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"Es geht beim Islam nicht um Bräuche, sondern um das Gottesbild!"

18. Dezember 2018 in Interview, 14 Lesermeinungen
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kath.net-Interview mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer über Advent, Weihnachten, das leidige Missbrauchsthema, Sexualmoral der Kirche und wie Christen auf eine Islamisierung der Gesellschaft reagieren sollen - Von Roland Noé


Regensburg (kath.net/rn) „Wir brauchen endlich eine intensive Bemühung, den großen Schatz, den uns der Heilige Papst Johannes Paul II. hinterlassen hat, nämlich die ‚Theologie des Leibes‘ zu heben und fruchtbar zu machen... Diesen Schatz sollten wir dringend heben.“ Darauf wies der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer im Interview mit kath.net hin. Der frühere Dogmatikprofessor der Universität Trier ist u.a. Mitglied der Vatikankongregation für die Glaubenslehre und stellvertretender Vorsitzender der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Auch hat er bereits mehrfach am Marsch für das Leben in Berlin aktiv teilgenommen.

kath.net: Was sind Ihre Tipps für die letzten Tage der Adventszeit?

Bischof Voderholzer: Ich rate, die altbewährten Elemente der christlichen Frömmigkeit und Glaubenspraxis mit Leben zu füllen und kreativ zu gestalten: das Gebetsleben intensivieren, das Sakrament der Versöhnung empfangen, hin- und wieder fasten und mit dem Gesparten Gutes tun. Dann kann man zum Rorate-Amt einmal in der Woche früh aufstehen. Es gibt es auch das Geschenk guter Worte auf einer gut gestalteten Weihnachtskarte für Menschen, die gerade auf so etwas warten.

kath.net: In wenigen Tagen ist Weihnachten. Da werden die Kirchen wieder sehr voll sein. Warum gehen die Menschen zu Weihnachten so zahlreich in die Kirche?

Bischof Voderholzer: Aus geistlicher Sicht würde ich sagen, dass die göttliche Pädagogik doch erstaunlich ist. Gott ist so groß, dass er sich klein machen kann und nicht von oben herab daherkommt sondern von unten heraufschaut und um unsere Gunst und unser Liebe wirbt. Deshalb kann auch all das duselnde Drumherum unsere leise Ahnung nicht vernichten, dass es die heile Welt und die Versöhnung zwischen Gott und Mensch gibt. Weihnachten rührt offenbar das Kindliche in uns an. Es lässt die Sehnsucht nach grenzenloser Geborgenheit in uns aufleben und in der Liebe Gottes als eine Realität erhoffen.

Viele verbinden mit Weihnachten auch noch außerordentlich positive Kindheitserinnerungen. Dagegen könnte man einwenden, dass der Glaube dann halt doch bloß ein Kinderglaube ist. Der am Montag verstorbene große Philosoph Robert Spaemann hat darauf gesagt: Deswegen muss der Glaube nicht falsch sein. In seinen „moralischen Grundbegriffen“ schreibt Spaemann, dass es für das reife Leben eines Menschen wichtig ist, dass ihm kindlich ein Urvertrauen geschenkt wird. Das ist das Wichtigste überhaupt, was man im Leben mitbekommen kann. Er schreibt wörtlich: „Wer auf die Erinnerung einer heilen Welt zurückgreifen kann, wird leichter mit der unheilen fertig.“


Das dürfte ein ganz besonderes Licht auch auf Weihnachten werfen. Wir wissen alle, dass das ursprüngliche Weihnachtsgeschehen keine Heile Welt war, dass aber die Menschwerdung Gottes zum Heil für die Menschen geschehen ist. Die Sehnsucht nach dem Heil und dem Heiligen blitzt hier auf und steckt hinter der Tatsache, dass viele wenigstens zu Weihnachten zur Kirche kommen. An dieser Sehnsucht müssen wir anknüpfen.

kath.net: Ein wenig weihnachtliches Thema ist das Missbrauchsthema, welches die Weltkirche und auch die katholische Kirche in Deutschland die letzten Monate wieder intensiv beschäftigt hat. Was muss geschehen, dass die Kirche hier endgültig von diesem Negativ-Thema loskommt?

Bischof Voderholzer: Wir werden nicht verhindern können, dass es aktuell bleibt. Kindesmissbrauch ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Die Verbrechensstatistik in Deutschland wird auch im Jahr 2018 wieder bis zu 15.000 Fälle berichten, die bekannt wurden. Auch in der Kirche sind fürchterliche Dinge passiert. Man kann sich dafür nur abgrundtief schämen. Seit 2002 und seit 2010 ist aber in der katholischen Kirche in Deutschland sehr viel an Prävention und auch an Aufarbeitung geleistet worden. Ich erinnere an eine Aussage von P. Zollner, Mitglied der Kinderschutzkommission im Vatikan, der mehrfach gesagt hat, dass sich durch die Maßnahmen der Kirche in Deutschland viel zum Besseren verändert hat, und dass es heute keinen sichereren Ort für Kinder und Jugendliche gibt als die Einrichtungen der katholischen Kirche.

Fakt ist auch, dass die „von alten zölibatären Männern geleitete“ katholische Kirche die erste und bislang einzige große Institution der Zivilgesellschaft in Deutschland ist, die sich offen und schonungslos, auch unter Einbeziehung von Kompetenz von außen, diesem Thema stellt und es umfassend angeht. Die MHG-Studie muss jetzt wissenschaftlich studiert werden, auch auf ihre Stärken und Schwächen hin untersucht werden. Wir sollten noch längst nicht mit unseren Anstrengungen zufrieden sein.

Deshalb dürfen wir aber genauso wenig die positiven Entwicklungen schlecht reden. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass manche – auch innerkirchliche Kreise– die Fälle sexueller Gewalt dazu missbrauchen, ihre Rezepte, die schon vorgestern nichts taugten, mal wieder anzupreisen und die Straftaten als Gelegenheit zu verdrehen, endlich ihre „andere Kirche“ zu erschaffen. Das ist es, was ich Missbrauch des Missbrauchs nenne.

kath.net: In dem Zusammenhang gab es ja von einigen deutschen Bischöfen die Forderung, die Sexualmoral der Kirche „weiterzuentwickeln.“ Was sagen Sie dazu?

Bischof Voderholzer: Wir brauchen endlich eine intensive Bemühung, den großen Schatz, den uns der Heilige Papst Johannes Paul II. hinterlassen hat, nämlich die „Theologie des Leibes“ zu heben und fruchtbar zu machen. Johannes Paul II. hat ein menschlich-personales Verständnis der Sexualität als Ausdruck der ganzheitlichen Hingabe, und das ist das Heilmittel gegen eine geradezu manichäische Leibverachtung. Wir haben ja im gegenwärtigen Mainstream eine Art Gnosis, eine Trennung von Leib und Seele beim Reden über Mann und Frau, eine Missachtung der leiblichen Bestimmtheit des Menschen entweder als Mann oder Frau. Der Leib ist doch die Ausdrucksgestalt der Geist-Seele des Menschen und darf nicht zum bloßen Instrument der Lustbefriedigung erniedrigt werden. Dazu hat der heilige Johannes Paul II. Maßgebliches gesagt. Diesen Schatz sollten wir dringend heben.

kath.net: Ein anderes heißes Eisen ist das Thema „Islam“. Dürfen Katholiken Angst vor einer Islamisierung der Gesellschaft haben?

Bischof Voderholzer: Wer mit wachen Sinnen die Entwicklung ansieht, wird die Möglichkeit, dass eine muslimische Mehrheitsgesellschaft kommen wird, nicht ausschließen können. Mir ist immer wichtig, dass wir in Bezug auf den Islam auch die theologischen Differenzen und Unvereinbarkeiten sehen. Es geht beim Islam nicht um irgendwelche Bräuche, pro Kopftuch und contra Schweinefleisch, sondern es geht um das Gottesbild.

Der christliche Glaube ist der Glaube an den dreifaltigen Gott, der in seinem Sohn Jesus Mensch geworden ist und im Heiligen Geist die Tiefen Gottes erforschen lässt. Der dreifaltige Gott ist von Ewigkeit her Beziehung, Liebe. Der Glaube an den dreifaltigen Gott ist nicht irgendeine Nebensächlichkeit, sondern die Mitte, die alles andere prägt und durchdringt. Deswegen ist ein umfassend kulturelles Miteinander von Christen und Muslimen nach meinem Dafürhalten nicht möglich. Es gibt ein kulturelles Nebeneinander.

Was ist nun die Ursache der befürchteten Islamisierung? Sie liegt nicht in der Attraktivität des Islams. Ihr zugrunde liegt die Lauheit der Christen. Sie sind es, die ihre Herkunft vergessen und ihren Glauben nicht mehr ernst nehmen. Was ich meine, kann man gerade jetzt im Advent beobachten. Für viele Muslime sind die Weihnachtsmärkte der Inbegriff christlicher Kultur schlechthin und Weihnachten nehmen sie als Glühweinfest wahr. Das erfahren sie, wenn sie unsere Gesellschaft erleben.

Das Eigentliche bleibt den Muslimen in diesem Trubel völlig verborgen. Wie sollen sie auch erfahren, dass Weihnachten das Fest der Menschwerdung Gottes ist? Weihnachten aber ist das Fest der Menschwerdung Gottes und vermutlich von Kaiser Konstantin am 25. Dezember als Feiertag eingeführt worden - als das Fest des „homoousios“, der Gleichwesentlichkeit von Vater und Sohn. Weihnachten ist das Fest, in dem wir feiern, dass Gott uns in seinem Sohn so nahegekommen ist, dass er einer von uns werden wollte und diesen Weg bis zum Kreuz gegangen ist, um uns zu erlösen, eine ewige Wohnung beim Vater zu bereiten. In dieser Erlösung gründet eine tiefempfundene Freude, eine Freude, die auch dazu befähigt, das Empfangene weiterzuschenken und mitzubauen an einer gerechteren und menschlicheren Welt.

Die beste Antwort auf all die genannten Zukunftssorgen wäre, den christlichen Glauben in seinem Reichtum, in seiner ganzen Schönheit ernst zu nehmen und frohen Sinnes zu leben. Dann wirkt er auch integrativ und wird andere überzeugen. Solange wir den Eindruck vermitteln, dass wir selber gar nicht glauben, was wir glauben, werden wir uns nicht wundern dürfen, dass ein anderer vitalerer Glaube irgendwann einmal an unsere Stelle treten wird.

kath.net: DANKE für das Interview.

Archivfoto: Der Regensburger Bischof Voderholzer und Papst em. Benedikt XVI.


Foto: (c) Bistum Regensburg


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