Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Kardinal Zuppi: ‚Wir vermissen Franziskus‘
  2. Ein stiller neuer US-Trend: Katholische Pfarreien führen wieder Kommunionbänke ein
  3. Salzburger Moraltheologin für legale Abtreibung und Frauenordination - Und die Kirche schweigt dazu!
  4. Bischof Timmerevers will ‚neues Denken‘ der Kirche beim Gender-Thema
  5. Fortschritt gibt es nur mit Tradition
  6. Pfarrer protestiert gegen Abtreibungs-Aktivismus des BDKJ München
  7. Michelle Obama: Kinder zu bekommen ist ‚das Geringste‘ wozu der weibliche Körper fähig ist
  8. Wenn die ganze Schönheit und Chance der Weltkirche in einer einzigen Pfarrgemeinde präsent wird
  9. Synodalismus ist die Folge eines theologischen Irrtums
  10. Die Hoffnung berühren – und leben. Die Kraft, die aus Christus kommt
  11. Nach Anschlag mit 200 toten Christen in Nigeria: ZDF gibt Klimawandel die Schuld
  12. USA: 20.000 Ständige Diakone - Aber zu wenige kommen nach, trotz der Zulassung von Verheiraten!
  13. Papst an Seminaristen: Freundschaft mit Christus für Berufung zentral
  14. US-Repräsentantenhaus untersucht möglichen Missbrauch von Steuergeld durch Planned Parenthood
  15. Gänswein warnt vor Fake-Auktion mit angeblicher Papst-Kleidung

Da sind manche päpstlicher als der Papst

5. April 2011 in Österreich, 161 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


In Wien findet am 18. Juni eine Fachtagung in einer Wiener Moschee statt. Mit dabei sind der Altabt von Heiligenkreuz Henckel-Donnersmark, Barbara Gerl-Falkovitz und Stephan Baier - Ein Kath.Net-Interview mit Dr. Raphael Bonelli


Wien (kath.net)
Am 18.6.2011 findet in Wien eine hochkarätig besetzte Fachtagung über antireligiöse Affekte in der Wiener Moschee statt. Prominente Katholiken wir der Altabt von Heiligenkreuz Henckel-Donnersmarck, die Religionswissenschaftlerin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz und der Journalist Stephan Baier äußern sich dort zusammen mit Islamwissenschaftlern zum Thema Religionsfeindlichkeit und der Angst vor Gott. KATH.NET-Exklusivinterview mit dem Veranstalter Raphael Bonelli.


kath.net: Herr Dozent, Ihr Institut organisiert nach „Psychotherapie und Beichte“ im Stift Heiligenkreuz plötzlich die Tagung „Islamophobie und verwandte Phänomene“ in der Wiener Moschee. Das hat manche verunsichert. Haben Sie die Seiten gewechselt?

Univ.-Doz.Dr.Dr. Raphael Bonelli: (lacht) Naja, ich glaube nicht, dass das gleich ein Seitenwechsel ist. Einerseits heißt die Tagung „Das Unbehagen mit der Religion“ ( www.rpp2011.org ).Das heißt, der antireligiöse Affekt gegen alles Religiöse steht im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Betrachtung, nicht der Islam. Andererseits ist das tatsächlich eine islamfreundliche Fachtagung, denn unser Institut ist nicht konfessionell gebunden, sondern schätzt jede Religiosität und untersucht psychologische Aspekte in diesem Zusammenhang ( http://rpp-institut.org/Institut/). Bereits auf unserem ersten Kongress im Jahr 2007 sind insgesamt zehn Religionsgemeinschaften und Weltanschauungen zu Wort gekommen.


kath.net: Sind Sie nicht ein katholischer Psychiater?

