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Benedikt zitiert Newman und warnt: das Christentum ist anspruchsvoll!

21. September 2010 in Weltkirche, 7 Lesermeinungen
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Ein im Geist erwachsener Laie muss seinen Glauben verteidigen können. Ein skandalöses Buch kann dabei behilflich sein - Von Armin Schwibach / Rom


Rom (kath.net/as) Bei der Seligsprechung Kardinal John Henry Newmans am vergangenen Sonntag zitierte Papst Benedikt XVI. aus einem Werk des neuen Seligen (The Present Position of Catholics in England, IX, 390), um alle Laien – und dabei besonders jene, die in Lehre und Katechese tätig sind – auf ein Wesenmerkmal des Katholiken hinzuweisen. Dabei handelt es sich um den Aufruf Newmans für einen intelligenten und gut in der Lehre unterwiesenen Laien: „Ich wünsche mir Laien, nicht arrogant, nicht vorlaut, nicht streitsüchtig, sondern Menschen, die ihre Religion kennen, die sich auf sie einlassen, die ihren eigenen Standpunkt kennen, die wissen, woran sie festhalten und was sie unterlassen, die ihr Glaubensbekenntnis so gut kennen, dass sie darüber Rechenschaft ablegen können, die über so viel geschichtliches Wissen verfügen, dass sie ihre Religion zu verteidigen wissen“.

Nicht arrogant, vorlaut oder streitsüchtig soll der Laie also sein, sondern bescheiden, hörend und „konfliktfähig“. Das heißt: Er soll sich nicht mit sich selbst begnügen, mit dem, was ihm ein Augenblick eingibt, sondern er soll sich im Wissen, dass er Teil des mystischen Leibes Christi ist, offenhalten für die Lehre, für die Prüfung von Eigenem von einer übergeordneten Dimension aus. Mit dem Zitat Newmans macht Benedikt XVI. deutlich, dass Wissen und Wahrheit komplementär zusammengehören. Dem folgt, dass Gewissen nichts mit einem relativen oder subjektiven Zustand zu tun hat, sondern dass es das Wort und das Wissen um das Wort eines absoluten Gesichtpunktes in der brüchigen endlichen Wirklichkeit ist. Das Gewissen verwirklicht sich nicht als Selbstbehauptung, sondern als Anerkennung des Offenbarten als des Absoluten, dem zu gehorchen ist. Denn nur der Glaube kann einen Egoismus in Freude verwandeln, da der Mensch im Gewissen vor seiner Seele und vor Gott steht.


Dazu ist es notwendig, wie Benedikt XVI. zusammen mit Newman erklärt, dass der Laie seinen Glauben kennt. Denn was wäre das für ein „Gläubiger“, der „blind“ glaubt? Er muss wissen, worum es geht. Er muss seine Geschichte kennen. Er muss wissen, was er da als Wahrheit behauptet, warum er deswegen etwas tut oder unterlässt. Der Laie muss also sein Glaubensbekenntnis kennen und nicht einfach hersagen, sagt Newman. Und dieses Wort führt in ein Jahr zurück, als ein relativ junger Theologe ein skandalöses Buch geschrieben und ihm den Titel „Einführung in das Christentum“ gegeben hatte.

Im Sommer 1968 – dem Jahr, in dem sich Papst Paul VI. genötigt sah, bei Gelegenheit der Neunzehnhundertjahrfeier des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus feierlich das „Credo des Volkes Gottes“ zu verkündigen (30. Juni 1968) – veröffentlichte Joseph Ratzinger seine „Einführung in das Christentum“, mit der er über das Apostolische Glaubensbekenntnis das Wesen des christlichen Glaubens erläutert. „Skandalös“ sind dieses Werk wie das „Credo“ Pauls VI. deshalb, da es knapp drei Jahre nach dem Ende des II. Vatikanischen Konzils notwendig erschien, die Grundlagen des christlichen Glaubens, das Glaubensbekenntnis, neu ins Bewusstsein zu rufen.

„Die Frage, was eigentlich Inhalt und Sinn des christlichen Glaubens sei, ist heute von einem Nebel der Ungewissheit umgegeben wie kaum irgendwann zuvor in der Geschichte“, schrieb Ratzinger und erzählte zur Hochzeit eines vielbeschworenen (oder wütenden) „Konzilsgeistes“ die alte Geschichte vom „Hans im Glück“, der mit einem Goldklumpen seine Wanderschaft aufgenommen hatte und sie mit einem Schleifstein beendete, den er am Ende noch ins Wasser warf, da er sowieso nicht mehr viel zu verlieren hatte.

Den „Nebel“ lichten: Vor diese Aufgabe stellte sich Ratzinger 1968. Vor dieser Aufgabe steht Benedikt XVI. und zeigt dabei auf den seligen John Henry. Das Christentum ist eine anspruchsvolle Religion, insofern es überhaupt keine Religion ist, sondern Form der Ordnung des Kosmos selbst, wie ihn Gott geschaffen hat. Daher kann sich der Christ nicht der Pflicht entziehen, zu „wissen“, wie es um diese Form steht, wie sie aussieht, wie sie gegen andere Formen verteidigt werden kann, die vielleicht auch hochmütig einen anderen oder bei weitem geringeren Anspruch vortragen.

„Verteidigen“ sagt Benedikt XVI. zusammen mit Newman. Das Apologetische gehört zur Grundausstattung eines Christen. Wird das Apologetische gleichgültig, verraucht der Glaube in einer modernen und toleranten Indifferenz. Es bleibt am Ende nichts anderes als ein wertloser Schleifstein, der – so er am Hals hängt – in die Tiefen von dunklen Wassern ziehen wird, in denen der Untergang wartet. Deshalb ist es immer wieder gut, sich von der „Einführung in das Christentum“ bei der Hand nehmen und durch das universale Mosaik des Glaubens führen zu lassen. Denn: „Eine der größten Herausforderungen, die heute vor uns stehen, ist die Frage, wie man überzeugend von der Weisheit und der befreienden Kraft des Wortes Gottes sprechen kann zu einer Welt, die allzu häufig das Evangelium als eine Einschränkung der menschlichen Freiheit ansieht und nicht als die Wahrheit, die unseren Geist befreit und unsere Bemühungen erhellt, sowohl als einzelne wie auch als Glieder der Gesellschaft weise und gut zu leben“ (Benedikt XVI in der Kathedrale von Westminster am 18.9.2010)




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