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‚Inquisition’ – die Wahrung des göttlichen Ordnungsgefüges

4. Oktober 2016 in Aktuelles, 32 Lesermeinungen
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Ein korrektes historisches Urteil kann nicht von einer sorgfältigen Berücksichtigung der kulturellen Bedingungen der jeweiligen Epoche absehen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Inquisition“ – allein der Name erweckt bei nicht wenigen Menschen ein Gefühl des Unbehagens. Wem kommen nicht grausame Geschichten in den Sinn, die im Laufe der Zeit das allgemeine Bewusstsein durchdrungen haben und in diesem Begriff eines der kritikwürdigsten Phänomene in der Geschichte des Christentums fassen? Das Schaudern wird verstärkt durch die Vorstellung eines unsäglichen körperlichen und psychischen Leidens, das ob der dogmatischen Verteidigung der Wahrheit dem angetan wurde, der sich von dieser entfernte und nicht dem unfehlbaren Lehranspruch der katholischen Kirche unterwarf, sondern versuchte, diesen sogar mit Gründen der Vernunft zu diskutieren – was auch den Tod einbringen konnte. Der Inquisitor ist ein stattlicher und stolzer Mann, vom Papst mit der Hoheit ausgestattet, die Wahrheit des Dogmas erkannt zu haben und somit Verfehlen in anderen feststellen zu können.

Wo aber ein endlicher Mensch eine derartige Befugnis besitzt, kann es nicht anders sein, dass diese missbraucht wird und zur Verdeckung des eigenen Unglaubens unter dem Mantel der reinen Machtausübung wird, so das Bild. Wer liest nicht bewegten Herzens Dostojewskijs Gleichnis vom Großinquisitor, eines der beeindruckendsten Stücke der Weltliteratur, das im Werk „Die Brüder Karamasow“ gerade von einem radikalen Skeptiker auf der Suche nach einer erlösenden Wahrheit erzählt wird? Der Großinquisitor – die Inkarnation der Macht, weit weg vom Volk, der nicht umhin kommt, um der Aufrechterhaltung eines Machtgefüges willen Christus selbst einem Prozess zu unterziehen. Spöttisch erklärt der greise Mann sein Ansinnen: die lästige Bürde der Freiheit, die der Gottessohn den Menschen auferlegt hatte, musste einer Lösung zugeführt werden: die Freiheit war niederzuringen, um den Menschen zu seinem wahren Glück zu führen: dem Erliegen gegenüber den Versuchungen, vor die Satan Christus in der Wüste gestellt hatte.

Bilder und Gleichnisse wie dieses bestimmen das allgemeine öffentliche Wissen, das zudem in der jüngsten Zeit sogar vom Papst selbst bestätigt worden zu sein scheint. Hatte nicht Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben „Tertio millennio adveniente“ (1994) zur Vorbereitung auf das Jubeljahr 2000 von einem „schmerzlichen Kapitel“ geschrieben, „auf das die Kinder der Kirche mit reuebereitem Herzen zurückkommen müssen“ und welches sich als die „besonders in manchen Jahrhunderten an den Tag gelegte Nachgiebigkeit angesichts von Methoden der Intoleranz oder sogar Gewalt im Dienst an der Wahrheit“ erweist? Dabei stellte der Papst fest, dass ein korrektes historisches Urteil nicht von einer sorgfältigen Berücksichtigung der kulturellen Bedingungen der jeweiligen Epoche absehen könne, unter deren Einfluss viele in gutem Glauben angenommen haben mögen, dass ein glaubwürdiges Zeugnis für die Wahrheit mit dem Ersticken der Meinung des anderen oder zumindest mit seiner Ausgrenzung einhergehen müsste. „Doch die Berücksichtigung der mildernden Umstände entbindet die Kirche nicht von der Pflicht, zutiefst die Schwachheit so vieler ihrer Söhne zu bedauern, die das Antlitz der Kirche dadurch entstellten, dass sie sie hinderten, das Abbild ihres gekreuzigten Herrn als eines unübertrefflichen Zeugen geduldiger Liebe und demütiger Sanftmut widerzuspiegeln.“ Wie ist es jetzt aber um dieses korrekte historische Urteil aus?


Zunächst ist festzuhalten, dass der Glaube für den mittelalterlichen Menschen kein persönliches „Optional“ war, das in den Kreis einer rein subjektiven Bedingtheit und Wirklichkeit gehörte. Die Zugehörigkeit zur Kirche war mit der Zugehörigkeit zur menschlichen Gesellschaft identifiziert. Umgekehrt bedeutet dies: Wendet sich jemand gegen das Dogma der Kirche, greift er gleichzeitig die Grundlagen des sozialen Zusammenlebens und der politischen Ordnung an. Die mittelalterliche Ordnung war die einer einen christlichen Gesellschaft, die innerhalb des Bereichs der aufeinander zugeordneten Brennpunkte der weltlichen Macht und der geistlichen Gewalt strukturiert war. Stellten somit einzelne oder Gruppen Wesenselemente des Glaubens in Frage, indem sie sie aus dem „depositum fidei“ aussonderten, das heißt „Häretiker“ waren, so schlossen sie sich damit ipso facto aus dem bürgerlichen Gemeinwesen aus. Der Angriff auf das Dogma war ein Angriff auf die weltliche Macht, auf den diese reagieren musste. „Häresie“ verließ einen persönlichen religiös bestimmten Phänomenbereich und wurde zum politischen Faktor.