Nein, so würde ich mich nicht bezeichnen. Ich finde den Begriff "katholischer Psychiater" unglücklich, denn ich biete ja nicht so etwas wie "katholische Therapie" an. Die gibt es nämlich gar nicht. Die katholische Lehre beinhaltet eben keine eigene Psychotherapieschule. Ich bin ein überzeugter Katholik, der Psychiater ist. Aber ich zwinge meine Weltsicht meinen Patienten nicht auf. Natürlich ist meine Psychotherapie kein Widerspruch zum Glaubensleben meiner Patienten. Aber das gilt für katholische ebenso wie für freikirchliche und auch muslimische Klienten. Ich wertschätze den persönlichen Glauben und respektiere die persönliche Freiheit derer, die zu mir als Arzt kommen. Zu oft habe ich erfahren müssen, wie brutal manche unprofessionellen Therapeuten sich in das Glaubensleben ihrer Klienten einmischen. Das halte ich für unethisch.


kath.net: Aber legitimiert nicht jeder gemeinsame Kongress mit Muslimen in religiösen Fragen den Islam und vermittelt den Eindruck, es könne Gemeinsamkeiten in inhaltlichen Fragen mit dem katholischen Glauben geben?

Bonelli: Einerseits ist das eben kein Kongress über religiöse Fragen, sondern ein psychologischer, der den antireligiösen Affekt untersucht, der heute allen religiösen Menschen in Europa widerfährt. Auch den Muslimen. Andererseits sagt Papst Benedikt XVI. in seinem neuen Interviewbuch „Licht der Welt“ über den Islam: "Gemeinsam ist uns, dass wir große Werte verteidigen - den Glauben an Gott und den Gottesgehorsam" (Seite 124). Das heißt also, dass es durchaus Gemeinsamkeiten in inhaltlichen Fragen gibt. Ich bin sehr froh, gemeinsam mit muslimischen Wissenschaftlern diese Fachtagung durchführen zu können. Die Vorbereitungen sind mit hohem gegenseitigem Respekt und Wertschätzung abgelaufen. Das würde ich mir in katholischen Gremien auch manchmal wünschen.

kath.net: Was sagen Sie zum Widerstand gegen die Tagung?

Bonelli: Ich bin erstaunt. Wir haben erzürnte Protestschreiben und sogar Drohanrufe bekommen. Da sind manche päpstlicher als der Papst. Benedikt XVI. sagt, dass er Erfurcht vor dem Islam hätte, dass er ihn als große religiöse Wirklichkeit anerkennt, mit der wir im Gespräch stehen müssen (Licht der Welt, Seite 123). Er meint im Zusammenhang mit dem Islam, dass heute „die Fronten anders verlaufen: [..] auf der einen Seite der radikale Säkularismus, auf der anderen Seite die Frage nach Gott“. Und noch ein Zitat aus diesem Buch: „Wichtig ist, das Gemeinsame zu finden und da, wo es geht, in dieser Welt einen gemeinsamen Dienst zu tun“. Also, da hinken so manche Eiferer deutlich nach...

kath.net: Einer Ihrer Referenten, der Altabt von Heiligenkreuz Gregor Henckel von Donnersmarck, hat kürzlich in einem Interview gesagt, er hätte persönlich auch mit einer Moschee samt Minarett neben dem Stift Heiligenkreuz kein Problem. Wesentlich gefährlicher als der Islam sei der diktatorische Relativismus, der sich in Europa breitmache.

Bonelli: Ja, das ist auch der Grund, warum wir ihn eingeladen haben. Hier sieht man die Toleranz eines tief religiösen Menschen, die mir wirklich imponiert. Überhaupt habe ich die Erfahrung gemacht, dass Intoleranz oftmals mehr in Menschen verankert ist, die sich zwar ständig auf die Religion berufen, aber sie gar nicht so sehr selbst verinnerlicht haben. Der Altabt hat im selben Interview auch festgestellt, dass Islam nicht gleich Fundamentalismus ist. Hingegen gebe es einen Fundamentalismus, der sich auf den Islam berufe. Die Psychologie von Fanatismus und Fundamentalismus wird bei der Tagung auch analysiert. Für dieses Thema haben wir den Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Psychotherapie gewonnen.


kath.net: Was sind die der Islamophobie verwandten Phänomene in Ihrem Untertitel?

Bonelli: Christianophobie und religiöser Antisemitismus. Aggression aufgrund eines persönlichen Glaubens, eben. Das hat eine eigene Psychodynamik, die wissenschaftlich noch sehr wenig untersucht wurde. Die Christianophobie spüre ich persönlich häufig in Österreich. Das ist eine irrationale, unbegründbare und oft unbewußte Feindlichkeit, die einem eine Minderwertigkeit unterstellt, nur wenn man überzeugt katholisch ist. Ähnliche Reflexe werden mir von meinen freikirchlichen Freunden berichtet, aber auch von muslimischen Mitbürgern. Heutzutage wird meines Erachtens die religiöse Orientierung viel häufiger diskriminiert als z.B. die sexuelle.


kath.net: Das ist ja genau Ihr Thema auf dieser Tagung, der antireligiöse Affekt...

Bonelli: Ja. Der Zeitgeist ist narzisstisch gekränkt, dass Gott nach wie vor nicht tot ist, wie Friedrich Nietzsche im 19. Jahrhundert euphorisch verkündet hatte. Dass entgegen den mainstreamigen Verkündigungen weltweit immer mehr junge und gebildete Menschen sich einem transzendenten Prinzip unterordnen statt sich dem Zeitgeist willig zu unterwerfen. Damit sind sie aber durch diesen nicht mehr manipulierbar. Das mündet in einer irrationaler und oftmals unkontrollierten Aggression des modernen Menschen gegenüber den Gläubigen. In die Abwehr der Realität, dass jedem Menschen eine natürliche Religiosität innewohnt, investiert er viel Kraft, sodass diese Abwehrkräfte als antireligiöse Affekte wahrgenommen werden können.


kath.net: Ist die "Islamophobie" ein Krankheitsbild wie etwa die Agoraphobie?

Bonelli: Natürlich nicht. Aber es steht eine Psychodynamik dahinter, die ich vorhin skizziert habe und die uns aus psychotherapeutischer Sicht interessiert. Der Vortrag von Stephan Baier heißt auch „sogenannte Islamophobie“, damit unsere wissenschaftliche Tagung nicht politisch missbraucht werden kann. So manche zeitgeistige Wortneubildung, die mit -phobie endet, ist ein Totschlagargument, das mit einem Untergriff den kritischen Diskurs unterbinden will. Im übrigen haben uns genau unsere muslimischen Mitveranstalter darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Begriff umstritten ist. Wir haben uns trotzdem dafür entschieden, ihn hier zu verwenden.


KATH.NET-Interview mit Raphael Bonelli über das Unbehagen mit der Religion





Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Raphael Bonelli

  1. Bonelli warnt vor zunehmendem Narzissmus in der Gesellschaft
  2. Psychiater: Glaube hat positive Wirkung bei psychischen Störungen
  3. Psychiater: Kontemplation ist 'Psychohygiene in Reinkultur'
  4. Wenn PERFEKT nicht gut genug ist
  5. Sigmund Freud: Psychiater Bonelli für 'Entmythologisierung'
  6. Das Schuldbekenntnis
  7. Seine Frau hält ihn für sexsüchtig
  8. Faust baut Mist
  9. Die Unschuld auf der Couch
  10. 'Das Fehlen von Schuldgefühlen macht uns zum Monster'






Top-15

meist-gelesen

  1. Salzburger Moraltheologin für legale Abtreibung und Frauenordination - Und die Kirche schweigt dazu!
  2. Kardinal Zuppi: ‚Wir vermissen Franziskus‘
  3. Oktober 2025 mit kath.net in MEDJUGORJE mit P. Leo MAASBURG
  4. Ein stiller neuer US-Trend: Katholische Pfarreien führen wieder Kommunionbänke ein
  5. Fortschritt gibt es nur mit Tradition
  6. Pfarrer protestiert gegen Abtreibungs-Aktivismus des BDKJ München
  7. Michelle Obama: Kinder zu bekommen ist ‚das Geringste‘ wozu der weibliche Körper fähig ist
  8. Bistum Eichstätt beendet Dienstverhältnis mit Priester
  9. Wenn die ganze Schönheit und Chance der Weltkirche in einer einzigen Pfarrgemeinde präsent wird
  10. Gebrochen, um zu nähren – Die göttliche Logik der Eucharistie
  11. Nach Anschlag mit 200 toten Christen in Nigeria: ZDF gibt Klimawandel die Schuld
  12. Gänswein warnt vor Fake-Auktion mit angeblicher Papst-Kleidung
  13. Schottischer Priester feiert Messe auf Mount Everest
  14. Tschechien: Jesuiten-Provinzial setzt Schritte gegen Rupnik-Umfeld
  15. Brot, das verbindet – Der Leib Christi als Ursprung der Gemeinschaft

© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz