Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. 'Rote Linien dürfen nicht überschritten werden'
  2. Maria 2.0: „Wir machen die Dinge einfach selbst… Das ist eine Art Selbstermächtigung“
  3. Football-Spieler Harrison Butker ermutigt Frauen ihrer Berufung als Mutter zu folgen
  4. "Dieser Vergleich macht mich wütend"
  5. St. Michael/Emden: Kirchenbänke verscherbeln, dafür aber neue Stühle für die Kirche kaufen
  6. „Eine Transfrau ist eine Frau. Punkt!“ – Wirklich?
  7. DBK-Vorsitzender Bätzing: „Wir leben in einem Missionsland“
  8. Kirche und Kommunismus: Gedanken über ein Bekenntnis von Papst Franziskus
  9. Wir brauchen einen Beauftragten für die Theologie des Leibes
  10. Papst zu Liturgiestreit in Kerala: "Wo Ungehorsam ist, ist Schisma"
  11. ,Baby Lasagna‘: ,Mit Gott habe ich mich selbst zurückgewonnen‘
  12. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach: "Die Kirchentage sind für mich mittlerweile eher Parteitage..."
  13. Evangelische Theologische Hochschule/Basel ehrt Peter Seewald
  14. Beschleunigen die neuen Vatikan-Normen die offizielle Anerkennung von Medjugorje?
  15. Gericht urteilt: Glockenschlag ist zumutbar

„Um von Herzen zu verzeihen, brauchen wir die Kraft der Gnade“

23. September 2023 in Spirituelles, 2 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Nuntius Eterović: „Vergebung ist die Gnade Gottes, die unser Herz von der oft erdrückenden Last des Grolls und des Zorns gegenüber den Menschen befreit, die uns beleidigt haben.“


Berlin (kath.net/pl) kath.net dokumentiert die Predigt von S.E. Apostolischer Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterović in Berlin am 17. September 2023 in voller Länge und dankt S.E. für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung – Sir 27, 30 – 28, 7; Ps 103; Röm 14,7-9; Mt 18,21-35

24. Sonntag im Jahreskreis – LJ A

„Bis zu siebzigmal siebenmal“ vergeben. (Mt 18, 20).

Liebe Schwestern und Brüder,
das Wort Gottes dieses 24. Sonntages im Jahreskreis spricht vor allem von den großen Themen der Vergebung und der Barmherzigkeit. Öffnen wir unsere Herzen für die Gnade des Heiligen Geistes, damit wir besser die verstehen, wie groß Gottes Barmherzigkeit ist. Er hat sich bereits im Alten Testament als „ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue“ (Ex 34,6) zu erkennen gegeben. Jesus Christus hat diese Dimension der Liebe des dreieinigen Gottes weiter offenbart (I). Diese Botschaft fordert alle Christen heraus, denn wir sind alle Sünder und bedürfen der Vergebung durch Gott und die Menschen (II).

I)    Gott ist „barmherzig und gnädig“ (Ex 34,6).

Aufgrund einer reduzierten Lesart der Bücher des Alten Testaments wird die moralische Lehre des Judentums manchmal mit dem Ausdruck „Auge für Auge, Zahn für Zahn“ (Ex 21,24; Lev 24,20) dargestellt. Die Realität ist jedoch vielfältiger. Dies wird durch die erste Lesung aus dem Buch Jesus Sirach bestätigt. Es handelt sich um das letzte Buch des Alten Testaments, das um die Jahre 120-80 vor Christus in griechischer Sprache verfasst wurde, um die Überlegenheit der von Gott inspirierten jüdischen Weisheit, die durch das Gesetz an das auserwählte Volk weitergegeben wurde, gegenüber der heidnischen Philosophie aufzuzeigen. Der vom Heiligen Geist inspirierte Autor weist auf die negative Kraft des Zorns hin: „Groll und Zorn, auch diese sind Gräuel und ein sündiger Mann hält an ihnen fest.“ (Sir, 27, 30). Auch die Rache soll keinen Platz im Herzen des Gläubigen haben: „Wer sich rächt, erfährt Rache vom Herrn; seine Sünden behält er gewiss im Gedächtnis.“ (Sir 28,1). Nur wenn der Mensch die Verfehlungen seines Nächsten vergibt, kann er sein Herz läutern und wirklich beten, und sein Gebet wird Gott gefällig sein. „Vergib deinem Nächsten das Unrecht, dann werden dir, wenn du bittest, deine Sünden vergeben!“ (Sir 28,2). Der inspirierte Verfasser weiß, dass es für die Menschen schwierig ist, dies zu befolgen und erklärt, aus welchem Grund es sinnvoll ist. Zunächst einmal währt unser Leben nur eine kurze Spanne und sollte daher in Frieden und Eintracht verbracht werden. „Denk an das Ende, lass ab von der Feindschaft, denk an Untergang und Tod und bleib den Geboten treu!“ (Sir 28,6). Zudem geht es um unsere Verpflichtung, den Geboten Gottes treu zu sein: „Denk an die Gebote und grolle dem Nächsten nicht, denk an den Bund des Höchsten und übersieh die Fehler!“ (Sir 28,7).


II) „bis zu siebzigmal siebenmal“ vergeben (Mt 18,22).

Jesus Christus bringt die Lehre des Alten Testaments zu ihrer Fülle. Das zeigt sich schon im Gespräch mit Simon Petrus. Auf die Frage des Apostels, ob es ausreiche, seinem Bruder bis zu siebenmal zu vergeben, antwortete der Herr: „Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal.“ (Mt 18,22). Um seine Gedanken über die Barmherzigkeit Gottes und die Anforderungen an die Gläubigen weiter zu erläutern, erzählte Jesus das Gleichnis von zwei Männern, die beide verschuldet sind, sich aber ihrem Schuldner gegenüber unterschiedlich verhalten. Jesus kritisiert die Haltung des Knechtes, dem vom großzügigen König Schulden über eine enorme Summe, heute würden wir sagen Millionen, erlassen wurden. Er selbst aber handelte ganz anders und erließ seinem Kollegen, einem anderen Knecht, nicht die Schuld von hundert Denaren. Auch dies war eine beträchtliche Summe und entsprach dem Lohn für hundert Tage Arbeit, war aber viel, 600.000 Mal weniger als was ihm selbst vorher erlassen worden war. Als der König hörte, was geschehen war, verurteilte er den bösen Knecht, der seinem Bruder nicht verzeihen wollte, und bestrafte ihn hart (vgl. Mt 18,32-34).

Jesus folgerte nun: „Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt“ (Mt 18,35), sollte uns dazu bringen, über die Echtheit unseres christlichen Lebens  nachzudenken. Wir wissen, dass Jesus das menschgewordene Antlitz der Barmherzigkeit Gottes, des Vaters, ist. Wir brauchen nur an das Gebet par excellence, das Vaterunser, zu denken, das Jesus uns gelehrt hat und in dem wir Gott, den Vater, bitten: „Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben!“ (Mt 6,12). Jesus vergab allen, die mit Reue zu ihm kamen. Erinnern wir uns zum Beispiel an sein Verhalten gegenüber dem Gelähmten, der nicht nur die körperliche, sondern auch eine geistige Heilung brauchte: „Damit ihr aber erkennt, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben – sagte er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm dein Bett und geh in dein Haus!“ (Mt 9,6).

Jesus Christus fordert uns eindringlich auf: „Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden!“ (Lk 6,37). Vergebung ist die Gnade Gottes, die unser Herz von der oft erdrückenden Last des Grolls und des Zorns gegenüber den Menschen befreit, die uns beleidigt haben. Um von Herzen zu verzeihen, brauchen wir die Kraft der Gnade. Denken wir an Eltern, die im Glauben die Kraft finden, den Mord an einem ihrer Kinder zu vergeben. Das kann im Krieg, aber auch in Friedenszeiten geschehen. Die heldenhafte Haltung dieser Menschen ist nur aus einem gelebten Glauben heraus möglich, ist für sie dann aber in mehrfacher Hinsicht befreiend. Vor allem haben sie ihr Herz von feindseligen Gefühlen wie Gereiztheit und Wut befreit und konnten neu beginnen. Außerdem konnten sie durch die Vergebung den Teufelskreis von Hass und Rache durchbrechen, wie er zum Beispiel in manchen Unterweltgruppen besteht. Vergebung befreit also von der Last des Hasses und der Böswilligkeit und trägt dazu bei, Feindschaft und Feindseligkeit in der Gesellschaft abzubauen.

Vergebung setzt Gegenseitigkeit voraus, die leider oft nicht gegeben ist. Die Person, die uns beleidigt hat, sollte sich dessen bewusst sein und um Vergebung bitten. Das gilt für den Einzelnen, aber auch für die Völker. Der Heilige Johannes Paul II. hat das so ausgedrückt: „Lasst uns vergeben und um Vergebung bitten.“ Dabei ging es um die Erfahrung der Versöhnung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber dieser goldene Grundsatz bleibt immer aktuell. Es sollte auch für den tragischen Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine gelten. Natürlich gibt es besondere Situationen, in denen es um kriminelle Handlungen geht, zum Beispiel Kriegsverbrechen, deren Täter gefunden und vor Gericht gestellt werden müssen. Aber ohne Vergebung kommt man nicht aus der Logik „Auge für Auge, Zahn für Zahn“ und damit aus dem ständigen Kreislauf der Gewalt heraus.

Wenn der Bruder nicht bereut, kann der Glaubende, der schon vergeben hat, für seine Bekehrung beten, damit er erkennt, dass er gesündigt hat, seine Tat bereut und die Kraft findet, um Vergebung zu bitten.

Liebe Brüder und Schwestern, vertrauen wir diese Gedanken der Fürsprache der Seligen Jungfrau Maria an, Mutter der Barmherzigkeit, damit sie für uns alle die Gabe der Vergebung und des Friedens erbitte, gemäß der Weisung des Herrn, „nicht bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal“ zu vergeben.
Amen.

Archivfoto Nuntius Eterović (c) Apostolische Nuntiatur

 


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

 Paddel 23. September 2023 

Gott/Mensch Verzeihung/Entschuldigung

Ja, wie schön, dass Papst Johannes Paul II nicht von Entschuldigung spricht sondern dass wir um Vergebung bitten sollen. Also nicht um Entschuldigung bitten! Entschuldigen kann kein Mensch!! Das kann nur Gott. Es ist auch wichtig, dass Vergebung und Verzeihung nicht gleichzeitig einhergeht mit einer Entschuldigung. Die Schuld, die bleibt und belastet weiterhin, sie ist deshalb nicht weg. Diese Gnade kann einzig Gott gewähren.


0
 
 Spesalvi 23. September 2023 
 

Vielen herzlichen Dank für diese hilfreiche Predigt!


1
 

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu







Top-15

meist-gelesen

  1. Kirche und Kommunismus: Gedanken über ein Bekenntnis von Papst Franziskus
  2. ,Baby Lasagna‘: ,Mit Gott habe ich mich selbst zurückgewonnen‘
  3. 'Rote Linien dürfen nicht überschritten werden'
  4. St. Michael/Emden: Kirchenbänke verscherbeln, dafür aber neue Stühle für die Kirche kaufen
  5. "Dieser Vergleich macht mich wütend"
  6. Maria 2.0: „Wir machen die Dinge einfach selbst… Das ist eine Art Selbstermächtigung“
  7. P. Karl Wallner: „Es gibt keine Pflicht, immer zu Kommunion zu gehen bei der Hl. Messe“
  8. Wir brauchen einen Beauftragten für die Theologie des Leibes
  9. „Eine Transfrau ist eine Frau. Punkt!“ – Wirklich?
  10. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach: "Die Kirchentage sind für mich mittlerweile eher Parteitage..."
  11. Johannes Hartl wurde in den Deutschen Knigge-Rat berufen
  12. Papst zu Liturgiestreit in Kerala: "Wo Ungehorsam ist, ist Schisma"
  13. USA: Bewaffneter löst bei Erstkommunion Panik aus
  14. Football-Spieler Harrison Butker ermutigt Frauen ihrer Berufung als Mutter zu folgen
  15. Vatikan veröffentlicht die Normen zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz