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Papst Franziskus in Jakarta: Extremismus und Intoleranz bekämpfen

4. September 2024 in Weltkirche, 1 Lesermeinung
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Indonesien ist ein Staat mit vielen Völkern und Religionen, die Muslime sind klar in der Mehrheit - Zum Auftakt seiner Asienreise beschwor der Papst dort Toleranz und Harmonie


Jakarta (kath.net/KAP/red) Papst Franziskus hat sich in der ersten offiziellen Ansprache seines aktuellen Indonesien-Besuchs für mehr Dialog unter den Religionen und gegen jede Form von Extremismus und Intoleranz ausgesprochen. Vor rund 300 Verantwortlichen aus Politik, Diplomatie und Zivilgesellschaft in dem Vielvölkerstaat sagte er am Mittwoch, die katholische Kirche wolle den interreligiösen Dialog verstärken, "um eine friedliche und konstruktive Harmonie zu fördern, die den Frieden sichert und die Kräfte vereint, um die Ungleichgewichte und das Elend zu besiegen, die in einigen Teilen des Landes immer noch bestehen".

Um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen, sei es nötig, Extremismus und Intoleranz zu bekämpfen. Diese verfälschten die Religion und versuchten, sich mit Hilfe von Täuschung und Gewalt durchzusetzen.

Der Papst äußerte sich zu Beginn seines knapp zweiwöchigen Besuchs im Asien-Pazifikraum in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Die Strapazen der langen Anreise und die herausfordernden klimatischen Bedingungen waren dem 87-Jährigen dabei deutlich anzumerken. Bis 13. September besucht Franziskus nacheinander Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur.
Papst warnt vor Manipulation des Glaubens

Bei der offiziellen Willkommenszeremonie im Präsidentenpalast waren unter anderen der scheidende Staatspräsident Joko Widodo sowie Mitglieder der Regierung und des Diplomatischen Corps in Indonesien anwesend. Dem nach den jüngsten Wahlen bereits feststehenden künftigen Präsidenten Prabowo Subianto wünschte der Papst "alles Gute für eine fruchtbare Arbeit im Dienste Indonesiens".

In seiner Rede würdigte Franziskus die in Indonesien geltende Staats-Philosophie Pancasila, sie bringe "Weisheit und Ausgewogenheit zum Ausdruck". In manchen Staaten glaube man, ohne den Segen Gottes auskommen zu können. In anderen gebe es "Fälle, in denen der Glaube an Gott ständig in den Vordergrund gestellt wird, wobei dies bedauerlicherweise jedoch oft geschieht, um ihn zu manipulieren sowie Spaltungen zu fördern und den Hass zu verstärken, und nicht um der Schaffung von Frieden, Gemeinschaft, Dialog, Respekt, Zusammenarbeit und Geschwisterlichkeit willen".

Eintracht werde "nur dann erreicht, wenn sich ein jeder nicht nur für die eigenen Interessen und Vorstellungen einsetzt", betonte Franziskus. Stattdessen gelte es, sich mit Blick auf das Wohl aller zu bemühen, Brücken zu bauen, Übereinstimmung und Synergien zu fördern sowie Kräfte zu bündeln, um alle Formen moralischen, wirtschaftlichen und sozialen Elends zu besiegen und Frieden und Eintracht zu fördern.

Lob für Kinderreichtum

In seiner Rede lobte der Papst auch den Kinderreichtum indonesischer Familien. In dem Land hätten Familien drei, vier, fünf oder mehr Kinder. Das zeige sich auch im Altersdurchschnitt des Landes, sagte er. Franziskus rief die Bevölkerung dazu auf, diesen Weg fortzusetzen und damit Vorbild für andere Länder zu sein, in denen Menschen einen Hund oder eine Katze anstatt eines Kindes bevorzugten.

Widodo blickt Richtung Nahost

Indonesiens Präsident Widodo nutzte seine Rede bei der Veranstaltung, die wegen des Papstbesuches auch international übertragen wurde, um einen öffentlichen Schulterschluss mit dem Heiligen Stuhl in Bezug auf den Krieg zwischen Israel und der Hamas zu versuchen. Er dankte Franziskus insbesondere für die Unterstützung der Palästinenser durch den Vatikan seit Beginn des Krieges.

