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Tut Buße!3. November 2016 in Kommentar, 2 Lesermeinungen Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden
Kirchenreform im Lutherjahr - Ein Gastkommentar des Theologen Hubert Windisch
Regensburg (kath.net) Es ist eine schmerzliche Wahrnehmung, daß die von Festrednern, Buchautoren und Einheitszelebranten anläßlich des Lutherjubiläums 2017 beschworene Wirklichkeit von Kirche- und Christsein in Deutschland kaum etwas mit der kirchlichen Realität hierzulande zu tun hat. Vor allem kritische Kommentatoren in den Feuilletons einiger großer Zeitungen machen in bezug auf die evangelische Kirche darauf aufmerksam. Es ist nicht mehr Luther drin, wo Luther draufsteht, kann man allenthalben ihre Kritik zusammenfassen. Nicht nur kirchlicher, sondern christlicher Substanzverlust sei weithin festzustellen, der sich vor allem in der Depotenzierung der Heiligen Schrift und in der Verdunstung des christologischen Bekenntnisses zeigt. 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag seien Grundgehalte des christlichen Glaubens verramscht, Kirchesein gebe es zum Schleuderpreis. Das im einzelnen zu benennen und auch zu behandeln, ist Sache der protestantischen Kirchen selbst. Allerdings sollte man auf katholischer Seite denjenigen besorgten evangelischen Christen Gehör schenken, die behaupten, die evangelische Kirche befinde sich, angeführt von ihren Spitzenfunktionären und diversen Gremien, im freien Fall. Denn leider wird man den Eindruck nicht los, daß auch die katholische Kirche immer deutlicher in diesen freien Fall mit hineintorkelt. 
Einige generelle und auch aktuelle Hinweise mögen genügen, um diese These zu veranschaulichen. So kann man seit längerem schon feststellen, daß eine einst im Ansatz gesellschaftskritische politische Theologie immer mehr zu einer Theologie des politischen Mainstreams verkommt. Bischöfe, die sich von einer derartigen Theologie beeinflussen und leiten lassen, versäumen es dann z. B., mutig und deutlich gegen den Genderwahn aufzutreten, der sich an Schulen ausbreiten soll und Kinder und Jugendliche schwer schädigen wird. Bischöfe mit dieser Hintergrundstheologie verwechseln dann auch bisweilen ihren amtlichen Auftrag für die Öffentlichkeit mit dem eines Regierungssprechers. Zu recht sind viele Christen aber über politische Moralisierungen aus geistlichem Mund, die die augenblickliche politische Korrektheit bedienen, irritiert und verärgert. Sie fragen sich auch mit ungläubigem Staunen, warum z. B. Kardinal Marx zusammen mit Bedford-Strohm bei einem offiziellen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem beim Treffen mit Muslimen in vollem Ornat kein Brustkreuz trug. Auf dem Tempelberg hat Jesus selbst gewirkt. Man muß sein Wort in Mt 24,35 ernstnehmen, wonach Himmel und Erde vergehen werden, seine Worte aber nicht. Das gilt auch für Mt 10,32-33, wo Jesus sagt: Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen. Ein Dialog mit dem Islam darf doch nicht von Unterwürfigkeit geprägt sein. Darüber hinaus scheint auch das sakramentale Grundgefüge der katholischen Kirche ins Wanken zu geraten. Das belegen so manche Pastoralpläne (der Diözese Trier z. B.), die den priesterlichen Dienst auf eine Moderationstätigkeit in gremial geführten Seelsorgeeinheiten reduzieren wollen. Ja, bei der Feier der Sakramente selbst scheint sich allmählich ein seelsorgliches Augenzwinkern einzuschleichen. Es gibt Seelsorger, die sich überlegen, vor der Feier des Sakraments der Trauung dem Trauprotokoll in Kopie einige Passagen aus Amoris Laetitia (vor allem Nr. 305 mit der Fußnote Nr. 351) beizulegen, die für später Türchen offenhalten. Aufgrund eines wachsenden pastoralen Durcheinanders in der Liturgie und in der Verkündigung resignieren nicht wenige Priester. Andere wiederum segnen alles ab, was man so wünscht, und rechtfertigen ihr Tun mit dem berühmten päpstlichen Ausspruch: Wer bin ich, um zu (ver)urteilen? Damit die Einheit der Kirche nicht eine Einheit im freien Fall wird, muß die erste der 95 Thesen von Martin Luther neu mit Leben erfüllt werden: Als unser Herr und Meister Jesus Christus sagte: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen, wollte er, daß das ganze Leben der Glaubenden Buße sei. Wahre Einheit duldet keine Irrlehren (Lothar Gassmann). Dann aber sind im Augenblick Buße und Umkehr in der Kirche nötiger denn je, bei Katholiken ebenso wie bei Protestanten.
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