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Eine verwirrte finstere Geschichte

8. Oktober 2020 in Aktuelles, 4 Lesermeinungen
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Kardinal Becciu weist alle Beschuldigungen zurück. Zwischen Millionen und einer geheimnisumwitterten Mata Hari. Der Schaden für die Kirche. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Zweifellos: ein Noir, beim dem man am Schluss auf „Terminator“ hofft. Seit dem 24. September 2020 ist für Kardinal Angelo Becciu nichts mehr so, wie es früher einmal war. Der Präfekt der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse hatte gedacht, er käme zu Papst Franziskus im Rahmen der üblichen Tabellenaudienzen, bei denen dem Papst die neuen ehrwürdigen Diener Gottes, Seligen und Heiligen zur Approbierung vorgelegt werden. Doch nach zwanzig Minuten kam der Kardinal als „ehemaliger“ Präfekt wieder aus dem Zimmer in Santa Marta (dass die Audienz „laut“ war mit Fäusten, die auf den Tisch schlugen, wie dies Medien kolportierten: davon berichtete Becciu nichts). Franziskus hatte „seinen Rücktritt“ angenommen (er wurde zurückgetreten) und gleichzeitig darauf bestanden, ihm die Rechte und Vorrechte des Kardinalats zu entziehen. Becciu behielt den Kardinaltitel, verlor aber jedes Amt in der römischen Kurie und das Recht, in ein künftiges Konklave einzutreten. Ein in der Geschichte auf diese Weise einmaliger Vorgang, vor allem auch, weil es sich bei dem mächtigen und einflussreichen sardischen Kardinals um einen der engen Vertrauten und Mitarbeiter am Päpstlichen Hof von Santa Marta handelte.

Dieses Vertrauen hatte Franziskus nicht zuletzt auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er Becciu 2017, als dieser also noch Substitut und Erzbischof war, zu seinem persönlichen Delegaten für den von inneren und äußeren Krisen schwer geschüttelten Malteserorden ernannt hatte (aktueller Kollateralschaden des Vorfalls: niemand weiß, was nun aus den Maltesern werden wird, wie es mit der Verfassungsreform aussieht. Nach dem massiven Eingriff Roms in des innere Leben des Ordens ist dieser nun der völligen Ungewissheit ausgesetzt). Nun aber richtete der Richter vor einer formalen Anklage und während Ermittlungen im Gang waren und sind, so dass der Beschuldigte keine Verteidigung vorbringen konnte.


Seit jenem Tag wird Becciu durch die Medien gejagt. Es verging fast kein Tag, an dem es nicht zu neuen „Enthüllungen“ und „Skandalen“ kam, die in den italienischen Medien und in gewissen Bereichen in den Vereinigten Staaten verbreitet wurden. Als ehemaliger Substitut des Staatssekretariats (2011-2018) werden ihm verschiedene Vorwürfe gemacht, die mit viel Geld, angeblicher Veruntreuung, Vetternwirtschaft in seinem sardischen Familienclan und einer gewissen „kreativen Gestaltung“ der Amtsgeschäfte in Verbindung steht. Allem voran steht ein dubioser und in seinem Hergang immer noch nicht geklärter Immobiliendeal in der Sloane Avenue in London. Dort wurde versucht, rund 200 Millionen Euro „arbeiten“ zu lassen, so dass das Staatssekretariat in den Genuss einer anständigen Rendite kommt. Das funktionierte nicht. Nun ist die Rede von rund 450 Millionen Euro Verlust. Heute ermittelt die vatikanische Staatsanwaltschaft, um Licht in dieses von außen völlig undurchdringliche Gewirr zu bringen.

Seit ein paar Tagen genießen die Medien, vor allem die italienische Fernsehsendung „Le Iene“ („Die Hyänen“), einen weiteren Aspekt. In Bezug auf einen anderen Teil der Saga wurde eine geheimnisumwitterte Mata Hari im Dienst des ehemaligen Substituten ausgemacht. Die 39-jährige sardische Managerin Cecilia Marogna ist Eigentümerin eines Unternehmens mit Sitz in Slowenien, das im Lauf von 5 Jahren ab 2015 500.000 Euro aus den Kassen des Staatssekretariats erhalten hatte. Marogna ist geheimdienstlich tätig. Es wird ihr vorgeworfen, das Geld in diesen fünf Jahren auch für persönliche Zwecke (Luxusgegenstände, Reisen, Handtaschen) ausgegeben zu haben. Dies weist die in den Medien Beschuldigte zurück. Es habe sich dabei um Mittel gehandelt (zum Beispiel Geschenke an Ehefrauen von Diplomaten und Ministern in Krisengebieten) zum Schutz der Missionen oder um entführten Priestern helfen zu können. Marogna erklärte in der Presse, das Ergebnis des Aufbaus eines Beziehungsnetzes in Afrika und im Nahen Osten zum Schutz von Nuntiaturen und Missionen vor Umweltrisiken und terroristischen Zellen zu sein: „Ich habe das Unternehmen aus geopolitischen Gründen in Slowenien eröffnet: ich dachte, das nächste Pulverfass würde auf dem Balkan liegen, und um die Beziehungen zu Ländern wie Georgien, der Ukraine, Serbien, Bosnien und Slowenien auszubauen. Meine Firma Logsic ist auf humanitäre Einsätze spezialisiert“. Marogna fühlt sich als Opfer innerhalb eines größer angelegten Machtkampfes

Es besteht kein Zweifel: der angerichtete Schaden ist groß. 1,3 Milliarden Katholiken werden mit derartigen Räuberpistolen belästigt. Gerade in der aktuellen Krisenzeit (Kirchenkrise, Glaubenskrise, durch eine „Pandemie“ angeschlagenes, zum Stillstand gekommenes kirchliches Leben) mangelt es dann an jeglicher Form von inhaltlicher Auseinandersetzung theologischer Natur. Stattdessen: eine rein politische Reduktion. Der Zustand der Lähmung weitet sich aus ebenso wie der Ekel gegenüber derartigen Machenschaften. Was ebenso erstaunt, ist die absolut mangelhafte vatikanische Kommunikation, so dass man dann am Ende vor einem in der Tat enormen Medien-GAU steht. So berichtete der altgediente Vatikanspezilist Marco Politi: „Als Papst Franziskus beschloss, Kardinal Becciu zu torpedieren, indem er ihn als Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse entließ und ihn de facto aus dem Kardinalskollegium ausschloss, informierte er den Staatssekretär Kardinal Pietro Parolin weder vorher noch nachher. Die Nachricht, dass Parolin durch das Fernsehen von Beccius Enthauptung erfuhr, wurde nicht dementiert“.

Das Schiff der Kirche schwankt im hohen Wasser. Diese Zerstreuung spaltet, lenkt vom Wesentlichen ab und beschädigt den Leib der Kirche.

***

Um Kardinal Becciu gerecht zu werden: wie bereits gesagt wurde bisher keine formale Anklage gegen den Kardinal erhoben. Erstaunlich ist auch, dass aus der vatikanischen Staatsanwaltschaft Informationen für die Presse geleakt werden. Der bisher ohne Prozesse verurteilte Beschuldigte seinerseits weist alle Vorwürfe zurück.

In einer Stellungnahme bekräftigte Becciu erneut die absolute Falschheit der in den Medien vorgebrachten Beschuldigungen seiner Person. Er unterstrich, dass er in keine illegalen oder unerlaubten Angelegenheiten verwickelt sei. Der Kardinal erwartet mit Gelassenheit die Ergebnisse jeder Bewertung, in jedem Forum, „was endlich seine Treue zum Heiligen Vater und zur Kirche bestätigen wird“.

Insbesondere wird auf folgendes hingewiesen:

„1. Weder der Kardinal noch seine Brüder besitzen Aktien oder Obligationen, noch beteiligen sie sich an Investmentfonds oder besitzen ausländische Konten.

2. Es hat nie einen Transfer von Geldern vom Staatssekretariat in den privaten und persönlichen Besitz von Familienmitgliedern gegeben.

3. Der Heilige Stuhl hat nie in die Aktivitäten von Angel's bei der Herstellung oder Vermarktung von Bier investiert.

4. Weder der Kardinal noch seine Brüder und Schwestern haben Einkünfte aus Familienaktivitäten in finanzielle Fonds irgendwelcher Art investiert.

5. Der Kardinal hat bei den wirtschaftlichen Aktivitäten von Antonio Mosquito nie Investitionen im Interesse des Heiligen Stuhls getätigt.

6. Die Kontakte mit Cecilia Marogna betreffen ausschließlich institutionelle Fragen.

7. Der Kardinal hat nie eine Finanzierung in Höhe von 150 Millionen Euro vom IOR beantragt;

8. Es hat nie eine Einmischung des Kardinals in den Prozess gegen Kardinal Pell gegeben“.

 


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