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| ![]() Ablösung der wegen der 1803 erfolgten Konfiszierung von Kirchenvermögen zu zahlenden Staatsleistungvor 3 Stunden in Kommentar, 1 Lesermeinung „Es ist ein staatliches Prinzip, dass jeder Bürger die staatlichen Aufgaben mitzufinanzieren hat, die von der Regierung gewollt sind und entweder vom Staat selbst oder von Dritten erbracht werden.“ Von Lothar C. Rilinger Berlin (kath.net) Im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde nicht nur das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, sondern auch die Säkularisierung kirchlicher Staaten und kirchlichen Vermögens beschlossen. Nachdem im § 35 des Reichsdeputationshauptschlusses die entschädigungslose Enteignung (Konfiskation) des Kircheneigentums und die Aufhebung staatsrechtlicher Privilegien als Folge der französischen Eroberungspolitik festgelegt wurden, wurde nicht nur das alte Reich drei Jahre später aufgelöst, sondern die Kirchen haben geistliches Staatsgebiet von über 10.000 Quadratkilometern und 3.161.776 Staatsbürger, die Steuern zahlen, entschädigungslos verloren. Darüber hinaus sämtliches Grundvermögen, sämtliche Gewerbebetriebe und Kunstschätze ungeheuren Ausmaßes. Damit war den Kirchen jede finanzielle Möglichkeit geraubt worden, ihren sozialen Aufgaben, wie den Betrieb von Krankenhäusern, Kindegärten Altenheimen, Universitäten und Schulen fortführen zu können. Da die Kirchen die Aufgaben finanziell nicht mehr bewältigen konnten, hätten diese der Staat übernehmen müssen. An die Stelle der Kirchen trat zwangsläufig die Verantwortung des Staates für die Bestreitung des Kultusaufwandes. Dieser Aufgabe war der Staat aber nicht gewachsen und sah sich gezwungen, einen Ausgleich mit den Kirchen herbeizuführen. Die Aufgaben aus dem Kultusaufwand hat der Staat deshalb wieder teilweise an die Kirchen zurückabgetreten. Damit die Kirchen diese Aufgaben übernehmen können, wurde die Erbringung von Staatsleistungen, die durch das konfiszierte Vermögen erbracht werden konnten, vereinbart. Diese auf Gesetz, Vertrag, rechtsbegründendem Herkommen, auf landesherrlichem Privileg oder auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhenden Verpflichtungen bestehen nach wie vor für beide Seiten. Empfänger dieser als Staatsleistungen bezeichneten Entschädigungszahlungen sind vor allem die Großkirchen wie die Römisch-Katholische, die Evangelisch-Lutherische und die Reformierte Kirche, sowie die Altkatholische und Altlutherische Kirche, die Israelitische Synagogengemeinde, Freireligiöse Landesgemeinden und Deutsche Freigemeinden, gebietsweise auch die Evangelisch-methodistische Kirche. Mit diesen Staatsleistungen können die einzelnen Religionsgemeinschaften die Personal- und Sachkosten finanzieren, um ihre Aufgaben innerhalb der Gesellschaft im Rahmen des ihnen obliegenden Kultusauftrages wahrnehmen. Durch die Artikel 4 und 140 Grundgesetz obliegt dem Staat die Grundrechtsförderung. Aus diesem Grundrechtsauftrag ist der Staat verpflichtet, nicht nur Staatsleistungen für die Wahrnehmung von Aufgaben, die eigentlich dem Staat obliegen, an die Adressaten des Reichdeputationshauptschlusses zu erbringen, es besteht auch die Verpflichtung, neue Staatsleistungen vorzunehmen – also auch an Institutionen, die nicht im Reichsdeputationshauptschluss erwähnt sind. Damit sind die bisher erbrachten Staatsleistungen als originäre Leistungen des Staates anzusehen, die mit Steuergeldern auszugleichen sind. Staatsleistungen sind deshalb keine Subventionen. Es sind finanzielle Leistungen an die Kirchen, aber auch an Organisationen, die kein Vermögen durch den