Die mittelalterliche Inquisition (die von der auf Veranlassung von Königin Isabella von Castiglia und König Ferdinand von Aragon von Papst Sixtus V. 1478 geschaffenen „Spanischen Inquisition“ sowie von der von Paul III. 1542 eingerichteten „Kongregation der Heiligen Römischen und universalen Inquisition“ zu unterscheiden ist) geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Sie stellt eine Antwort auf die häretischen Bewegungen der Waldenser, Albigenser und Katharer dar. Diese Bewegungen beschränkten sich nicht darauf, theologisch vom Dogma abweichende Inhalte zu verbreiten (was bis zu diesem Punkt allein mit den Mitteln geistlicher Disziplin kontrastiert wurde). Wie der Kirchengeschichtlicher Ignaz Döllinger 1861 erklärte: „Jene gnostischen Sekten (…), welche eigentlich die harte und unerbittliche Gesetzgebung des Mittelalters gegen die Häresie hervorriefen und in blutigen Kriegen bekämpft werden mussten, griffen Ehe, Familie und Eigentum an. Hätten sie gesiegt, ein allgemeiner Umsturz, ein Zurücksinken in die Barbarei und heidnische Zuchtlosigkeit wäre die Folge gewesen.“ Und er protestantische Historiker Henry Charles Lea (1825-1909) erkannte, dass die „Sache der Orthodoxie“ nichts anderes als die „Sache der Zivilisation und des Fortschrittes“ war. Die zivile Gewalt sah sich genötigt, gegen diese Gefahr vorzugehen. Die Kirche musste dafür sorgen, die Reaktion der Zivilbevölkerung zu bremsen, sowohl auf der Ebene des Gewissens als auch auf jener der Gerichte, wo die zivilen Autoritäten nur allzu schnell zum Tode verurteilten.

Die „Christianitas“ fühlte sich vom Katharismus und Waldensertum zutiefst bedroht. Diese Häresien bezweckten unter dem Deckmantel einer scheinbaren Strenge und Askese einen ideologischen Umsturz, dies durch die scharfe Ablehnung der materiellen Welt, das Verbot der Fortpflanzung und – extremer Höhepunkt des asketischen Verzichts – den rituellen Selbstmord. Die Häresie musste zwischen der weltlichen Macht des Kaisers und der geistlichen Oberhoheit des Papstes aufgerieben werden. Dazu kam dann das wachsende Machtbewusstsein des Stauferkaisers Friedrichs II. (1194-1250), der bereits 1213 Papst Innozenz III. seine Hilfe zugesagt hatte. Die mittelalterliche Inquisition wird damit zu einem System repressiver Maßnahmen geistlicher und weltlicher Natur zur gleichzeitigen Verteidigung der religiösen und bürgerlichen Ordnung.

Die Etappen der Entwicklung dieser neuen Organisationsform bestehen in der Dekretale „Ad abolendam“, die nach dem Konvent von Verona 1184 von Papst Lucius III. (1181-1185) promulgiert wurde und alle Bischöfe zur Visitation ihrer Diözesen auf er Suche („inquisitio“) nach Häretikern verpflichtet. Auch die bischöfliche Inquisition ist nach den Worten des Papstes auf ein Verlangen des Kaiser zurückzuführen. Friedrich Barbarossa erließ seinerseits eine eigene Konstitution, mit der er die Reichsacht über alle Häretiker aussprach. Zeit seines Lebens verfolgte der Kaiser die Ketzer und ordnete deren Verbrennung an: 1231 mit einer gesetzlichen Bestimmung in Sizilien, die ein Jahr später zum Reichsgesetz erhoben wurde.

Kirchliche Autoritäten hingegen zeigten sich nicht einfachhin mit der physischen Eliminierung von Ketzern einverstanden, und oft war es der Klerus, der sich dem flammenden Volkswillen und der Staatsraison widersetzte. Als ein Zeuge hierfür sei der heilige Bernhard von Clairveaux genannt. Als dieser 1144 in Köln bei einem Ketzerpogrom zusehen musste, wie das aufgebrachte Volk die Ketzer auf den Scheiterhaufen brachte, erklärte der Heilige: Es sei zwar der Eifer des Volkes zu billigen, „nicht aber, was es getan hat: denn der Glaube ist ein Werk der Überzeugung, er lässt sich nicht mit Gewalt aufdrängen“. Erst später kam es im Rahmen der entstehenden Kanonistik zu einer Forcierung der Reflexion über Art und Grenzen der Berechtigung der Todesstrafe für Ketzer, dies immer verbunden mit der Definition der Häresie als Majestätsverbrechen – „crimen laeseae majestatis“. Wenn schon das Verbrechen gegen die weltliche Majestät mit dem Tode geahndet wird, so schloss man, um wie viel schwerwiegender musste es dann angesehen werden, die göttliche Majestät zu beleidigen.

Papst Innozenz III. (1198-1216) richtete dann die Inquisition durch entsandte Legaten ein und beauftragte den Zisterzienserorden damit, in den von den häretischen Umtrieben am meisten betroffenen Ländern zu predigen und sich öffentlich mit den ketzerischen Thesen auseinanderzusetzen. Gregor IX. (1227-1247) führte mit dem Dekret „Excommunicamus“ die ersten ständigen Inquisitoren ein, die vornehmlich aus dem Orden der Franziskaner und Dominikaner stammten. Der Papst hatte sich davon überzeugt, dass die Bischöfe die Ketzerdekrete des Konvents von Verona nicht umsetzten, insofern sie mit ihrer Heimat und dem dortigen sozialen Umfeld eng verbunden waren. Dies ließ eine unabhängige Institution angemessen erscheinen. Obliegenheit des Inquisitors war es, als außerordentlicher Richter mit spezifischer Kompetenz neben dem ordentlichen Richter, das heißt dem Bischof, zu wirken. Es war nicht Aufgabe des Inquisitors, bereits angeklagte Häretiker zu verhören oder zu verurteilen, sondern nach Formen der Ketzerei zu forschen, den Einzelnen aufzuspüren und ihm den Weg der Umkehr zu ermöglichen. Dabei unterlag der Inquisitor strengen Vorschriften, deren Nichtbeachtung scharfe Strafe nach sich zog.

Zu den strengen Regeln der Inquisition gehörte, dass die Verfahren in allen ihren Teilen schriftlich festgehalten werden mussten. Somit ist die Inquisition eine der ersten Organisationen der Vergangenheit, deren schriftliche und konstante Dokumentation eine Geschichtsverfälschung unmöglich macht. Die Historiker, die sich mit den Akten auseinandersetzen, finden ein Gericht vor, das durch gerechte Regeln und nicht von Willkür bestimmten Verfahrensformen charakterisiert ist. Zudem zeichnen sich viele Inquisitoren durch ihre hohe intellektuelle Begabung aus, was auch dazu führen konnte, dass sie dem zu untersuchenden Subjekt mit größerer Härte begegneten, da sie es für intelligenter oder „verschlagener“ hielten, als es dies wirklich war oder sein konnte. Ein weiteres Problem ergab sich aus oft zu schematisch angelegten Verhörprotokollen und der mit diesen verbundenen Rigidität.

Im Laufe der Zeit kam es zur Abfassung verschiedener Handbücher. Eines der bekanntesten ist das „Directorium inquisitorum“ des Dominikanerpaters Nicholas Eymerich (1376), eine Gestalt, die in Italien aufgrund einer Romanreihe des zeitgenössischen Autors Valerio Evangelisti wieder Interesse erweckt hat. Insgesamt betrachtet war die Aufgabe des Inquisitors pastoraler Natur, insofern er nicht selten versuchte, die Härte der weltlichen Gerichte zu mildern, und ungerechtfertigte Anzeigen und Verleumdungen entmutigte. Dabei ist aber auch der große Mangel der Inquisitionsgerichte nach allgemeinem Rechtsverständnis festzuhalten, insofern dem Beschuldigten keine Verteidigungsmöglichkeit zugestanden war.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es einer ideologisch motivierten Verfälschung entspricht, die Inquisition als Ausdruck von dogmatisch orientierten Extremisten zu sehen, die unter der Vorgabe der Rechtgläubigkeit nichts anderes getan hätten, als willkürlich und verbunden mit einer gewissen sadistischen Ader eine „Meinungsfreiheit“ zu unterdrücken. Die Analyse der historischen Umstände lässt eine derartige Schlussfolgerung im Raum der historischen Unwahrheit versinken. Um zu einem wahren Verständnis der mittelalterlichen Inquisition vorzudringen, darf nicht vergessen werden, dass Häresie und das „crimen laeseae maiestatis“ rechtlich gleichgestellt waren.

Um eine (auch unter absoluten Gesichtspunkten kritikwürdiges) Phänomen wie die Inquisition zu verstehen, darf die theozentrische Gestaltung des mittelalterlichen Weltbildes nicht außen vor gelassen werden, innerhalb dessen Gott und das ihn dem Menschen vermittelnde Dogma nicht auf die Verwirklichung des Glückes des Individuums ausgerichtet waren. Gott vielmehr ist der absolute Wert, der sich innerhalb einer universalen und vom Naturrecht strukturierten Ordnung kund tut. Eine Beleidigung dieser Ordnung war für den Menschen des Mittelalters nichts anderes als Blasphemie – das höchste Verbrechen. Denn: nicht nur Gott wird beleidigt, sondern auch die eigentliche Heimat des Menschen im Jenseits unter dem Joch der Irrlehre verdunkelt: der Mensch wird seiner eigentlichen Zukunft beraubt.

Nachdem die mittelalterliche Inquisition die Aufgabe erfüllt hatte, die Häresien zu zerstören, kommt es zu ihrem langsamen Niedergang. Sie wird immer mehr der weltlichen Macht unterstellt und verschwindet von allein.

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Lesermeinungen

 Maxim 10. Oktober 2016 
 

Richelius

Iht Zitat:"Die Inquisition wurde eingeführt damit überhaupt Ermittlungen stattfanden. Es war ein wichtiger Schritt zur Rechtstaatlichkeit. Noch heute heißt das Verfahren, das bei Strafprozessen angewandt wird, "Inquisitorisches Verfahren".
Herzlichen Dank für diese Feststellung!
Genau um diese Tatsache ging es mir bei meinen Schreiben.
Oft Übertreibung-siehe Ben.XVI-wahr! Natürlich auch keine Verleugnung von Fehlentwicklungen,s. mein 1. Beitrag vom 4.10. und auch vom 6. !! Dabei ging es mit Sicherheit nicht um die Einführung der Inqu. wann oder wo auch immer, sondern um den oft "verlogenen" Umgang von Kirchengegner mit der Inquisition. Ansonsten kenne ich genügend Lehrer, die sogar 42 Jahre, wenn um die Inqui. ging, immer nur die Inqu. antikirchlich benutzten, z. B. auch Rel.Lehrer meiner 4 Kinder auf dem Gym..
Bestätigung: ebenfalls auch durch meine Frau-auch Lehrerin.
Ich selber hatte Beziehungen zu 62 Schulen und mehreren Jugendämtern.
Frühere Antwort war mir leider nicht möglich.


2
 
 myschkin 8. Oktober 2016 
 

Zur Frage des Hexenwahns

kann ich nur MacCullochs kompendiale Geschichte des Christentums empfehlen "Christianity. The First Three Thousand Years". In diesem in glänzendem Englisch geschriebenen Werk wird der Hexenwahn als ein in kathol. und evangelischen Gegenden grassierendes Übel beschrieben, das insbesondere von der Kirche in Rom sehr kritisch gesehen wurde. Lokale Determinanten, auf paganen Wurzeln und im Volksaberglauben gründend, bestimmen - so MacCulloch - diese Exzesse ganz wesentlich.


1
 
 Richelius 6. Oktober 2016 
 

Anmerkungen 2

@ Pamir: Die Kirchengeschichte von Jedin ist zwar nicht mehr überall auf dem neuesten Stand, aber nach wie vor durchaus lesenswert.
Die Inquisition wurde eingeführt damit überhaupt Ermittlungen stattfanden. Es war ein wichtiger Schritt zur Rechtstaatlichkeit. Noch heute heißt das Verfahren, das bei Strafprozessen angewandt wird, "Inquisitorisches Verfahren".
Die Folter wurde erlaubt, weil sie damals als legitimes Mittel zur Wahrheitsfindung galt.

@ mikey
Das Gebot heißt "Du sollst nicht morden." "Du sollst nicht töten." ist eine falsche Übersetzung.


2
 
 Richelius 6. Oktober 2016 
 

Anmerkungen

@ Jean_Meslier: Die Renaissance hatte einen idealisierten Blick auf die Antike. Eigentlich begann in Rom erst mit der Kaiserzeit eine gewisse Rechtssicherheit einzukehren und erst in der Spätantike sich wirklich durchzusetzen.
In den letzten Jahrzehnten des Westreiches sickerten immer mehr die Gebräuche der Foederaten ins Reich ein. Man versuchte zwar die Tradition des altehrwürdigen römischen Reiches zu wahren, kam aber zu einer Mischform, die schließlich zum Hl. Römischen Reich wurde.
Zu den Hinrichtungsmethoden: Die Kreuzigung gehörte zu den schlimmsten Hinrichtungsmethoden. Wir sollten uns hier nicht von der Exekution Jesu täuschen lassen. Normalerweise dauerte es Tage, bis ein Gekreuzigter starb. Man gab ihm manchmal sogar Essen und Trinken um sein Leiden zu verlängern.
Pfählen (der Vorgänger der Kreuzigung) ist schlimmer, wurde in Westeuropa aber kaum angewandt. Aufs Rad flechten war ebenfalls eine langsame Art zu sterben.
Verbrennen, in Öl braten usw. gingen deutlich schneller.


1
 
 Jean_Meslier 6. Oktober 2016 
 

@SCHLEGL: Synthese?

Ich tue mich mit der Sicht >Synthese zwischen Antike und Germanen< sehr schwer. Vergisst man dabei nicht zu sehr das Byzantinische Reich und richtet den Blick zu sehr zu sehr auf das zerfallene Westreich? Sieht man die Germanen dabei nicht zu sehr mit den Augen des 19. Jahrhunderts (als eher homogene Gruppe)? Vor allem aber, blendet das nicht zu sehr aus, dass eben die verschiedenen germanischen Völker keine Schrifttradition hatten?
Eine (begrenzte) Synthese zwischen (monastischem) Christentum und Antike fand ohne Zweifel statt (Karolingische Minuskel z.B.).
Aber nehmen Sie z.B. die Rechtspflege: Eine Anstrengung wie der Codex Iustinianus/ Codex Iuris Civile i.V.m. germanischen Rechten bleibt aus. Man verschriftlicht Stammesrechte zwar aber letztlich (statt Synthese) werden die bei Wiederentdeckung des CIC in Bologna Jahrhunderte später verworfen.

Das alles sei gesagt frei nach Tallyrand: Weder tadele noch lobe ich die RKK, ich berichte :)


1
 
 SCHLEGL 6. Oktober 2016 
 

@ Pamir

Mein Rat an Sie: Verbeissen Sie sich nicht um jeden Preis in das Thema!Wenn ich es in 42 Dienstjahren im Gymnasium erklärt habe,haben es die Schüler verstanden und auch die Ideologie,die man heute daraus macht, erkannt!Die KG von Jedin ist ausreichend.Hören Sie vielmehr auf den hl.Papst Joh.Paul II.,der schon gewusst hat,warum er die Vergebungsbitte ausspricht!Ich hoffe,alles ist klar? Msgr.Franz Schlegl


2
 
 Jean_Meslier 6. Oktober 2016 
 

@Pamir: Nicht umsonst heißt es "Renaissance" (T2/2)

Bezogen auf Ihre Anmerkung/ Ihr Argument hins. der Kreuzigung: Halten Sie wirklich Scheiterhaufen oder Pfählen für humaner? Ich sage, dass nimmt sich nichts; das ist die sprichwörtl. Wahl zwischen Pest und Cholera.

Wenn Sie, in Ihrer Antwort an @SCHLEGL, sehr stark auf die reine Übersetzung des Wortes "inquire" abheben, wird das einer historischen Betrachtung nicht gerecht. Dort ist "Inquisition" eben der Name eines historischen Phänomens (das sich eben nicht in sprachlichen Übertragung und sprachwissenschaftlichen Wertung erschöpft).

Abschließend möchte ich noch eine Vermutung äußern zur 3.) Frage, die Sie @SCHLEGL stellten: In a nutshell denke ich, weil man die Folge des Buchdrucks unterschätzt und die Wirksamkeit der Zensur überschätzt hat.
Oder i.S.d. obigen Artikels: Die alte Ordnung, die man verteidigen wollte war schon lange einer neuen gewichen und man unterdrückte tatsächlich nur noch Meinungen.


1
 
 Jean_Meslier 6. Oktober 2016 
 

@Pamir: Nicht umsonst heißt es "Renaissance" (T1/2)

Schon in den 1330ern wird durch Petrarca/ Petrach erstmal die Idee geäußert, dass es sich bei der Zeit zwischen dem Ende der röm. Antike und seiner Zeit um eine "Finsternis", eine dunkle Zeit handelte.
Klar war nicht alles schlecht und es gab auch Innovationen (Drei-Felder-Wirtschaft) aber würden Sie nicht auch sagen, dass viel verloren ging? Man denke nur den Städtebau, das Straßennetz, Kenntnisse in Medizin, Kanalisation und Wasserleitung oder eben, da knüpfte ich bei @SCHLEGL das einheitliche, kodifizierte und organisierte Rechtswesen. Mit der Inquisition wieder Akten anzulegen und eine Prozessordnung zu schaffen ist eben keine Innovation. Das war in Rom aber zuvor auch schon in Athen gang und gäbe (denken sie an die Apologie des Sokrates oder Kriton und die Reden des Cicero). Auch war die Prozessorganisation besser, denn sie kannte, Anklage, Verteidigung, Richter (korrekter Ablauf) und Jury/ Schöffen (Urteil). Richter wurden gewählt, die Jury gelost (es gab aber auch Folter!).


1
 
 Maxim 6. Oktober 2016 
 

Schlegl

Betrifft:Hubert Jedin
Da die letzte Auflage der Kichengeschichte v. Jedin mehr als 45 Jahr zurückliegt, bin ich nicht überzeugt, dass sie noch dem heutigen Wissensstand entspricht. Aber ich werde mich genauer erkundigen, empfehle Ihnen aber trotzdem den neuesten geschichtlichen Wissensstand.


4
 
 Maxim 6. Oktober 2016 
 

mikey

"Deshalb Finger weg von der akademischen Verharmlosung der Inquisition."
Endlich Finger weg von der Geschichtsfälschung, die ständig nur gegen die kath. Kirche gerichtet wird - gerade auch von den Evangelischen.

Es wird Zeit, dass endlich die Wahrheit über die Inquisition bekannt gemacht wird und gerade von den Katholiken.
Schlimm, wenn selbst Katholiken nicht die Wahrheit suchen und dann annehmen. Man spielt ja so gerne den Gutmenschen.
Lesen Sie, Herr miky doch den Artikel konzentriert und wiederholt, aber ganz und suchen Sie nach Literaturhinweisen.
Vergleiche Spanien (s.unten): 12000!
Hexen befreit, nur 14 verbrannt, im kath. italienischen Kirchenstaat- keine einzige Hexe verbrannt. Verharmlosung?
- Österreichische (kath.!)Erblande "nur" 1900 Opfer!
Die Daten sind ohne Probleme nachprüfbar!
zu empfehlen:
-Hexenwahn- v.Anne-Catharine Simon
-Witch Craze- Lyndal Roper (Britin )
-mehrere Veröffentlichungen- v. Rita Voltmer (deutsche. Historikern!)
Für Hinweise wäre ich dankbar!


4
 
 SCHLEGL 6. Oktober 2016 
 

@ Pamir

Also Ihre Fragen 1 und 2 habe ich beantwortet! Ich kann die beiden Päpste nicht interviewen, sondern kombiniere, was eben kirchengeschichtlich aus der Zeit erheblich ist. Was die spanische Inquisition anlangt, die unter Kardinal Torquemada traurige Berühmtheit erlangt hat, liegt es wohl daran, dass diese im Geschichtsunterricht, beziehungsweise im Deutschunterricht anhand des "Großinquisitors von Dostojewski" besprochen worden ist. Die Geschichte der Inquisition können Sie in entsprechenden Fachbüchern der Kirchengeschichte (zum Beispiel Kirchengeschichte in 10 Bänden von Jedin) nachlesen.Msgr. Franz Schlegl


1
 
 Maxim 6. Oktober 2016 
 

Schlegel

Leider habe ich bis jetzt keine konkr. Antworten auf meine Fragen 1u.2 erhalten,auf die Frage 3 überhaupt keine. Mit Ihrem Urteil aber waren Sie sehr großzügig.
Grundsätzlich: Nach den heutigen jur. Pflichten ist es offz. selbstverständlich, dass wir in einer Inquisition leben. Was heißt Inquisition: Schuld? suchen, nachforschen, nach Klagebeweise forschen. Insofern leben wir auch jetzt in einer Inquisition, denn selbstverständlich soll heute bei Gericht nach der Wahrheit inquiriert werden durch Experten(Psychol.,Physiker, Mediziner usw.)
Das Problem war, dass man beim Aberglauben(meist Athe. wie heute)keine Beweise findet. Gegenbeweise werden nicht anerkannt. Dass auch Missbräuche i.d. Kirche vorliegen(deshalb Joh.P.II), ist unbestritten.
Aber: Die Inquisition wird zu einem antikath.(ach Spanien) Geschichtsphänomen(Voltaire) hochstilisiert, gegen den man endlich einmal ankämpfen muss-gerade in ev.Ländern!
Tatsache:60-70% der Hexenverbr.in ev.Ländern.110Jahre n.der letzten kath.!


2
 
  5. Oktober 2016 
 

Verheerender Eindruck

Leider bestätigt diese Diskussion bei diesem wichtigen Thema die gängigen Vorurteile die der Laie hat.

Als Endfünziger sind meine Frau und ich in unserer Gemeinde schon unter den wenigen jüngeren Messebesuchern und Teilnehmern der immer seltener angebotenen und wahrgenommenen Beichtgelegenheiten.

In unserem Umfeld unter gleichaltrigen oder Jüngeren sind wir schon fast die katholischen Exoten, die auch noch seit 37 Jahren verheiratet. Yoga, Dalai Lama, Selbstfindung & Co. oder knallharter Atheismus sind die Regel außerhalb den spärlichen Angeboten der Begegnung innerhalb der Gemeinde.

Wenn man nun den Wert der Eucharistie erklären will, wird dieser gerne als wahr angenommen, "man sieht es Euch ja an..." aber unweigerlich kommt dann der Übergang zur unsäglichen Geschichte der Inquisition, für die sich Papst Johannes Paul II gegen alle Widerstände entschuldigt hat und natürlich das aufgebauschte Thema Pädophile.

Deshalb Finger weg von der akademischen Verharmlosung der Inquisition.


1
 
 SCHLEGL 5. Oktober 2016 
 

@Pamir

Da ich die beiden Päpste nicht mehr befragen kann, kann ich nur Wahrscheinlichkeiten aussprechen. Gregor IX sah sich verschiedenen Sekten (Katharer, Bogumilen usw.) gegenüber, die zum Teil radikal die bestehende Kirche, aber auch den mittelalterlichen Staat abgelehnt haben.
Noch Bernhard von Clairvaux hat sich gegen physische Strafen ausgesprochen. Das Glaubenswissen der Menschen, Verkündigung und Katechese, waren auf einem katastrophalen Niveau!(Erst das Konzil von Trient hat diesen Zustand dauerhaft verbessert).
Papst Innozenz IV hat die im staatlichen Bereich (leider) übliche Tortur auch für Inquisitionsprozesse gestattet.
Der heilige Papst Johannes Paul II wusste im Jahr 2000 SEHR GENAU, warum er öffentlich vor der Welt um Entschuldigung für die Inquisition gebeten hat!Msgr. Franz Schlegl


2
 
  5. Oktober 2016 
 

@mirjamvonabelin

Die Abtreibung ist ein organisiertes Verbrechen unserer Tage, das es zwar schon immer gab, jedoch noch nie so staatlich organisiert und gesellschaftlich akzeptiert wie heute.

Deshalb Hut ab vor einem vom Saulus zum Paulus gewandelten Politiker wie Putin, der auf einer Wallfahrt die orthodoxe Reliquie des Gürtels Marias küsste und anschließend in einer Rede die Frauen Russlands bat keine Abtreibungen mehr vorzunehmen.

Da es in Russland auch eine starke "Frauenlobby" in und außerhalb der Parlamente gibt, reichte es bisher zwar nur zu Beratungszentren und Sozialhilfen für betroffene Frauen in Kliniken und dem Verbot der Werbung für die Abtreibung nicht nur in Schulen sondern auch in Medien und Filmen. Doch die Zahlen der Abtreibungen sind seit Putins Aktion erheblich zurückgegangen.

Bei uns wird dieser Politiker als der wahrhaftige "Gott sei bei uns!" in den Medien gehandelt. Gleichzeitig bewaffnen "christliche Regierungen" islamische "Gotteskämpfer" in Nahost u.a. gegen Christen...!


1
 
  5. Oktober 2016 
 

Mit dem Herzen sehen

Kommen wir doch wieder auf den Artikel zu sprechen.
Er versucht mit dem Verstand (der laut Jesus ein untergeordneter Diener sein sollte) ein organisiertes Verbrechen, dass von den weltlichen Mächten möglicherweise brutaler und vom fanatisierten Mob in den Städten willkürlicher und grausamer ausgeführt wurde zu rechtfertigen.

Dann können wir auch den radikalen Islam und seine unmenschlichen "Gottesurteile" unserer Zeit rechtfertigen der ja ca. 700 Jahre jünger also etwa auf der "Entwicklungsstufe" des damaligen Christentums sein dürfte.

Das sind menschliche Schicksale, wenn keusche Katharer Frauen vor der Hinrichtung aufs übelste geschändet wurden, Männer und Frauen und Kinder nach der Tortur nackt durch die Stadttore zu den Scheiterhaufen gejagt wurden.

Man lese die großen Mystiker der Gegenreformation wie die großartige hl. Theresa von Avila wie sie sich in ihren Schriften windet um der Inquisistion zu entgehen...

Unser Herz sieht Recht oder Unrecht sofort und wir haben die Wahl!


2
 
 Wulfila 5. Oktober 2016 

Hexenwahn und Inquisition

Es ist ein üblicher Irrtum, Hexenwahn und Inquisition zusammenzulegen, obwohl das völlig unterschiedliche Dinge waren.
Von "Hexen" hat m.W.n. zuerst Jordanes in der Getica im 6. Jh. geschrieben. Die Inquisition hat bis zur Mitte des 14. Jh. den Hexenwahn bekämpft. Im römischen Recht aber war Magie ein Kapitalverbrechen und dieses wurde vor allem ab dem 15. Jh. stärker angewandt. Daher war die Verfolgung von Hexerei auch eine Sache der weltlichen Gerichte.
Und was die Rechtssicherhjeit im Mittelalter angeht, so war diese sicher größer als heute. Die Obrigkeit, der jeder Mensch untertan war, hatte immer noch selber eine andere darüber, so daß man gegen die eigene immer klagen konnte mit Berufung auf "altes Recht". Heute haben wir einen umfassenden Staat, gegen den wir nicht klagen können, da ihm auch die Gerichte angehören, und der, wie wir sehen konnten, das Recht bricht, wie es ihm gefällt.


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 SCHLEGL 5. Oktober 2016 
 

@ Jean_Meslier

Zum Thema Mittelalter:
Im Mittelalter erfolgte die Synthese zwischen dem Denken aus der Antike und der Welt der Germanen. Natürlich ist anzunehmen, dass es in den Klöstern auch das Wissen um die Praxis der Antike gegeben hat. Aber es gab noch keine moderne Informationsgesellschaft. Außerdem wissen wir, dass nicht wenige Herrscher in erster Linie von ihrer Machtposition her die Dinge angegangen sind. Und die Bildung der breiten Masse war mehr als dürftig.
Es würde mich brennend interessieren, wie man ihn Jahrhunderten über unsere Zeit urteilen wird? Wir haben viele Dinge gewusst, waren vernetzt und haben dennoch die Folgen für die Schöpfung und den Menschen nicht selten ökonomischen Interessen hintangestellt.Msgr. Franz Schlegl


3
 
 Maxim 5. Oktober 2016 
 

Jean_Meslier

"Denn man kommt nicht umhin festzustellen, dass man in der Antike schon weiter war."
Das ist eine fast typische Atheistenbehauptung. Inwiefern schon "weiter"? Man unterstellt in Hintergedanken:vor der "christl." Zeit!
Antike: die Kreuzigung war gang und gäbe!
Gibt es ein schlimmeres Marty. als das Kreuz? Entweder mit Nägeln oder Knochen (s. Bibel) zertrümmert. Dabei steht fest, dass die Kreuzigungen in der ganzen damal. Welt üblich waren.
"Man kommt auch nicht umhin vorzuwerfen, dass zu allen Zeiten ... von jedem Menschen verstanden wurde,..." wem vorzuwerfen?
Sicherlich auch Atheisten aller Zeiten!!
Kurz zur Inquisition:
Die Inquisition wurde zuerst in Spanien eingeführt. Grund: Es gab immer "Urteile" durch sog."Gottesurteile" (Duelle, Wurf ins Wasser für Nichtschwimmer usw.)
Die Inqui. = gründliche "Untersuchg." Die span. Inq. hat nachweis. über 12000 "Hexen" aus Gefäng. befreit.
!! Es waren weltl. Gerichte, die die Verbr. aussprachen, meist gegen das Urteil d. kath. Kirche.


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 mirjamvonabelin 4. Oktober 2016 
 

In der Menschheitsgeschichte

gab und gibt es, vieles verabscheuungswürdiges aber das grausamste und auf der ganzen Welt verbreitete Verbrechen ist Abtreibung.

Vieles aus der Vergangenheit schnürt mir die Kehle zu,
und wir müssen vieles bereuen und um Vergebung bitten,
vergleicht man es aber mit der Abtreibung....

@mikey
Setzen sie sich auch so feurig gegen Abtreibung ein?


4
 
 Jean_Meslier 4. Oktober 2016 
 

@SCHLEGL: Zeitimmanenz ist so eine Sache

Ja, in gewisser Weise stimmt die Aussage, dass die formalen Standards, die mit den Inquisitionen aufkamen einen Fortschritt darstellen. Besser gesagt wäre allerdings: eine Renaissance waren. Denn man kommt nicht umhin festzustellen, dass man in der Antike schon weiter war. Man kommt auch nicht umhin vorzuwerfen, dass zu allen Zeiten und an jedem Ort von jedem Menschen verstanden wurde, dass unter Qual und Schmerzen jeder Mensch alles zugäbe, wenn denn die Schmerzen nur aufhören.

Der Historiker in mir verweist also auf das Problem mit Thukydides (Methodenkapitel): Klar darf man nicht heutige Erkenntnis als Maßstab bei historische Betrachtung nehmen, aber sehr wohl kann kritisieren, dass sowohl eigene Einsicht als auch ältere Quellen nicht zur Kenntnis genommen wurden. Und gerade im Mittelalter: Wenn eben Klöster Bewahrer des antiken Wissens waren (und so gesehen werden sollen), dann ist der Vorwurf rechtens, das dieses Potential nicht ausgeschöpft wurde.


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 Jean_Meslier 4. Oktober 2016 
 

@SCHLEGL: Wenngleich ein wenig OT ...

... aber ich will diese Stelle nutzen, um Ihnen für Ihren (Literatur-)Hinweis auf Dieter Hattrup zu danken. Ich habe schonmal mit Begeisterung seinen Aufsatz über Darwin als Kirchenvater gelesen (pdf im Internet) und schaue mir demnächst auch mal in Buchform seine Werke über Einstein und Zufall an. Aber es war anregend, mal etwas anderes, Newton, Darwin, Einstein, Laplace gedanklich zu jonglieren. Ohne "Anfeindungen" - im Gegenteil: Gerade als Agnostiker teile ich den gedanklichen Pfad, der letztlich sowohl den "naturalistischen Atheismus" als auch den "Kreationismus in allen Spielarten" "auskegelt".

Aber - und irgendwie passt das dann doch zum Thema hier: Warum schafft die RKK in Deutschland es nicht, solche Leute stärker nach vorne zu stellen? Warum immer die selben Schellack-Platten ("Darwin pfui", "Szientismus bäh", "anti-katholisch")? Ich erwarte ja nicht Youtube oder Blu Ray. Aber CD wäre ja schonmal etwas.


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 Chris2 4. Oktober 2016 
 

Ein hochaktuelles Thema

Allerdings kommt der Artikel 'zu spät'. Hatte man sich noch vor wenigen Jahren argumentativ gewappnet, um bei diesem Thema Klischees und Unwahrheiten zu widerlegen, beweist die gesellschaftliche Praxis in D gerade, dass Inquisition "notwendig" ist. Denn was anderes ist denn die Sakraliserung der Merkelschen Politik bei gleichzeitiger Verdammung jeglicher Gegner und sogar Kritiker? Sie werden - ohne jegliche Verteidigungsmöglichkeit vor einem Inquisitionstribunal - durch "peinliche Befragung" (Folter - heute z.B. durch soziale Ächtung oder Verlust des Arbeitsplatzes) eingeschüchtert. So etwas nannte man früher übrigens "Hexenjagd"...


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 SCHLEGL 4. Oktober 2016 
 

@ mikey

Es ist immer etwas problematisch eine frühere Epoche mit den Augen von HEUTE zu betrachten! Papst Johannes Paul II hat zu Recht um Vergebung für Methoden der Inquisition gebeten. Interessanterweise sagen uns Juristen, das die Inquisition ein Fortschritt im Recht gewesen sei. Vorher gab es den mittelalterlichen Akkusationsprozess (seit der Zeit Karls d. Gr. † 814). Gelang es dem Ankläger nicht (mittels Eideshelfern, oder Zeugen) die Schuld des Angeklagten zu beweisen, erhielt er dieselbe Strafe, die den Angeklagten bei einem Schuldspruch getroffen hätte! Das ist unhaltbar.
Inquisitionsprozess meinte zunächst, dass die Behörde VON SICH aus tätig werden musste, wenn eine Anzeige erfolgt ist. Katastrophal war es die Folter zu erlauben.
Augustinus sieht Stockschläge als äußerste Strafe vor, Basilius und Chrysostomos lehnen physische Strafen für Ketzer ab!
Mediale Folter und mediale Hinrichtung gibt es in unserer "humanen" Epoche auch heute!Msgr. Franz Schlegl


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  4. Oktober 2016 
 

Richelius

Die Sitten des frühen und späten Mittelalters waren für die damaligen Eliten nicht nur in Frankreich zur Zeit Katharina de Medicis von extremstem Verfall gerade nach heutigen Maßstäben oder extremer Strenge geprägt. Dies hat auch dem Protestantismus der sich letzterem Extrem zumindest verbal zuneigte den nötigen moralischen Aufwind verpasst. Für die Untertanen war jedoch die extreme Rechtsunsicherheit dieser Epoche das Hauptproblem. Da hat Kardinal Ratzinger ebenfalls von einer gewonnenen Rechtssicherheit durch die Inquisition gesprochen. Für die Betroffenen ein schwacher Trost nicht durch einen Mob gelyncht sondern nach Folter und Vermögensentzug oder gar Sippenhaft dann doch auf dem Scheiterhaufen zu landen. Jeanne d’Arc und Giordano Bruno Prozessakten soweit verfügbar als unrühmliche prominente Beispiele zeigen wie hier Recht gesprochen und nicht nur Gottes Gebot: "Du sollst nicht töten" mit Füßen getreten wurde.

Jesaja 45,5-8 warum Gott diese Welt so geschaffen hat wie sie ist?!


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 Richelius 4. Oktober 2016 
 

@ wedlerg

"Wer bei Hesemann nachliest, wird im übrigen auch schnell finden, dass die kath. Inquisition weit weniger Hexen verbrannt hat, als die weltlichen und protestantischen Fürsten Mitteleuropas."
-> Hier haben wir das vorhin angesprochene Problem: Was meinen Sie mit "kath. Inquisition"?
Auch sollte man nicht die Fürsten verantwortlich machen. Gerade Hexenprozesse waren meist das Werk einer Dorfgemeinschaft, die sich da auch nicht von der Obrigkeit (Kirche/Kaiser) dreinreden ließ.
Es gab übrigens auch Hexenverbrennungen in Amerika.


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 wedlerg 4. Oktober 2016 
 

@mikey: Artikel ist doch sehr differenziert

Wenn man einen ZDF-Beitrag als Maßstab nimmt und dann diesen Artikel damit vergleicht, muss man doch eigentlich zur Erkenntnis kommen, dass Herr Schwibach sehr differenziert aufzeigt, was unter dem Begriff die "Inquisition" eigentlich hsitorisch steckt.

Nur weil die gängigen Vorurteile a la ZDF sich darin nicht widerspiegeln, ist der Beitrag doch nicht schlecht.

Gnanz im Gegenteil: Herr Schwibach beschönigt ja auch nichts. Sondern er vermittelt echten Einblick in die Geschichte. Es kann nie schaden, Geschichte anhand von Ereignissen und Quellen zu studieren anstatt mediale Vorurteile als bare Münze zu nehmen.

Wer bei Hesemann nachliest, wird im übrigen auch schnell finden, dass die kath. Inquisition weit weniger Hexen verbrannt hat, als die weltlichen und protestantischen Fürsten Mitteleuropas. Das heißt nicht, dass die kirchlichen Inquisitoren nur helle Stunden der Geschichte zeichnen.

Aber Sie bewerten die dt. Justiz ja auch nicht anhand einzelner Urteile.


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 Richelius 4. Oktober 2016 
 

@ mikey 2

Mit den Giftmischerinnen waren vermutlich Hexereiprozesse der römischen Inquisition gemeint. Dazu muß man einiges erklären: Der Oberbegriff "Hexerei/Zauberei" stand für eine Vielzahl von Verbrechen, von denen einige auch heute noch im Strafgesetzbuch zu finden sind. Das was wir heute unter einem "Hexenprozeß" verstehen, wäre in erster Linie ein Prozeß wegen Schadenszauber. Es war immer schon bekannt, daß die römische Inquisition nur äußerst wenige Verurteilungen wegen Hexerei ausgesprochen hat. Neueste Forschungen belegen aber, daß es anscheinend wegen Schadenszaubers überhaupt keine Verurteilungen gegeben hat. Die paar Schuldsprüche die es gab, waren andere Tatbestände, wie eben Giftmischerei, was gelegentlich auch unter Hexerei subsumiert wurde.


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 Richelius 4. Oktober 2016 
 

@ mikey 1

Ein bißchen mehr Vorsicht wäre bei Ihrer Wortwahl angebracht: "dekadent" und "dunkle Epoche" sind Begriffe, die er mittelalterliche Mensch vermutlich auf unsere Zeit anwenden würde.

Was die Inquisition anbelangt: Es gibt nicht "die" Inquisition, wie auch der Artikel oben schon andeutet. Es gab mehrere Institutionen, welche die Aufgaben wahrnahmen, die wir heute allgemein unter den Begriff "Inquisition" zusammenfassen. Gerade die offiziellen Einrichtungen der kath. Kirche waren sehr vorsichtig mit dem Sprechen von Urteilen und Rom hat immer wieder versucht, Auswüchse bei regionalen Inquisitionsbehörden zu korrigieren. (Häufig ohne Erfolg; wobei sich gerade die "Gerichte" auf Reichsgebiet außerordentlich beratungs- und weisungsresistent erwiesen haben.)


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  4. Oktober 2016 
 

Giftmischer

Hallo Muddel, Das Interview wurde am Abend der Bekanntgabe der Wahl zu Papst Benedikt XVI. aus dem Archiv des ZDF als Teil einer Sondersendung nach den heute Nachrichten gesendet. Meine Frau und ich können uns noch sehr gut an dieses Zitat erinnern, da wir Beide danach einen Kirchenaustritt in Erwägung gezogen hatten.

Doch Jesus Christus Lehre und das Personal seiner Kirche waren zu allen Zeiten nicht immer im Einklang. Bei Papst Benedikt hatte ich wiederum den Eindruck, dass sich die Zahl der göttlichen Eingebungen erheblich vermehrt hatten. Seine Worte zum Islam, höchst umstritten und vereinfacht aber im Kern wahr, seine hervorragende Rede zu den staatlichen Eliten im deutschen Bundestag, die nicht nur Katholiken aus der Seele gesprochen hat, seine Auftritte in Freiburg, da war viel des Charisma seiner Vorgänger zu spüren oder einfacher ausgedrückt, wie bei jenen sprach aus ihm der Heilige Geist!


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 Muddel 4. Oktober 2016 

da wären ja nur ein paar Giftmischer bestraft worden

Lieber Mikey, könnten sie mir bitte die genaue Quelle für o.g. Passage zitieren?
(z.B. die genaue Bezeichnung der ZDF-Sendung des Interviews) Ich glaube nämlich nicht, dass das Kardinal Ratzinger gesagt haben soll.
Er achtet jeden Menschen!!!


7
 
  4. Oktober 2016 
 

Verharmlosung

Die Verharmlosung der Inquisition durch den damaligen Kardinal Ratzinger in einem ZDF Interview als er von Übertreibungen der Historiker sprach und da wären ja nur ein paar Giftmischer bestraft worden, ließ mich schon schaudern.

Dieser Artikel scheint auch die Heilsbotschaft Christi an den dekadenten Zeitgeist dieser dunklen Epoche anpassen zu wollen. Grausame Gewaltakte und Unrecht gegen oft Schutzlose- man denke nur an die Katharer und Templer, bei denen es in erster Linie um große Vermögensumverteilung zugunsten der jeweiligen französischen Könige und seines Adels und des Klerus ging, ist zu allen Zeiten durch nichts zu rechtfertigen und schon gar nicht im Sinne Gottes und seine Sohnes Jesus Christus. Das damals übliche Denunziantentum mit dem örtliche Honoratioren unbequeme oder aufstrebende Konkurrenten beseitigte, war ebenfalls eine beliebte Art um die Inquisition zu bemühen. Für diese Irrtümer (bis ins 17.Jdt.) bat Johannes Paul II. zu Recht aus tiefstem Herzen um Vergebung.


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