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Müssen wir Angst vor Alzheimer haben?

9. Februar 2012 in Familie, 10 Lesermeinungen
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Ein Mediziner zum Buch von Rudi Assauer über seine Alzheimer-Erkrankung. Von Georg Schiffner / idea


Wetzlar (kath.net/idea) Wie eine Bombe eingeschlagen ist das in der vergangenen Woche erschienene Buch, in dem der „Manager, Macher, Macho“ (so die „Bild“-Zeitung) Rudi Assauer beschreibt, dass er an Alzheimer leidet. Die Krankheit des ehemaligen Fußballstars – er hatte mit Borussia Dortmund 1966 als erster deutscher Mannschaft den Europapokal gewonnen – erregt die Gemüter. „Alzheimer ist zu einem Synonym geworden für die Urangst, das Letzte zu verlieren, was uns im Leben bleibt: das eigene Ich“, schrieb passend die „Süddeutsche Zeitung“.

In der Tat: Während früher Krebs als schlimmstmögliche Erkrankung gefürchtet war, ist dies heute die Demenz – nicht zuletzt, weil die Heilungschancen bei Krebs inzwischen bei rund 50 % liegen. Besonders Alzheimer, die häufigste Ursache für Demenz-Erkrankungen, ist zum Inbegriff geworden für den zunehmenden Verlust der Selbstständigkeit mit geistigem und körperlichem Verfall. Die Krankheit ist nach wie vor medizinisch unheilbar. Schätzungsweise 700.000 Menschen in Deutschland sind an Alzheimer erkrankt, insgesamt leiden rund 1,3 Millionen an Demenz – und die Tendenz ist deutlich steigend. Medizinische Forschung sowie Sozial- und Pflegeprojekte werden intensiv gefördert, um dieser Herausforderung zu begegnen.


Wir bleiben stets ein Ebenbild Gottes

Gibt christlicher Glaube einen besonderen Halt in der Konfrontation mit Demenz? Ja! Denn Leistungsfähigkeit und Unabhängigkeit sind nicht das höchste Gut des christlichen Lebens, sondern die Erfahrung, in unserer Schwachheit von Gott angenommen und gehalten zu sein. Es stimmt: Alzheimer verändert unsere Persönlichkeit – zuweilen in erschreckendem Ausmaß. Aber unser Person-Sein, unsere Würde als einzigartiger Mensch kann sie nicht nehmen. Im Person-Sein des Menschen ist die Ebenbildlichkeit Gottes benannt – „personare“ bedeutet im Lateinischen so viel wie „hindurchtönen“. In uns bleibt trotz aller möglichen Entstellungen eine Dimension des „wahren Selbst“, der „Personmitte“, in der unser Geist für den Geist Gottes ansprechbar ist, wo nach biblischem Zeugnis sogar Gott selber „wohnen“ möchte – ob demenzkrank oder nicht. In unserer extrem auf Denken und Verstehen fixierten, leistungs- und erlebnisorientierten Gesellschaft mag eine fast prophetische Mahnung anklingen, wenn Christen dies einbringen.

Wir können etwas für uns und andere tun!

Das heißt aber auch: Wir müssen Verantwortung übernehmen für unsere Gesundheit „in guten Tagen“ durch einen gesundheitsfördernden Lebensstil (genügend Bewegung, gesunde Ernährung, intellektuelle und kreative Tätigkeiten, aktive Gestaltung tragfähiger Beziehungen zu Mitmenschen und Gott). Wir sollten bereit sein, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn unsere Denkleistung auffällig nachlässt (Hausarzt, Beratungsstellen, Pflegedienste, Geriatrien und Spezialeinrichtungen). Wir dürfen mitwirken an „demenzfreundlicher“ Gemeindegestaltung (Seniorenarbeiten, Besuchsdienste, Seelsorgeangebote, Gottesdienste für Demenzkranke und Angehörige, Mehrgenerationenprojekte). Und nicht zuletzt: Wir müssen unsere eigene Bedürftigkeit frühzeitig annehmen, in der Gott seine Zuwendung erfahrbar machen will. Wie treffend passt hierzu die Jahreslosung 2012: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“!

Der Autor, Dr. Georg Schiffner, ist Chefarzt im Geriatriezentrum und Palliativbereich des Wilhelmsburger Krankenhauses Groß-Sand in Hamburg und Vorsitzender des Vereins „Christen im Gesundheitswesen“


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