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Vatileaks und ein Bestseller geheimer Papstbriefe

30. Mai 2012 in Aktuelles, 9 Lesermeinungen
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In diesen Tagen möchte wohl keiner in der Haut Gianluigi Nuzzis stecken, der vor knapp 10 Tagen mit dem Bestseller 'Seine Heiligkeit – Die Geheimen Briefe Benedikt XVI.' die italienischen Buchläden erobert hat. Von Paul Badde / DIE WELT


Vatikan (kath.net/Die Welt) Die für ihre Wühlarbeit bekannten deutschen „Maulwürfe“ werden im Italienischen eher als „Corvi“ begriffen, als diebische Elstern, vor denen nichts Glitzerndes sicher ist, was sie klauen und in ihr Nest tragen.

Paolo Gabriele, der Kammerdiener des Papstes, wurde wegen seiner Vertrauenswürdigkeit in der päpstlichen Familie gern „Paoletto“ genannt. Das lässt sich mit „Päulchen“ nur unzureichend wiedergeben, doch gewiss ist er nun als „Corvo“ enttarnt, der sich als Spion allerdings „Maria“ nannte.

Bei seiner Verhaftung hatte er beide Hände „nella marmelata“, wie es heißt: er wurde in einer erdrückenden Beweislage festgenommen, zwischen einer Unmenge an Dokumenten.

Die Frage, die Rom derzeit am meisten beschäftigt, ist deshalb die, ob sich diese „Elster“ bald in eine singende Nachtigall verwandeln wird, die umfassend über alle Hintermänner auspackt, für die Gabriele seinen spektakulären Geheimnisverrat begangen hat.

In diesen Tagen möchte deshalb wohl keiner in der Haut Benedikt XVI. stecken, und auch nicht in der Hand des einen oder anderen hohen Prälaten, deren Namen wir noch nicht kennen, aber vielleicht noch weniger in der Haut Gianluigi Nuzzis, der vor knapp 10 Tagen mit dem Bestseller „Sua Santità – Le Carte Segrete di Benedetto XVI“ (Seine Heiligkeit – Die Geheimen Briefe Benedikt XVI.) die italienischen Feuilletons und Buchläden erobert hat.

Im Jahr 2009 konnte er schon einen Bestseller mit dem Titel „Vatikan AG“ vorlegen. Grundlage des neuen Buches aber sei ein krimineller „Diebstahl“, hatte es gleich nach der Veröffentlichung aus dem Vatikan geheißen, für den die Verantwortlichen ausfindig gemacht und zur Rechenschaft gezogen würden. Davon seien weder der Autor, der Verleger noch diejenigen ausgenommen, die die Dokumente gestohlen und weiter gegeben hätten.

Gewiss ist es ein beispielloser Akt der Piraterie, mit dem Nuzzi seinem „Enthüllungsbuch“ hunderte von Geheimdokumenten, Aktenvermerken und Notizen inklusive handgeschriebener Briefe des Papstes ausgewertet und allein 30 vertrauliche Schreiben vom Schreibtisch des Papstes als Faksimile angehängt hat.


Nicht ganz so beispiellos ist die Kaltschnäuzigkeit, mit der er letzte Woche – vor der Verhaftung der Elster – seine Veröffentlichung noch als aufklärerischen Akt zu preisen versuchte, auf den die Informationsgesellschaft ein quasi heiliges Recht habe. Seine Gewährsleute seien gute Überzeugungstäter, denen es um das Wohl der Kirche und Italiens ging. Geld sei natürlich nicht an sie geflossen. Angst vor juristischen Maßnahmen durch den Vatikan und deren „Dunkelmännern“ habe er nicht.

Seit der Verhaftung Gabrieles aber hat zumindest Nuzzi mit dem Singen aufgehört. Danach war dem gesprächigen Autor kein Wort mehr zu entlocken, bis er am Telefon beim „Canale 5“ schmallippig kritisierte, dass Gabriele als Untersuchungshäftling im Vatikan festgesetzt sei.

Sein Buch ist nicht der Anfang einer ganzen Reihe gezielter Indiskretionen, sondern nur deren letzter Höhepunkt. Schon im Frühjahr waren Unterlagen aus dem Vatikan ans Freie gelangt, die Machtkämpfe um den Papst nahe legten und Korruptionsvorwürfe gegen verschiedene Personen enthielten.

Dabei kam der Nuntius in Washington mit scharfen Klagen zu Sprache, und der Präsident der Vatikanbank, Ettore Gotti Tedeschi, mit der Beschuldigung ins Gerede, er habe vertrauliche Dokumente weiter geleitet.

Nuzzi selbst hatte Anfang des Jahres Briefe von Tarcisio Bertone veröffentlicht, in denen der Kardinalstaatsekretär den Papst bat, ihn wegen des Aufdeckens eines mutmaßlichen Korruptionsfalls nicht zu versetzen.

Nun enthält sein Buch auf 315 Seiten Abschriften von dutzenden authentischer Dokumente, die zusammen einmal mehr das Fresko chaotischer Zustände in der Römischen Kurie malen.

Chaotisch ist allerdings auch die Zusammenstellung der Dokumente, die mehr Hast als System verraten. Viele Papiere befassen sich mit inneritalienischen Vorgängen: von einem Abendessen des Papstes mit Italiens Präsident bis zur Absetzung vom Chefredakteur des Avvenire, der Zeitung der italienischen Bischofskonferenz.