"Indonesien schätzt die Haltung und den Standpunkt des Heiligen Vaters, der nicht müde wird, zum Frieden in Palästina aufzurufen und die Zwei-Staaten-Lösung vorzuschlagen", erklärte Widodo. Krieg bringe niemandem etwas und bedeute "nur Leid und Elend für die kleinen Leute". Deshalb setze Indonesien auf Toleranz, "um Frieden und eine bessere Welt für die ganze Menschheit zu erreichen", meinte der Präsident.


Begegnung mit Ortskirche

Papst Franziskus war bereits am Dienstag nach einem 13-stündigen Flug von Rom aus kommend in Jakarta eingetroffen. Nach einem Ruhetag begannen die offiziellen Termine des Indonesien-Besuchs am Mittwoch.

Für den Nachmittag (Ortszeit) war in der katholischen Kathedrale ein Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Ortskirche, unter ihnen Bischöfe, Priester, Seminaristen, Ordensleute, Diakone und weitere pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgesehen. Danach folgt eine Begegnung mit Jugendlichen.

Am Donnerstag folgt mit einem großes interreligiösen Treffen in der Istiqlal-Moschee Jakartas einer der Höhepunkte der 45. Auslandsreise des Kirchenoberhaupts. Am Freitag reist der Papst weiter nach Papua-Neuguinea.

Land mit größter muslimischer Bevölkerung

Indonesien zählt die größte muslimische Bevölkerung weltweit. Der dortige Islam galt lange als gemäßigt und tolerant. In den vergangenen Jahren haben jedoch konservative und radikalislamische Strömungen an Einfluss gewonnen.

Neben dem Islam sind fünf weitere Religionen beziehungsweise Konfessionen offiziell anerkannt: Protestantismus, Katholizismus, Buddhismus, Hinduismus und Konfuzianismus. Von den knapp 280 Millionen Indonesiern sind mehr als 87 Prozent Muslime, gut zwölf Prozent Christen, ein Viertel davon katholisch.

Die drittgrößte Demokratie der Welt ist als einziger südostasiatischer Staat Mitglied der G20-Gruppe. Bis zur Anerkennung der Unabhängigkeit von den Niederlanden 1949 herrschten Kolonialmächte über verschiedene Teile des Landes.

***

Begegnung mit Vertretern der Regierung, der Zivilgesellschaft und dem Diplomatischen Korps

Herr Präsident!

Sehr verehrte Autoritäten, sehr geehrte Vertreter der Zivilgesellschaft,Mitglieder des Diplomatischen Korps!

Ich danke Ihnen herzlich, Herr Präsident, für die willkommene Einladung, dieses Land zu besuchen, und für Ihre freundlichen Begrüßungsworte. Von Herzen wünsche ich dem künftigen Präsidenten alles Gute für eine fruchtbare Arbeit im Dienste Indonesiens, einem riesigen Archipel aus Abertausenden von Inseln, die von dem Meer umfangen sind, das Asien mit Ozeanien verbindet.

Wie der Ozean das natürliche Element ist, das alle indonesischen Inseln verbindet, so könnte man fast sagen, dass der gegenseitige Respekt für die spezifischen kulturellen, ethnischen, sprachlichen und religiösen Eigenheiten aller Bevölkerungsgruppen, aus denen Indonesien besteht, das Bindegewebe ist, das das indonesische Volk eint und stolz macht.

Euer nationales Motto „Bhinneka tunggal ika“ („Einheit in Vielfalt“, wörtlich „Viele, aber eins“) bringt diese vielgestaltige Wirklichkeit der verschiedenen Völker, die fest in einer Nation vereint sind, gut zum Ausdruck. Und es zeigt außerdem, analog zur großen biologischen Vielfalt dieses Archipels, die eine Quelle des Reichtums und der Pracht ist, dass die jeweiligen Unterschiede dazu beitragen, ein großartiges Mosaik zu bilden, in dem jedes Steinchen ein unersetzliches Element ist, um ein großes, originelles und wertvolles Werk zu schaffen.

Einklang im Respekt vor der Vielfalt wird erreicht, wenn eine jede partikulare Sichtweise den gemeinsamen Bedürfnissen Rechnung trägt und wenn jede ethnische Gruppe und religiöse Konfession im Geist der Geschwisterlichkeit handelt und das edle Ziel verfolgt, dem Wohl aller zu dienen. Das Bewusstsein, an einer gemeinsamen Geschichte teilzuhaben, zu der ein jeder seinen eigenen Beitrag leistet und in der die Solidarität eines jeden Teils gegenüber dem Ganzen grundlegend ist, hilft dabei, die richtigen Lösungen zu finden, eine Verschärfung der Gegensätze zu vermeiden und das Gegeneinander in tatkräftige Zusammenarbeit zu verwandeln.

Dieses kluge und sensible Gleichgewicht zwischen der Vielfalt der Kulturen und unterschiedlichen Überzeugungen einerseits, und den Prinzipien die die Einheit festigen andererseits, muss beständig gegen jedes Ungleichgewicht verteidigt werden. Dies ist ein Handwerk, das allen aufgegeben ist, in besonderer Weise dem Handeln der Politik, wenn es auf Eintracht, Gerechtigkeit, Achtung der grundlegenden Menschenrechte, nachhaltige Entwicklung, Solidarität und das Streben nach Frieden abzielt, sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch mit anderen Völkern und Nationen.

Um eine friedliche und konstruktive Eintracht zu fördern, die den Frieden sichert und die Kräfte bündelt, um die Ungleichgewichte und die Brennpunkte des Elends zu überwinden, die es in manchen Gegenden des Landes noch gibt, möchte die katholische Kirche den interreligiösen Dialog verstärken. Auf diese Weise können Vorurteile abgebaut werden und ein Klima gegenseitigen Respekts und Vertrauens entstehen, das für die Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen unabdingbar ist. Dazu gehört auch die Bekämpfung von Extremismus und Intoleranz, die – indem sie die Religion verfälschen – versuchen, sich mit Hilfe von Täuschung und Gewalt durchzusetzen.

Die katholische Kirche stellt sich in den Dienst des Gemeinwohls und möchte die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Institutionen und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft verstärken, um die Bildung eines ausgewogeneren Sozialgefüges zu fördern und zu einer effizienteren und faireren Verteilung der sozialen Unterstützung zu gelangen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle Bezug nehmen auf die Präambel Ihrer Verfassung von 1945, die wertvolle Hinweise bezüglich der Wegrichtung gibt, die das demokratische und unabhängige Indonesien eingeschlagen hat.

Gleich zweimal verweist die Präambel in wenigen Zeilen auf den allmächtigen Gott und auf die Notwendigkeit, dass sein Segen auf den im Entstehen begriffenen Staat Indonesien herabkommt. In ähnlicher Weise befasst sich auch der Eröffnungstext Ihres Grundgesetzes zweimal mit der sozialen Gerechtigkeit und wünscht die Schaffung einer auf dieser basierenden internationalen Ordnung, da sie als eines der wichtigsten Ziele angesehen wird, die es zum Wohle des gesamten indonesischen Volkes zu verwirklichen gilt.

Einheit in der Vielfalt, soziale Gerechtigkeit und göttlicher Segen sind also die Grundprinzipien, die die spezifischen Programme inspirieren und leiten sollen, sie sind wie die tragende Struktur, das solide Fundament, auf dem das Haus gebaut werden soll. Und wie könnte man übersehen, dass diese Prinzipien sehr gut zum Motto meines Besuchs in Indonesien passen: „Glaube, Geschwisterlichkeit, Mitgefühl“?

Leider gibt es in der heutigen Welt jedoch einige Tendenzen, die die Entwicklung der universalen Geschwisterlichkeit behindern (vgl. Enzyklika Fratelli tutti, 9). In verschiedenen Regionen sehen wir das Aufkommen gewaltsamer Konflikte, die oft das Ergebnis eines Mangels an gegenseitigem Respekt sind, des intoleranten Wunsches, die eigenen Interessen, die eigene Position oder die eigene partielle Geschichtsdarstellung um jeden Preis durchzusetzen, auch wenn dies zu endlosem Leid für ganze Gesellschaften führt und in echte blutige Kriege mündet.

Manchmal entwickeln sich auch innerhalb von Staaten gewalttätige Spannungen, weil die Machthaber alles vereinheitlichen wollen und ihre Vorstellungen auch in Angelegenheiten durchsetzen, die der Autonomie der Einzelnen oder der betreffenden Gruppen überlassen werden sollten.

