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'Dann wird es hell in der Welt'

25. Dezember 2006 in Weltkirche, keine Lesermeinung
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Predigten von Kardinal Wetter, Kardinal Meisner, Bischof Küng, Erzbischof Schick, Bischof Schraml, Bischof Algermisse zum Christtag 2006 - Updates möglich


München (www.kath.net)
Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter, hat in seiner Weihnachtspredigt am 25. Dezember im Münchner Liebfrauendom vor einem weit verbreiteten Relativismus gewarnt, der zum Verlust der christlichen Identität führen könne. Der feste unnachgiebige Glaube der Muslime sei eine „positive Herausforderung“ an die Christen, in ihrem christlichen Glauben nicht wankend zu werden oder sich irre machen zu lassen.

Der Glaube an die Menschwerdung Christi sei ein so hohes Gut, dass diese Wahrheit nicht dem heutigen Drängen nach Vermischung oder Gleichschaltung religiöser Anschauungen preisgegeben werden dürfe. In einer globalen Welt sei der Dialog der Kulturen und Religionen angesagt. Das bedeute jedoch nicht, die eigene Position aufzugeben. Wer einen echten Dialog führen wolle, brauche selbst einen klaren Standpunkt, sonst ernte er Verachtung.

Zu Recht werde auch Toleranz gefordert. Dies bedeute aber nicht, die eigene Meinung aufzugeben, sondern den anderen in seinem Anderssein zu respektieren. Vielen scheine heute die Kraft zu fehlen, diese Spannung auszuhalten. Wer Toleranz beanspruche, müsse sie auch gewähren. Dazu gehörten Kraft und Respekt auf beiden Seiten „und vor allem der gute Wille“.

Es gebe zur Zeit pädagogisch gut gemeinte Versuche, nichtchristliche Kinder durch gemeinsames Beten im gemeinsamen Religionsunterricht mit den christlichen Kindern zu integrieren oder gar gemeinsame Gottesdienste zu feiern. Diese Versuche würden nicht weiterhelfen, weil die Kinder zuerst in ihrer eigenen Religion beheimatet und darin Toleranz lernen müssten. Diese Beheimatung, die sie für die Gestaltung ihres Lebens brauchten, fänden sie „nicht in einer Vermischung der Religionen, die notgedrungen nivelliert, sondern in der Vertiefung des eigenen Glaubens“.

Wörtlich sagte der Kardinal: „Halten wir fest an der Wahrheit, dass der Sohn Gottes Mensch geworden ist. Das ist weder Fundamentalismus noch Fanatismus, sondern dankbare Annahme der Wahrheit, die Gott uns geoffenbart hat. Halten wir fest an Gott, der Liebe ist und in Jesus Christus zu uns gekommen ist, sein Zelt unter uns aufgeschlagen und uns sein menschliches Antlitz gezeigt hat.“ Dieses Gottesbild sei grundverschieden von dem des Islam, in dem die Menschwerdung Gottes undenkbar sei. Im Islam sei das Wort Gottes im Koran Buch geworden. Für die Christen sei das Wort, der Sohn Gottes, Mensch geworden.

Küng: Es ist das Fest, das wie kein anderes die Nähe Gottes bewusst macht

Für niemanden sei es leicht, dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes näher zu kommen, sagte Bischof Klaus Küng bei der Weihnachtsmesse am Christtag, dem 25. Dezember im Dom zu St. Pölten. In der heutigen Zeit sei es einerseits schwieriger geworden zu glauben und andererseits dringender denn je, betonte der Bischof. Es sei heute schwieriger geworden an Gott zu glauben, weil im modernen Lebensstil Tag für Tag viele Bilder, Nachrichten und Eindrücke auf den Menschen einwirken. Auch der moderne Lebensrhythmus fessle den Menschen, wies der Bischof hin. Das Konsumverhalten lasse kaum Zeit zum Nachdenken und viele Menschen würden ihre tieferen Sehnsüchte mit Irdischem sättigen, sagte er. In einer solchen Situation könne der Glaube nur schwer erwachen.

