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Intelligenz, keine Garantie gegen beständige Neigung zur Subjektivität

15. August 2009 in Buchtipp, keine Lesermeinung
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Exklusiv auf kath.net: Neue Leseproben aus dem Roman Father Elijah des kanadischen Bestsellerautors Michael D. O'Brien.


München (www.kath.net)
Hier lesen Sie jeden Samstag im Sommer exklusiv auf Kath.Net Abschnitte aus dem 1. Kapitel aus dem internationalen Erfolgsroman Father Elijah des kanadischen Autors Michael O’Brien, übersetzt von Gabriele Kuby.

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Elijas Vortrag fand in einem kleinen Konferenzraum im dritten Stock statt, in einem Seitenflügel des Kulturpalastes. Viermal täglich konnten die Delegierten zwischen verschiedenen Präsentationen wählen. Jeder Vortrag wurde aufgenommen, um auf der ganzen Welt ausgestrahlt und als DVD angeboten zu werden.

Von den Tausenden Delegierten kamen nicht mehr als ein Dutzend. Einer von ihnen trugt zu Elijas Freude den weißen Habit der Dominikaner. Er und die anderen Zuhörer warteten, bis der Kameramann alles in Position gebracht hatte. Er gab Elija einen Wink, das rote Licht der Kamera blinkte, und er begann seinen Vortrag.

Er hatte morgens im Hotel mit Bedacht seinen Karmel-Habit angezogen. Der Heilige Vater hatte alle Geweihten gebeten, ihren Habit in der Öffentlichkeit zu tragen als Zeichen ihrer Weihe, ein visuelles Zeugnis dafür, daß jemand sein Leben ganz Gott geschenkt hatte. Nur wenige gehorchten ihm noch. Nicht nur in der säkularen, auch in der katholischen Presse war diese Forderung als ein Symptom für den „Legalismus“ des Papstes kritisiert und heiß diskutiert worden, sofern man sie nicht einfach lächerlich machte. Obwohl Elija angesichts seiner speziellen Aufgabe in „missionarischem Gebiet“ davon dispensiert worden war, wollte er hier, wo er als einziger Vertreter des rechtgläubigen Katholizismus auftrat, ein eindeutiges Zeugnis geben. Er wollte nicht den leisesten Anlaß geben, an seiner Papsttreue zu zweifeln. Das Publikum betrachtete ihn mit Neugierde, als wäre er eine Figur in einer Oper, die in der Vergangenheit spielte.

Nachdem er einen kurzen historischen Überblick über die Exegese gegeben hatte, hoben einige der Delegierten die Hand, weil Simultanübersetzung über Kopfhörer nicht funktionierte. Elija sprach Deutsch. Man stellte fest, daß der deutsche und spanische Kanal arbeiteten, aber die anderen Kanäle tot waren.

Nach einem stillen Gebet fuhr er auf Deutsch fort und erläuterte den Einfluß Bultmanns auf die Bibelkritik, der die naturalistische Erklärung des Übernatürlichen zur Folge hatte – die so genannte „Entmythologisierung“.
Drei Leute standen auf, deuteten auf die Kopfhörer, zuckten mit den Schultern und verließen den Raum.


Elija versuchte seine Gedanken zu sammeln, schaute in sein Manuskript und machte weiter. Es lief schlecht, das wußte er, aber als Anna leise hereinkam und sich hinten hinsetzte, durchfuhr ihn ein Freudenstoß.

Er beschrieb die ersten Endeckungen der Schriftrollen des Alten Testaments in Qumran, welche die späteren Übersetzungen der Bibel als authentisch erwiesen. Dann sprach er über das außerordentliche Material, das erst kürzlich in anderen Höhlen in der Nähe des Toten Meeres und bei Ephesus gefunden worden war und drei überaus bedeutsame Tatsachen ans Licht brachte: die Schriftrollen waren wesentlich älter als die bisher bekannten ersten Manuskripte der Evangelien; eines war in Aramäisch verfaßt, begleitet von einem griechischen Text, dem Werk eines Schriftgelehrten, das entweder nach Diktat eines lebenden Apostels geschrieben worden war, oder ein Apostel hatte die Übersetzung überprüft, um sicherzustellen, daß der Sinn zukünftigen Generationen exakt überliefert würde. Dieses Manuskript datierte das Neue Testament eindeutig auf die Lebenszeit der Evangelisten und entzog damit der der Schule der Bibelkritik, die das Neue Testament „demythologisieren“ wollte, den Boden.

Diese Schule vertrat die Ansicht gekommen, gewisse Christen des ersten und zweiten Jahrhunderts hättendas Leben Christi so umgeschrieben, daß es ihrem persönlichen theologischen Standpunkt zur Bewältigung der Krise ihrer Zeit dienlich war. Die neuesten Entdeckungen, versicherte Elija, machten diese Theorie unhaltbar. Wenn man die menschliche Psychologie in Betracht zog, dann war es unwahrscheinlich, daß jene, die direkte Zeugen der Ereignisse der Evangelien waren oder Teile des Neuen Testaments unter Führung der augenzeugen niedergeschrieben hatten, ihre eigene Persönlichkeit auf erschütternde Erlebnisse projizierten, die sich gerade erst ereignet hatten.

Subjektive theologische Färbungen sind heute, in einer Zeit, die von Theorien und Mythen geprägt ist, viel wahrscheinlicher. Könnte es sein, daß moderne Exegeten ihren eigenen Unglauben, ihren Stil und ihr Temperament auf die Menschen des ersten Jahrhunderts übertragen haben? Wenn das zuträfe – und die Entdeckungen lieferten dafür überzeugende Beweise – dann war dies kein geringer Fehler. Der Verlust der Objektivität und professioneller Unvoreingenommenheit deuteten auf einen tragischen blinden Fleck hin. Viele hatten einfach für sich in Anspruch genommen, daß sie es besser wüßten als ihre Vorläufer. Sie hatten angenommen, daß der Fortschritt der Zeit zu einer fast unfehlbaren Überlegenheit führe. Das, so betonte Elija, war wirklich eine Art Mythos, der Mythos der Evolution der Intelligenz.

„Vielleicht“, fügte er mit einem sanften Lächeln hinzu, „vielleicht sind es die Demythologisierer, die der Entmythologisierung bedürfen.“
Zwei oder drei angestrengte Lacher kamen aus dem Publikum.
Intelligenz, Ausbildung, Wissen, so fuhr er fort, wie fortgeschritten sie in diesem Jahrhundert auch sein mögen, waren keine Garantie gegen die beständige Neigung des Menschen zur Subjektivität.

„Stolz macht uns blind für unsere eigene Blindheit“, sagte er, „und es gibt keinen Stolz, der süßer schmeckt und uns mehr versklavt als die Illusion überlegenen Wissens. Das trifft vor allem dann zu, wenn man emotional sehr viel in die eigene Theorie investiert hat. Letztlich erweist sich der Drang, die heiligen Schriften zu demythologisieren, nicht als wissenschaftliche Notwendigkeit, vielmehr hat er seine Wurzeln in tiefen spirituellen Problemen. Der Mensch geht der Weisheit verlustig, wenn er in der Sünde verharrt…“

Der Dominikaner in seinem wehenden weißen Habit erhob sich geräuschvoll von seinem Sitz und fragte gereizt auf Französisch: „Wollen Sie behaupten, daß jene, die Ihr einfältiges Gottesbild in Frage stellen, in der Sünde leben? Was für ein fundamentalistischer Unsinn!“ Er stampfte hinaus.

Elija atmete tief durch. Ohne sich irritieren zu lassen fuhr er fort und verglich bestimmte Passagen der Evangelien im aramäischen Text mit dem griechischen Kommentar und mehreren zuverlässigen modernen Übersetzungen. Niemand konnte sich den Schlußfolgerungen Elijas entziehen, aber es waren nur noch acht Leute im Raum, inklusive Kameramann.

Am Ende verließen alle wortlos den Raum, außer Anna und dem Techniker. Als sie mit ihren Notizen fertig war, schaute sie ihn mit Mitgefühl an.
Der Techniker schien beunruhigt, drückte Knöpfe, zog den Kopfhörer aus und wieder an und fluchte schließlich auf Polnisch.

„Stimmt etwas nicht?“ fragte Elija.
„Ich kann es einfach nicht glauben! Alles war in Ordnung!“
Er rang die Hände und sagte kopfschüttelnd: „Es tut mir leid, aber es hat nichts aufgenommen!“
Schimpfend verließ er den Saal mitsamt den rebellischen Gerätschaften.
Elija atmete laut aus: „Die komplette Katastrophe!“
„Das würde ich nicht sagen“, meinte Anna. „Ich fand es faszinierend. Sollen wir Essen gehen?“

Im Treppenhaus lief ihnen eine junge Frau mit einem Bündel Papier unter dem Arm entgegen. Anna stellte sie als eine der Pressesekretärinnen des Präsidenten vor.
„Schnell, schnell“, rief sie. „Wir brauchen Sie unten.“
In der überfüllten Lobby begrüßte der Präsident Elija herzlich wie immer und bat ihn, sich neben ihn zu stellen. Überraschender Weise trat gleichzeitig Tilman aus der Menge heraus und stellte sich dazu. Der Präsident legte die Arme um beide Männer an seiner Seite. Blitzlichtgewitter und laufende Filmkameras.

Es folgte ein Interview mit dem Präsidenten, und Elija spürte, daß er nicht länger gebraucht wurde, bzw. erwünscht war.
„Mittagessen“ flüsterte Anna und führte ihn weg.
Auch der Speisesaal, der für die Konferenzsprecher und ihre Begleiter reserviert war, war voll. Anna und Elija fanden einen Tisch in einer Ecke, wo sie ihre Suppe und Kanapees essen konnten.

„Um was ging es denn gerade?“ fragte er.
„Publicity, vermute ich. Er macht das mit jedem Sprecher und jeder nationalen Delegation. Hunderte solcher Fototermine vermute ich.
„Von Tilman und ich als Repräsentanten des Katholizismus?“
„Anzunehmen“, sagte sie. Sie hatte wieder den ernsten Tonfall angenommen und damit die Maske emotionaler Neutralität. Jedenfalls heilt er es für eine Maske. Aber wozu, fragte er sich. Masken verbergen, schützen, vermeiden Begegnung. Was war es, das er nicht sehen sollte?


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