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| Ohne Wahrheit kein Gewissen31. Mai 2012 in Kommentar, 3 Lesermeinungen Auseinandersetzung mit der Vorstellung, in Moralfragen müsse jeder selbst entscheiden - Von Weihbischof Andreas Laun / VISION 2000 Salzburg (kath.net/VISION2000) Und doch die Kirche hat durchgehalten! Sie nimmt die Wahrheit für sich in Anspruch, bekräftigte 1999 Kardinal Joseph Ratzinger auf einem Symposion, zu dem die Sorbonne eingeladen hatte. Aber wenn es um Gott geht oder Seine Gebote wehe dem, der dann Wahrheit zu beanspruchen wagt! Er wird ohne argumentatives Verfahren gebrandmarkt: akademisch als Nobody, politisch als intolerant, radikal und daher gefährlich, moralisch als so arrogant, dass er die Wahrheit gepachtet haben will. Kein vernünftiger Mensch könne beanspruchen, Wahrheit, gar eine sichere Wahrheit zu kennen, wenn es um Gott geht! Und was ist, wenn einer den Wahrheitsanspruch auf die Moral bezieht, also behauptet, sagen zu können, was gut und was böse ist? In diesem Fall begegnet er einer verwirrenden Lage, in deren Mitte ein neues Lehramt für Moralfragen thront. Dieses verkündet zuerst einmal einige Dogmen, die tatsächlich niemand anzweifelt: Auschwitz war böse, Kindesmissbrauch ist böse, Geld zu unterschlagen auch! Dann aber gibt es Sünden, die es früher nicht gab: eine Ohrfeige zu geben; so zu sprechen und zu schreiben wie früher alle Menschen, etwa Goethe, Joseph Roth, Karl Valentin, alle Deutschlehrer, ohne zu gendern; zu denken, dass es Homosexuellen erlaubt sein muss, eine Veränderung anzustreben, und dass dies möglich ist; zu glauben, Kinder seien glücklicher bei ihren Müttern als bei diplomierten Personen. Alles Pfui und Sünde heute! Und wehe, wem Zweifel kommen an der unfehlbaren Lehr- und Bestimmungs-Autorität des Staates in allen Lebensfragen, besonders was die sexuelle Frühaufklärung der Kinder betrifft! Aber das neue Lehramt kennt noch einen Weg, den neuen, politisch erwünschten Menschen zu formen: Man verweist auf das Gewissen! Doch dem Gewissen ist sein frühere Aufgabe genommen und eine neue Kompetenz verliehen worden: Es muss selbst entscheiden, was gut und was böse ist, ohne Rücksprache mit irgendwelchen Geboten. Auffallend ist: Die Funktion des neuen Gewissens ist es nicht mehr zu warnen, zu urteilen oder gar anzuklagen, sondern fast nur noch das zu erlauben, was in früheren Zeiten als Sünde galt! Konkret geht das so: Abtreibung? Natürlich, jede Abtreibung ist eine zu viel, aber das muss die Frau in ihrem Gewissen selbst entscheiden! Oder: Zusammenleben ohne Trauschein? Das geht niemanden etwas an, schon gar nicht die Kirche, das müssen die Leute selbst entscheiden! Oder: Was ist mit eingetragenen Partnerschaften von Homosexuellen? Antwort: Ich vermisse Ihre Toleranz für Minderheiten, für Menschen, die gerade von Ihrer Kirche diskriminiert werden! Das Problem ist nur noch die Kirche, die sich nicht und nicht anpassen will: Warum ist die Kirche so unbarmherzig? Jedenfalls die Kirche in Rom und vor allem der Papst! Ein Glück, dass ich einen guten Priester kenne, der nicht so hartherzig ist wie Sie und andere Fundamentalisten! Papst Johannes Paul II. hat gegen diese Neubestimmung des Gewissens und seiner Entscheidungen in größter Sorge eine Enzyklika geschrieben und erklärt, was das Gewissen wirklich ist und was nicht: Wenn man das Gewissen vom Anspruch der Wahrheit trennt, führt das kurz über lang zu einer Katastrophe! Denn das Gewissen urteilt nicht kreativ darüber, was gut und was böse ist, sondern darüber, ob die Taten des Menschen gut oder böse waren und warum sie es sind im Licht der Wahrheit eines Gesetzes, das von Gott stammt, und nicht ohne sie. Denn im Innern seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er nicht sich selbst gibt, ein Gesetz, das von Gott seinem Herzen eingeschrieben ist. So das Konzil im Anschluss an Paulus! Da aber Lesen ein Werk der Vernunft ist, kann auch diese Gottesschrift nur mit Hilfe der Vernunft richtig gelesen werden. Lesen muss man allerdings lernen, es kann auch nötig sein, sich von der Kirche beim Lesen und Verstehen des Gelesenen helfen zu lassen. Nur weil sich das Gewissen ständig auf diese Gottesschrift bezieht, hat es eine hoheitliche Autorität gegenüber jedem Menschen: Es treibt ihn an, die Wahrheit zu suchen, also die Gottesschrift zu lesen. Wo Menschen das tun, ergibt sich nicht selten, dass sie den rein menschlichen Autoritäten und Mehrheiten nicht mehr, sondern ihm, dem Gewissen und damit Gott mehr gehorchen! Dabei urteilt das Gewissen über die Handlungen jedes einzelnen Menschen, unbekümmert um das, was man sagt und was alle sagen! Was jeder schon erlebt hat: Das Gewissen beißt oder lässt gut schlafen, je nachdem, wie der Mensch gehandelt hat, gut oder böse. Diese Erfahrung machen nicht nur Christen, sondern alle Menschen aller Zeiten, wie auch die Literatur der Völker beweist. Diejenigen, die vom Weg Richtung Gott abgewichen sind, also die Sünder, die verlorenen Söhne und Töchter Gottes, treibt und begleitet das Gewissen zurück in die Arme des Vaters. Um dem Gläubigen des neuen Lehramtes und des neuen Gewissens das Verstehen zu erleichtern: Das Gewissen lässt sich gut mit einem modernen Autopiloten vergleichen! Er sagt dem Fahrer an, wie er fahren soll, aber manchmal reißt die Verbindung ab mit der Meldung: Kein Netz, kein Empfang! Diese Situation entspricht der Gewissenslosigkeit. Manchmal muss man den Autopiloten Updaten, damit er die neuesten Veränderungen weiß und wieder richtig führen kann. Das Gewissen updaten sagt man nicht, man spricht aber von Gewissensbildung. Manchmal sagt die Stimme: Bitte drehen Sie, wenn möglich, um!, aber sie lässt dem Fahrer dabei die Freiheit, falsch zu fahren. Auch das Gewissen kann die Sünde nicht verhindern, nur vor ihr warnen. Wenn sich der Fahrer nicht an die Anweisungen gehalten hat, stellt sich das Gerät um und meldet: Route wird neu berechnet, ohne dabei das Ziel zu vergessen! So auch das Gewissen: Es versucht weiter und weiter, den Menschen zurück auf den Weg zu Gott zu bringen. Der Kampf mancher Menschen gegen die Autorität des Gewissens ist immer ein Kampf gegen Gott und ist natürlich nichts Neues in der Geschichte, so wenig neu wie die Sünde überhaupt! Schon Jesaja (5,20f) warnt eindringlich: Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen; die Finsternis für Licht und Licht für Finsternis erklären; die Bitteres süß und Süßes bitter nennen! Den Gewissensbegriff vieler seiner Zeitgenossen beschreibt J. H. Newman so: Mit Gewissen meinen sie nicht, was Gewissen wirklich ist, sondern die Freiheit eines jeden Menschen, sich über alle seine Ansichten, mögen sie sein wie immer, zu äußern, ohne irgendwelchen Einspruch oder irgendwelcher Einschränkung von Seiten Gottes oder der Menschen. Ja, aber ist das so schlimm, könnte man einwenden, besteht nicht Gewissensfreiheit gerade darin, dass niemand bevormundet wird, sondern frei ist zu denken, was er will? Nein, denn Wahrheit, Freiheit und Gewissen lassen sich nicht trennen! Ohne Wahrheit wird Freiheit zur Willkür und Gewissen zu einem Autopiloten ohne Empfang! Darum lehrt die Kirche die Freiheit des Gewissens und verurteilt die Freiheit vom Gewissen! Denn wenn man das Gewissen von der Wahrheit trennt, hört das Gewissen auf zu sein, was es ist. Was bleibt ist ein Auge, dessen Sehnerv zerstört ist. Aber ohne Licht und klares Erkennen degenerieren alle Entscheidungen zu Willkür-Entscheidungen von einzelnen Menschen oder von Mehrheiten. Wenn man Gott ausschaltet, rücken Menschen in das Vakuum ein, das der Hinauswurf Gottes hinterlassen hat. Und wenn Menschen die Gottesschrift im Herzen löschen, ersetzen sie Seine Schrift mit ihrer Schrift, als ob sie besser wüssten, was gut ist, was dem wahren Glück der Menschen dient! Das hatten wir schon, das führte schon ganz am Anfang der Geschichte zum Tod. Und auch heute noch führt es nicht in neue Paradiese, sondern in immer neue, von Menschen gemachte Höllen, etwa als man den alten Gott mit Sprüchen verhöhnte wie: Das Gewissen ist eine jüdische Erfindung oder gut ist, was der Partei nützt! Lernt man aus diesen Erfahrungen? Wenig! Müssen wir also verzweifeln? Nein. Papst Johannes Paul II. sagt uns nämlich in seiner Enzyklika Evangelium des Lebens: Das Gewissen, dieses leuchtende Auge der Seele und Stimme Gottes, gehört zu dem, was die Pforten der Hölle nie überwältigen können. Niemandem wird es gelingen, die Stimme des Herrn zu ersticken, die sich im Gewissen jedes Menschen vernehmen lässt! Daher: Von diesem inneren Heiligtum des Gewissens kann immer wieder ein neuer Weg der Liebe seinen Ausgang nehmen! Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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