Doch mitten im Wohlstand und der erlebten Freizügigkeit erfahren viele Menschen eine innere Leere und eine wachsende Unzufriedenheit, die tief im Herzen liege. Viele halten wieder nach neuen Perspektiven, auch religiöser Art, Ausschau. Der Bischof rief alle Anwesenden auf, Weihnachten ganz bewusst zu feiern: "Es ist das Fest, das wie kein anderes die Nähe Gottes bewusst macht. Ein Weg wird uns eröffnet - das wahre Licht, das die Menschen erleuchtet, kam in die Welt".Durch diese Weihnachten könne auch die Blindheit für Gott, das Geblendet-sein durch viele Bilder, die auf die Menschen einwirken, überwunden werden. Dies sei aber nur möglich, wenn man sein Leben neu ordne und für Gott Platz schaffe. „Vielleicht könnten wir in unserem eigenen Herzen eine Krippe aufstellen, indem wir uns für Gottesdienst, für Gebet und insbesondere auch für jene, die an unserer Seite sind, Zeit nehmen“, sagte der Bischof.

Erzbischof Schick: Gott wird Mensch – das ist die eigentliche Botschaft von Weihnachten

Zum Weihnachtsfest ruft Erzbischof Ludwig Schick die Menschen auf, sich für eine bessere und menschenfreundlichere Welt einzusetzen. „Gott wird Mensch – das ist die eigentliche Botschaft von Weihnachten.“ Durch die Menschwerdung bestätige Gott, dass das Menschsein wertvoll und schön sei. „Jedes Individuum hat eine unverlierbare Würde“, betonte der Erzbischof.

„Mit der Geburt Jesu beginnt für die Menschheit die neue Zeit.“ In ihr sollten alle Menschen gleich an Würde und Rechten, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Gesundheit, Intelligenz und Religion sein. Schick munterte jeden Einzelnen auf, sich an die Seite eines jeden Menschen zu stellen, so wie Gott an Weihnachten aus dem Himmel herausgetreten sei und sich für alle Zeiten an die Seite der Menschen gestellt habe.

Die Politiker und alle Menschen forderte Schick auf, sich für die im Jahr 2000 formulierten acht Ziele der UNO einzusetzen. „Bis zum Jahr 2015 sollen unter anderem die extreme Armut und der Hunger beseitigt werden, die Grundschulbildung für alle Kinder gewährleistet, die nachhaltige Entwicklung der Umwelt abgesichert und eine globale Partnerschaft für Einwicklung geschaffen werden“, nennt Schick konkrete Beispiele. An diesen Ziele, so der Erzbischof weiter, müsse noch kräftig gearbeitet werden.

Im Wortlaut: Predigt Diözesanbischof Wilhelm Schraml am Weihnachtstag 2006:

Der Prolog des Johannes-Evangeliums reißt die gewaltigen Spannungen auf, in die wir Menschen hineingestellt sind: Gott und Welt, Licht und Finsternis, Leben und Tod, Gnade und Gesetz, Gott aufnehmen und Gott zurückstoßen. Wie bedeutsam diese knappen Sätze des Evangeliums für unser Heil sind, erkennen wir, wenn wir gläubig darüber nachdenken, was der Evangelist Johannes von der Welt, vom Wort und vom Menschen sagt.

1. Die Welt:
Sicher ist mit dem Wort „Welt“ im Johannesprolog auch die sichtbare Schöpfung gemeint, die Gott dem Menschen als Lebensraum gegeben hat, damit er mit Weisheit, Zucht und Maß damit umgehe. Aber ist der Mensch heute nicht dabei, in der Schöpfung gleichsam ein Rohstofflager zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zu sehen? Ist das indianische Sprichwort nicht von einer geradezu erschütternden Aktualität, wenn es da heißt: „Was heute mit der Erde geschieht, wird morgen mit den Kindern der Erde geschehen!“?

