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Belagerung und Genozid im 21. Jahrhundert

21. September 2023 in Aktuelles, keine Lesermeinung
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Erlebnisbericht aus Bergkarabach - "Seit neun Monaten sind die 120 000 dort lebenden armenischen Christen durch eine Blockade vom Rest der Welt abgeschnitten." Gastbeitrag von Joel Veldkamp


Binz (kath.net/CSI) Ich habe erlebt, wie eine Belagerung im 21. Jahrhundert aussieht. Ich befand mich mit meinen Kollegen der Menschenrechtsorganisation «Christian Solidarity International» am Rande einer Autobahn, die sich durch ein felsiges Tal in Armenien schlängelt. Hinter uns stand eine Reihe von 20 Lastwagen, alle beladen mit Mehl, Speiseöl, Babynahrung und Medikamenten. Sie steckten dort seit über sieben Wochen fest.

Im nebelverhangenen Tal unter uns beleuchteten Scheinwerfer eine grosse Brücke, die von einem Militärposten bewacht wurde. Abgesehen vom Kontrollpunkt war die Brücke leer – es gab keinerlei Verkehr.

Hinter dieser Brücke liegt Berg-Karabach, eines der ältesten Gebiete der christlichen Welt. Seit neun Monaten sind die 120 000 dort lebenden armenischen Christen vom Rest der Welt abgeschnitten – durch eine Blockade, die verhängt wurde von Aserbaidschan, einem türkisch-muslimischen Staat im Osten Armeniens.

Hinter den Belagerungslinien sterben die Menschen an Hunger und aufgrund von Mangel an grundlegenden Medikamenten. Die Zahl der Fehlgeburten hat sich vervierfacht. Es gibt keinen Treibstoff für Autos, nicht einmal für Krankenwagen.

«Meine Familie ist am Verhungern», sagte mir eine Frau namens Narine. «Sie haben versucht, in ihrem Garten Gemüse anzubauen, aber es reicht nicht. Und jetzt kommt bald der Winter.»

Die Armenier leben seit Jahrtausenden in Berg-Karabach. Im Jahr 301 n. Chr. konvertierte Armenien als erste Nation zum Christentum. Seitdem ist Berg-Karabach ein freies christliches Land geblieben.


Die Armenier haben in ihrer Geschichte viel gelitten. Im Osmanischen Reich wurden zwischen 1915 und 1923 über eine Million armenische Christen in einem Völkermord getötet. Bald darauf eroberte die Sowjetunion Armenien, Aserbaidschan und Berg-Karabach. Josef Stalin gliederte Berg-Karabach in Aserbaidschan ein, schloss alle Kirchen und tötete oder deportierte sämtliche Priester.

Doch der Glaube der Menschen und ihr Engagement für ihr Heimatland blieben bestehen. Als die Sowjetunion in den späten 1980er Jahren auseinanderzubrechen begann, erklärten sich die Armenier von Berg Karabach zu einer unabhängigen Republik. Aserbaidschan reagierte mit dem Versuch, die armenische Bevölkerung in der Region auszulöschen, doch mit Hilfe der Republik Armenien schlugen die Armenier von Karabach zurück und gewannen ihre Freiheit.

Im Jahr 2020 griff Aserbaidschan erneut an – und diesmal mit Erfolg. Nur ein von Russland in letzter Minute verhängter Waffenstillstand verhinderte, dass sie die Armenier vollständig vertreiben konnten. Mit dieser Belagerung versucht Aserbaidschan nun, die Sache zu Ende zu bringen. Die uralte christliche Gemeinde von Berg-Karabach steht kurz davor, endgültig ausgelöscht zu werden.

Als ich letzte Woche in Armenien war, traf ich einen jungen Flüchtling aus Berg-Karabach namens George. Er sagte: «Dieser Krieg ist nicht nur ein Krieg gegen die Armenier. Die Frontlinie zwischen Armenien und Aserbaidschan ist die Frontlinie der zivilisierten Welt.»

Die EU sieht das anders. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, nennt Aserbaidschans Diktator einen «zuverlässigen, vertrauenswürdigen Partner». Aserbaidschan ist reich an Öl und Gas und hilft Europa, das Gas zu ersetzen, das früher aus Russland kam.

Unterdessen laufen Verhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan. Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates und Gastgeber dieser Verhandlungen, begrüsst die «Fortschritte», die sie auf dem Weg zum Frieden machen.

Doch wie können die USA und die EU von Frieden sprechen, wenn 120.000 Menschen in einer Belagerung verhungern?

Als meine Kollegen und ich in Armenien waren, sagten uns verschiedene Exilbeamte aus Berg-Karabach dasselbe: Die westlichen Mächte hoffen, dass die Armenier Berg-Karabach verlassen und in die Republik Armenien ziehen. Dann wird Aserbaidschan das Land bekommen, ein Friedensvertrag kann unterzeichnet werden, und der Westen kann von Aserbaidschans Ölreichtum profitieren, ohne sich um die Armenier kümmern zu müssen.

Doch wenn Europa glaubt, dass die Armenier ihre Heimat kampflos aufgeben werden – oder dass Aserbaidschan sich zufriedengeben wird, sobald es Berg-Karabach verschlungen hat – dann irrt es sich gewaltig. In Brüssel und Washington sprechen die Diplomaten von Frieden; vor Ort deuten alle Zeichen auf einen neuen Krieg hin, der in einem Völkermord enden könnte.

Die Schweiz verbindet eine lange Geschichte der Freundschaft mit dem armenischen Volk. Als das Osmanische Reich 1897 ein Massaker an den Armeniern verübte, unterzeichneten 453’015 Schweizer Bürger eine Petition, in der sie ihre Regierung aufforderten, «gegen diese Verbrechen zu protestieren», ohne dabei ihre Neutralität aufzugeben. Während des Völkermordes riskierten Schweizer Missionare wie Jakob Künzler ihr Leben, um den Armeniern zu helfen.

Welche Rolle wird die Schweiz in diesem historischen Moment spielen? Wird sie ihrem Erbe treu bleiben? Oder wird sie sich stillschweigend der EU-Linie anschliessen, obwohl Christen verhungern oder zu Tausenden getötet werden? Wird sie es zulassen, dass Aserbaidschan seine Kriegsmaschinerie mit seinen SOCAR-Tankstellen weiter finanziert?

Wie dramatisch dringend eine Entscheidung ist, zeigen die Militärschläge des Regines, die seit gestern 19. September gegen die Menschen ausgeführt werden.

Joel Veldkamp ist Menschenrechtsspezialist und Leiter internationale Kommunikation von Christian Solidarity International (CSI) / www.csi-schweiz.ch

Foto: Trucks am Lachin-Korridor (c) CSI


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