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Joseph Ratzinger, eine Zölibatsdebatte und ein 'Irrtum'

31. Jänner 2011 in Chronik, 18 Lesermeinungen
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Die Hintergründe über ein Schreiben über den Zölibat aus dem Jahre 1970 und der Unterschrift von Joseph Ratzinger -- Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Am 9. Februar 1970 unterzeichneten neun Theologieprofessoren, die durch das Vertrauen der deutschen Bischöfe als Theologen in die Kommission für Fragen der Glaubens- und Sittenlehre der Deutschen Bischofskonferenz berufen worden waren, ein Memorandum zur "Zölibatsdiskussion“, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Die Unterzeichner sahen sich zu ihrem Schritt veranlasst, da sie von der „Notwendigkeit einer eindringlichen Überprüfung und differenzierten Betrachtung des Zölibatsgesetzes der lateinischen Kirche für Deutschland und die Weltkirche im Ganzen“ überzeugt waren. Neben den heutigen Kardinälen Walter Kasper und Karl Lehmann sowie dem Jesuitentheologen Karl Rahner gehörte auch der fast 43jährige Regensburger Dogmatiker Joseph Ratzinger zu den Befürwortern der Initiative.

Fünf Jahre nach dem Ende des II. Vatikanischen Konzils wurde es erkennbar, dass sich die Kirche in einer großen Krise befand. Tausende von Priestern hatten den Papst um eine Rückversetzung in den Laienstand gebeten. Der durch das Konzilsereignis erzeugten Hoffung auf einen „neuen Frühling“ in der Kirche folgte eine bei weitem andere und bittere Realität. Die Priesterseminare begannen sich ebenso wie die Kirchen immer mehr zu leeren. Der Einbruch bei der Glaubenspraxis begann, dramatische Dimensionen anzunehmen.

1966 wurde der von den Bischöfen approbierte „Holländische Katechismus“ veröffentlicht, der auf Deutsch 1968 mit dem Titel „Glaubensverkündigung für Erwachsene“ erschien. Dieser Katechismus, der dann von einer eigens dafür eingesetzten Kardinalskommission verurteilt wurde, da er schwerwiegende doktrinelle Irrtümer enthielt, kann als Wendepunkt in der Geschichte der Nachkonzilszeit und radikaler expliziter Anfang einer schweren Glaubens- und Kirchenkrise gesehen werden.

Nicht zuletzt wegen dieser Ereignisse hatte sich Papst Paul VI. genötigt gesehen, am 30. Juni 1968 zum Abschluss des Glaubensjahres 1967/68 während der Feier der Heiligen Messe auf dem Petersplatz das „Credo des Gottesvolkes“ zu verkündigen. Mitten im Sturm war es die Absicht des Papstes, auf diese Weise der Kirche einen nicht hintergehbaren Orientierungspunkt zu geben. Das Ansinnen Pauls VI. wurde von der deutschen Theologie fast völlig ignoriert und zeitigte wenig Wirkung.

Bereits 1967 hatte Paul VI. seine Enzyklika „Sacerdotalis caelibatus“ veröffentlicht, mit der er sich zum für die Kirche und die Menschheit notwendigen heiligen Wert des Zölibats als Lebensform der Priester der lateinischen Kirche äußerte. Auch dieses Schreiben fand, wie ferner aus dem Memorandum zur Zölibatsdiskussion von 1970 deutlich wird, gerade in Deutschland keinen Anklang. Sowohl Inhalt als auch Form des Schreibens wurden scharf kritisiert.

Durch die 1968er Kulturrevolution erfuhr der Prozess der inneren Zersetzung und Erosion der Kirche eine weitere Beschleunigung, was weder das Kirchenvolk noch den Klerus unbeschadet ließ. Alles musste einer Kritik ausgesetzt werden, die Maßstäbe der Welt begannen, zur Richtschnur des kirchlichen Selbstverständnisses und der inneren strukturellen Ordnung zu werden. Wirklichkeiten wie der Zölibat wurden als formelle und geschichtlich bestimmte Regel gesehen, die durchaus einer Revision unterzogen werden könnte. In diesem Zusammenhang wandten sich die Theologen der Kommission für Fragen der Glaubens- und Sittenlehre der Deutschen Bischofskonferenz an die deutschen Oberhirten, damit diese unter Berufung auf eine dem Konzilswillen entsprechende Kollegialität den Papst veranlassten, sich erneut und kontrovers mit dem „Pflichtzölibat!“ auseinanderzusetzen.

Das Schreiben von 1970 ist somit Ausdruck der Reaktion auf eine spezifische Krisenlage, wie sie sich nach dem Konzil und im Namen eines „Konzilsgeistes“ ergeben hatte, der noch immer auf einen „neuen Frühling“ nach dem „neuen Pfingsten“ des Konzilsereignisses hoffte, jedoch nicht in der Lage war zu erklären, worin dieser angesichts der neuen Wirklichkeiten bestehen sollte.

Natürlich beeindruckt es heute, unter den Unterzeichnern des Dokuments auch den Namen Joseph Ratzinger zu lesen. Es handelt sich um die Meinung eines relativ jungen Theologen, der selbst in einem Evolutionsprozess stand und wie jeder Professor der Möglichkeit des Irrtums ausgesetzt ist. Umso wichtiger und intellektuell redlicher ist es, sich mit diesem „Irrtum“ angesichts der nachfolgenden Denkgeschichte eines der größten lebenden Intellektuellen auseinanderzusetzen.

Um zu einer breiter angelegten Diskussionsbasis beizutragen, veröffentlicht Kath.net das vertrauliche Memorandum vom 9. Februar 1970 im Wortlaut:

Die Unterzeichneten, die durch das Vertrauen der deutschen Bischöfe als Theologen in die Kommission für Fragen der Glaubens- und Sittenlehre der Deutschen Bischofskonferenz berufen worden sind, fühlen sich gedrängt, den deutschen Bischöfen folgende Erwägungen zu unterbreiten.

Unsere Überlegungen betreffen die Notwendigkeit einer eindringlichen Überprüfung und differenzierten Betrachtung des Zölibatsgesetzes der lateinischen Kirche für Deutschland und die Weltkirche in ganzen (weil beide Gesichtspunkte nicht gänzlich voneinander getrennt werden können). Ob man diese erneute Prüfung "Diskussion" nennen will oder nicht, ist ein sekundäres, terminologisches Problem. Über die Frage, wie diese Überprüfung angestellt werden könnte, soll in folgenden noch einiges gesagt werden (vgl. bes. V).

I

Die dringliche Forderung nach einer solchen Überprüfung präjudiziert in keiner Weise eine Entscheidung darüber, was als Ergebnis resultieren soll oder faktisch herauskommt, Diese Petition ist keine Forderung von Gegnern des priesterlichen Zölibats. Die Unterzeichneten haben sich bis jetzt auch gar nicht zu einer gemeinsamen Ansicht darüber verständigt, was sie über die Sachfrage selbst im einzelnen meinen. Aber sie sind alle davon überzeugt, daß eine solche Überprüfung auf hoher und höchster kirchlicher Ebene angebracht, ja notwendig ist, Nur dazu soll im folgenden etwas gesagt werden, nicht aber schon zum konkreten Inhalt einer solchen "Diskussion" selbst. Die Unterzeichner bitten die deutschen Bischöfe, die hier unternommenen Überlegungen in keiner Weise als eine Bekämpfung dos Zölibats selber mißzuverstehen.


Wir sind davon überzeugt, daß die freigewählte Ehelosigkeit in Sinne von Mt 19 nicht nur eine sinnvolle Möglichkeit christlicher Existenz darstellt, die für die Kirche als Zeichen ihres eschatologischen Charakters zu jeder Zeit unabdingbar ist, sondern daß es auch gute theologische Gründe für die Verbindung von freigewählter Ehelosigkeit und priesterlichem Amt gibt, weil dieses Amt seinen Träger eben endgültig und umfassend in den Dienst Christi und seiner Kirche nimmt. In diesem Sinne bejahen wir, was jüngst in dem "Schreiben der deutschen Bischöfe über das priesterliche Amt" zum Zölibat gesagt wurde (vgl. Nr. 45,4.Absatz; Nr. 53,2.Ab­satz). Und in diesem Sinne sind wir auch davon überzeugt, daß unbeschadet des Ausgangs der Diskussion das ehelose Priestertum eine wesentliche Form des Priestertums in der lateinischen Kirche bleiben wird. Es ist darüber hinaus klar, daß in unserer Kirche für den Weltklerus - im Unterschied zur protestantischen Praxis - auch im psychologischen und gesellschaftlich-öffentlichen Bewußtsein ein eheloses Priestertum als echte und reale Möglichkeit bestehen bleiben muß, wobei das ehelose Leben durchaus als Verpflichtung auch der Kirche gegenüber übernommen wird. Es unterliegt auch keinem Zweifel, daß die schon geweihten Priester selbstverständlich nicht einfach generell und durch eine neue, möglicherweise modifizierte Gesetzgebung, wie immer sie ausfallen sollte, aus ihrem Versprechen bei der Weihe entlassen werden könnten. Im Prinzip bleibt der einmal frei übernommene Zölibat verbindlich und kann nicht in eine Verpflichtung auf Widerruf umgewandelt werden. Von diesen Gründen her braucht eine echte Diskussion des Zölibatsgesetzes die Verwirrung in unseren Priesterseminaren nicht bis zur Unerträglichkeit zu steigern oder zur weitgehenden Suspendierung aller Entscheidungen bei jungen Menschen zu führen. Unsere Bitte ist also auch nicht einfachhin mit der Art der Erörterung oder der "Lösung" dieser Frage in Holland zu identifizieren, wenn auch die gemeinsame Not und die Dringlichkeit des Problems für die ganze Weltkirche nicht außer acht gelassen werden dürfen.

Die Fragerichtung der hier gemeinten Überprüfung geht folglich nur dahin, ob die bisherige Weise, in der die priesterliche Existenz realisiert wird, in der lateinischen Kirche die einzige Lebensform sein könne und bleiben müsse. Die öfter vorgetragenen Einwände gegen eine solche Überprüfung sind bekannt; Es könne konkret nur eine Form des priesterlichen Lebens geben; im Falle der Zulassung anderer Lebensformen sei zu erwarten, daß der ehelose Priester aussterben würde. Wir verkennen diese Gründe nicht. Wer aber von vornherein deswegen eine solche Klärung für überflüssig hält, scheint uns wenig Glauben an die Kraft dieser Empfehlung des Evangeliums und an die Gnade Gottes zu haben, von der er dann an anderer Stelle wieder behauptet, sie - also nicht das bloße "Gesetz" - wirke diese Gnadengabe Christi.

II

Eine solche Überprüfung kann stattfinden. - Es ist theologisch einfach nicht richtig, daß man in neuen geschichtlichen und gesellschaftlichen Situationen etwas nicht überprüfen und in diesem Sinne "diskutieren" könne, was einerseits ein menschliches Gesetz (Gebot der Ehelosigkeit) in der Kirche ist und was als eine anerkannte Wirklichkeit in einem anderen Bereich der Kirche als reale Übung besteht (vgl. die Ostkirchen). Das Gegenteil zu behaupten, wird durch kein ernsthaftes theologisches Argument gestützt. Wenn gesagt würde, der oberste Hirte der Kirche verbiete eine solche "Diskussion" und er habe dafür mindestens psychologisch sehr gute und darum auch schwerwiegende Gründe (weil nämlich eine weitere Diskussion den faktischen Willen zum Zölibat in der Kirche untergrabe), so ist zu dieser Argumentation mindestens folgendes zu sagen:

a) Bei der Stellung, die die kirchliche Lehre des II. Vatikanischen Konzils den Bischöfen zuweist, können die Bischöfe durch eine solche päpstliche Erklärung (sie einmal im obigen Sinne vorausgesetzt) nicht aus ihrer eigenen Verantwortung entlassen werden, diese Frage auch selbst und eigens neu zu überdenken; diese Verantwortung kann ihnen auch der Papst nicht abnehmen. Sie sind keine Beamte des Papstes oder lediglich Exekutoren des päpstlichen Willens, sondern als Kollegium (mit dem Nachfolger Petri) selbst Träger höchster Entscheidungsgewalt in der Kirche. Als solches Kollegium sind sie auch mindestens anzuhörende Ratgeber des Papstes (auch wo der Papst von seiner eigenen Primatialgewalt Gebrauch macht!) , selbst wenn ein solcher Rat ungern gehört würde (vgl. Paulus und Petrus: Gal 2). Um diese Aufgabe aber erfüllen zu können, müssen die Bischöfe unter sich und kollegial in eigener Initiative eine solche Frage prüfen. Wenn schon ein einfacher Untergebener Recht und Pflicht hat, sich zu fragen, ob er den ihn Übergeordneten nicht in wichtigen Dingen ungefragt Bedenken und Warnungen vortragen dürfe und müsse, um wieviel mehr gilt dies auch für die Bischöfe in der katholischen Kirche, auch gegenüber dem Papst. Und eben dies verlangt eine eigene Prüfung der Angelegenheit.

Es wäre viel besser gewesen, die verantwortlichen Amtsträger der Kirche hätten schon vor ein paar Jahren ernsthaft und genau die entstandene Situation geprüft. Dann wären die notwendigen Überlegungen wahrscheinlich in einer Atmosphäre vorlaufen, die der Sache günstiger gewesen und nicht mit so viel Emotionen geladen worden wäre. Dies ändert aber nichts daran, daß die erwähnte Überprüfung heute noch dringender geworden ist.

b) Eine Diskussion ist bekanntermaßen schon in Gang, und es ist eine Tatsache, mit der hart und nüchtern zu rechnen ist, daß diese Auseinandersetzung weitergeht. Wenn sie nicht auf hoher und höchster Ebene fortgeführt wird, dann sicher auf den niedrigeren Stufen (ganz abgesehen von den Massenmedien). Wenn sie aber nur hier weitergeführt wird, dann ist zu erwarten, daß sie Formen annimmt, welche die Bischöfe vor äußerst schwierige Situationen stellen, die sie nicht leichten Herzens zulassen können, z. B. öffentliche Abstimmungen, die ihrer Autorität aufs höchste schaden; kollektiv sich äußernder Ungehorsam; Massenaustritte von Priestern aus ihrem priesterlichen Beruf usw. Es ist - wie schon das Beispiel Roboams im Alten Testament beweist - auch nicht wahr, daß jede Härte in der Aufrechterhaltung einer Position zum Sieg und jedes "Nachgeben" zum Untergang führt (vgl. l Kg 11 - 12). Diejenigen, welche entschieden für die bisherige Zölibatsgesetz­gebung eintreten, hätten sich im Laufe der letzten Jahre in einem Geist des Mutes und des persönlichen Engagements auch durch praktisch überzeugende Argu­mente einsetzen sollen, also in einer "offensiven" Taktik. Stattdessen hat man sich doch weitgehend hinter dem "Gesetz" verschanzt, und ließ Regenten, Spirituale und andere an der konkreten Front kämpfen. Diese Situation kommt nun an den Tag und drängt unaufhaltsam nach einer genuinen Antwort.

III

Solche Erwägungen in Sinne einer Überprüfung müssen angestellt werden. - Es ist nicht wahr, daß in dieser Frage alles klar bzw. sicher sei und daß man nur mit Gottvertrauen und Mut an dem Bisherigen festhalten müsse. Man muß ehrlich zugeben, daß die Enzyklika "Sacerdotalis Coelibatus" vom 24. Juni 1967 über vieles nichts sagt, worüber hätte gesprochen werden müssen, und daß sie in manchem sogar hinter der Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils zurückbleibt (ganz abgesehen von der gewählten Sprachform, in der über diesen Sachverhalt die Rede ist). Auf jeden Fall ist sie höchst ineffizient geblieben und hat bei jungen Priestern eher den Eindruck erweckt, hier werde etwas verteidigt, was dann doch fallen werde, so wie es in manchen Rückzugsgefechten der amt­lichen Kirche geschehen ist (vgl. z.B. nur die verschiedenen Phasen der Liturgiereform). Es ist sehr vieles ge­nauer zu überlegen hinsichtlich psychologischer, soziolo­gischer, rechtlicher, spiritueller, moralischer und theologischer Fragen und in Blick auf die häufig zu sehr übersehenen Probleme der konkreten Lebensform des heutigen ehelosen Priestertums (bis zu den Fragen über auch heute noch unwürdige Formen, unter denen sich die Dispens von der Zölibatsverpflichtung abspielt).

Es ist auch nicht so, daß das ganze Problem des Priestermangels in Zusammenhang dieser Überlegungen keine Rolle zu spielen habe. Natürlich ist der Priestermangel nicht allein durch die Zölibatsverpflichtung bedingt, sondern hat auch viele andere und tiefer liegende Gründe. Es wäre aber dennoch falsch, daraus zu schließen, daß die beiden Dinge gar nichts miteinander zu tun hätten. Wenn ohne Modifizierung der Zölibatsgesetzgebung ein genügend großer Priesternachwuchs nicht zu gewinnen ist – und diese Frage ist auch für unser Land immer noch bedrohlich offen - , dann hat die Kirche einfach die Pflicht, eine gewisse Modifizierung vorzunehmen. Die Überzeugung, daß Gott auf jeden Fall genügend ehelose Priester durch seine Gnade zu allen Zeiten erwirken werde, ist eine gute und fromme Hoffnung, theologisch aber unbeweisbar und kann in diesen Überlegungen nicht der einzige, ausschlaggebende Gesichtspunkt bleiben. Gerade die jungen Priester, die noch einen großen Teil ihres priesterlichen Lebens und ein steigendes Ausmaß ihres Dienstes für die Kirche vor sich sehen, fragen sich angesichts dieses akuter werdenden Priestermangels, wie diese Lebensprobleme der Kirche und ihres eigenen Amtes in einigen Jahren noch gemeistert werden können, wenn sie selbst einmal größere Verantwortung übernehmen müssen. Für sie genügt der ideale Blick nach rückwärts nicht, auch wenn sie selbst an der von ihnen gewählten Lebensform festhalten.

Es ist auch dringend vor der Argumentation zu warnen, die Zahl der wirklichen Katholiken werde in Zukunft sehr rasch so klein sein, daß auch ein zahlenmäßig kleiner eheloser Klerus genügen werde. Wenn wir vielleicht auch aus den verschiedensten Gründen eine solche Entwicklung in etwa vorauszusehen haben, so darf so etwas dennoch nicht zum Grund eines resignierenden Defaitismus oder zu einer Ideologie des "kleinen Restes" gemacht worden. Die Kirche muß missionarische Kräfte zur Offensive haben, wo immer eine solche möglich ist. Die bisherige Zölibatsgesetzgebung kann jedenfalls nicht zum absoluten Fixpunkt der Überlegungen gemacht werden, nach dem sich alle anderen kirchlichen und pastoralen Erwägungen ausschließlich zu richten hätten. Wenn bei allen "schwersten Bedenken" selbst der Papst offenbar die Vorstellung der Weihe älterer verheirateter Männer ("viri probati") nicht von vornherein und schlechterdings als indiskutabel zurückweist (sie wird ja auch in einigen Fällen schon praktiziert), dann ist doch schon damit gesagt, daß neue Überlegungen die bisherige Zölibatsgesetzgebung und -praxis überprüfen können. Wir müssen auch - soweit wir unsere Theologiestudenten kennen - gestehen, sehr oft den Eindruck zu haben, daß die jetzige Regelung bei uns in einen nicht unerheblichen Ausmaß nicht bloß zu einer Schrumpfung der Zahl der Priesteramtskandidaten, sondern auch zu einer Senkung der Begabung, damit faktisch der Anforderungen und auch der Einsatzfähigkeit der künftig noch zur Verfügung stehenden Priester führt; dies gilt unbeschadet einer sehr kleinen Zahl hochbegabter Theologen, die nicht selten über ein Zweitstudium zu uns stoßen. Diejenigen, die ihrem Bischof versichern, sie hätten hinsichtlich der Übernahme des Zölibats keine Schwierigkeiten, haben dadurch noch längst nicht bewiesen, daß sie für die Weihe geeignet sind.

Dabei bleibt auch die Frage noch offen, wie weit solche Erklärungen wirklich ohne innere Vorbehalte gegeben werden und von den Bischöfen ernst genommen werden können. Jüngste Erfahrungen be­legen dies fast überall. Die gegebenen oder zu befürchtenden Abstimmungsergebnisse über den Zölibat unter den Alumnen veranlassen ihrerseits sehr ernste Bedenken. Die wirkliche Lage ist in den meisten Konvikten und Seminaren höchst alarmierend.

IV

Wo es sich um eine Sache handelt, die kein Dogma im strengen Sinne ist, hat auch ein kirchlicher Gesetzgeber die Pflicht, die Auswirkungen seiner Gesetzgebung (einschließlich des Festhaltens an einer solchen) gebührend mitzuberücksichtigen. Dabei muß zuerst an jene Auswirkungen gedacht werden, die einerseits voraussehbar sind und anderseits einen größeren Schaden (im Vergleich zum Guten seiner Absichten) bewirken. Dies gilt auch dann, wenn diese Auswirkungen "an sich" nicht zu sein brauchten und in gewisser Weise eine nicht sein sollende Reaktion derer darstellen, die von einem solchen "Gesetz" betroffen werden. Auch ein kirchlicher Gesetzgeber kann nicht bloß sagen: Unser "Gesetz" und unsere Absichten sind an und für sich inhaltlich gut, formal legitim und können nur gute Folgen haben, sofern dieses "Gesetz" (wie es sein sollte) beachtet wird. Jeder Gesetzgeber muß auch die faktischen Folgen seiner Anordnungen mitbedenken. Diese einfache, im ersten Augenblick abstrakt erscheinende, aber keineswegs nebensächliche Erwägung scheint nicht überall hinreichend angestellt zu werden. Wir haben diese Frage schon objektiv von seiten der Erfüllung des kirchlichen Auftrags und des Amtes her in den Blick gefaßt (Vorrangigkeit des pastoralen Heilsdienstes, Priestermangel, qualitative Anforderungen an den Priester usf.). Dieses Problem ist aber auch von der Realisierbarkeit des ehelosen Lebens des heutigen jungen Priesters her zu bedenken (vgl. z.B. die Frage der häuslichen Versorgung - "Haushälterin"; Die zunehmende Vereinsamung und der Verlust echter "Anerkennung" bei vielen Priestern inmitten vieler Gemeinden; die Unsicherheit des Priesterbildes; die Entscheidungsschwäche und die psychische Labilität vieler junger Menschen, in der heutigen sexuell überreizten Gesellschaft ein "gesundes" eheloses Leben führen zu können usw.). Die dadurch im ganzen stark veränderte Situation ist für sich noch kein durchschlagendes Argument gegen das Zölibatsgesetz, verlangt aber eine sehr ernsthafte Überprüfung der Frage unter sehr vielen Gesichtspunkten.

V

1. Die Neuüberprüfung der Zölibatsfrage müßte von den deutschen Bischöfen zunächst unter sich geschehen. Selbstverständlich wären dabei Fachleute aus allen Gebieten heranzuziehen, die für eine wirkliche Klärung dieser Frage in Betracht kommen. Es ist auch nicht einzusehen, warum hierbei nicht unbefangene unmanipulierte und wirkliche Vertretungen der Priester und vor allem der jüngeren Geistlichen herangezogen werden könnten. In einem anderen Falle würde der Episkopat nur den Eindruck erwecken, er glaube gar nicht wirklich an die innere Kraft der evangelischen Empfehlung des ehelosen Lebens "um des Himmelreiches willen", sondern nur an die Macht einer formalen Autorität. Eine solche positive Bestandsaufnahme und Aufarbeitung des Problems muß auch deswegen stattfinden, weil die Sache des Zölibats selbst unter den Bedingungen der heutigen Öffentlichkeit und Gesellschaft - soweit dies nur geht - bei allem Wissen um sehr deutliche Grenzen dieses Bemühens verständlich und sinnvoll dargestellt werden muß. Er wird ein "Ärgernis" bleiben, aber dies entbindet nicht, ihn mit den besten Gründen werbend zu empfehlen, falls eine Überprüfung ernsthaft angestellt wird und zu positiven Ergebnissen kommen kann (vgl. auch oben Abschnitt l). Wenn wir auch wissen, daß der Zölibat primär eine Frucht geistlicher Erfahrung ist, so müssen wir doch auch als Vertreter der theologischen Wissenschaft auf diese positive, klärende und unumgängliche Funktion einer Überprüfung aufmerksam machen.

2. Wir sind darüber hinaus auch der Überzeugung, daß der deutsche Episkopat bei Paul VI. für eine ernsthafte Überprüfung der Zölibatsgesetzgebung und seiner eigenen Erklärungen und Maßnahmen eintreten sollte. Dazu haben die Bischöfe das Recht und nach unserer Meinung in der heutigen Situation auch eine wirkliche Pflicht. Eine echte "Diskussion", die schon längst an die Stelle des öffentlichen Geredes hätte treten sollen, würde auch hier kein Präjudiz für eine negative Lösung der Frage bedeuten. Eine solche Überprüfung sollte nicht unter der Voraussetzung erfolgen, Kirche und Papst ständen einfach vor den Dilemma, den Zölibat "abzuschaffen" oder ohne jede Nuance an der bisherigen Gesetzgebung und Praxis festzuhalten. Dieses Dilemma besteht in dieser Form nicht. Wir sind der Überzeugung, daß diese Frage von Rom nur in einer wirklich echten und kollegialen Zusammenarbeit mit dem Episkopat der Welt geklärt werden kann. Jedes weitere Vorgehen nach Art der letzten Schritte gefährdet die effektive Autorität des kirch­lichen Amtes (des Papstes und der Bischöfe) auf das äußerste. Wir bitten die deutschen Bischöfe angesichts der jüngsten Entwicklungen in dieser Frage um eine baldige Intervention in Rom. Die Erfahrungen, die man mit "Humanae vitae" und auch in dieser unserer Frage (gerade in den letzten 10 Tagen) bisher gemacht hat, zeigen, was sich ereignet und wie die Schwierigkeiten sich geradezu tragisch steigern, wenn diese Zusammenarbeit fehlt. Eine solche Meinung bestreitet oder beschränkt den päpstlichen Primat nicht. Sie ist nur die Anwendung des selbstverständlichen Satzes, daß auch der Papst bei seinen Entscheidungen die "apta media" zur Findung einer richtigen Entscheidung anwenden muß. In der heutigen Situation gehört eine solche Zusammenarbeit mit dem Weltepiskopat, die kein bloßes "Scheingefecht" ist, praktisch für solche Fragen wie die eben genannten, zu diesen "apta et - hodie necessaria - media".

Unsere Stellungnahme wird man vielleicht mit dem Urteil der Zwiespältigkeit oder gar der Widersprüchlichkeit belegen oder übergehen. Die tatsächlichen Schwierigkeiten liegen aber in der vielfach verwirrten objektiven Situation, die ein Ergebnis vieler Faktoren ist. Wir wollten uns dieser Lage stellen, ohne die Kraft und den Anspruch des Evangeliums zu übergehen. Wir haben den deutschen Bischöfen keine Vorschriften zu machen. Wir haben aber das Recht und die Pflicht, in dieser notvollen Situation den Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz auf Grund unseres Amtes als Theologen und unseres Auftrags als Consultoren in aller Ehrfurcht vor ihrem hohen und verantwortungsvollen Amt zu sagen, daß sie in der Zölibatsfrage eine neue Initiative ergreifen müssen und weder durch die bisherige Praxis der Kirche noch durch die Erklärungen des Papstes allein sich davon dispensiert halten dürfen.

9. Februar 1970

gez. Ludwig Berg, Mainz
gez. Alfons Deissler, Freiburg
ges. Richard Egenter, München
gez. Walter Kasper, Münster
gez. Karl Lehmann, Mainz
gez. Karl Rahner, Münster-München
gez. Joseph Ratzinger, Regensburg
gez. Rudolf Schnackenburg, Würzburg
gez. Otto Semmelroth, Frankfurt


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Lesermeinungen

 aragorn1 1. Februar 2011 
 

Hat Ratzinger seine Einstellung zum Zölibat ...

...aufgrund des von @camino ignis beschriebenen Büchleins geändert oder aber nur weil er erkannt hat dass er bisher einem Fehler aufgesessen hat - in beiden Fällen ist es nur logische Konsequenz und Dienst an der Wahrheit seine Meinung aufgrund neuer Erkenntnisse zu ändern.

Bedenklich wäre es, wenn man trotz neuer Erkenntnisse nicht bereit ist die Meinung zu ändern.


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 accreda 1. Februar 2011 
 

Nun gut

da wurde also 1970 eine Überprüfung des Zölibatsgesetzes gefordert. Was hat sich seither getan?

Schaun wir nach:

- 1971 ... II. Ordentliche Generalversammlung der Weltbischofssynode in Rom. Die Mehrheit der Bischöfe plädiert für die Beibehaltung des Zölibats, auch die Weihe von \"bewährten verheirateten Männern\" (\"viri probati\") in Notlagen wird abschlägig beschieden.

- 2005 ... XI. Ordentliche Generalversammlung der Weltbischofssynode in Rom zum Thema „Die Eucharistie: Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche\" Ca. 4/5 der Bischöfe sprach sich erneut für den Zölibat der Priester aus.

Quelle: siehe unten

Die Einwände gegen die Aufhebung des Zölibats waren wohl doch zu schwerwiegend. Übrigens der Punkt I. in diesem Schreiben der Theologen gefällt mir sehr gut. Er ist sehr fein formuliert und möglicherweise hat Rom ja wirklich aufgrund dieses Schreibens eben diese Überprüfung ein Jahr später auch vorgenommen ..... wer weiß?

www.kathpedia.com/index.php?title=Z%C3%B6libat#Bischofssynoden_zum_Z.C3.B6libat


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 gmf 1. Februar 2011 
 

2. Vatikanisches Konzil

wen wundert´s: hätte das 2. Vatikanum die Kirchenlehre nicht derart aufgeweicht, und somit der 68er-Revolution auch innerhalb der Kirche Tür und Tor geöffnet, wäre dieser massive Glaubensabfall nie möglich gewesen. Die standhaften Päpste von Pius IX bis Pius XII hielten der Moderne noch Stand, aber ab Johannes XXIII und seiner bereitwilligen Verbreitung des Liberalismus, Pluralismus und der Ökumene war klar, dass es bergab geht. Ich denke (und hoffe), dass der heutige Papst seine \"Jugendtorheiten\" heute aus anderem Licht sieht und deshalb wieder auf die einzig mögliche, nämlich konservative Linie einschwenkt - zur Rettung der Kath. Kirche.


2
 
 chorbisch 1. Februar 2011 
 

@ andrae: Vielen Dank für Ihren Beitrag. Mit solchen Argumenten kann man dem Vorwurf gut entgegentreten, der Zölibat sei eine \"weltfremde\", oder gar \"unnatürliche\" Lebensweise, und die Glaubwürdigkeit der Priester gegenüber der \"Welt\" stärkt das sicher auch.

@ Jacinta: Was ist denn so furchtbar an der \"Handkommunion\", daß Sie sie mit dem Wort \"Irrsinn\" beschreiben und indirekt sogar den Leibhaftigen für ihre Einführung verantwortlich machen?

Ich meine, wenn jemand alle von der Kirche festgelegten Vorgaben für den Empfang der Kommunion erfüllt, wird er die geweihte Hostie, also den Leib Christi mit der größtmölichen Ehrfurcht behandeln, auch wenn er ihr/ihm in die Hand gelegt wird.

Mundkommunion und Kommunionbänke können sicher das Einzigartige hervorheben, eine größere Garantie dagegen, daß Unwürdige die Kommunion empfangen, sind sie meiner Ansicht nach nicht.

Korrekt eingehaltete liturgische Vorgaben sind sicher sehr wichtig, aber sie sind doch der \"Rahmen\", nicht der wesentliche Inhalt.


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 Simplicius 1. Februar 2011 
 

40 Jahre später

Der geschichtliche Erfolg der Institution Kirche beruht, entgegen dem allgemeinen Vorurteil, auch auf ihrer Fähigkeit zur Anpassung. Im Jahre 1970 eine Modifikation anzuregen (und nur von Modifikation ist die Rede und nicht, wie bei den Linkskatholiken heute, von grundstürzenden Änderungen) mag man vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund auch nachvollziehen können. Daß die Verknüpfung von Priestertum und Zölibat nicht aufgegeben wurde, heißt aber nicht, daß unterhalb der gesetzgeberischen Ebene nicht doch allerlei Modifikationsversuche unternommen wurden. Insoweit aber Anpassungen an die Erwartungen und das Vorstellungsvermögen der Säkulargesellschaft erfolgten, hat sich die Kirche nicht, wie man 1970 vielleicht noch hoffen konnte, die moderne Welt geschmeidig angeeignet, sondern ist, so heute der ernüchternde Befund, von der Welt aufgesogen worden: liturgische Verwahrlosung, a-religiöser Religionsunterricht, theologisch Kakophonie, sakrale Architektur mit Brecht’schen Verfremdungseffekten, Glaubens- und Wissensverlust im Kirchenvolk sowie ein laikales „Engagement“-Christentum, das nicht die Kirchlichkeit in die Welt, sondern die Weltlichkeit in die Kirche hineinträgt. Hinter all dem steckte und steckt ein unbändiger Wille zum Bruch, der, woher er auch immer kommen mag, in dieser Intensität durch keine „Modifikation“, soll sie ohne Wesens- und Substanzeinbuße erfolgen, abzufangen wäre und weit mehr ist als nur die Kehrseite eines „Reformstaus“. So stellt sich 40 Jahre später die Zölibatsthematik anders dar. Heute steht Zölibat für alles, was mit dieser Lebensform inhaltlich zusammenhängt und ebenfalls fortschreitender Verdunkelung anheim fällt: die vertikale Dimension der Religion (Gottesdienst, nicht Selbstglorifizierung der Gemeinde), das Wesen der Eucharistie (Opfer, nicht Mahl), die verstörende Paradoxie von Selbstverwirklichung durch Selbsthingabe, das Skandalon der Erfüllung durch Verzicht, ein kontemplatives Leben im Alltag mitten unter den Menschen im Hier und Heute. Zudem ist die zölibatäre Lebensform ein mahnendes Zeugnis gegen das Irrlicht einer neuen säkularen Heilsverheißung, welche die radikale Autonomie des Subjekts und die erlösende Kraft befreiter Sexualität propagiert – und damit Zeichen gegen säkulare Heilsverheißungen und Ersatzreligionen überhaupt. In der nie enden wollenden Zölibatsdebatte geht es also mittlerweile um viel, viel mehr als nur um diese priesterliche Lebensform.


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 Mykrokosh 1. Februar 2011 
 

@ Mysterium Ineffabile: Patriarch des Westens

In der Alten Kirche gab es fünf maßgebliche Patriarchen (in der Reihenfolge des durch ökumenische Konzile definierten Ehrenvortritts):
den Bischof von Rom
den Bischof von Konstantinopel (seit Chalcedon im gleichen Rang wie Rom, aber im Vortritt nach Rom, da Rom älter ist)
den Bischof von Alexandria
den Bischof von Antiochia
den Bischof von Jerusalem
Damals schon galt unter den Christen der römische Bischofssitz als „primus inter pares“, da Rom die Hauptstadt des Römischen Reiches war und die Kirche von Rom insbesondere durch die Gräber der „Apostelfürsten“ Petrus und Paulus als verehrungswürdig angesehen wurde. … Für die Anwendung von Matthäus 16,18 auf die Bischöfe von Rom als Petrusnachfolger findet sich das früheste schriftliche Zeugnis bei Papst Damasus I. im 4. Jahrhundert. Dort wird auch die römische Kirche erstmals exklusiv als \"sedes apostolica\" (apostolischer Stuhl) bezeichnet - eine Sonderstellung, die von den übrigen Patriarchaten nicht anerkannt wird. Durch die Teilung des Römischen Reiches wurden aber die monarchischen Tendenzen des einzigen westlichen (lateinischen) Patriarchensitzes weiter begünstigt. (Kathpedia)
Das fünfte altkirchliche Patriarchat Rom ist heute Papstsitz und der Papst Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Den Titel Patriarch des Abendlandes (oder: Patriarch des Okzidents) führt der Papst seit 2006 nicht mehr; in altkirchlicher Tradition ist er dennoch weiterhin der Patriarch der Westkirche. Zurzeit tragen in der römisch-katholischen Kirche zehn Personen den Titel Patriarch (vier in der Lateinischen Kirche und sechs in den mit Rom unierten Kirchen); mit dem Papst haben acht Patriarchen eine eigene Jurisdiktion (zwei in der lateinischen und sechs in den unierten Kirchen).
Das Patriarchat von Rom (oder: des Abendlandes, des Okzidents, der Westkirche) war das einzige westliche der fünf ursprünglichen altkirchlichen Patriarchate. Die übrigen bilden die altkirchlichen orthodoxen Patriarchate (siehe dort). Der vom Papst seit dem 5. Jahrhundert geführte Titel „Patriarch des Abendlandes“ (Patriarch des Okzidents), wird seit 2006 vom amtierenden Papst Benedikt XVI. nicht mehr verwendet. Allerdings übt nach traditionellem katholischem Verständnis der Papst die patriarchale Jurisdiktion über die Westkirche und alle Gebiete aus, die nicht einer anderen patriarchalen Jurisdiktion angehören. (Wikipedia)


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 anninici 1. Februar 2011 
 

Mich hat der Bericht schon sehr erschüttert,

und wer da glaubt dies noch mit jugendlichen Leichtsinn zu entschuldigen der streut wieder Sand ins Getriebe. In der freien Wirtschaft zählt man mit 43 Jahren bald schon zum alten Eisen. Nein, die Frage muß lauten, wer hat denn noch damals einen klaren Durchblick gehabt? Viele wohl offensichtlich nicht mehr und die wurden dann schnell noch mundtot gemacht. Ich hatte einen Prälaten gekannt, der wurde in den 70. Jahren in den Vorruhestand geschickt und hatte ein ähnliches Alter.- Eine geistige Erneuerung kann man sich nicht verdienen, es ist ein Geschenk Gottes für das wir IHM viel danken müssen. Es liegt an uns für diesen Papst treu zu beten


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 andrae 1. Februar 2011 
 

Gestern: Wahrheit, Heute: Wischiwaschi, Morgen: Lüge?

@calimero
Ihre (Deine) Theorie von der ´\"Wahrheit\" ist nicht neu: Die \"Wahrheit\" ändere sich, je nach den Umständen (für die natürlich WIR sorgen können).
Das hat mit Wahrheit nichts zu tun.
Natürlich sagt der Bischof oder der Papst nicht immer und überall die reine Wahrheit: Weil er sie gar nicht wissen kann.
Dennoch bleibt die Wahrheit gestern-heute-morgen immer unverrückbar und immer gleich. Ich würde sagen:
Die Kirche ist die Hüterin der Wahrheit. Sie ist es, der dieser Schatz anvertraut ist.
Dennoch kann der Mensch die Wahrheit nicht in ihrer Gesamtheit erkennen. Die Wahrheit ist nämlich GOTT. Die Kirche kann aber sagen, was definitv falsch ist, dh welche Aussage definitiv unwahr ist. Das ist der Grund, warum die Kirche immer Aussagen verurteilt hat. Nicht, weil sie gerne urteilt, sondern weil sie den Menschen sagen will: Das entspricht nicht der Wahrheit. Die ganze Wahrheit passt aber nicht ín unser menschliches Gehirn. Deswegen wird Gott auch nie langweilig.
Wenn man daran nicht glaubt, versteht man auch nicht, was es eigentlich bedeutet, dass die Kirche auf dem Felsen, dem Papst, gebaut ist. Er ist es, der in Glaubensfragen unfehlbar ist.
Wahrheit darf nicht mit Meinungen über dieselbe verwechselt werden.
Übrigens haben sich die Umstände zu den Fragen des Zölibats im Vergleich zu früher nicht im Geringsten verändert: Weder theologisch noch praktisch.


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 andrae 1. Februar 2011 
 

Zölibat, um keine Eheschwierigkeiten zu haben?

@Ehrmann
Paulus empfiehlt auch, lieber zusammenzukommen, bevor die Eheleute sündigen. Eine sehr praktische Empfehlung. Daher würde ich eher sagen: Er empfiehlt den Ehestand, hält aber das zöibatäre Leben für etwas Besonderes, das Gott schenkt.
Im Übrigen kann ich Ihrer Meinung nicht zustimmen: In der Kindererziehung kann man meines Erachtens nicht \"zum Zölibat erziehen\". Der Zölibat ist Verzicht auf die Ehe um des Himmelsreiches willen. Worauf soll man denn verzichten, wenn man diesen Weg wählt, wenn man sich nicht auf die Ehe vorbereitet hat? Der Mensch neigt zur Ehe von Natur aus. Deswegen ist der Zölibat nur aus übernatürlichen Gründen möglich.
Meine Meinung: Nur wer sich gut auf die Ehe vorbereitet hat, ist überhaupt fähig, im Zölibat zu leben. Das wird leider sehr oft übersehen. Oft ist der Zölibat eine Flucht vor der Ehe, weil man meint so ginge es leichter.
Und gerade DAS ist das Problem mancher Priester, Mönche, etc.
Natürlich gibt es mehr Ehescheidungen als abgefallene Priester. Natürlich ist die Ehe ein Kreuz, nicht nur eine Vergnügungsfahrt. Ich kann das bestätigen. Ich bin seit knapp 25 Jahren verheiratet und habe 12 Kinder. Dennoch würde ich mit keinem Priester tauschen wollen.


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 Mysterium Ineffabile 1. Februar 2011 

????

Patriarch des Westen??? Was soll das denn nun??


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 Mykrokosh 1. Februar 2011 
 

Der ungebrochene Papst

Benedikt XVI. braucht sich für seinen \"Irrtum\" nicht zu entschuldigen. Es gab nämlich keinen - das war die allgemeine theologische Meinung im damaligen Deutschland. Die Namen der Unterschriebenen liest man wie eine Ruhmreihe der deutschen Theologie.
Wer heutzutage einen Bruch zwischen dem \"relativ jungen\" Ratzinger und dem späteren Glaubenspräfekten bzw. Papst postuliert, begeht den gleichen Fehler, wie diejenigen, welche von einer \"alten\" und einer \"Konzilskirche\" sprechen. Mag man Prof. Ratzinger auch kritisch unter die Lupe nehmen, so soll man dabei doch immer die Situation jener Zeit mitbedenken. Ratzinger war sicherlich nie ein Modernist, sondern er mußte als ein hochgeachteter und enagagierter Theologe zu dringenden Fragen jener Zeit Stellung nehmen.
Für alle, die über eine Kontinuität des Lehramtes besorgt sind, gilt: die Enzyklika von Paul VI. „Sacerdotalis caelibatus“war keine dogmatische Festlegung des Pflichtzölibats - die Relativierung dieses nichtdestoweniger lehramtlichen und insofern auch verpflichtenden Schreibens liegt in der Natur der Sache: das war die Stellungnahme des Patriarchen des Westens in Bezug auf eine unter Beschuß aus allerlei Seiten stehende \"Eigentradition\" des Westens. Der beste Beweis für diese Sicht ist die Hochachtung, welche der Papst gegenüber dem verheirateten Priestertum des Ostens äußerte sowie die Tatsache, dass er immer die Betonung auf die Eingrenzung ihrer Gültigkeit auf die lateinische Kirche legte.


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 Jacinta 1. Februar 2011 
 

Man kann sicher sagen, dass sich der Teufel zuerst in Holland breit gemacht hat. Dort kam ja auch der Irrsinn der Handkommunion her: Zunächst wurde die Handkommunion dort unerlaubterweise praktiziert und dann anschließend ein Indult erpresst. Auf diesen Zug sind andere Bischofskonferenzen begeistert aufgesprungen.


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 Calimero 31. Jänner 2011 
 

gestern - heute - morgen

@ camino ingnis
Zitat:
\"Was Kardinal Ratzinger jedoch im Unterschied zu seinen Kollegen stets ausgezeichnet hat und ihn heute zu jenem großen Kirchenlehrer macht, ist, dass er Irrwege frühzeitig erkannte, den Mut und die Größe hatte, sich von diesen Irrwegen zu verabschieden und sich notfalls auch selbst zu revidieren.\"
Volle Zustimmung!
Aber was folgt daraus für die Zukunft?
Es besteht doch dann wohl die MÖGLICHKEIT, dass sich der Papst auch zukünftig revidieren wird.

Benedikt sagt selbst, dass wir die Wahrheit nie haben, sondern nur, dass wir wahrheitsfähig sind und dass wir nach der Wahrheit Ausschau halten müssen (auf kath.net nachzulesen).
Das beinhaltet dann aber auch, wie ich finde, dass unter Umständen (z.B. durch neues Wissen) das, was wir heute als Wahrheit erkennen morgen nicht mehr gilt; mit allen damit verbundenen Konsequenzen.


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 Ehrmann 31. Jänner 2011 

Die Schwierigkeiten des Ehelebens

davon spricht keiner...(Aussage eines Mannes in meiner Ordination). Ich konnte ihn mit dem Hinweis auf Paulus halbwegs beruhigen - dieser wollte ja vor diesen Schwierigkeiten bewahren, eben mit dem Hinweis auf die Ehelosigkeit. Dieser Aspekt wird zu wenig beachtet - die Ehescheidungen haben doch wirklich mehr zugenommen als die Austritte aus dem Priesterstand (prozentuell gesehen).


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 borgopio 31. Jänner 2011 

Dein Artikel

Lieber Michael,

hier eine parallel unternommene Bemühung ...

PAX+BONUM!

Bernhard


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 camino ignis 31. Jänner 2011 

Theologen sind nicht allwissend!

Nach damaligen Erkenntissen und mitten in der Hochzeit des kritischen Rationalismus konnte man wohl auch als gewissenhafter Theologe angesichts der dramatischen Einbrüche und Veränderungen sozusagen das \'kleinere Übel\' wählen und zu Traditionsbrüchen raten. Was Kardinal Ratzinger jedoch im Unterschied zu seinen Kollegen stets ausgezeichnet hat und ihn heute zu jenem großen Kirchenlehrer macht, ist, dass er Irrwege frühzeitig erkannte, den Mut und die Größe hatte, sich von diesen Irrwegen zu verabschieden und sich notfalls auch selbst zu revidieren. So wurde und blieb er ein Theologe mit wachem Gewissen und grundsätzlicher Offenheit für die Wahrheit, während andere seiner Zunft auf ihren zeitgebundene Urteilen verharrten und zu Ideologen einer Zeitgeisttheologie mutierten, die mit äußerster Verbissenheit an ihren längst falsifizierten Theorien festhielten.

In der Una Voce Korrespondenz vom 4. Quartal 2010 ist ein interessanter Briefwechsel Kardinal Sticklers abgedruckt, in welchem er bezeugt, das Kardinal Ratzinger von seinen Forschungen zur Apostolizität des priesterlichen Zölibates überrascht war: \"Kard. Ratzinger... sagte mir selbst nach der Lektüre meines Büchleins, daß er das alles nicht gewußt habe, daß es die meisten Bischöfe nicht wüßten und daß das Büchlein allen geschickt werden müßte..\"

Wer, wenn nicht Papst Benedikt XVI., hätte die Größe und das Format, aus dem neuen Wissen die richtigen Konsequenzen zu ziehen und der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen. Nur in der Wahrheit wird die Kirche ihre tiefe Glaubenskrise überwinden.
Es ist ja gerade ein starkes und glaubwürdiges Zeichen der Führung des Heiligen Geistes, wenn ein Kardinal und Papst, trotz einer früheren gegenteiligen Stellungnahme, in großer Wahrhaftigkeit von der tieferen Einsicht Zeugnis gibt.


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 Waldi 31. Jänner 2011 
 

Nach diesem Bericht...

sieht es ganz danach aus, dass der Deutsche Episkopat, vom Holländischen infiziert, erheblich für den beklagenswerten Zustand der katholischen Kirche in Deutschland verantwortlich ist.
Ich habe den Holländischen Katechismus gelesen und auch als Nichttheologe seinen glaubensfeindlichen Inhalt entziffert. Mit größter Genugtuung habe ich ihn dem Feuer überantwortet. Was mir im Nachhinein auffällt, ist seine unverkennbar geistige Verwandschaft mit dem Deutschen Episkopat. Jetzt wundert mich nichts mehr!


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 mineral 31. Jänner 2011 
 

klartext

Zitat: \" ... das ehelose Priestertum eine wesentliche Form des Priestertums in der lateinischen Kirche bleiben wird. \" Eine (unbestimmter Artikel) wesentliche Form des Priestertums - aber nicht die einzige (Zahlwort) wesentliche Form des Priestertums. Eine klare Aussage.Oder?


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