„Welt“ im Prolog des Johannes-Evangeliums ist aber noch mehr. Es ist der Inbegriff der feindlichen Mächte. „Welt“ ist Sinnbild dessen, was sich vor Gott verschließt und in sich verkrampft. Zwischen dem ersten Pfingstfest in Jerusalem und dem Jüngsten Tag hat auch das Böse Raum in der Welt. Es tobt sich aus. Es ist gegenwärtig wie das Unkraut im Weizen. Wir spüren es Tag für Tag.

2. Das Wort:
Mitten in die Finsternis dieser Welt leuchtet ein Licht, das Licht Gottes. „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“, sagt Johannes. Der Evangelist sieht hinter jedem Werden und Geschehen den, der vor jedem Anfang war und ist: Jesus Christus, das ewige Wort des Vaters. „Alles ist durch das Wort geworden, ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1,3). Und Paulus schreibt in seinem Kolosserbrief: „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen, in ihm hat alles Bestand“ (Kol 1,16 ff). Mit Jesus Christus fängt alles an und in ihm hat alles sein Ziel.

In der Fülle der Zeit ist Ungeheueres geschehen. Der Sohn Gottes ist Mensch geworden, geboren von der Jungfrau Maria. Er ist in unsere finstere Welt gekommen. „Gott selbst wird kommen und euch retten“ (Jes 35,4) heißt es beim Propheten Jesaja. Und in der Lesung haben wir gehört: „Alle Enden der Erde sehen das Heil unseres Gottes“ (Jes 52,10).

Gott hat die Welt nicht nur ausgedacht, er hat sie nicht nur erschaffen und in Gang gesetzt. Er selber ist in die Welt gekommen. Er ist da, mitten unter uns. Er zieht sich aus der Welt nicht zurück, auch wenn ihm Ablehnung und Feindschaft, ja sogar Hass entgegenschlägt. Das ist das Geheimnis von Weihnachten. Diese frohe Botschaft will uns erreichen. „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“

3. Die Menschen:
Wie aber wird sich das Kommen des Sohnes Gottes in der Welt auswirken? Da sind wir angefragt. Die Heilige Schrift nennt uns Menschen liebevoll „die Seinen“. Sie tut es selbst dann noch, wenn sie hinzufügen muss: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1,11). Die Menschen, „die Seinen“, sind auf der Suche nach Glück, Freundschaft, Freiheit, Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit. Sie planen und schaffen; sie bauen auf und zerstören.

Zwei Bewegungen wohnen dem Menschen besonders inne: ein Sich-Abwenden und ein Sich-Zuwenden.

Viele wenden sich heute von dem ab, was unser menschliches Leben bisher getragen und durchgetragen hat, was ihm Festigkeit und Ausdauer verliehen hat. Weg vom Bisherigen, gleich wohin!Weg vom Kind – wir haben in unserem Volk heute mehr Särge als Wiegen!

Weg von der Geborgenheit in Ehe und Familie, von jenem verlässlichen Raum, in dem menschliches Leben sich entfalten und reifen kann. Nur zu deutlich zeigen sich die bitteren Folgen der Verweigerung, der liebenden Zuwendung an die, die darauf angewiesen sind: zwischen Mann und Frau und vor allem bei den Kindern. Viele beklagen Erscheinungen: wie Verhaltensstörungen, Gewaltbereitschaft, Drogen, exzessive Triebbefriedigung, übersteigertes Anspruchdenken, Missachtung der Würde und Recht der Menschen – um nur einiges zu erwähnen. Das sind die schwerwiegenden Probleme, die sich aus diesem „Sich-Abwenden“ nicht zuletzt auch in unseren Ehen und Familien ergeben.

Hinter diesem vielfachen Sich-Abwenden steht etwas Unheimliches: das Sich-Abwenden von Gott, „die Abwesenheit Gottes im Herzen der Menschen, dessen Liebe allein alle Ängste der Welt überwiegt und überwindet“ (FC 30). Viele wollen nicht Gottes Eigentum sein, sondern sich selbst gehören, als ob sie von Gott bedroht und in ihrer Freiheit eingeengt würden. Sie schlagen Gott gleichsam die Tür zu. Sie lieben die Finsternis, die heillose Gottesferne.