Reichsdeputationshauptschluss verloren haben, aber ebenfalls im Rahmen der Daseinsvorsorge für den Staat tätig sind, damit die Aufgaben, die dem Staat originär obliegen, erfüllt werden können. In der Weimarer Reichsverfassung (WRV) vom 11. August 1919 wurde im Artikel 138 WRV, der nach wie vor über Art. 140 GG gilt, festgeschrieben, dass diese Staatsleistungen seitens des Deutschen Reiches und jetzt seitens der Bundesrepublik Deutschland weiter zu erbringen sind. Allerdings wurde auch geregelt, dass die „Staatsleistungen durch Landesgesetzgebung abgelöst werden“ können (!). Das Aufstellen der Grundsätze ist jedoch vom Reich und jetzt vom Bund vorzunehmen. Ein Höchstbetrag oder eine Höchstdauer für die Zahlungen wurden nicht kodifiziert. Dadurch, dass Staatsleistungen abgelöst werden können, liegt kein Verfassungsauftrag vor, obwohl dies immer wieder vorgetragen wird. Es ist lediglich erwähnt worden, dass die Möglichkeit der Ablösung besteht – allerdings keine Verpflichtung. Deshalb von einem Verfassungsauftrag zu sprechen, entspringt nur einer Ideologie, nicht aber einer korrekten Gesetzesinterpretation. Danach soll die Ablösung vorgenommen werden, die hierfür notwendigen Grundsätze muss der Bund verabschieden. Die Soll-Regelung ist lediglich als Empfehlung zu verstehen, die Muss-Regelung hingegen als Verpflichtung. Wenn der Staat, also der Bund, die Ablösung will, muss er gesetzlich regeln, wie diese zu erfolgen hat. Da die Ablösung als rechtliches Unikat anzusehen ist, kann die Interpretation dieser Verfassungsempfehlungen nicht durch den Rekurs auf vorherige Entscheidungen erfolgen. Letztendlich müsste deshalb das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das Deutsche Reich und später die Bundesrepublik Deutschland haben seit 1919 derartige Grundsätze nicht aufgestellt. Dadurch hat sich Artikel 138 WRV in eine „Sperrvorschrift“, wie es der Staatsrechtler Axel Freiherr v. Campenhausen in seinem Kommentar zum Staatskirchenrecht beschrieben hat, und damit in eine „Garantie“ für die Zahlungen gewandelt. Sollte durch den Gesetzgeber eine Ablösung gewollt werden, müsste diese im Einklang mit Artikel 18 des zwischen der damaligen Reichsregierung und dem Heiligen Stuhl geschlossenen Reichskonkordates vom 20. Juli 1933 stehen. Sie muss „einvernehmlich“ erfolgen. Nach diesem Vertrag, der nach wie vor gültig ist, muss die Ablösung der Staatsleistungen infolge des verfassungsrechtlichen Paritätsprinzips auch im Verhältnis zwischen dem Staat und den anderen betroffenen Religionsgemeinschaften gelten. Da Konkordate zwischen Staaten völkerrechtlich bindende Verträge darstellen, sind sie gerichtlich überprüfbar, und die Forderung auf Staatsleistungen seitens der Kirchen wäre einklagbar. Sollte deshalb der Staat die Ablösung gegen die Interessen der Kirchen pp. verabschieden, hätten diese auf der Grundlage des völkerrechtlich bindenden Konkordates die Möglichkeit, gerichtliche Hilfe erfolgreich in Anspruch zu nehmen. Durch die jetzt gewünschte Ablösung soll eine Verflechtung von Staat und Kirche überwunden werden. Die Staatsleistungen sind nicht unbedeutend, momentan jährlich immerhin 560 Millionen Euro. Die jährlichen Zahlungen müssten im Rahmen der Ablösung kapitalisiert werden. Über die Höhe des Faktors müsste in Freundschaft Einigkeit erzielt werden. Der Faktor 20, ja, sogar 40 wird diskutiert. Das Bewertungsgesetz kann keine Anwendung finden, da eine einvernehmliche und angemessene Regelung vereinbart werden muss – was bedeutet, dass die in diesem Gesetz festgelegten Kapitalisierungsgrößen ohne Bedeutung sind. Vollständig befreien könnte sich der Staat allerdings nicht von der Zahlung der wiederkehrenden Leistungen, selbst wenn er den Ablösebetrag gezahlt hätte, da er auch aus allgemeinen grundgesetzlichen Regelungen wie dem Sozialstaatsprinzip, um ein Beispiel zu nennen, zur Leistung verpflichtet ist. In der Diskussion um die Staatsleistungen muss beachtet werden, dass dem Staat aus dem Grundgesetz die öffentliche Aufgabe der Grundrechtsförderung obliegt. Aus diesem Grundrechtsauftrag, der sich auch auf das Sozialstaatsprinzip bezieht, wird nicht nur die Verpflichtung des Staates hergeleitet, neue Staatsleistungen zu vereinbaren, sondern auch die Rechtfertigung der schon bestehenden. Aus dieser allgemeinen grundgesetzlichen Rechtfertigung heraus sind die bisherigen aus der Säkularisierung erwachsenen Staatsleistungen als originäre Leistungen des Staates anzusehen, die von jedem Staatsbürger, ob gläubig oder nicht, zu akzeptieren sind. Die Kirchen erfüllen – wie andere Empfänger staatlicher Leistungen auch – Aufgaben, die andernfalls der Staat selbst wahrzunehmen hätte. Vordergründig könnten deshalb die bisherigen Staatsleistungen noch als Entschädigungsleistungen angesehen werden – der Zweck dieser Leistungen hat sich aber inzwischen teilweise gewandelt. Die Staatsleistungen werden tatsächlich für gesellschaftliche Leistungen der Kirchen erbracht, die diese für den Staat vornehmen. Die Ablösung wird allerdings aus rein ideologischen Gründen gefordert, damit der Staat sich immer mehr dem Prinzip der totalen Trennung von Staat und Kirche nähern kann. Es wird vorgetragen, dass nur noch die Hälfte der Bevölkerung Mitglied in den großen Kirchen seien und dass deshalb der kirchenfernen Hälfte der Bevölkerung nicht zuzumuten sei, Leistungen an die Kirchen durch die vom Steuerbürger zu zahlenden Steuern zu erbringen. Sollte dieses Argument ernst gemeint sein, würde sich auch die Frage stellen, weshalb Fußgänger, die die Straßen nicht benutzen, den Unterhalt von Straßen mitfinanzieren müssen, warum man den Erhalt und Ausbau von Wasserstraßen finanzieren muss, obwohl man noch nie auf einem Schiff gefahren ist oder aus welchem Grund man an China Entwicklungshilfe für Projekte, die nur in der Phantasie deutscher Politiker bestehen, zahlt, obwohl dieses Land viel reicher als Deutschland ist oder warum man Oper und Theater finanzieren muss, obwohl man noch nie ein Theater oder Opernhaus von innen gesehen hat. Es ist ein staatliches Prinzip, dass jeder Bürger die staatlichen Aufgaben mitzufinanzieren hat, die von der Regierung gewollt sind und entweder vom Staat selbst oder von Dritten erbracht werden. Nur am Rande: In der letzten Legislaturperiode wurde das Gesetzgebungsverfahren wegen der Ablösung der Staatsleistungen eingeleitet. Wegen der frühzeitigen Auflösung des Bundestages kam es nicht mehr zur Abstimmung, so dass diese Gesetzesinitiative verfallen ist. Auch wenn die damalige Regierung von ihrem Vorhaben begeistert war – die Länder, die den Ablösungsbetrag zu zahlen hätten, nicht. Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Selbst wenn der Ablösungsbetrag in Raten innerhalb von 10 Jahren gezahlt werden müsste, verbliebe es in dieser Zeit bei den üblichen Zahlungen. Woher die Länder diese Mittel nehmen könnten, ist den Ministerpräsidenten, gleich welcher Couleur, nicht ersichtlich. Lothar Rilinger (siehe Link) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht i.R., stellvertretendes Mitglied des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes a.D., und Autor mehrerer Bücher. kath.net-Buchtipp: Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! ![]() Lesermeinungen
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