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Beschuldigung der Kirche als „hilfreiche“ Entlastung für bischöfliches Fehlverhalten

22. April 2022 in Kommentar, 23 Lesermeinungen
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„Die Behauptung der Synodenlenker Marx und Bätzing, systemische Gründe wären für die Missbrauchstaten von Geistlichen und das Fehlverhalten von Bischöfen verantwortlich, ist wissenschaftlich unhaltbar.“ Gastkommentar von Hubert Hecker


Bonn (kath.net) Prof. Norbert Leygraf formulierte 2012 in seiner Analyse von forensischen Gutachten zu sexuell übergriffigen Geistlichen eine schlichte Grundwahrheit: „Die Verantwortung für sexuelle Missbrauchshandlunge ist bei den Tätern zu suchen und kann nicht auf die Institution ‚katholische Kirche‘ übertragen werden, wie es in der derzeitigen medialen Berichterstattung häufig der Fall ist. Sexualdelikte werden von den unterschiedlichsten Berufsgruppen begangen (z. B. auch Polizisten, Richtern, Ärzten, Pädagogen u. v. a. m.), dennoch stellt man nicht das Rechtssystem oder eine ganze Profession in Frage.“

Nach unserer europäischen Rechtstradition ist Schuld immer persönlich. Die individuelle Verantwortlichkeit für Taten erwächst aus dem biblisch-christliche Menschenbild von der Freiheit und Würde der Person. In seinem Hirtenbrief an die irischen Katholiken forderte Papst Benedikt 2010 die übergriffigen Geistlichen auf, „Verantwortung für die begangenen Sünden zu übernehmen, nichts zu verheimlichen und Eure Schuld öffentlich anzuerkennen“.

Laut MHG-Studie waren in den 65 Jahren nach dem Krieg 1670 Kleriker übergriffig geworden. Das war vier Prozent der Geistlichen, 96 Prozent hat sich diesbezüglich nichts zuschulden kommen lassen.

Kein vernünftiger Mensch oder Politiker oder Betriebsleiter würde sein gesamtes Organisationssystem dafür verantwortlich machen, wenn wenige Prozent der leitenden Mitarbeiter gegen die Unternehmensregeln verstoßen. Doch genau diese selbstmörderische Agenda drückte der DBK-Vorsitzende, Kardinal Reinhard Marx, seit Ende 2018 der Kirche in Deutschland auf – und sein Nachfolger Georg Bätzing folgt ihm auf diesem Irrweg. Sie haben das Konstrukt von systemischen Ursachen, strukturellem Versagen und institutioneller Schuld der Kirche seither zur Begründungsphilosophie des Synodalen Wegs gemacht.

Es ist ein Irrsinn, bei Regelverstößen das ganze Regelsystem dafür verantwortlich zu machen. Für das Versagen weniger Kleriker nehmen die Bischöfe die ganze Institution in Haftung. Durch die Schuldverschiebung wird die gesamte Kirche schlechtgeredet und angeschwärzt. Die sogenannte „Glaubwürdigkeitskrise der Kirche“ ist von den Bischöfen herbeigeredet.

Was steckt hinter diesem unsinnigen Vorgehen?

Drei Begründungskomplexe lassen sich ausmachen.

Erstens:

Die Bischöfe Marx und Ackermann gaben bereits bei der Ausschreibung der MHG-Studie 2015 den Auftrag, nach ‚missbrauchsbegünstigenden Strukturen‘ in der Kirche zu suchen. Es war also schon vorab gewollt, für das Fehlverhalten der Täter die Verhältnisse mitverantwortlich zu machen – ein neo-marxistischer Ansatz.


