Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Kardinal Schönborn stellt sich gegen das Kopftuchverbot
  2. Bätzing spaltet politisch! Ein absoluter Tiefpunkt in der deutschen Kirchengeschichte!
  3. Bischof Oster: Das DBK-Papier zur sexuellen Vielfalt „spricht nicht in meinem Namen“
  4. R.I.P. Paul Badde!
  5. Evangelische Pfarrerin segnet VIER Männer in sogenannter „Polyhochzeit“
  6. Berliner Landeskirche wehrt sich gegen Polygamievorwürfe
  7. Präfekt Fernández: „Das Kreuz braucht keine 738 Meter Stahl oder Beton, um erkannt zu werden“
  8. „Regenbogenfahne ja, Deutschlandflagge nein?“
  9. Politikberater Petschner-Multari: ‚Die evangelische Kirche in Deutschland ist einfach hirntot‘
  10. Chrupalla ODER wie moralisch verkommen kann man eigentlich in der Politik noch agieren?
  11. Schweizergarde: Jüdische Betroffene schildert Details zu antisemitischem Vorfall im Vatikan
  12. Papst Leo XIV. schreibt Seminaristen: Priestersein ist „die vollkommene Hingabe des eigenen Lebens“
  13. Ein Zombie spaltet die amerikanische Rechte
  14. "Der Dialog war erneut von einer ehrlichen, offenen und konstruktiven Atmosphäre geprägt"
  15. Die BBC hatte eine Trump-Rede gezielt frisiert, so dass sie zum angeblichen Gewaltaufruf wurde

Suizidprävention statt Suizidunterstützung

6. Juni 2017 in Kommentar, 4 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Anmerkungen zu einer Ad-hoc-Empfehlung des Deutschen Ethikrates. Gastbeitrag von Axel W. Bauer


Berlin (kath.net) Aus Anlass der vor wenigen Tagen veröffentlichten Begründung des Bundesverwaltungsgerichtsurteils vom 2. März 2017 (BVerwG 3 C 19.15) zur Erlaubnis des Erwerbs einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ist der Deutsche Ethikrat am 1. Juni 2017 mit einer zweiseitigen Ad-hoc-Empfehlung an die Öffentlichkeit getreten. Wie es bei Stellungnahmen des Ethikrates nicht selten vorkommt, gibt es eine Mehrheitsposition, die von 16 der 26 Mitglieder unterstützt wird, sowie ein dazu konträres Minderheitsvotum, das 9 Mitglieder unter-zeichnet haben. Ein Mitglied konnte sich für keine der beiden Alternativen entscheiden.

Die Mehrheitsposition lehnt wie bereits in einer vorausgegangenen Ad-hoc-Empfehlung vom 8. Dezember 2014 eine spezielle, etwa professionsbezogene gesetzliche Regulierung der Suizidbeihilfe mit der Begründung ab, auf diese Weise würden gleichsam „erlaubte Normalfälle“ einer Suizidbeihilfe definiert, es bestehe die Gefahr, dass der gesellschaftliche Respekt vor dem Leben geschwächt werde und dass fremdbestimmte Einflussnahmen in Situationen prekärer Selbstbestimmung begünstigt sowie Anstrengungen zur Suizidprävention konterkariert würden. Im Licht dieser Grundhaltung kritisiert die Mehrheit des Deutschen Ethikrates nun das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das für den Fall einer „extremen Notlage“ einen Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung postuliert, in drei wesentlichen Punkten überraschend deutlich:

1. Das Urteil bahne einen staatlich garantierten Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln. Indem die Gerichtsentscheidung das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zum „Verpflichtungsadressaten“ der Selbsttötungsassistenz mache, mache sie diese von einer staatlichen „Erlaubnis“ abhängig und erwecke so den Anschein, Suizidwünsche müssten staatlicherseits bewertet bzw. könnten staatlicherseits legitimiert werden. Das aber würde bedeuten, die höchstpersönliche Natur solcher Wünsche infrage zu stellen. Ferner könnten diejenigen sozialen Normen und Überzeugungen geschwächt werden, in denen sich der besondere Respekt vor jedem menschlichen Leben ausdrücke.


2. Das Urteil zwinge eine staatliche Instanz, die „ethische Leitidee“ der staatlichen Neutralität gegenüber Lebenswertvorstellungen aufzugeben. Zugleich werde ihr zugemutet, ohne konkretisierende Vorgaben eigene Erwägungen über die das Kriterium eines „unerträglichen Leidensdrucks“ und die Frage einer anderen zumutbaren Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches anzustellen.

3. Die Entscheidung stehe in einem Spannungsverhältnis zur Forderung einer Stärkung suizidpräventiver Maßnahmen und Strukturen. In vielen Fällen stehe der Wunsch, eine subjektiv unerträgliche und durch anderweitige Maßnahmen nicht mehr zu lindernde, irreversible Leidenssituation durch Suizid zu beenden, in engem Zusammenhang mit der im individuellen Fall verfügbaren Versorgung und Unterstützung. Diese sei in vielen Bereichen, so die Mehrheit des Ethikrates, besonders im Hinblick auf Schmerztherapie, rehabilitative Pflege und Psychotherapie, immer noch defizitär.

Die Freude des Lesers angesichts dieser unerwartet klaren Positionierung der Ethikratsmehrheit wird indessen getrübt durch das konträre Votum einer Minderheit von 9 Mitgliedern, die das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für „ethisch wohl erwogen und begrüßenswert“ hält. Ihr zufolge steht es im Einklang mit der dem Notstandsprinzip zugrunde liegenden „Moralpflicht“, vor allem „in existenziellen Grenzfällen“ ein generell begründbares Verbot nicht zum „Gebot der Unmenschlichkeit“ werden zu lassen. Der Staat werde durch das Urteil „lediglich“ verpflichtet, in Fällen „extremer Not“ seine grundsätzliche „Blockade“ dieses „Medikaments“ ausnahmsweise aufzuheben und damit anderen eine „Hilfe“ nicht (mehr) zu verwehren, zu der sie sich nach den „Maximen ihres Gewissens“ aus „verständlichen Gründen“ verpflichtet fühlten.