„Von dir sich abwenden, o Gott, heißt stürzen“, bekennt der große heilige Augustinus.
Das göttliche Kind in der Krippe lädt uns ein, dass wir uns Gott zuwenden mit ganzem Herzen und mit allen Kräften, dass wir niederknien vor ihm und ihn anbeten, der allein das Heil der Welt und die Rettung der Menschen ist. Diese Heilsbotschaft gilt es in die Welt, in unsere Welt, hineinzutragen. Es ist die Botschaft der Liebe. Weil wir daran glauben, sind wir hier im Dom beisammen. In dieser Liebe finden wir Einheit.

Ich wünsche Ihnen, ich wünsche uns allen, dass wir uns von der Herrlichkeit des Lichtes, das in Jesus Christus an Weihnachten aufgestrahlt ist, wirklich erfassen lassen und uns diesem Licht mit ganzem Herzen zuwenden und öffnen. Dann wird es hell in der Welt, hell durch uns. Dann wird dem Bösen Einhalt geboten. Dann wird Friede auf Erden, weil wir in der Gnade und in der Huld Gottes stehen.

„Der Sinn gegen alle Sinnlosigkeit“ - Predigt zu Weihnachten 2006, Pontifikalamt im Hohen Dom zu Fulda - Von Bischof -Heinz Josef Algermissen

Es war am Weihnachtsfest im Jahre 1886. Der junge französische Schriftsteller Paul Claudel ging in die Kathedrale Notre Dame in Paris während der Zeit des Hochamtes. Dabei war er keineswegs von der Absicht geleitet, den Weihnachtsgottesdienst mitzufeiern. Denn nach seiner Erstkommunion hatte er sich von der Kirche immer mehr entfremdet und sich von seinem Glauben verabschiedet. Er erwartete nun von der gottesdienstlichen Atmosphäre in Notre Dame bloß ein paar Anregungen für sein literarisches Arbeiten, wie er selbst bekennt: „In dieser Verfassung wohnte ich, von der Menge gestoßen und gedrückt, dem Hochamt bei.“

Wiewohl er mit dem Weihnachtsfest nichts mehr anfangen konnte und folglich auch nicht wusste, was er mit diesem freien Tag machen sollte, ging er am Nachmittag nochmals in die Kathedrale zur Vesper. Während der Chor das Magnifikat sang, geschah etwas, das man nur mit den Worten Paul Claudels selbst wiedergeben kann: „In einem Nu wurde mein Herz ergriffen, ich glaubte. Ich glaubte mit einer so mächtigen inneren Zustimmung, …mit solch unerschütterlicher Gewißheit, daß keinerlei Platz auch nur für den leisesten Zweifel offen blieb… Es ist wahr! Gott existiert, er ist da. Er ist jemand, er ist ein ebenso persönliches Wesen wie ich. Er liebt mich, er ruft mich.“Dieses Ereignis muß Claudel wie einen „Überfall der Gnade“ empfunden haben, weshalb er sich viele Jahre später noch genau daran erinnern konnte, wo er in der Kathedrale gestanden hatte, nämlich nahe beim zweiten Pfeiler am Choranfang, rechts auf der Seite der Sakristei.

18 Jahre später konnte Claudel dieses Ereignis so deuten: „Während ich auf das Magnifikat hörte, hatte ich die Offenbarung von einem Gott, der die Arme nach mir ausstreckte.“Diese Erfahrung hat im Leben Claudels eine große Wende gebracht. Das Wunder der Weihnacht hat sich in seinem Leben sehr konkret ereignet. Seither war er nicht nur ein tiefgläubiger Mensch, sondern er stellte auch sein literarisches Schaffen ganz in den Dienst der Verkündigung des christlichen Glaubens.

Ich weiß nun natürlich nicht, aus welch tieferen Gründen und mit welchen Absichten Sie, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, heute Morgen in den Dom gekommen sind. Es steht mir nicht zu, darüber zu spekulieren. Ich kann auch selbstverständlich nicht garantieren, daß sich an diesem Weihnachtsmorgen im Fuldaer Dom ein ähnliches Wunder ereignen wird.

