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Vatileaks, Paolo Gabriele und der Reinigungsprozess

31. Juli 2012 in Aktuelles, 9 Lesermeinungen
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Und dann verlor der Kammerdiener die Aktentasche voller gestohlener Papstdokumente beim Spazierengehen. Zufällig fand sie ein Journalist, sagte "oh!" und machte einen Besteller daraus. So muss es wohl gewesen sein… - Von Paul Badde / Die Welt


Rom (kath.net/DieWelt) Die Kreuzigung Petri ist das Gründungsereignis des Vatikans. Unter dem Petersplatz ruhen bis heute Teile der Rennbahnen vom Circus Kaiser Neros in der Erde, wo Roms erste Christen den Martertod fanden. Dennoch ist die Piazza ein höchst ziviler Ort. Hier rollen keine Köpfe. Hinrichtungen locken zwischen den Kolonnaden keine Schaulustigen an. Augustin Theiner, der deutsche Priester, der um 1870 viele Akten aus dem päpstlichen Geheimarchiv entwendete und veröffentlichte, wurde nur seiner Ämter enthoben. Rudolf von Gerlach, der Geheimkämmerer, der im I. Weltkrieg das Vertrauen Benedikt XV. bös missbraucht und ihn verraten hatte (um den neutralen Vatikan auf die Seite der Achsenmächte in den Krieg zu ziehen), wurde zu lebenslänglich verurteilt, jedoch in Abwesenheit – weil dieser „Rabe“ da schon in die Schweiz entflogen war.

Da braucht sich auch „Päulchen“ Gabriele (Foto), der diebische Kammerdiener Benedikt XVI., keine Sorgen um die Unversehrtheit seines Kopfes zu machen. Die Intelligenz des Papstes sollte er dennoch nicht beleidigen. Das sollten auch seine Anwälte nicht tun, denen letzte Woche der Pressesaal des Heiligen Stuhls für einen spektakulären Auftritt überlassen wurde, bei dem Avvocato Carlo Fusco den verdutzten Journalisten erklärte, sein Mandant habe den Papst ganz allein bestohlen. Es gebe keine Hintermänner. Keine Komplizen. Nichts als „Sehnsucht“ habe ihn angetrieben, dem Pontifex mit solchen „Akten der Liebe“ zur Hilfe zu kommen. Der Ex-Putzmann des Petersdoms wollte „die Kirche reinigen“. Klares Motiv.

Technisch sollten wir uns den Verlauf des Falles also wohl so vorstellen, dass „Päulchen“ eines Tages mit einer Aktentasche voll gestohlener Dokumente die Via della Conciliazione entlang spazierte und sie verlor. Ohne es zu bemerken, natürlich. Da kam hinter ihm zufällig der Journalist Gianluigi Nuzzi die Straße entlang, sah die Tasche, schaute hinein und sagte sich „Oh! Da mache ich jetzt mal einen Bestseller draus.“ Gesagt, getan. So muss es wohl gewesen sein. Es ist also kein richtiger Wettstreit der Plausibilität, der in diesen heißen Sommertagen in Rom um das tatsächliche Geschehen hinter dem Geheimnisverrat im Vatikan tobt. Eher scheint es, als habe Franz Kafka das Regiment im päpstlichen Schloss übernommen, seit Benedikt XVI. sich Anfang Juli nach Castel Gandolfo zurück gezogen hat. Bis Mitte August überlässt er anderen Händen die Amtsgeschäfte. Das heißt nicht, dass er selber ruht.


Aus seinem Arbeitszimmer geht sein Blick in diesen Tagen nach Osten über den Albaner See, nach Westen zum Meer und nach Norden auf Rom hin, wo er an klaren Tagen die Kuppel des Petersdoms in der Ferne erkennen kann. Es ist ein Panoramablick wie aus einem Cockpit, wo er seine Augen dennoch am liebsten auf das weiße Papier vor ihm senkt, auf dem er den dritten Teil seiner Jesus-Trilogie zu Ende bringen will, über die Kindheit und Jugend des Gottessohnes aus Nazareth – worüber die Evangelien am wenigsten verraten. Die Familie ist ihm ein Herzensanliegen. Bei dem Blick zurück auf die Heilige Familie aber wird er auch an seiner eigenen Herkunft Maß nehmen.

„Ciao, Papa“, fragte ihn kürzlich in Mailand eine Siebenjährige. „Ich bin Cat Tien aus Vietnam und möchte gern wissen, wie es war, als du so klein warst wie ich.“ Der alte Mann zögerte keine Sekunde: „Um die Wahrheit zu sagen, stelle ich mir vor, dass es im Paradies so sein wird, wie es in meiner Kindheit war.“ Er hatte wohl keinen Bruder, der ihm das Spielzeug zerbrochen hatte. Sein Vater war die Säule des Rechts im Dorf. Die Greuel der Weltkriege hatten ihn nie befleckt noch verwundet. Seine Mutter und ältere Schwester werden den Kleinen nicht vergöttert, doch voller Liebe verehrt haben. Das Böse hat er in seiner Familie nicht kennen gelernt. Es war das Heilige, das ihn (und seine Geschwister) dort für immer geprägt hat. Und auch die „heile Familie“, die fast nur noch spöttisch zitiert wird, hat er damals auf authentische Weise kennen und lieben gelernt.

Gut möglich, dass das auf Kosten einer mangelnden Menschenkenntnis ging, die ihn danach auch immer begleitet hat. Und eine fast schon sprichwörtliche Arglosigkeit. Entwicklungspsychologen werden Ähnliches bestätigen können. Dass eine unglückliche Jugend oft in späteres Misstrauen zu jedermann mündet – und eine glückliche Kindheit in einen Vorschussvertrauen zu jeder und jedem, wie es Joseph Ratzinger vielen verschwenderisch entgegen gebracht hat. Das lässt die schmerzlichen Lektionen besser einschätzen, die ihm zuletzt im hohen Alter erteilt wurden. Der Jahre lange Vertrauensmissbrauch aus dem Innern seiner päpstlichen „Familie“ heraus muss ihn empfindlicher getroffen haben als Johannes Paul II. die drei 9 mm-Geschosse aus der Pistole Ali Agcas auf dem Petersplatz.

Auch das wird er wohl in seinem neuen Buch verarbeiten. In seiner Predigt am 29. Juni im Petersdom war es, als gebe er schon eine Kostprobe davon preis, aus dem Buch der Weisheit: „Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt.“ Danach erklärte er die dunkle Stelle so: „Der erste Tote, von dem in der Geschichte der Offenbarung berichtet wird, ist Abel, der von seinem Bruder Kain erschlagen wurde. Es wird erzählt, dass Gott Wohlgefallen hatte am Opfer Abels und Kain neidisch wurde, dass Gott sich freut über seinen Bruder.“ Es ist die brüderliche Eifersucht, die er hier als das Urmotiv der menschlichen Unheilsgeschichte vorstellte.

Dem Aktendieb war es jedenfalls nur möglich, die päpstliche Firewall zu knacken, weil er zum inneren Kreis, weil er zur „famiglia“ zählte. Eifersucht kann ihn nicht getrieben haben. Ihn deshalb aber zum souveränen Einzeltäter zu stilisieren, und zu einem fehlgeleiteten Idealisten ohne Umfeld, wird seinen Anwälten bei allem Geschick kaum gelingen. Auch darum wird Benedikt XVI. den Bericht seiner Kardinalskommission genau studieren, bevor er Konsequenzen daraus ziehen wird.

Das Antriebsgefüge Paolo Gabrieles mag auf paradoxe Weise die Beweggründe des Papstes spiegeln, so absurd das auch klingt. Benedikt XVI. aber will die Kirche tatsächlich reinigen. Es ist eins seiner Hauptanliegen. Davon wird er sein Haus nicht ausnehmen. Er wird nichts versanden lassen. Keiner muss also befürchten, dass er die Untersuchungsergebnisse des Falles unter den Teppich kehren wird – und es sollte innerhalb und außerhalb des Vatikans auch keiner darauf hoffen.


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