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Abschaffung des § 218? Ein Angriff auf Lebensrecht und Menschenwürde

11. Juni 2024 in Prolife, 10 Lesermeinungen
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„Es ist fatal, wenn die DBK-Bischöfe Bätzing und Marx die aktuelle Praxis von mehr als 100.000 Abtreibungen jährlich als akzeptablen „Kompromiss“ zum vermeintlichen Lebensschutz rechtfertigen.“ Gastkommentar von Hubert Hecker


Berlin (kath.net) Grüne und Linke in der Regierungskoalition verfolgen die erklärte Absicht, Abtreibungen zumindest in der ersten Schwangerschaftsphase aus dem strafgesetzlichen Rahmen zu entfernen, also eine neue Fristenregelung einzuführen. Dazu wurde eine Regierungskommission von 18 mehrheitlich „Expertinnen“ eingesetzt. Mit dem Auftrag einer rechtlichen Expertise „zur reproduktiven Selbstbestimmung“ war die voreingenommene Perspektive auf die Rechte der Schwangeren vorgezeichnet und gleichzeitig das Lebensrecht der Ungeborenen „terminologisch ausgeblendet“ (FAZ 18.4.2024).

Entsprechend dieser Vorgabe hat die Kommission in ihrem kürzlich veröffentlichten Bericht das gewünschte Ergebnis geliefert. Die Autorinnen plädieren dafür, dass dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren „Vorrang zukommt gegenüber dem Lebensrecht“ und der Menschenwürde des ungeborenen Kindes (S. 253 des Berichts). Denn Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft würden so tiefgreifende Veränderungen für die Persönlichkeitsentfaltung, Lebensplanung und Identität der Frau bedeuten, dass die Gewissens- und Entscheidungsfreiheit über das Austragen ihres Kindes der Schwangeren höchstpersönlich selbst überlassen werden müsse – frei von staatlichem Beratungszwang und ohne Rücksicht auf die staatliche Schutzpflicht für das menschliche Leben. „In der Frühphase der Schwangerschaft hat das Lebensrecht des Ungeborenen eher geringes Gewicht; gleichzeitig genießt das (subjektive) Verlangen der Frau nach einer Beendigung der Schwangerschaft starken grundrechtlichen Schutz“, heißt das Resümee auf S. 25 des Kommissionsberichts.

Es bedeutet eine Dammbruch-Argumentation, wenn die Kommission die Rechte einer Menschengruppe (die der Schwangeren) über das Grundrecht auf Leben einer anderen Menschengruppe (die der Ungeborenen) stellt.


Die weitere Begründung der Kommission für diese asymmetrische Rechtezuschreibung lautet: „Wegen der existenziellen Abhängigkeit des Ungeborenen vom Körper der Schwangeren spricht viel dafür, dass das Lebensrecht pränatal mit geringerem Schutz zum Tragen kommt als für den geborenen Menschen.“ Das ist allerdings eine entlarvende Argumentation, wenn „ein Höchstmaß an Abhängigkeit und Vulnerabilität als Grund für geringere Schutzwürdigkeit“ angeführt wird, wie die FAZ kommentierte.

Offensichtlich sind diese interessengeleiteten Argumentationskonstrukte zugunsten der stärkeren Position der Frau und zulasten des schwachen und schutzbedürftigen Embryos willkürlich und mit den Werten unserer Verfassung unvereinbar. Das wird in den folgenden drei Begründungskomplexen aufgezeigt:

 • Die Kommissionsautorinnen legen eine Abstufung des Lebensrechts von Ungeborenen zugrunde, das von dem sehr niedrigen Niveau der ersten Lebenswochen bis zur Geburt graduell auf Vollwertigkeit anwachsen soll. Dieser Ansatz widerspricht begriffs- und rechtslogisch dem Grundgesetz. Allein die Bezeichnung der Menschenwürde als „unantastbar“ in Art. 1 Abs. 1 GG lässt das Gradualitätsargument durchfallen. Die Grundrechte gelten oder gelten nicht, ein bisschen Grundrechtsschutz gibt es ebenso wenig wie ein bisschen Schwangerschaft. Ein stückweit Menschenwürde zu gewähren oder das unteilbare Lebensrecht des Ungeborenen bruchstückhaft zuzuschreiben hieße beide Grundrechte abzuschaffen.

• Die Folgewirkungen dieser Grundrechtsverbiegung wären fatal. Wenn Lebensrecht und Menschenwürde in der ersten Lebensphase des Ungeborenen relativiert werden können, ist die Tür geöffnet für die Antastung des Lebensrechts auch bei Geborenen. Die Autorinnen fordern etwa in der Spätphase der Schwangerschaft bis zur Geburt das indizierte Recht auf Abtreibung von einem behinderten Kind. Nach der Rechtslogik gäbe es dann für die Kindereuthanasie keine Grenze mehr, wie es in einigen westlichen Ländern schon geschieht. Auch erwachsene Schwerbehinderte sowie kranke und greise Menschen in der letzten Lebensphase könnten sich ihres Lebens nicht mehr sicher fühlen, wenn die sakrosankte Menschenwürde auf relative Lebenswertigkeit reduziert würde.

• Weiterhin sprechen die vier SKIP-Argumente gegen eine Abstufung der Grundrechte auf Leben und Menschenwürde:

- Erstens: Weil die Ungeborenen wie Geborenen gleichermaßen der Spezies ‚Mensch‘ angehören, genießen beide zwingend den gleichen grundrechtlichen Schutz ohne jegliche Einschränkungen.

- Da sich - zweitens – der ungeborene Mensch in Kontinuität entwickelt ohne qualitative Zäsuren, gibt es keinen sachlichen Grund für eine Abstufung des Würdeschutzes etwa vor der zwölften Schwangerschaftswoche.

- Drittens handelt es sich bei dem Ungeborenen um ein individuelles, in seiner genetischen Identität in Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit festgelegtes Leben, wie das Bundesverfassungsgericht mehrfach festgestellt hat.

- Schließlich ist auf das angelegte Potential des Ungeborenen hinzuweisen, der sich zum geborenen Menschen und später zur Person entwickelt.

Die Kommissionsautoren setzen sich mit den aufgezeigten drei Argumentationskomplexen nicht inhaltlich auseinandersetzen, sondern tun sie pauschal als überholte Rechtsmeinungen ab. Wissenschaftliches Vorgehen dagegen würde erfordern, die eigenen Hypothesen dem Feuer der Gegenpositionen auszusetzen (Falsifizierungsvorbehalt), um als gesicherte Positionen gelten zu können.

Falls der Kommissionsvorschlag durch die Ampelkoalition doch als Gesetz durchkäme, würde das Bundesverfassungsgericht die neue straffreie Fristenregelung wie schon 1975 kassieren. Damals erklärte das oberste deutsche Normengericht: „Das sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbstständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung.“ 1993 bestätigte das Verfassungsgericht diesen Entscheid. Im vierten Leitsatz heißt es: „Das Lebensrecht des Ungeborenen darf nicht, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, der freien, rechtlich nicht gebundenen Entscheidung eines Dritten, und sei es selbst der Mutter, überantwortet werden.“

Angesichts dieser kontinuierlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könnte man die 628 Seiten lange ausschweifende Darstellung des Kommissionsberichts zu libertären internationalen Rechtsmeinungen als rechtlich irrelevant und aussichtslos abtun.

Gesellschaftspolitisch hat jedoch der Kommissionsbericht weitreichende Bedeutung. Denn seine Argumentation zur Überhöhung von subjektiven Rechten (der Schwangeren) und daraus folgenden die Hierarchisierung von Grundrechten ist eine bedrohliche rechtspolitische Tendenz, die im links-grünen Milieu von Universitäten und Medien weit verbreitet ist. Außerdem wird der aktuelle Paragraf 218 in dem genannten Sinne interpretiert und praktiziert.

Deshalb ist es fatal, wenn die DBK-Bischöfe Bätzing und Marx diesem gefährlichen Trend nicht argumentativ entgegentreten, sondern die aktuelle Praxis von mehr als 100.000 Abtreibungen jährlich als akzeptablen „Kompromiss“ zum vermeintlichen  Lebensschutz rechtfertigen.


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