Doch mich treibt eine Frage um, die ich nicht nur an mich richte, sondern ebenso an Sie adressieren möchte: Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, müssen wir dann nicht bekennen, daß uns allen eine große innere Wende, wie sie Claudel erfuhr, nottut? Denn gleicht unser Leben manchmal nicht auch demjenigen des jungen Claudel vor dem Weihnachtsfest 1886?

Wenn wir die große Wende im Leben Claudels als Anruf an uns verstehen, stellen sich weitere Fragen ein: Können wir derart problemlos bekennen, daß Gott uns liebt, uns ruft, die Arme nach uns ausstreckt? Ist es nicht vielmehr so, daß wir zwar theoretisch und abstrakt Gott bekennen, ER aber in unserem Leben kaum eine zentrale Rolle spielt?

Solcherart Fragen verschärfen sich durch einen kurzen Einblick in die heutige Lebenssituation: Weithin vermögen sich viele kaum mehr einen Gott vorzustellen, der sich um den einzelnen Menschen kümmert und in der Geschichte handelnd wahrgenommen werden kann. Dieses Verblassen des biblisch-christlichen Bildes von Gott hat der Theologe Johann Baptist Metz als „Gotteskrise“ diagnostiziert und in der Kurzformel festgemacht: Religion ja ─ ein persönlicher Gott nein.“ Der Gott einer diffusen Religiosität sei aber weder zum Fürchten noch zum Lieben.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Die meisten Menschen unserer Umgebung glauben zwar an Gott, haben aber oft den Eindruck, dass er sich verbirgt. Und sie machen sich gerade deshalb nicht auf den Weg, ihn mit Leidenschaft zu suchen.

Dieser Situation müssen wir uns gerade heute stellen. Denn das Hochfest der Geburt unseres Heilands und Retters schenkt uns die Leben und Tod verändernde Botschaft von einem Gott, der gewiß tief verborgen lebt, aber im wörtlichen Sinn zur Welt gekommen ist, als Schöpfer der Welt selbst ein Geschöpf wurde. Im Kind in der Krippe ereignet sich die von Claudel gepriesene „Offenbarung von einem Gott, der die Arme nach mir ausstreckt“.

In diesem Kind möchte Gott gefunden werden als das endgültige Wort, das „Fleisch geworden und unter uns gewohnt hat“ (Joh 1, 14). Das ist Gottes erlösende Logik!

Weil im griechischen Urtext für „Wort“ „Logos“ steht, ist es legitim und erhellend, so zu übersetzen: „Der Sinn der Welt ist Fleisch geworden.“ Darin liegt die Kernaussage des Prologs des Johannesevangeliums, der bewußt dem Schöpfungsbericht im ersten Buch der Bibel nachgebildet ist: „Im Anfang war der Sinn, und der Sinn war bei Gott, und der Sinn war Gott“.Damit ist uns die entscheidende Antwort auf die die Menschen aller Zeiten bewegende Frage nach dem Sinn der Welt und ihres Lebens gegeben: Der Sinn gegen alle Sinnlosigkeit und Verzweiflung ist das schönste Geschenk von Weihnachten.

Wir brauchen notwendig dieses Geschenk Gottes, dass er vom Himmel gekommen ist und Fleisch angenommen hat (vgl. das Große Glaubensbekenntnis), und die innige Verbundenheit mit ihm, um leben zu können. Wenn der Mensch also Gott verliert, verliert er sich selbst in Sinnlosigkeit.

Wo die persönliche Verbindung zu Gott verdunstet, zeigen sich bald tragische Konsequenzen. Die Gleichgültigkeit Gott gegenüber schlägt in Gleichgültigkeit gegenüber dem Menschen um.Das heutige Tagesgebet erinnert uns daran: „Allmächtiger Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen…“Tatsächlich klärt sich nur im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes die Frage nach der Bedingung der Menschenwürde. Ihre personale Unantastbarkeit hat den letzten Grund in Gott und seiner Menschwerdung. Die Personwürde kommt seitdem allen zu: den geborenen wie den ungeborenen Menschen, den Jungen und den Alten, denen in der Vollkraft des Lebens wie den Kranken und Behinderten ─ ohne Wenn und Aber.Dies zu erinnern, ist wirklich lebenswichtig, da man heutzutage in Gesellschaft und Politik den Gottesbezug aufgeben möchte ─ und das nicht nur in der Präambel der Europäischen Verfassung.Mit dem Verlust der Quelle aber vertrocknet auch unser Bewusstsein von einer ganzheitlichen Sicht des Menschen, löst sich das jüdisch-christlich geprägte Menschenbild immer mehr in Gleichgültigkeit und Relativismus auf.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!Gott und Mensch sind nicht voneinander zu trennen. Gott selbst hat sie an Weihnachten unlösbar miteinander verbunden im Kind in der Krippe. Denn der in der Krippe menschgewordene Gottessohn ist gleichsam der Arm, den der göttliche Vater aus seiner Ewigkeit in unsere Geschichte hineinhält, um uns zu sich zu holen. Und wie ernst Gott es damit meint, zeigt das Kreuz, an dem Christus seine Arme ganz für uns ausgebreitet hat.

Wenn wir uns hier an diesem Weihnachtsmorgen von Gottes ausgestrecktem Arm berühren lassen, geschieht auch an uns das Wunder, kann sich auch in unserem Leben eine Wende ereignen: eine Wende, die wir alle je persönlich dringend brauchen, und eine, die für unsere heutige Gesellschaft lebensnotwendig ist.

Was Paul Claudel in der weihnachtlichen Stunde seiner Bekehrung erfahren hat, ist die Verheißung des Weihnachtsfestes für uns: „Gott existiert. Er ist da… Er liebt mich, er ruft mich.“Gibt es eigentlich Wichtigeres zu wissen als das? „O Freude über Freude“, so muss unsere Antwort sein! Amen.

"Es darf keiner von allen Lebenden fehlen!" - Hirtenwort von Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln

Im Johannes-Evangelium wird das weihnachtliche Kommen Christi in die Welt mit folgenden Worten beschrieben: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“ (Joh 1,11-12) Weihnachten geht es um das Aufnehmen der Frohen Botschaft, dass Gott Mensch geworden ist.

Die Heilige Nacht ist der Brückenschlag vom Unsichtbaren zum Sichtbaren, von Gott zum Menschen. Nun soll auch unser Leben zum Brückenschlag werden, aber umgekehrt vom Sichtbaren zum Unsichtbaren, vom Menschen zu Gott hin. Deshalb gibt es Weihnachten mit seiner Botschaft, dass der unsichtbare, aber wirkliche Gott in das Leben jedes einzelnen Menschen kommt, wie er damals in eine Welt kam, die mit frecher Hand diese Brücke zerstört hatte.

Dazu ist Weihnachten da, dass Gottes Liebe von den Menschen aufgenommen wird und dass diese Liebe den Menschen mehr bedeuten sollte als alles andere. Denn diese Liebe hört nie mehr auf (vgl. 1 Kor. 13,8) - wie die Heilige Schrift sagt.

Wer vor diesem weihnachtlichen Ereignis wegläuft, der läuft am Sinn seines Lebens vorbei, und alles endet dann einmal im „Un-sinn". Es sind manche gefährdet, im Unsinn einfach stecken zu bleiben, sodass sie wie verbiestert sind im finsteren und weglosen Gestrüpp der Welt.

Darum werden wir Weihnachten eingeladen, zum Stall von Bethlehem zu gehen und uns wie die Hirten vor diesem Kinde, in dem Gott Mensch geworden ist, niederzuknien. Es darf keiner von allen Lebenden fehlen!

Wer draußen bliebe, würde zu den Heimatlosen gehören. Wer aber Weihnachten ehrlich feiert - wie die Hirten -, der hat ein wirkliches Zuhause gefunden. Dem gilt unser weihnachtlicher Glückwunsch.

KATHPEDIA: Weihnachten



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