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| Die "Bätzing-Sternberg-Krise": Atheismus im kirchlichen Design?17. Februar 2021 in Kommentar, 11 Lesermeinungen "Wer zu heiß in der modernen Theologie gebadet hat, der kann durchaus die Gottesfurcht verlieren." Gastbeitrag zum "politischen Aschermittwoch" 2021 von Franz Norbert Otterbeck Köln (kath.net) Ausgerechnet der unauffälligste deutsche Bischof, H.J. Becker von Paderborn, würdigte den "Synodalen Weg" neulich als "stilbildend für die deutsche Kirche". Die Quelle des Berichts dürfen wir hier verschweigen; Tipp: es ist ein Internetportal mit falschem Namen, das neulich wieder einmal einen Ordensmann als mutmaßlichen Vergewaltiger angeprangert hat, ohne Beweise. Auch das ist "stilbildend für die deutsche Kirche". Diese neue "Stilbildung" für die deutsche Kirche werden Historiker vielleicht dereinst die "Bätzing-Sternberg-Krise" nennen und dann als den Ausgangspunkt für die bewusste und gewollte Turbobeschleunigung der katholischen Selbstvernichtung in Deutschland kennzeichnen. Die deutschkatholische Doppelspitze wird mit diesem Kraftakt "abwärts" jedenfalls in die regionale Kirchengeschichte eingehen. Anders als Erzbischof Becker, der in Paderborn keine Spuren hinterlassen wird und noch nie für eine gute Schlagzeile gesorgt hat, außer in der eigenen Kirchenzeitung. Bei Bätzing und Sternberg, die beide moderne Theologen sind, weiß man inzwischen nicht mehr genau, wer der Vorsitzende Bischof ist und wer nur der Professor. Vielleicht wäre Bätzing gern Professor geworden, vielleicht für Philatelie, und Sternberg wäre gern Bischof geworden, wenn auch nur für Görlitz? Beide nationalen Führerfiguren des organisierten Katholizismus eignen sich gleichermaßen für die konfessionelle Politik, jedenfalls am Aschermittwoch. Beide reden nur leider zu differenziert und abgehoben, um große Säle zu füllen. Doch unter "Corona-Bedingungen" hätten sich beide gemeinsam dazu aufraffen können, ihre kirchenpolitischen Ziele "digital" unter die Leute zu bringen. Risiko: Wer im Bischofsdeutsch und seinem Verlautbarungsjargon nicht so bewandert ist, der könnte das Duo "Bätzing & Sternberg" für Komiker halten. Sie sehen sich im Einklang mit dem Papst, ihre Kirche sehen sie auf dem besten aller möglichen Wege und ihr Projekt als beispielgebend für das Universum an. Aber es geht nicht nur um eine Stilfrage von Kirchesein: Es geht um die Gottesfrage. Georg Bätzing weiß mitunter zu beeindrucken, etwa mit seiner Predigt zur Eröffnung der Kevelaerwallfahrt 2020. Thomas Sternberg versteht es, sich geschickt herauszureden. Etwa als ich ihn in Münster 2018 damit konfrontierte, dass er unmöglich das Jahr 1968 zur Inspirationsquelle des katholischen Laienkatholizismus aufwerten kann. Er wisse noch gar nicht, wie ihn die Zeitung überhaupt am Vortag zitiert habe, hieß es. Na gut. Wer zu heiß in der modernen Theologie gebadet hat, der kann durchaus die Gottesfurcht verlieren. Man weiß ja so gut Bescheid über den niedlichen Gegenstand der eigenen Wissenschaft. Wieviel persönliche Religion bleibt übrig, wenn tausenderlei exegetische Hypothesen das Vertrauen in die Heilige Schrift erschüttert haben? Wie definiert man Kirche, wenn deren Geschichte überwiegend im zynischen Ton als ein Labyrinth ungeheuerer Irrwege dargeboten wird? Manche/r Professor/in "leert" die Dogmatik, anstatt sie zu lehren. Wir haben es mit dem speziellen Problem zu tun, dass jede/r, der von der Kirche bezahlt wird, seine Gottgläubigkeit zumindest zögerlich stets bekennen wird. Insgeheim mag man sich denken, dass man "schon weiter ist", also überkommene Gottesbilder erfolgreich neu interpretiert hat. Ein beliebter Sport besteht darin, Jesus gegen die Kirche ins Spiel zu bringen. "Jesus heute hätte Frauen zu Apostelinnen berufen." Woher weiß man das? Ohne Kirche? Verboten ist im Horizont der "Gegenwart" das Argument mit der Autorität. Bätzing spricht noch verschämt vom "depositum fidei" (der "Glaubenshinterlage", wie Hans Küng listig übersetzte), aber nur um sogleich in Frage zu stellen, was denn genau dazu gehört. Die radikalsten Kritiker der Tradition-als-Argument haben bekanntlich nur zwei Worte als Originalton Jesu übriggelassen: "Abba" (lieber Vater) und "Amen" (so sei es). Daraus könnte die Theologie noch die belastbare Aussage konstruieren, Gott sei ein lieber Vater. Aber der Feminismus würde sofort auch diesen Rest an Verkündigung hinterfragen: "Wieso ist Gott nicht auch Mutter?" Mutter Bätzing und Papa Sternberg werden ihren synodalen Kirchenkindern zum Trost erläutern, dass der Synodale Weg ja kirchliche Reformen erörtert (und beschließen wird, auch ohne Kompetenz dafür), "den Glauben" aber nicht umstürzen will. Es kommt aber darauf an, was man damit mein. Nach herkömmlicher Auffassung, die von sämtlichen Texten des Vatikanum II im Wortlaut auch mitgetragen wird, kommt unser Gottesglaube, der die wahre Religion ist, als Gabe Jesu Christi im Heiligen Geist zu uns. Er lehrt uns die Geheimnisse Gottes, feiert diese in der Liturgie und prägt als tätige Liebe das Leben der Kirche. So ist es vorgegeben. Der heutige Restlebensraum der "deutschen Kirche" wählt einen anderen Ansatz, freilich ohne aufrichtig und ehrlich mit dem älteren Vokabular vollends zu brechen. "Mein Glaube" ist dort eine spirituelle Erfahrung, der unbestimmte Überzeugungen einschließt. Er bewirkt, dass es mir nicht allzu widerwärtig war, in ein kirchliches oder kirchennahes Dienstverhältnis einzutreten. Mein Gehalt bezahlt mittelbar oder unmittelbar die Kirche, also empöre ich mich nicht allzu laut über ein religiös gestimmtes Rauschen im Hintergrund. Allerdings muss dieser "Lebenraum", weil Dienstort, angepasst werden an vergleichbare Dienstorte (Staatsverwaltung, Stadtverwaltung, Universitätsverwaltung, Medizinalverwaltung ...). Das "Leiden an der Kirche", das viele konfessionell Beschäftigte seit Jahrzehnten artikulieren, besteht im Wesentlichen darin, dass der höhere Anspruch des Dienstgebers, "den Menschen" etwas "sagen" zu wollen, nicht so leicht von der Tagesordnung wegzuwischen ist. Weil schnödes Befehlshabertum in diesem Umfeld reichlich unattraktiv wirkt (deshalb fehlt hier der Vergleich mit Militär, Polizei und Justiz, der zumindest für evangelische Kirchen früher nahelag) haben sich komplexe Strategien und Terminologien der sanften Despotie und dezenten Verunglimpfung entwickelt, die "kirchenferne" Menschen kaum nachträglich erlernen könnten, kämen sie beruflich mit dem "Sektor" in Kontakt. Beispielsweise darf ein Bischof nie kritisiert werden, auch kein Bischofskaplan, Generalvikar, Weihbischof, Domkapitular, Hauptabteilungsleiter und schon gar nicht die zugehörigen Bischofsjustiziarinnen, Caritasgeschäftsführerinnen oder Vorzimmerdamen und -herren. Grundsätzlich ist zwar jeder Bischof, Bischofskaplan usw. nachkonziliar für Kritik offen. Das gehört zum Selbstverständnis, menschenfreundlich und sympathisch "zu überzeugen". Der Dissens muss allerdings so vorgetragen werden, dass es dem sakrosankten Gegenüber (mitunter auch "nur" eine Küsterin) möglichst leicht gemacht wird, die kritischen Punkte sofort leichthin vom Tisch zu wischen. Kirchliches Palaver ist in der Regel aufwändig, aber ergebnislos. Vorab wird Wertschätzung für den Kritiker bekundet, das gemeinsame Anliegen betont usw. Sollte das Totschlagen des Kritikers im Wege eines verständnisvollen Eiertanzes aber nicht sogleich glücken, dann "ringt" man miteinander um den Konsens. Im Hintergrund bleibt immer präsent: Der Boss kann auch anders. Es genügt ein Fingerschnippen, ein Telefonat ... Und die Kriegskasse für Arbeitsrechtsprozesse oder deren Vermeidung ist immer prall gefüllt. In diesem speziellen Biotop kann an sich schon von der ursprünglichen Religion, der es darum ging, Gott zu lieben, ihm zu dienen und so möglichst viele Seelen zu retten (auch die eigene), nicht viel übrigbleiben. Haben ist hier das bessere Sein: Die kirchlichen Häuser sind mit "ansprechender" Kunst geziert, zumeist prätentios-modern oder postmodern. Möbel und Büromöbel sind teuer und "ansprechend" im Design. Das Generalvikariat bezahlt jede Handwerkerrechnung prompt, egal in welcher Höhe. Wer mit 19 in ein Theologenkonvikt eintritt und tapfer Stufe um Stufe der diözesanen Laufbahn meistert, der kann sein ganzes Leben in kirchlichen Immobilien verbringen, muss vielleicht nie eine Wohnung suchen, hat wahrscheinlich immer eine Kantine in räumlicher Nähe. Das Gehalt "stimmt" sowieso. (Noch.) Für Laientheologen und solche Priester, die nicht ganz so stramm Karriere machen, weil sie dem Bischof, Weihbischof oder sonstigen Gönner nicht früh genug "positiv" auffielen (aufgeschlossen, offen), ist es nicht ganz so einfach, in dieser deutschkatholischen Sonderwelt ein "menschenfreundliches Gesicht" zu zeigen. Wenn diese Kirche allerdings behauptet, sie stehe mitten im Leben, in der "Welt von heute", nah bei den Menschen usw., dann entfaltet sie nur ihr neues Dogma, berichtet aber nicht aus Erfahrung. Für dieses Raumschiff mit seiner besonderen Sprache, seinen besonderen Verfahren und seinen mitunter verhaltensauffälligen Führungspersonen also will der Synodale Weg einen "neuen Stil" bilden (und möglichst neue Strukturen, die für die, die drin sind im System, alles noch etwas behaglicher machen). Wenn dann ein Papst sagt, nicht zum ersten Mal, die katholische Kirche in Deutschland möge doch "missionarisch" werden (also den Glauben verkünden und beleben), dann antwortet der "Doppeladler" Bätzing-Sternberg verschlagen: "Machen wir!" (Aber so wie wir das auffassen, also gar nicht.) Die Überlebensfrage der "deutschen Kirche" ist aber nicht die Frauenordination, nicht die Sexualmoral, nicht der Zölibat der Priester. Es sind nicht die Strukturen, es ist die Frage nach Gott. Reformbedürftig, großteils entsorgungsbedürftig sind die "Strukturen" auf Gott hin: Eine Kirche, in der Gott nicht zur Sprache kommt, als der, der er selber ist, ist so sinnlos, dass die Sinnlosigkeit des deutschkirchlichen Tuns "heute" fast schon Beweis der Abwesenheit Gottes in ihr sein könnte. "Wo Gott ist, da ist Zukunft" hieß die Überschrift des letzten Papstbesuchs in Deutschland, der in die Freiburger Rede mit dem Stichwort "Entweltlichung" einmündete. Das Ereignis liegt bald zehn verlorene Jahre zurück. Leerlauf, Verfall. Bätzing-Sternberg könnten jetzt ihre Aschermittwochsrede betiteln: "Wo Gott ist, das bestimmen wir." Gott sei Dank werden die Spaßmacher zum Politischen Aschermittwoch 2021 aber schweigen. Im deutschkatholischen Kabarett ist das mit der Ironie nämlich heikel: "Wer unser Gott ist, das bestimmt Angela Merkel." Auch ein schlichter Karnevalswitz könnte vom Synodalen Weg als Antrag ernsthaft diskutiert werden ... Alles ja nur eine Stilfrage. Der Verfasser, Dr. iur. Franz Norbert Otterbeck, ist Rechtshistoriker und Wirtschaftsjurist und hat bereits vielfach auf kath.net veröffentlicht, siehe Link. Siehe auch kathpedia: Franz Norbert Otterbeck.
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