Andererseits gibt es trotz wohlklingender programmatischer Erklärungen viele Situationen, in denen es an einem wirksamen und weitsichtigen Engagement für den Aufbau sozialer Gerechtigkeit mangelt. Daraus folgt, dass ein beträchtlicher Teil der Menschheit an den Rändern zurückgelassen wird, ohne die Mittel für ein würdevolles Leben und ohne Schutz um dem gravierenden und zunehmenden sozialen Ungleichgewicht die Stirn bieten zu können, welches zu akuten Konflikten führt.

In anderen Zusammenhängen glaubt man hingegen, davon absehen zu können oder zu müssen, nach dem Gottes Segen zu streben, weil man ihn für den Menschen und die Zivilgesellschaft als überflüssig erachtet, welche aus eigener Kraft vorankommen sollen, auf diese Weise jedoch oft Frustration und Scheitern erfahren. Umgekehrt gibt es Fälle, in denen der Glaube an Gott ständig in den Vordergrund gestellt wird, wobei dies bedauerlicherweise jedoch oft geschieht, um ihn zu manipulieren sowie Spaltungen zu fördern und den Hass zu verstärken, und nicht um der Schaffung von Frieden, Gemeinschaft, Dialog, Respekt, Zusammenarbeit und Geschwisterlichkeit zu dienen.

Angesichts dieser Schatten ist es erfreulich zu beobachten, wie die Philosophie, die die Organisation des indonesischen Staates inspiriert, Weisheit und Ausgewogenheit zum Ausdruck bringt. Ich mache mir in diesem Zusammenhang die Worte des heiligen Johannes Paul II. zu eigen, die er 1989 bei seinem Besuch in eben diesem Palast sprach. Er sagte unter anderem: »Durch die Anerkennung der berechtigten Vielfalt, die Achtung der politischen und menschlichen Rechte aller Bürger und die Förderung einer auf Toleranz und Achtung für die anderen beruhenden nationalen Einheit legen sie den Grundstein für jene gerechte und friedliche Gesellschaft, die sich alle Indonesier für sich selbst wünschen und ihren Kindern hinterlassen möchten« (Ansprache an den Präsidenten der Indonesischen Republik und die Autoritäten, Jakarta, 9. Oktober 1989).

Auch wenn die oben genannten Leitprinzipien im Laufe der Geschichte nicht immer die Kraft hatten, sich unter allen Umständen durchzusetzen, so bleiben sie doch gültig und verlässlich, wie ein Leuchtfeuer, das die einzuschlagende Richtung anzeigt und vor den gefährlichsten zu vermeidenden Fehlern warnt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

ich hoffe, dass sich alle in ihrem täglichen Handeln von diesen Grundsätzen inspirieren lassen und sie bei der alltäglichen Erfüllung Ihrer jeweiligen Aufgaben wirksam werden lassen, denn opus justitiae pax, der Frieden ist die Frucht der Gerechtigkeit. Die Eintracht wird nämlich erreicht, wenn sich ein jeder nicht nur für die eigenen Interessen und Vorstellungen einsetzt, sondern sich mit Blick auf das Wohl aller bemüht, Brücken zu bauen, Übereinstimmung und Synergien zu fördern, Kräfte zu bündeln, um alle Formen moralischen, wirtschaftlichen und sozialen Elends zu besiegen und Frieden und Eintracht zu fördern.

Gott segne Indonesien mit Frieden für eine hoffnungsvolle Zukunft. Gott segne Sie alle!

Copyright 2024 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
(www.kathpress.at) Alle Rechte vorbehalten

 


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Lesermeinungen

 Stefan Fleischer 4. September 2024 

Der Mensch neigt nun einmal

(seit der Erbschuld) zu Intoleranz und Extremismus. Überwinden kann der dies nur, indem er Gott den Platz in seinem Leben gibt, der diesem, als Schöpfer und Herr aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge, zusteht. Der Glaube und die Verkündigung an die ganze Grösse und Herrlichkeit Gottes, das Bemühen in allem seinen Willen zu suchen und zu verwirklichen, und die Demut seine eigenen Fehler und Sünden zu bekennen und die Erlösung durch das Kreuz Christi und seine Auferstehung anzunehmen, sind die entscheidenden Schritte zu einer besseren Welt, und nicht zuletzt auch auf dem Weg in die ewige Heimat. Sie sind die Erfüllung des ersten und wichtigste Gebotes: «Du sollst den Herrn, Deinen Gott, lieben, …»


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