/2, S. 84). Erst mit dem Übergang des Evangeliums zu den Heiden sei der universalistische Horizont von Jesu Sterben und seiner Sühne sichtbar geworden, die Juden und Heiden gleichermaßen umfasst.

Neuerdings hat der Wiener Jesuit Norbert Baumert zusammen mit Maria-Irma Seewann eine Deutung des „für viele“ vorgelegt, die in der Hauptlinie schon 1947 Joseph Pascher in seinem Buch „Eucharistia“ entwickelt hatte. Der Kern der These ist: Das „Ausgegossen-Werden“ beziehe sich von der sprachlichen Struktur des Textes her nicht auf das Blut, sondern auf den Becher; „es wäre dann von einem aktiven ‚Ausschenken’ des Blutes aus dem Kelch die Rede, worin das göttliche Leben selbst überreich geschenkt wird, ohne dass das Tun von Henkern auch nur mit anklingen würde“ (Gregorianum 89, S. 507). Das Kelchwort würde also nicht vom Vorgang des Kreuzestodes und seiner Wirkung, sondern von der sakramentalen Handlung sprechen, und so würde auch das Wort „viele“ sich klären: Während der Tod Jesu „für alle“ gilt, ist die Reichweite des Sakraments beschränkter. Es kommt zu vielen, aber nicht zu allen (vgl. bes. S. 511).

Diese Lösung kann, streng philologisch betrachtet, für den Markus-Text in 14,24 zutreffen. Wenn man dem Matthäus-Text keine Originalität gegenüber Markus zuschreibt, könnte sie für die Abendmahlsworte als einleuchtend bezeichnet werden. Der Verweis auf den Unterschied zwischen dem Radius der Eucharistie und dem universalen Radius des Kreuzestodes Jesu ist auf jeden Fall wertvoll und kann ein Stück voranführen. Aber das Problem des Wortes „viele“ ist damit doch nur zum Teil erklärt.

Denn es bleibt die grundlegende Deutung, die Jesus von seiner Sendung in Mk 10,45 gibt, in der ebenfalls das Wort „viele“ erscheint: „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele. “Hier ist klar von der Lebenshingabe als solcher die Rede, und so ist klar, dass Jesus dabei die Gottesknecht-Prophetie von Jes 53 aufnimmt und mit der Sendung des Menschensohnes verbindet, die damit eine neue Deutung erfährt.

Was sollen wir also sagen? Es scheint mir anmaßend und zugleich einfältig, in Jesu Bewusstsein hineinleuchten und es von dem her klären zu wollen, was er aufgrund unserer Erkenntnis jener Zeit und ihrer theologischen Anschauungen gedacht oder nicht gedacht haben kann. Wir können nur sagen, dass er in sich selbst die Sendung des Gottesknechtes und die des Menschensohnes erfüllt wusste – wobei mit der Verbindung zwischen beiden Motiven zugleich eine Entschränkung der Sendung des Gottesknechtes verbunden ist, eine Universalisierung, die in eine neue Weite und Tiefe weist.

Sehen können wir dann, wie auf dem Weg der werdenden Kirche zugleich langsam das Verstehen der Sendung Jesu wächst und wie das „Erinnern“ der Jünger unter der Führung des Gottesgeistes (vgl. Joh 14,26) allmählich das ganze Geheimnis wahrzunehmen beginnt, das hinter Jesu Worten steht. 1 Tim 2,6 spricht von Jesus Christus als dem einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, „der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle.“ Die universale Heilsbedeutung von Jesu Tod ist hier in kristallener Klarheit ausgesprochen.

Historisch differenzierte und miteinander in der Sache völlig übereinstimmende Antworten auf die Frage nach dem Radius von Jesu Heilswerk – indirekte Antworten auf das Problem viele/alle – können wir bei Paulus und bei Johannes finden. Paulus schreibt den Römern, dass die Heiden „in voller Zahl“ (pleroma) das Heil erlangen müssen und dass ganz Israel gerettet wird (vgl. 11,25f). Johannes sagt, dass Jesus „für das Volk“ (die Juden) sterben werde, aber nicht nur für das Volk, sondern auch, um die zer streuten Kinder Gottes zur Einheit zu sammeln (11,50ff). Jesu Tod gilt Juden und Heiden, der Menschheit im Ganzen.

Wenn mit „viele“ bei Jesaja wesentlich die Gesamtheit Israels gemeint sein mochte, so wird in der gläubigen Antwort der Kirche auf Jesu neuen Gebrauch des Wortes immer mehr sichtbar, dass er in der Tat für alle gestorben ist.

Der evangelische Theologe Ferdinand Kattenbusch hat 1921 zu zeigen versucht, dass die Stiftungsworte Jesu beim Letzten Abendmahl der eigentliche Akt der Kirchengründung seien. Damit habe Jesus seinen Jüngern das Neue gegeben, das sie zusammenschloss und sie zur Gemeinschaft machte. Kattenbusch hatte recht: Mit der Eucharistie ist die Kirche selbst gestiftet. Sie wird eins, sie wird sie selbst vom Leib Christi her, und sie wird zugleich von seinem Tod her geöffnet auf die Weite der Welt und der Geschichte hin.

Die Eucharistie ist sichtbares Geschehen der Versammlung, das – am Ort und über die Orte hin – Eintreten in die Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott ist, der die Menschen von innen her zueinander führt. Kirche wird von der Eucharistie her. Sie empfängt von ihr her ihre Einheit und ihre Sendung. Die Kirche kommt vom Abendmahl, aber eben deshalb von Tod und Auferstehung Christi her, die er in der Gabe von Leib und Blut vorweggenommen hat.

kath.net-Buchtipp:
Benedikt XVI.
Jesus von Nazareth
Zweiter Teil: Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung
Verlag Herder
Format: 13,9 x 21,4 cm, 368 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag und Leseband
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