Es gibt einen Brief des Talkshow-Stars Bruno Vespa mit einem Scheck über 10.000,- Euro für wohltätige Zwecke (in dem er nebenbei um eine Privataudienz mit dem Papst nachsucht), eine Beschwerde Kardinal Sardis über mangelnde Koordination der verschiedenen Institute des Vatikans und Nachrichten verschiedener Vatikan-Botschaften von Kamerun bis Jerusalem bis hin zu einer Unterrrichtung Kardinal Velasio de Paolis, dem Sonderbeauftragten des Papstes für die Legionäre Christi, über die prekäre Finanzsituation des Ordens nach dem Skandal um ihren Gründer Maciel, und die päpstliche Anweisung an den Nuntius in Berlin, Jean-Claude Périsset, „ein klares Wort des Protests“ bei Kanzlerin Angela Merkel wegen ihrer unbefugten Einmischung in die Frage seiner Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Pius-Bruderschaft Pius X. 2009 einzulegen.

Die planlose Präsentation des vorgelegten Material wirft wie von selbst die Frage auf: Was soll dieses Sammelsurium? Oder, kriminalistisch gefragt: CUI BONO? Wem dient das Ganze?

An manchen Stellen erweckt der Inhalt den Eindruck, als solle damit nur rasch die Diebesware vom Hof und in die Medien. Ein gutes Buch gibt das Potpourri der entwendeten Dokumente nicht ab. Der Erkenntnisgewinn ist gering.

Ist es der kirchenpolitische Kurs des Papstes, der über diese Enthüllungen ins Kreuzfeuer kommen soll? Ist es seine Theologie? Ist es seine Weißgeldstrategie?

Dass Benedikt XVI. in vieler Hinsicht nicht mit den Ansichten Kardinal Lehmanns übereinstimmt, wie hier zu erfahren ist, ist keine Neuigkeit, wegen der man dieses Buch kaufen würde. Nuzzis Rechtfertigungs-Mantra lautete bisher: „Transparenz“. Freie Gesellschaften bräuchten diese Enthüllungen. Aber braucht es dafür die Kontonummer des Papstes?

Hängen bleibt nach der anstrengenden Lektüre nur, dass der Papst hier selbst diffus mit seinem Sekretär im Visier ist – und nicht etwa der Kardinalstaatssekretär, trotz aller Manöver, die anderes nahe legen. Zum ersten Mal habe man Gelegenheit, „die Aktivitäten zwischen dem Vatikan und Italien“ von Nahem zu beobachten, verspricht Nuzzi.

In seinem Schluss stellt er fest, dass für diesen Papst „die Einigkeit der katholischen Kirche“ höchste Priorität habe. In einer zentrifalen Krise der Gläubigen versuche er zusammenzuhalten, was auseinanderstrebt. Der Ausgleich mit China sei ihm ein Anliegen, die Überwindung des Schismas mit den Piusbrüdern, die Entdämonisierung der Legionäre. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger wolle er viele Dinge in der Kirche wenden. Noch nie wurden sexuelle Übergriffe wie unter ihm verfolgt, und so viele Bischöfe aus dem Amt entfernt.

All dies ist auch nicht neu – und macht dennoch nicht einleuchtend, warum derselbe Papst nun mit diesem Geheimnisverrat so nachhaltig diskreditiert werden soll.

„Wir tun das, um den Papst zu schützen“, hat ein vorgeblich anderer Informant der „Repubblica“ am Montag gestanden. Es sei ein Netzwerk von Personen, an dem auch Kardinäle beteiligt seien. Es seien viele Informanten. Alle wollten dem Papst „helfen“.

Der Vatikan dementierte die Nebelkerzen sogleich und ließ Pater Lombardi versichern, „kein Kardinal“ sei im Visier der Ermittler. Da hatte Kardinal Carlo Maria Martini, der Gegenspieler Joseph Ratzingers aus dem letzten Konklave, im „Corriere della Sera“ allerdings schon mit dem rätselhalfen Wort auf sich aufmerksam gemacht: „Wir müssen alle um Vergebung bitten.“

Doch bei wem? Und für was? Die Italiener, die danach fragen, haben spitze Ohren. Und ein langes Gedächtnis. Jetzt aber hat Nuzzis Buch den Ermittlern geholfen, die Elster zu fangen - weil es Informationen enthält, die nie im Staatssekretariat angekommen und archiviert worden waren.

Das hatte das Netz um den Kreis der Verdächtigen auf dramatische Weise um die direkten Mitarbeiter um den Tisch des Papstes verengt. Bei der Suche nach den Hintermännern wird Nuzzi deshalb auch bald das Sprichwort an sich erfahren, dass die Menschen den Verrat lieben, aber nicht den Verräter.

„Wer kein Geheimnis hat, hat kein Heim“, hieß es früher – im analogen Zeitalter, vor der Erfindung der Handscanner – einmal in der katholischen Kirche, wo Nuzzi nun auf kesse Weise versucht, das totalitäre Credo des jungen Mark Zuckerberg einzuführen „Wer nichts zu verstecken hat, hat durch Transparenz nichts zu befürchten.“


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