Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Weltsynode fordert Dezentralisierung der Kirche
  2. Unterwerfung
  3. ‚Und die Verwirrung regiert’
  4. Tübinger Notärztin Federle: Es fehlt am Willen zur Aufarbeitung der staatlichen Corona-Politik
  5. Vatikan wirbt mit Maskottchen "Luce" für das Heilige Jahr
  6. Der deutsche Episkopat und sein Grad an Peinlichkeit
  7. Bischof Voderholzer: "Kritik am Marsch für das Leben ist Ablenkungsmanöver"
  8. Frankreich: Priester schlägt Personalordinariat für den Alten Ritus vor
  9. US-Theologe George Weigel: „Gehört die Zukunft der Kirche der ‚Pizza Group‘?“
  10. Passauer Bischof Oster: Kleriker behalten Entscheidungsgewalt in Kirche
  11. Da war doch was…
  12. Kardinal Burke veröffentlicht Leitfaden für US-Wahl
  13. Die synodale Kirche ist da: Papst Franziskus an die Synode nach deren Abschluss
  14. Beten heute – aber wie?
  15. Ehemaliger Schweizergardist legt bemerkenswertes Zeugnis über den hl. Johannes Paul II. ab

Der nächste Papst - Leseprobe 4

22. August 2020 in Buchtipp, keine Lesermeinung
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Leseprobe 4 des Papst-Biografs George Weigel, der in seinem neuen Buch das Idealbild eines Papstes entwirft


Linz (kath.net)

Die Wurzel des Wortes „Toleranz“ ist das lateinische Verb tolerare, was so viel heißt wie „ertragen [mit]“ oder „leiden [mit]“. Diese Wortherkunft gibt Aufschluss darüber, was echte Toleranz bedeutet. Sie deutet an, dass richtig verstandene Toleranz keine Gleichgültigkeit gegenüber der Unterschiedlichkeit ist, die die Glaubensüberzeugungen des „anderen“ oft heruntersetzt und damit Konflikte wahrscheinlicher oder intensiver werden lässt. Echte Toleranz bedeutet vielmehr, dass man sich mit den „anderen“ in gegenseitiger Achtung und gemeinsamer Suche nach der – auch religiösen – Wahrheit der Dinge verbindet. Das ist zugegebenermaßen eine schwierige Lektion, aber die Welt wird nicht umhinkommen, sie zu erlernen. Die katholische Kirche kann diesen Lernprozess dadurch unterstützen, dass sie die wahre Bedeutung von Toleranz lehrt und in ihren ökumenischen und interreligiösen Beziehungen zum Ausdruck bringt.

Der nächste Papst muss das Wesen der wahren Toleranz begreifen. In seinem Austausch mit den in religiöser Hinsicht „anderen“ muss er ihnen mit Respekt gegenübertreten, der auf eine beiderseitige Klärung der Wahrheit ausgerichtet ist, und gleichzeitig unverbrüchlich an den Wahrheiten festhalten, die zu bewahren ihm aufgetragen ist. Das ist – so schwierig es auch sein mag – das ökumenische und interreligiöse Zeugnis, das der nächste Papst wird ablegen müssen. Denn wenn der von ihm geführte ökumenische und interreligiöse Dialog nicht über einen soliden wechselseitigen Austausch von Höflichkeiten hinausgeht und sich zu einer tragfähigen und respektvollen Erforschung der Wahrheit entwickelt, werden seine ökumenischen und interreligiösen Bemühungen wenig dazu beitragen, die Sache der echten Toleranz voranzubringen.


Interreligiöse Gespräche in Zeiten einer gesteigerten und politisierten Religiosität sind komplex, unberechenbar und zuweilen gefährlich. Der nächste Papst wird den interreligiösen Dialog am besten voranbringen, soweit dies möglich ist, wenn er davon absieht, den ohnehin schon schwierigen Austausch mit falschen Bildern und Metaphern zu belasten.

Deshalb sollte der nächste Papst in Betracht ziehen, innerhalb des Heiligen Stuhls und seiner Arbeit den falschen bildlichen Ausdruck von den „drei abrahamitischen Religionen“ zu den Akten zu legen: Dieses Bild suggeriert die Existenz einer Triade, innerhalb derer jeder der drei Teile in derselben Weise über den anderen denkt. Das ist einfach nicht wahr.

Die Beziehung des Katholizismus zum Judentum ist von einer anderen Qualität als seine Beziehung zum Islam. Dieser qualitative Unterschied beruht auf der göttlichen Offenbarung und nicht auf menschlichen Meinungen oder historischen Zufällen. Der Islam seinerseits ist in substitutionstheologischer Hinsicht sowohl dem Christen- als auch dem Judentum gegenüber sehr viel radikaler, als es die strenggläubige christliche Theologie jemals dem Judentum gegenüber war. Deshalb verschleiert der bildliche Ausdruck von den „drei abrahamitischen Religionen“ sehr viel mehr, als es erhellt.

Natürlich weisen das Judentum, das Christentum und der Islam, wenn man sie aus der Sicht eines Buddhisten, eines Hindu, eines Konfuzianers oder eines Shintō-Gläubigen betrachtet, gewisse Familienähnlichkeiten auf, die den Anschein erwecken, diese Religionen wären irgendwie miteinander verwandt. Doch der Bischof von Rom (der kein Buddhist, Hindu, Konfuzianer oder Shintō-Gläubiger ist) sollte die falsche Vorstellung, wonach Judentum, Christentum und Islam drei Zweige eines einzigen monotheistischen Baumes sind, nicht durch seine Worte oder Handlungen bestärken. Diese Vorstellung hat mit dem historischen Selbstverständnis keiner dieser drei monotheistischen Religionen auch nur irgendetwas zu tun, und dies liegt darin begründet, dass jede der drei Religionen unter göttlicher Offenbarung etwas anderes versteht. Deshalb wird ein auf die Wahrheit ausgerichteter Dialog zwischen diesen drei Religionen oder auch nur zwischen zwei Teilen dieser angeblichen Triade nicht begünstigt, sondern behindert durch die Vorstellung von „drei abrahamitischen Religionen“, die sich lediglich in der Schwerpunktsetzung, in ethnischer Hinsicht oder in ihrer historischen Bedingtheit voneinander unterscheiden.

Ein echter interreligiöser Dialog beginnt damit, dass man das Selbstverständnis des „anderen“ versteht und anerkennt. Falsche Vorstellungen bringen ihn nicht voran. Der nächste Papst sollte den Katholizismus – gerade weil er an einer wahrheitszentrierten interreligiösen Begegnung interessiert ist – über den bildlichen Ausdruck von den „drei abrahamitischen Religionen“ hinausführen. Die Vorstellung von einer monotheistischen Dreiergruppe hat in der Theologie keiner der drei Glaubenslehren tiefere Wurzeln. Sie ist eine Erfindung von Akademikern des 20. Jahrhunderts – und der nächste Papst sollte dafür sorgen, dass sie den Dialog des Katholizismus mit dem Islam im 21. Jahrhundert nicht bestimmt.

kath.net Buchtipp
Der nächste Papst - Das Amt des Petrus und eine missionarische Kirche
Von George Weigel
Media Maria 2020
160 Seiten
ISBN: 9783947931248
Preis: 17,50 Euro


Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern:


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Papst

  1. Erzbischof Aguer: Nächster Papst muss die katholische Lehre gegen ‚progressive Mythen’ verteidigen
  2. Theologe Kwasniewski: Papst kann Bischof nicht willkürlich abberufen
  3. Papstlose Residenz: Castel Gandolfo hat sich verändert
  4. Freude über geplante Papst-Reise in den Irak
  5. Omnia instaurare in Christo
  6. Die Päpste und die Leute
  7. Benedikt XVI. und Franziskus haben offenbar dasselbe Grab gewählt
  8. Vatikanist Edward Pentin: Franziskus-Nachfolger ist „wahrscheinlich konservativ“
  9. Der nächste Papst - Leseprobe 5
  10. Der nächste Papst - Leseprobe 3







Top-15

meist-gelesen

  1. Der deutsche Episkopat und sein Grad an Peinlichkeit
  2. Unterwerfung
  3. Passauer Bischof Oster: Kleriker behalten Entscheidungsgewalt in Kirche
  4. Weltsynode fordert Dezentralisierung der Kirche
  5. US-Theologe George Weigel: „Gehört die Zukunft der Kirche der ‚Pizza Group‘?“
  6. „Bauen Sie das Haus Ihres Lebens auf dem Felsen der persönlichen Freundschaft mit Christus“
  7. Es geht los! ANMELDUNG für die große Baltikum-Reise mit kath.net - Spätsommer 2025
  8. Ehemaliger Schweizergardist legt bemerkenswertes Zeugnis über den hl. Johannes Paul II. ab
  9. Die synodale Kirche ist da: Papst Franziskus an die Synode nach deren Abschluss
  10. Günther Jauch: Mein Glaube ist „unerschütterlich“
  11. ‚Und die Verwirrung regiert’
  12. 'Ich gehe lieber nicht beichten, weil sie mich sonst rausschmeißen werden…'
  13. „Staatsfeind Nummer zwei’ – Schwere Vorwürfe von Elon Musk gegen das Magazin „Spiegel“
  14. Bischof Voderholzer: "Kritik am Marsch für das Leben ist Ablenkungsmanöver"
  15. Kamala Harris: Keine Ausnahmen für Christen bei Abtreibung

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz