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Heilige Messe in Dili (Timor Leste): Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt

10. September 2024 in Aktuelles, 1 Lesermeinung
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Franziskus: Die trügerische Fassade einer auf den ersten Blick perfekten Welt verbirgt eine viel dunklere und traurigere, harte und grausame Wirklichkeit, die dringend der Umkehr, der Barmherzigkeit und der Heilung bedarf


Dili (kath.net) Am Nachmittag gegen 15.50 Uhr (8.50 Uhr römischer Zeit) verließ Papst Franziskus die Apostolische Nuntiatur und fuhr mit dem Auto zur Esplanade von Taci Tolu zur Feier der Heiligen Messe.

Bei seiner Ankunft begab sich der Papst direkt auf die Bühne, von der aus er an einem traditionellen timoresischen Begrüßungstanz teilnahm. Um gegen 16.30 Uhr (9.30 Uhr römischer Zeit) steht Papst Franziskus der Eucharistiefeier vor.

„Kaibauk und Belak, Kraft und Zärtlichkeit von Vater und Mutter: So zeigt der Herr sein Königtum, das aus Liebe und Barmherzigkeit besteht.

Und so bitten wir in dieser Eucharistiefeier gemeinsam darum – ein jeder von uns, als Männer und Frauen, als Kirche und als Gesellschaft – dass wir in der Welt das starke und zärtliche Licht des Gottes der Liebe widerspiegeln können, jenes Gottes, der, wie wir im Antwortpsalm gebetet haben, ‚den Geringen aufrichtet aus dem Staub und aus dem Schmutz den Armen erhebt, um ihn bei den Fürsten seines Volkes wohnen zu lassen‘“.

***

Feier der Heiligen Messe Esplanade von Taci Tolu (Dili)

»Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt« (Jes 9,5)

Dies sind die Worte aus der ersten Lesung, mit denen sich der Prophet Jesaja an die Bewohner Jerusalems wendet, in einer Zeit des Wohlstands für die Stadt, die aber leider auch durch einen großen moralischen Verfall gekennzeichnet ist.

Es gibt viel Reichtum, aber der Wohlstand macht die Mächtigen blind und gaukelt ihnen vor, dass sie sich selbst genügen, dass sie den Herrn nicht brauchen, und ihre Vermessenheit verleitet sie dazu, selbstsüchtig und ungerecht zu sein. Das ist der Grund, weshalb trotz des großen Reichtums die Armen im Stich gelassen werden und Hunger leiden, die Untreue um sich greift und die religiöse Praxis zu einer reinen Formalität verkommt. Die trügerische Fassade einer auf den ersten Blick perfekten Welt verbirgt also eine viel dunklere, viel härtere und grausamere Wirklichkeit, die dringend der Umkehr, der Barmherzigkeit und der Heilung bedarf.


Deshalb verheißt der Prophet einen neuen Horizont, den Gott ihnen eröffnen wird: eine Zukunft der Hoffnung, eine Zukunft der Freude, in der Unterdrückung und Krieg für immer verbannt sein werden (vgl. Jes 9,1-4). Er wird über ihnen ein großes Licht aufgehen lassen (vgl. V. 1), das sie von der Finsternis der Sünde, die sie belastet, befreit, und zwar nicht mit der Macht von Armeen, Waffen oder Reichtum, sondern durch das Geschenk eines Sohnes (vgl. V. 5-6).

Verweilen wir bei der Betrachtung dieses Bildes: Gott lässt sein rettendes Licht durch das Geschenk eines Sohnes aufleuchten.

Überall ist die Geburt eines Kindes ein lichter Augenblick, ein Augenblick der Freude und des Feierns und manchmal weckt er auch in uns gute Sehnsüchte: nach Erneuerung im Guten, nach Rückkehr zu Reinheit und Einfachheit. Angesichts eines neugeborenen Kindes erfüllt sich selbst das härteste Herz mit Wärme und Zärtlichkeit. Die Schwäche eines Kindes bringt immer eine Botschaft, die so stark ist, dass sie selbst die verstocktesten Herzen berührt und ihnen wieder Harmonie und Gelassenheit gibt. Es ist wunderbar, Brüder und Schwestern, was bei der Geburt eines Kindes geschieht!

Die Nähe Gottes geschieht durch ein Kind. Gott wird Kind. Und nicht nur, um uns ins Staunen zu bringen und innerlich zu bewegen, sondern auch, um uns der Liebe des Vaters zu öffnen und uns von ihr formen zu lassen, damit sie unsere Wunden heilen, uns bei Uneinigkeit wieder vereinen und unser Leben wieder in Ordnung bringen kann.

In Timor-Leste ist es schön, weil es so viele Kinder gibt: Ihr seid ein junges Land, in dem man in jeder Ecke das Leben pulsieren und aufblühen sieht. Und das ist ein Geschenk, eine große Gabe: So viel Jugend und so viele Kinder erneuern nämlich beständig unsere Energie, und das Leben. Aber mehr noch ist es ein Zeichen, denn wenn wir den Kindern, den Kleinen Raum geben, sie aufnehmen, uns um sie kümmern und auch uns selbst vor Gott und voreinander klein machen, sind das genau die Haltungen, die uns für das Wirken des Herrn öffnen. Indem wir uns zu Kindern machen, erlauben wir das Wirken Gottes in uns.

Heute verehren wir die Gottesmutter als Königin, d.h. als Mutter eines Königs, Jesus, der klein geboren werden wollte, um unser Bruder zu werden, indem er sein mächtiges Handeln dem „Ja“ einer demütigen und zarten jungen Mutter anvertraute (vgl. Lk 1,38).

Maria hat dies so gut verstanden, dass sie sich entschloss, ihr ganzes Leben lang klein zu bleiben, sich immer kleiner zu machen, indem sie diente, betete, in den Hintergrund trat, um Jesus Platz zu machen, auch wenn sie das sehr viel kostete.       

Deshalb, liebe Brüder und Schwestern, wollen wir keine Angst davor haben, uns vor Gott und voreinander klein zu machen, haben wir keine Angst, unser Leben zu versäumen, unsere Zeit zu verschenken, unsere Pläne zu revidieren und, wenn nötig, kleiner ausfallen zu lassen, nicht um sie zu schmälern, sondern um sie noch schöner zu machen, dadurch dass wir uns selbst verschenken und die Anderen annehmen.       All dies wird durch zwei wunderschöne traditionelle Schmuckstücke dieses Landes sehr gut versinnbildlicht: der Kaibauk und der Belak. Beide sind aus Edelmetall gefertigt. Das heißt, dass sie von Bedeutung sind!

Das erste Schmuckstück symbolisiert die Hörner des Büffels und das Licht der Sonne, es wird erhöht platziert, als Stirnschmuck, oder auch ganz oben auf den Häusern. Es steht für Kraft, Energie und Wärme und kann die lebensspendende Kraft Gottes darstellen. Aber nicht nur: Auf Kopfhöhe getragen und ganz oben auf den Häusern, erinnert es uns daran, dass auch wir mit dem Licht des Wortes Gottes und mit der Kraft seiner Gnade durch unsere Entscheidungen und Handlungen am großen Erlösungsplan mitwirken können.

Das zweite Schmuckstück, der Belak, das auf der Brust getragen wird, ist eine Ergänzung zum ersten. Er erinnert an den zarten Schein des Mondes, der in der Nacht das Licht der Sonne bescheiden reflektiert und alle Dinge in einen leichten Schimmer hüllt. Er steht für Frieden, Fruchtbarkeit, Sanftheit und symbolisiert die Zärtlichkeit der Mutter, die mit dem zarten Widerschein ihrer Liebe alles, was sie berührt, mit demselben Licht erstrahlen lässt, das sie von Gott empfängt.  

Kaibauk und Belak, Kraft und Zärtlichkeit von Vater und Mutter: So zeigt der Herr sein Königtum, das aus Liebe und Barmherzigkeit besteht.

Und so bitten wir in dieser Eucharistiefeier gemeinsam darum – ein jeder von uns, als Frauen und Männer, als Kirche, als Gesellschaft – dass wir in der Welt das starke Licht, das zärtliche Licht des Gottes der Liebe widerspiegeln können, jenes Gottes, der, wie wir im Antwortpsalm gebetet haben, „den Geringen aufrichtet aus dem Staub und aus dem Schmutz den Armen erhebt, um ihn bei den Fürsten wohnen zu lassen“ (vgl. Ps 113,7-8).

 


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Lesermeinungen

 Stefan Fleischer 10. September 2024 

«Wir haben einen Traum!»

sangen wir damals unter der Leitung eines frisch ausgebildeten Kathechten. Es war der Traum einer besseren, friedlicheren, gerechteren Welt hier und jetzt. Es war die Hoffnung auf ein neues Paradies auf Eden, und zwar schon bald. Es bräuchte dazu nur den guten Willen alle Menschen. Etwa 50 Jahr sind seither vergangen. Die Welt hat sich verändert. Aber verbessert? Mir scheint eher das Gegengeil der Fall zu sein. Der Traum wird zwar immer wieder aufgewärmt. Doch der Egozentrismus bis hin zum offenen Egoismus treibt immer neue Blüten. Wir hatten vergessen und vergessen es auch heute noch, dass die Folgen der Erbschuld uns auf unserem Weg durch die oft finstere Schlucht des Lebens begleiten. Wir wollen immer noch sein wie Gott, selbst wissen was für mich richtig und gut ist. Wir gehen immer wieder der alten Schlange auf den Leim. «Messire Dieu premier servi!» wäre der richtige Weg. Doch das «Non serviam» liegt uns oft viel näher.


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