Als dann die MHG-Forscher keine systemischen Ursachen für die Missbrauchstaten Einzelner fanden, blieben die DBK-Bischöfe trotzdem bei ihrer Phantom-These, die im Frühjahr 2019 Klaus Mertes formulierte: „Das System der Kirche ist schuld!“

Sie brauchten die Behauptung von kirchlichen Strukturmängel, um eine schon länger geplante Reformagenda auf den (synodalen) Weg zu bringen. Die Themen dafür wurden auf der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe 2019 aufgestellt. Sie hatten nichts mit den Missbrauchsvorkommen zu tun:

- neue Sexualethik; es ist eine absurde These, dass die strenge kirchliche Sexualmoral vier Prozent der Priester zu sexuellen Übergriffen verführt hätte.

- Machtmissbrauch der Geistlichen; die MHG-Studie stellte fest, dass nur ein Bruchteil der übergriffigen Kleriker ihre Amtsautorität für die Anbahnung von Missbrauch ausnutzten; über 99 Prozent der Priester hat keinen Machtmissbrauch begangen.

- Zölibat als Risikofaktor; die Professor Kröber und Pfeiffer hatten schon 2011 in Vergleichsanalysen festgestellt, dass nicht-zölibatäre Männer statistisch häufiger in sexuelle Übergriffe verwickelt sind.

Offensichtlich war und ist die DBK-These von den kirchenspezifischen Systemursachen für sexuelle Übergriffe in der Kirche ein strategisches Täuschungsmanöver, um kirchliche Strukturveränderungen durchzustechen. Der Missbrauch wurde instrumentalisiert zu kirchenpolitische Zwecke: Missbrauch des Missbrauchs!

Zweitens:

Laut MHG-Studie (S. 116) anerkannte nur ein kleiner Teil der beschuldigten Kleriker ihre persönliche Schuld und suchten Formen individueller Buße für ihr unrechtes Tun. Aber „häufig fanden sich bei den Beschuldigten Tendenzen, eigene Verantwortung und Schuld zu externalisieren“, also nach außen abzuschieben auf die Kirche (S.8). „Vergleichsweise viele Beschuldigte gaben der kirchlichen Institution eine Mitschuld“ sowohl an ihren eigenen Missbrauchstaten wie auch an den nach ihrer Meinung zu harten Strafen für ihre Vergehen, die sie bagatellisierten (S.117).

Diese Methode des Abschiebens von persönlicher Schuld von Missbrauchstätern auf das „institutionellen Versagen“ der Kirche haben die verantwortlichen DBK-Bischöfe übernommen. Einerseits entlasten sie die Täter ungerechtfertigterweise, andererseits belasten sie dafür unschuldige Kirche – ein unchristliches, wenn nicht niederträchtiges Vorgehen.

Mit ihrer Systemschuldthese betreiben die Bischöfe Marx und Bätzing eine neo-marxistische Schuldverlagerung vom Täter-Fehlverhalten auf kirchliche Verhältnisse. Sie widerspricht der biblischen Erlösungslehre, nach der uns Christus von der Knechtschaft der Sünde befreit – und nicht von sündigen Strukturen.

Drittens:

Im Spätherbst dieses Jahres wird der Untersuchungsbericht über Missbräuche im Bistum Mainz herauskommen. Nach einem Zwischenbericht von 2020 wird es dabei auch um Fehlverhalten und Verschleierung durch die Kardinäle Hermann Volk und Karl Lehmann gehen. Der amtierende Mainzer Bischof Peter Kohlgraf meinte bezüglich des erwarteten Berichts: Für ihn sei ein Satz des Luxemburger Kardinals Hollerich „hilfreich“ gewesen. „Bei aller Aufregung über einzelne Studien müssen wir uns eingestehen, dass in der Frage des Umgangs mit Betroffenen, aber auch mit Schuldigen und Tätern die ganze Kirche strukturell versagt hat.“ Das relativiere die Wahrnehmung einzelne Studien zu prominenten Bischöfen.

Bischof Kohlgraf spricht es unverblümt aus: Die These vom angeblich strukturellen Versagen der Kirche sei hilfreich, um (neben den Missbrauchstätern) auch die Bischöfe zu entlasten, ihr mutmaßliches Fehlverhalten zu relativieren.

Auch Kardinal Marx nutzt das ihn entlastende Vorgehen, sein persönliches Fehlverhalten auf systemische Gründe abzuschieben. Er sagte in seiner Stellungnahme zum WSW-Gutachten: „Es gab bei uns kein wirkliches Interesse an dem Schicksal der Betroffenen. Das hat nach meiner Auffassung auch systemische Gründe (…).“

Resümee:

Die Behauptung der Synodenlenker Marx und Bätzing, systemische Gründe wären für die Missbrauchstaten von Geistlichen und das Fehlverhalten von Bischöfen verantwortlich, ist wissenschaftlich unhaltbar. Über das Konstrukt wird persönliche Schuld von Missbrauchstätern auf anonyme Verhältnisse abgeschoben. Auf Basis dieser Fehleinschätzung ist keine seriöse Missbrauchsaufarbeitung möglich. Tatsächlich setzt man die Systemschuldthese als Vertuschungsmanöver ein, durch das Täter und Bischöfe entlastet werden.

Angesichts von einigen kritischen Anfragen zu der These von den systemischen Ursachen für Missbrauch hätte man von den DBK-Bischöfen mindestens eine selbstkritische Überprüfung der zweifelhaften Hypothese erwartet. Doch die brüsten sich sogar damit. Bischof Bätzing will die deutsche Sonderwegthese der gesamten Weltkirche aufdrücken: Die „systemischen Ursachen des tausendfachen Missbrauchs“ seien „in Polen, aber auch weltweit“ feststellbar. Das schreibt der DBK-Vorsitzende in seinem Antwortbrief an den Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Gadecki. Er bemängelt, dass der Angeschriebene den vermeintlichen „Ausgangspunkt beim Missbrauch“ nicht erwähnt. Dann folgt eine Belehrung des polnischen Episkopats: Nur durch und nach dem „Bearbeiten“ der Strukturursachen (wie in Deutschland auf dem Synodalen Weg) „wird es überhaupt möglich sein“, den Raum für die Verkündigung der Frohen Botschaft zu öffnen. Diese anmaßende Behauptung, Evangelisierung sei erst nach den kirchlichen Strukturveränderungen des Synodalen Wegs möglich, hat Kardinal Kasper als Häresie bezeichnet. Sie widerspricht auch dem Papst-Brief vom Sommer 2019, in dem Papst Franziskus den Primat der Evangelisierung vor allen Strukturreformen bekräftigt hat. In gleicher Sorge fragte die Generalsekretärin der nordischen Bischofskonferenz, Sr. Mirijam Kaschner: „Kann denn die Veränderung von Strukturen das Glaubensleben in Deutschland erneuern?“

Es zeigt sich immer deutlicher, dass der deutsche Synodale Sonderweg ein „Alleingang ist, der nicht zu der Lebens- und Glaubenswirklichkeit der Weltkirche passt“ – so das Resümee von Schwester Kaschner. Angesichts dieser Feststellung würde er Bischof Bätzing gut anstehen, etwas mehr Zurückhaltung und auch Lernbereitschaft gegenüber der nordischen und polnischen Bischofskonferenz an den Tag zu legen. Statt sie zu belehren und ihnen das Theorem der systemischen Missbrauchsursachen aufzudrängen, sollte er lieber fragen: Wie gehen die nordischen und polnischen Bischöfe mit den Missbrauchsvorkommen um? Dann würde er erfahren: Die polnische Kirche begeht am ersten Freitag in der Fastenzeit einen Tag der Buße und des Gebets für die Missbrauchsopfer (Verlinkung mit dem kath.net-Artikel vom 5. März: Polnische Kirche beging einen Tag der Buße…). Damit nehmen die polnischen Katholiken eine Anregung von Papst Franziskus auf, die er in einem Brief an die US-amerikanischen Katholiken nach der Veröffentlichung des Philadelphia-Reports gemacht hat. Mit beharrlichem Gebet und aufrichtiger Buße wird die geistliche Basis gelegt, auf der dann die weiteren Heilungselemente wie einfühlsames Zuhören, therapeutische Hilfe und auch juristische Verfahren aufbauen.


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