Der Staat werde nicht zum Gehilfen eines Suizids, vielmehr werde ihm lediglich nicht (mehr) gestattet, die Verfügbarkeit eines „Medikaments“ aktiv zu „blockieren“, das schließlich nicht er bereitstelle, sondern dem Zugriff Dritter „lediglich“ entziehe. Die dem Urteil zugrunde liegende „Notstandserwägung“, die auch einer „moralischen Pflicht“ entspreche, sollte daher nach Auffassung der Minderheit des Deutschen Ethikrates im Sinne einer „klarstellenden und präzisierenden Regelung“ in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen werden.

Die politischen Entscheidungsträger sind in ihrem Handeln selbstverständlich auch in Zukunft frei und nicht an Mehrheiten oder Minderheiten im Deutschen Ethikrat gebunden. Jede Seite wird sich also diejenigen Standpunkte und Argumente aus der Ad-hoc-Empfehlung des Ethikrates zu eigen machen, die ihren jeweiligen thanatopolitischen Präferenzen am ehesten entsprechen. Anders als es das Zahlenverhältnis von 16 zu 9 womöglich suggerieren könnte, ist deshalb eine Mehrheit von mehr als 60 Prozent für den Lebensschutz keineswegs sicher. Der Streit wird weitergehen.

Der Autor (Foto) ist Professor für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universitätsmedizin Mannheim (UMM). Von 2008 bis 2012 war er Mitglied im Deutschen Ethikrat.

kath.net-Buchtipp
Normative Entgrenzung
Themen und Dilemmata der Medizin- und Bioethik in Deutschland
Von Axel W. Bauer
Taschenbuch, 300 Seiten
2016 Springer, Berlin; Vs Verlag Für Sozialwissenschaften
ISBN 978-3-658-14033-5
Preis (Österreich): 41.11 EUR

Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern:

Link zum kathShop

Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus, Linz:
Für Bestellungen aus Österreich und Deutschland: [email protected]

Buchhandlung Provini Berthier GmbH, Chur:
Für Bestellungen aus der Schweiz/Liechtenstein: [email protected]

Alle Bücher und Medien können direkt bei KATH.NET in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus (Auslieferung Österreich und Deutschland) und der Provini Buchhandlung (Auslieferung Schweiz und Lichtenstein) bestellt werden. Es werden die anteiligen Portokosten dazugerechnet. Die Bestellungen werden in den jeweiligen Ländern (A, D, CH) aufgegeben, dadurch entstehen nur Inlandsportokosten.

Foto Prof. Bauer


Kein Tod auf Rezept - Warum Ärzte nicht töten sollen - Wichtiges Interview mit Prof. Axel W. Bauer



Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Sterbehilfe

  1. Erzbischof Fisher: „Die Diagnose der Kultur des Todes von Johannes Paul II. war prophetisch“
  2. Vatikan "sehr besorgt" wegen Sterbehilfe-Urteilen in Italien
  3. Kanada: Erzbistum Montreal klagt gegen Bundesstaat Québec wegen Einschränkung der Gewissensfreiheit
  4. Evangelischer Landesbischof Ralf Meister behauptet: "Der Mensch hat ein Recht auf Selbsttötung"
  5. Logische Konsequenzen der Freigabe der Abtreibung
  6. Vatikan bestätigt: Kliniken des belgischen Ordens sind nicht mehr katholisch!
  7. Österreichische Bischofskonferenz: Für umfassenden Lebensschutz!
  8. CDL fordert dringend ein "legislatives Schutzkonzept" bei Sterbehilfe
  9. Aktive Sterbehilfe? – Keine Antwort ist auch eine Antwort!
  10. Vatikan erkennt belgischen Ordens-Kliniken katholische Identität ab






Top-15

meist-gelesen

  1. R.I.P. Paul Badde!
  2. Bischof Oster: Das DBK-Papier zur sexuellen Vielfalt „spricht nicht in meinem Namen“
  3. Wiederentdecker des Antlitzes Jesu: Paul Badde (1948-2025)
  4. Evangelische Pfarrerin segnet VIER Männer in sogenannter „Polyhochzeit“
  5. ISLAND-REISE - SOMMER 2026 - Eine Reise, die Sie nie vergessen werden!
  6. Bätzing spaltet politisch! Ein absoluter Tiefpunkt in der deutschen Kirchengeschichte!
  7. Kardinal Schönborn stellt sich gegen das Kopftuchverbot
  8. Eine strahlende Braut Christi im isländischen Karmel - Sr. Bianca hat ihre Lebensberufung gefunden
  9. Chrupalla ODER wie moralisch verkommen kann man eigentlich in der Politik noch agieren?
  10. Ein Zombie spaltet die amerikanische Rechte
  11. Papst Leo XIV. schreibt Seminaristen: Priestersein ist „die vollkommene Hingabe des eigenen Lebens“
  12. Präfekt Fernández: „Das Kreuz braucht keine 738 Meter Stahl oder Beton, um erkannt zu werden“
  13. Bevor ich diese Manifestationen gesehen habe, dachte ich, es wäre nur eine Erfindung“
  14. Schweizergarde: Jüdische Betroffene schildert Details zu antisemitischem Vorfall im Vatikan
  15. Berliner Landeskirche wehrt sich gegen Polygamievorwürfe

© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz