Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. VIVA IL PAPA - Robert Prevost ist Papst Leo XIV.
  2. Papst Leo XIV.: Der Schatz, den Christus der Welt schenkt. Dominus Iesus
  3. Skandal in München
  4. Kardinal Zen:„Wird der Heilige Geist euch sagen, dass er sich zwanzig Jahrhunderte lang geirrt hat?“
  5. Heiligenkreuzer Theologe Waldstein wehrt sich gegen Vorwürfe
  6. Kardinal Müller: Der nächste Papst muss der Homo-Lobby die Stirn bieten
  7. Schönborn: Neuer Papst wird "heiliger und weiser Mann
  8. Ermittlungsverfahren gegen Kardinal Woelki eingestellt
  9. US-Kardinal Dolan: Trumps Papstbild hinterlässt schlechten Eindruck
  10. Papst Leo XIV. unterstützte als Bischof den „Marsch für das Leben“ und ist pro-life
  11. 10 Entscheidungsfragen für den nächsten Papst
  12. Abt Jean Pateau OSB: „Auf die Einheit hinzuarbeiten bedeutet nicht, auf Uniformität hinzuarbeiten“
  13. Unfassbar! Lebensschützer wegen Embryomodellen von evangelischen Kirchentag verbannt
  14. HABEMUS PAPAM - Robert Francis Prevost ist Papst - Leo XIV.!
  15. Mitten im Kulturkampf nimmt der Wokeismus noch mal Fahrt auf

Ich werde nicht am Zölibat rütteln

10. Juni 2010 in Deutschland, 20 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Essens Bischof Franz-Josef Overbeck im Interview mit der Tagespost: Den Priestermangel nüchtern sehen, das Selbstbewusstsein der Geistlichen stärken.


Essen (kath.net/Tagespost)
Seit Dezember 2009 leitet Bischof Franz-Josef Overbeck das Bistum Essen. Schlagzeilen machte der 45-Jährige, der 1989 von Joseph Kardinal Ratzinger in Rom zum Priester geweiht wurde, als er bei „Anne Will“ die katholische Morallehre zur Homosexualität verteidigte. Regina Einig und Clemens Mann befragten ihn zum ausklingenden Priesterjahr.

Die Tagespost: Das Priesterjahr geht zu Ende. Welche Bilanz ziehen Sie?

Bischof Overbeck: Das Ruhrgebiet ist ein sehr bodenständiges Bistum. Ich werde hier nicht mit dogmatischen Fragestellungen konfrontiert. Im Zusammenhang mit den Strukturreformen suchen viele Priester intensiv nach ihrer Rolle. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele von ihnen im Bistum Essen im kirchenrechtlichen Sinn keine Pfarrer mehr sind, sondern Pastoren. Sie zu unterstützen, eine Identität zu finden, die sich primär von der Seelsorge her bestimmt, ist mir sehr wichtig. Während des Liudger-Jahres ist viel für die geschichtliche Aufarbeitung der Rolle der Priester getan worden. Das hat die Mitbrüder beschäftigt. Sie haben Fragen, die mit dem Priesterjahr zum Beispiel durch den Papst und Bischöfe wie andere aufgeworfen wurden, nicht als neue Fragen wahrgenommen. Wichtig erscheint mir auch eine nüchterne Sicht des Priestermangels. Betrachtet man ihn einmal unter dem Gesichtspunkt regelmäßiger Gottesdienstbesucher, dann haben wir eine annähernd gleiche Relation wie in der Vergangenheit zwischen jungen Priestern und jungen konstanten Messbesuchern.

Und die Missbrauchsdebatte?

Die Diskussion um den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche hat viele Priester und Gläubige nachhaltig in ihrer eigenen Identität berührt und zum Teil in krisenhafte Situationen geführt. Das ist gar nicht zu vergleichen mit der Stimmung des ersten Halbjahres des Priesterjahres. Es ist mir als Bischof wichtig, das Vertrauen und Selbstbewusstsein der Priester zu stärken. Es geht darum, den inneren theologischen und geistlichen Grund unseres Priesterseins zu verdeutlichen. Ich erlebe in unzähligen Gesprächen, dass Priester neu danach suchen. Sie werden auch von außen angefragt und hinterfragt. Gerade das selbstverständliche Mitgetragenwerden in der zölibatären Lebensform scheint geringer zu werden. Zum anderen sind die neuen Pfarreien im Ruhrgebiet ungewöhnlich groß. Das hat zur Folge, dass für viele der konkrete Lebensraum, in dem sie sich mitgetragen fühlten, unübersichtlicher geworden ist. Das hat Konsequenzen auch für das Lebensgefühl von Priestern. Das macht ihr Leben nicht einfacher. Ich sage als Bischof aber sehr klar: „Ich werde nicht am Zölibat rütteln“. Es ist die den Priestern angemessene Lebensform.


Stichwort Zölibat: Bischöfliche Mitbrüder bringen Änderungen öffentlich ins Gespräch.

Das kann die Meinung der betreffenden Mitbrüder sein – ich habe sie nicht und werde sie auch nicht teilen.

Ist die Rollensuche bei Priestern ein generationsspezifisches Phänomen?

Nein. Die Konzilsgeneration und die, die kurz vorher den Weg zum Priestertum gefunden haben, fragen sich heute oftmals kritisch, ob sie die richtigen Wege eingeschlagen haben. Und nicht wenige der Älteren fragen sehr befremdet, was die Jüngeren machen. Die Jüngeren leben eher eine in der Tradition verhaftete Form des Priesterseins. Das gilt zwar nicht für alle, aber doch für einen großen Teil. Das ist auch verständlich, denn die Jüngeren mussten sich immer gegen ganz viele andere durchsetzen, um überhaupt diesen Weg zu wählen und darin gleichzeitig Selbstbewusstsein und eine eigene Position zu finden, die ihnen Kraft gibt, heute diese Berufung zu leben. Das ist eine ganz andere biografische und innerliche Ausgangssituation, als sie die älteren Mitbrüder in den 50er und 60er Jahren hatten. Es gibt eine große Verunsicherung im Blick darauf, welcher Weg denn der richtige ist. Darin unterscheiden sich Priester nicht von anderen Menschen heute.

Welchen Impuls nehmen Sie persönlich aus dem Priesterjahr mit?

Angesichts dessen, was im zweiten Halbjahr geschehen ist, eine theologisch qualifizierte Frage: Wie müssen wir unser Gewissen erforschen? Zweitens die brennende Frage, die eine Existenzfrage für das Priestertum in Westeuropa und in Deutschland ist: Wie leben wir das, was wir versprochen haben? Ist es nicht die Verfügbarkeit für Gott und für die Menschen? Das fällt mir gerade bei den Strukturdebatten zu oft unter den Tisch. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Bischöfe, Priestern zu vertrauen und sie zu stärken. Das ist unser Potenzial, mit dem wir wirken können. Auch die Wertschätzung der Eucharistie muss noch mehr in die Mitte gerückt werden. Das braucht aber die Solidarität der Gläubigen, sonst ist das für die meisten Priester nicht zu leben.

Als einer der wenigen deutschen Bischöfe haben Sie in einer Talk-Show Stellung zu moralischen Reizthemen genommen. Würden Sie das jederzeit wieder tun?

Ja. Es gehört zu meinen Pflichten, das zu tun. Es muss eine öffentlich wahrnehmbare Diskussion geben. Dafür stehen wir als Bischöfe ein. Wir sind in diesem Sinne das Gesicht der Kirche. Darum gehören wir da hin. Wir müssen damit leben lernen, dass die Kirche und ihre Lehre nicht mehr unumstritten hingenommen werden. Und zwar gerade dann, wenn wir im moraltheologischen Sinne mit oftmals sperrigen, gerade lehramtlichen Äußerungen an die Öffentlichkeit treten, die von vielen nicht mehr mitvollzogen werden. Auch dazu müssen wir stehen. Es wäre sicherlich eindeutiger gewesen, wenn ich in der Sendung von Anne Will gesagt hätte: Homosexualität ist nicht Sünde im Sinne der Anlage, sondern im Sinne einer ausgelebten Homosexualität. Das steht auch so im Katechismus – aber das kann man in einer Sendung dieser Art, so schnell jedenfalls, nicht sagen.

Wie sehen Sie die Rolle der Institution Kirche, wenn man die Linien über die Missbrauchsdebatte hinweg auszieht?

Wir gehören zu den Institutionen, die in einem positiven Sinne die Menschenwürde um Gottes willen auch überall dort verteidigen, wo sie mit Füßen getreten wird. Die Grundbotschaft der Kirche muss klar bleiben. Das heißt: Sexualität, Partnerschaft und Liebe gehören zusammen.

Was ergibt sich daraus für die Verkündigung?

Verkündigung hängt eng mit Glaubwürdigkeit zusammen, ebenso mit der Bereitschaft, den Glauben offen und offensiv zu bezeugen. Darum müssen wir damit leben, kritisch hinterfragt zu werden. Aber wir dürfen auch keine Sekte werden. Da gilt erstens die Qualität des besseren Arguments und zweitens die Gnade Gottes. Ich würde meine Aufgabe als Bischof von Essen nicht richtig wahrnehmen, wenn ich nicht versuchen würde, Foren zu schaffen, in denen die Strittigkeit dieser Meinungen zum Thema gemacht werden kann. Wo ich selber stehe, mache ich immer wieder deutlich. Daran können sich die Leute ausrichten oder auch reiben. Ich möchte als Bischof Zeitgenosse sein und mich nicht in ein Ghetto zurückziehen. Redliche Glaubwürdigkeit stärkt den Glauben der Kirche.

Essen gilt als Multi-Kulti-Diözese. Erleichtert das den Einsatz von Priestern mit Migrationshintergrund in der ordentlichen Seelsorge?

Katholische Immigranten sind durch die sogenannten fremdsprachigen Gemeinden gut bei uns integriert. Eine gute Frucht der Strukturreform des Bistums Essen ist, dass fremdsprachige Gemeinden jetzt alle in Pfarreien eingebunden sind. Priester und Ordensleute mit Migrationshintergrund müssen bei uns mit den Gegebenheiten einer nach-aufgeklärten Gesellschaft zurechtkommen. Das fällt einigen schon schwer.

Wie äußern sich diese Schwierigkeiten?

Es ist zum Beispiel für indische Ordensleute und Priester ausgesprochen schwierig, in einer so hochindividualisierten Gesellschaft mit wenigen Kindern und vielen alten Menschen zu leben. In ihrem Lebensgefühl fehlen hier die „normalen“ Leute, die im Sinne der klassischen Volksfrömmigkeit einfach zum Priester gehen, bei ihm sind und selbstverständlich die Kirchen füllen. Bei afrikanischen Priestern und Ordensleuten spielen ganz andere Bilder von Vergesellschaftung eine Rolle, auch Naturreligionen.

Könnten Sie sich vorstellen, den Petrusbrüdern eine Pfarrei zu übertragen? Sie wirken ja schon in Ihrem Bistum.

Ich halte es für klug, weiter so vorzugehen wie bisher. In unserem Bistum sollen Gläubige, die im tridentinischen Ritus Eucharistie feiern wollen, Raum finden. Wir haben einen guten Kontakt zu den Priestern um Pater Gerstle der Petrusbruderschaft, der im Dom regelmäßig Beichte hört und selbstverständlich die Einheit mit mir als Bischof pflegt.

(c) Foto: Bistum Essen

Die Tagespost - Lesen Sie, was Kirche und Welt bewegt. Fordern Sie jetzt Ihre kostenlose Leseprobe für 2 Wochen (6 Ausgaben) an - völlig unverbindlich für Sie!


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu








Top-15

meist-gelesen

  1. Große Baltikum-Reise mit kath.net - Mit Erzbischof Gänswein!
  2. VIVA IL PAPA - Robert Prevost ist Papst Leo XIV.
  3. Kardinal Zen:„Wird der Heilige Geist euch sagen, dass er sich zwanzig Jahrhunderte lang geirrt hat?“
  4. HABEMUS PAPAM - Robert Francis Prevost ist Papst - Leo XIV.!
  5. Papst Leo XIV.: Der Schatz, den Christus der Welt schenkt. Dominus Iesus
  6. Skandal in München
  7. Heiligenkreuzer Theologe Waldstein wehrt sich gegen Vorwürfe
  8. Papst Leo XIV. unterstützte als Bischof den „Marsch für das Leben“ und ist pro-life
  9. Kardinal Müller: „Es ist uns nicht gestattet, das Papsttum zu verweltlichen“
  10. Kardinal Müller: Der nächste Papst muss der Homo-Lobby die Stirn bieten
  11. 10 Entscheidungsfragen für den nächsten Papst
  12. US-Kardinal Dolan: Trumps Papstbild hinterlässt schlechten Eindruck
  13. KONKLAVE - Erneut Schwarzer Rauch nach Wahlgang 2 und 3
  14. Schönborn: Neuer Papst wird "heiliger und weiser Mann
  15. Mitten im Kulturkampf nimmt der Wokeismus noch mal Fahrt auf

© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz