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Gottesraub und andere Geschichten - Leseprobe 1

17. Februar 2016 in Buchtipp, keine Lesermeinung
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Geschichten für Jung und Alt aus einer Zeit, die vor Kurzem noch war und doch schon so fern ist, Geschichten zum Lachen und zum Weinen – eine Rast für die Seele. Ein neues Buch von Gabriele Kuby. Leseprobe 1


Linz (kath.net)
Der Gottesraub ist ein famoses Buch! Ich habe es aufgeschlagen und konnte nicht aufhören zu lesen. Tolle Geschichten. Dramatisch und herzerfrischend. Ich habe viel gelernt und viel gelacht. Gabriele Kuby hat die Geschichten dieser höchst ungewöhnlichen bayrerischen Bäuerin auf geniale Weise in eine wunderbare, treffende Sprache gebracht. Ein großes Verdienst ist es, dass damit geschichtliche Ereignisse, Atmosphäre, Mentalität und vor allem der Glaube dieser Jahre so anschaulich in unsere Zeit herübergerettet werden. Ohne Verklärung, aber immer mit einem so schönen Sprachwitz und einer durch Marei verkörperten Weltaunschaung und Lebenshaltung, die einen tief berührt. "Gottesraub" ist kleine Weltliteratur und erinnert in seiner Klasse an die Erzählungen von Oskar Maria Graf. - Peter Seewald


Meine Freundin Marei

Maria Elisabeth, genannt Marei, war ein Unikat. Wir sind alle Unikate, aber Marei war ein einzigartiges Unikat – wie ein Findling in der Landschaft oder wie ein Baum auf dem Hügel, in dem die Vögel nisten. Eine Bäuerin auf seelischem Duzfuß mit großen Dichtern, Komponisten und Malern – und auch mit den kleineren aus ihrer bayerischen Heimat – dem Chiemgau. Von ihnen wusste sie, wo sie gewohnt hatten, wann sie gestorben sind und auf welchem Friedhof sie lagen, kannte ihre Werke. Als ich sie einmal fragte: „Kennst du das Geistertrio von Beethoven?“, antwortete sie nach kurzem Nachsinnen: „Das haben sie doch auf der Beerdigung von Karajan gespielt.“ Wir freuten uns an den selben Stellen in der Musik oder der Literatur, die ich ihr vorlas. Ihr Herz war voller Gebete und Gedichte – der Vorrat schien unerschöpflich. Auf dem Sterbebett im Frühjahr 2015, als keine Hoffnung mehr bestand für die Siebenundsiebzigjährige und sie kaum mehr sprechen konnte, hatte sie Rilke-Verse auf den Lippen:

Der Tod ist groß. Wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mitten im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten in uns. Ach, da wir Hilfe von Menschen erharrten, stiegen Engel lautlos mit einem Schritte hinüber über das liegende Herz.

Obwohl sie im letzten Jahr unter der Last körperlicher Schmerzen öfter geseufzt hatte: „Wann ist’s denn endlich gar!“ – das Leben, bat sie:


Gib mir noch eine kleine Weile Zeit und ich will die Dinge so wie keiner lieben.

Das Lesebuch in der Dorfschule hat Marei mit großen deutschen Dichtern bekannt gemacht. Es war das Fundament ihrer literarischen Interessen. Mit vierzehn Jahren kaufte sie sich die „Deutschen Lieder“ von Heinrich Heine, weil ihr das „Hinterkünftige“ so gut gefallen hat. Bald lernte sie beim Kühehüten Rilke Gedichte auswendig. Immer wieder hat sie mich mit neuen Versen überrascht, die ihr als Zuspruch in konkreten Lebenssituationen einfielen.

Unsere Freundschaft begann kurz nach Erschienen meines Buches Mein Weg zu Maria – Von der Kraft lebendigen Glaubens im Herbst 1998. Ich bekam eine Karte, darauf stand in kleiner, feiner Schrift:

Sehr geehrte, liebe Frau Kuby!
Selten hat jemand beeindruckender Zeugnis abgelegt für den Glauben und wie die Gnade Gottes in das Herz eines Menschen kommen kann.
Freundliche Grüße,
Maria Anger, Bauersfrau

Es lag noch ein Foto von einer Plastik dabei, eine kleine Marienstatue von Marianne Lüdicke, eine Bildhauerin aus dem Chiemgau, mit der sie befreundet war. In ihrem Haus sah ich später, dass dies nicht das einzige Werk war, das die Künstlerin ihr geschenkt hatte.

Es kam öfter vor, dass sie einem Autor ein paar anerkennende Zeilen schrieb – immer bekam sie eine persönliche Antwort, denn der Adressat spürte, dass diese Person das Werk erfasst hatte, das sie mit knappen Worten würdigte.
Ich nahm Kontakt mit der Bäuerin auf, die in meiner Nähe wohnte, und bat, sie besuchen zu dürfen. Sie wehrte ab. Der Grund: Marei, die feinfühlige Ästhetin, litt darunter, dass sie übergewichtig geworden war, und wollte sich nicht sehen lassen. Ich konnte sie überreden, und sie empfing mich in ihrer Bauernstube mit Rotwein und Käse. Ein alter Bauernschrank, ein alter Sekretär, Bücher auf jedem freien Platz, Herrgottswinkel, Kunst an den Wänden, auf dem Leinentischtuch edles Porzellan, die kleine Marienstatue an einem Ehrenplatz.

Sehr bald erzählte sie mir vom größten Leid ihres Lebens: Das erste Töchterchen, eineinhalb Jahre alt, heiß geliebt von Vater und Mutter, wurde in der Küche verbrüht und starb eine Woche später. Man ließ die Mutter nicht zum Kind, so musste sie durch die Scheibe zusehen, wie die Ärmchen für immer nach hinten sanken. Niemals habe ich auch nur den Hauch eines Vorwurfs gehört gegen die eigene Mutter, der dies entsetzliche Unglück passiert war.

So begann unsere Freundschaft und dauerte bis zu ihrem letzten Atemzug am Herz Mariae Samstag, dem 7. Februar 2015. Freundschaft war für Marei etwas überaus Kostbares, das man im Bewusstsein ihrer Zerbrechlichkeit hüten musste wie den eigenen Augapfel. Sie hatte große Freundschaften, die tiefste zu Benno Hettlage, dem Besitzer des gleichnamigen Textilkonzerns. Als Hausmädchen hatte sie in der Grünwalder Villa mit zwanzig Jahren angefangen und war zu seiner Seelenfreundin geworden. Sie hat ihn lebenslang gesiezt und bedauert, dass sie ihm niemals über die Hand gestrichen hat. Aber dass er sie geliebt hat, das wusste sie sicher, eine Liebe, die in beide Familien eingebettet war. 1986 war er ohne jedes Vorzeichen plötzlich tot. Zwei Jahre später wurde ihr die beste Freundin durch einen Autounfall entrissen, Gisela Schröder, Frau des Chefredakteurs der Süddeutschen Zeitung. Diese Schicksalsschläge führten nie dazu, dass sie mit ihrem Gott haderte, vielmehr gab ihr der Glaube die Kraft, sich dem Leben und den Menschen doch wieder zu öffnen.

Sie kannte das Leben von unten. Aus dieser Tiefe konnte sie unzähligen Menschen Verständnis, Mitgefühl und Trost schenken, konnte Traurige zum Lachen bringen – „Seelsorgstation Arxtham“ nannte ein befreundeter Priester den Hof mit den vier liebevoll eingerichteten Gästewohnungen. Der Mann und die zwei erwachsenen Kinder betrieben die Milchwirtschaft. Marei war für die Feriengäste zuständig. Zu ihrem Geburtstag klingelte das Telefon zwei Tage lang ununterbrochen.

Was war das Geheimnis? Marei gab den Menschen das Gold, das alle suchen: Angenommen werden, so wie man ist. Was immer die Menschen zu ihr hintrugen, es fiel in ein mitfühlendes Herz. Es gab keine Filter, die Menschen aussonderten wegen ihrer Überzeugungen, ihres Lebenswandels, ihres sozialen Standes, jahrelanger Beanspruchung in stundenlangen Telefongesprächen oder Kränkungen – davon erfuhren sie gar nichts. Verletzen konnte man Marei leicht, denn sie war überaus feinfühlig und unfähig Grenzen zu ziehen. Alles, was sie erlebte, fühlte sie, alles was sie sagte, war mit dem Herzen gesprochen. Viele Menschen finden den Weg vom Verstand zum Herzen nicht. Marei vom Herzen zur Vernunft zu bringen war, wenn es zwischen beiden einen Konflikt gab, aussichtslos.

Marei hatte ein phänomenales Gedächtnis, nichts schien zu verblassen mit der Zeit. Sie behielt mehr von meinem Leben als ich selbst, erinnerte sich und mich an Vorkommnisse und Menschen, von denen ich ihr vor Jahren erzählt hatte. Ein solches Gedächtnis macht einen Menschen reich, aber es bewahrt alles auf, das Gute und das schwer zu Verzeihende.

Marei war eine große Erzählerin, die die Menschen zum Lachen bringen konnte. Sie saß mit ihren Feriengästen in der Stube oder auf der Sommerbank, hörte ihnen ausdauernd zu und unterhielt sie mit ihren Geschichten: Wie das war hier auf dem Hof mit acht Geschwistern und Tanten und Oma, und Nachbarn und Tieren vor dem Krieg und im Krieg und nach dem Krieg. Einige Geschichten hat sie selbst aufgeschrieben, viele hat sie mir erzählt. Um sie festzuhalten, verbrachten wir einmal vier Tage auf einer Berghütte.

Der Tod musste erst an der Tür stehen, bevor sie zustimmte, dass ich ihre Geschichten veröffentlichen durfte. Sie wolle nicht „am Pranger stehen“, „Was sagen die Leute?“ – diese Furcht aller Sesshaften, die mit ihren Nachbarn und Verwandten und den Leuten im Dorf auskommen müssen.
Gewählte Ausdrücke sind immer die ihren. Marei war zweisprachig: Bayerisch und Hochdeutsch. Erzählt hat sie auf Bayerisch mit Vergnügen am treffsicheren Sprachwitz, was leider nur andeutungsweise in die Schrift zu bringen ist – auf Kosten hochdeutscher Schreibweise und Grammatik.

Es sind Geschichten für Jung und Alt aus einer Zeit, die vor Kurzem noch war und doch schon so fern ist – Geschichten zum Lachen und zum Weinen.

Gabriele Kuby
Rimsting im Juli 2015


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