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Nur der Entwurf Sensburg/Dörflinger schützt konsequent das Leben!

29. Juni 2015 in Deutschland, 2 Lesermeinungen
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Beurteilung der Gesetzentwürfe zum assistierten Suizid, die dem deutschen Bundestag vorliegen. kath.net-Kommentar von Prof. Manfred Spieker


Berlin (kath.net/pl) Nach der Grundsatzdebatte über die Problematik des assistierten Suizids am 13. November 2014 diskutiert der Bundestag am 2. Juli in einer ersten Lesung über vier Gesetzentwürfe von fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppen: 1. den Entwurf von Michael Brand (CDU)/ Kerstin Griese (SPD) u.a., der bisher die meisten Unterzeichner gefunden hat und „geschäftsmäßige“, das heißt auf Wiederholung angelegte Suizidbeihilfe von Organisationen wie von Einzelpersonen im Strafgesetzbuch verbieten, die Suizidbeihilfe von Angehörigen und Ärzten dagegen im Ausnahmefall erlauben möchte; 2. den Entwurf von Carola Reimann (SPD)/Peter Hintze (CDU) u.a. , der die ärztliche Suizidbeihilfe unter bestimmten Voraussetzungen im Bürgerlichen Gesetzbuch als ärztliche Dienstleistung legalisieren möchte; 3. den Entwurf von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) u.a., der die Suizidbeihilfe von Ärzten und nicht erwerbsmäßig handelnden Sterbehilfeorganisationen „nach Beratung“ ohne weitere Beschränkungen erlauben möchte, und schließlich 4. den Entwurf von Patrick Sensburg und Thomas Dörflinger (beide CDU), der die Suizidbeihilfe in einem neuen § 217 des Strafgesetzbuches generell verbieten möchte, allerdings noch die notwendige Zahl von Unterstützern sucht, um in den Bundestag eingebracht werden zu können. Neben den vier Gesetzentwürfen gibt es noch einen Antrag von Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen), der Bundestag möge beschließen, „dass eine Änderung des Strafrechts in Bezug auf die Sterbehilfe nicht notwendig ist“, der also darauf hinausläuft, dass Suizidbeihilfe von Ärzten, Angehörigen und Sterbehilfevereinen weiterhin straflos bleibt.

Mit Ausnahme des Entwurfs von Sensburg/Dörflinger wollen alle Entwürfe die Suizidbeihilfe von Angehörigen und Ärzten legalisieren. Sie unterscheiden sich lediglich in den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um die Suizidbeihilfe zu leisten, und in der Frage, ob auch Sterbehilfeorganisationen die Suizidbeihilfe leisten dürfen. Während der Entwurf Künast die Suizidbeihilfe nur an die vorherige ärztliche Beratung und die anschließende Dokumentation binden, aber weder von einem bestimmten Alter, einer unaufhaltsam zum Tode führenden Erkrankung oder einem zweiten ärztlichen Urteil abhängig machen will, sieht der Entwurf Reimann/Hintze genauere Regelungen im Hinblick auf die Einwilligungsfähigkeit, die unumkehrbar zum Tode führende Erkrankung, die Beratung und das zweite ärztliche Gutachten vor. Gemeinsam ist beiden Entwürfen, dass die Suizidbeihilfe ein ärztliches Behandlungsangebot werden soll. Der Entwurf Brand/Griese geht dagegen davon aus, dass die Suizidbeihilfe von Ärzten wie von Angehörigen nur „im Einzelfall in einer schwierigen Konfliktsituation oder aus rein altruistischen Gründen gewährt wird“.


Alle Gesetzentwürfe diskutieren eine Reihe von Fragen, die für die rechtliche Regelung der Suizidbeihilfe entscheidend sind – allerdings mit unterschiedlicher Konsequenz und unterschiedlichen Ergebnissen. Zu diesen Fragen gehören die Frage nach der Selbstbestimmung und der Tatherrschaft beim assistierten Suizid und die Frage nach der Abgrenzung des assistierten Suizids von der Tötung auf Verlangen. Die Gesetzentwürfe von Reimann/Hintze und von Künast gehen von einem unrealistischen Verständnis von Selbstbestimmung aus. Für sie ist Leben nicht etwas Gegebenes, sondern eine Option. Sie leiten aus dem Recht auf Selbstbestimmung ein Recht auf assistierten Suizid ab. Der einzelne Mensch sei „Souverän seines eigenen Lebens“ heißt es im Entwurf Künast in Verkennung der conditio humana nicht nur am Anfang des Lebens, sondern auch im Verlauf und am Ende. Auch Reimann/Hintze meinen, der aus der Menschenwürde abgeleiteten Selbstbestimmung könne nur ausreichend Rechnung getragen werden, wenn die staatliche Rechtsordnung gewährleistet, dass Ärzte Suizidbeihilfe leisten können. Diese Position vertritt letztlich auch der Entwurf Brand/Griese, der ein strafrechtliches Verbot der Suizidbeihilfe für einen „überscharfen Eingriff in die Selbstbestimmung von Sterbewilligen“ hält. Wenig konsequent ist der Entwurf Reimann/Hintze allerdings, wenn er die Selbstbestimmung des Suizidenten an die Gutachten von zwei Ärzten bindet, die die Voraussetzungen für die Suizidbeihilfe zu prüfen haben. Da ist der Entwurf Künast konsequenter, der derartige Voraussetzungen nicht kennt. Alle drei Entwürfe setzen auch wie selbstverständlich voraus, dass beim assistierten Suizid der Suizident der Täter, der Arzt und die Angehörigen aber nur Assistenten sind. Nur der Entwurf Sensburg/Dörflinger problematisiert diese Sichtweise. Er sieht mit Recht im Suizidhelfer nicht nur den Assistenten, sondern denjenigen, der die eigentliche Tatherrschaft über das Geschehen der Selbsttötung hat, der mit der Bereitstellung des tödlichen Mittels den Tötungserfolg anstrebt und die zukünftige Handlungsfreiheit des Patienten irreversibel zerstört.

Dass von einer Legalisierung der Suizidbeihilfe durch Ärzte und Angehörige ein Druck auf die Patienten ausgehen kann, Suizidwünsche zu verstärken oder erst entstehen zu lassen, weil sie ihren Angehörigen nicht zur Last fallen wollen, wird von den drei Entwürfen, die die Legalisierung anstreben, weitgehend ignoriert. Bundespräsident Johannes Rau hat das Problem in seiner Berliner Rede zur Bioethik am 18. Mai 2001 auf den Punkt gebracht: „Wo das Weiterleben nur eine von zwei legalen Optionen ist, wird jeder rechenschaftspflichtig, der anderen die Last seines Weiterlebens aufbürdet“. Während der Entwurf Reimann/Hintze behauptet, durch die Suizidbeihilfe würden Rechtsgüter Dritter nicht in relevanter Weise berührt und der Entwurf Künast immerhin – gegen die beiden anderen Entwürfe, die nur Sterbehilfeorganisationen verbieten wollen – feststellt, es sei falsch, Einzelpersonen immer für vertrauenswürdiger zu halten als Sterbehilfeorganisationen, spricht der Entwurf Brand/Griese in erstaunlich naiver Weise wiederholt davon, dass Angehörige und Ärzte nur aus altruistischen Motiven oder aus Mitleid Suizidbeihilfe leisten würden.

Keiner der drei Entwürfe, die Suizidbeihilfe legalisieren wollen, stellt sich der Frage, was geschehen soll, wenn die Suizidbeihilfe misslingt, weil der Patient zu schwach ist, den tödlichen Cocktail zu trinken oder der tödliche Cocktail nicht hinreichend dosiert ist, um den Tod des Patienten herbeizuführen. Dass dies nicht selten vorkommt, zeigt ein Blick in die von der niederländischen Regierung in Auftrag gegebenen Untersuchungen über die Euthanasiepraxis in den Niederlanden. In diesen Fällen geht die Suizidbeihilfe dazu über, den Patienten aktiv in den Tod zu befördern. Die Grenze zwischen Suizidbeihilfe und Tötung verschwimmt also. Mit Recht wurde in der Bundestagsdebatte am 13. November 2014 deshalb von Rudolf Henke (CDU), einem Arzt und Vorsitzenden des Marburger Bundes, darauf hingewiesen, dass Patienten, die ärztliche Suizidbeihilfe in Anspruch nehmen, doch nicht wollen, dass der Arzt weggeht, wenn er den tödlichen Cocktail ans Bett gestellt hat. Er soll vielmehr dabei bleiben und den Ablauf überwachen. Er soll intervenieren, wenn etwas schief geht oder der Suizident sich quält. Deshalb sei die Grenze zwischen der Suizidbeihilfe und der Tötung auf Verlangen „sehr, sehr unscharf“. Sie werde mit der Zeit notwendigerweise verschwinden. Auch die Professoren Borasio, Jox, Taupitz und Wiesing, die im August 2014 den ersten Gesetzentwurf zur Legalisierung der Suizidbeihilfe durch Ärzte und Angehörige vorlegten, der dem Entwurf Reimann/Hintze sehr nahe kommt, schrieben, dass die Patienten es natürlich vorzögen, wenn Ärzte ihre Tötung vornehmen. Aufschlussreich ist auch ein Papier des Kantons St. Gallen zum Umgang mit Sterbehilfeorganisationen in Altersheimen vom 17. Mai 2013: Man habe die Erfahrung gemacht, dass es über die Zeit zwischen der erlaubten Suizidbeihilfe und dem Tod des Patienten „keine Informationen über die genauen Umstände des Todesfalles“ gebe.

Als seien sich die Autoren des Entwurfes Reimann/Hintze dieses Problems bewusst, wollen sie im neuen § 1921a Abs.4 BGB festlegen, dass nicht nur die Vorbereitung des Suizids durch den Arzt erfolgt, sondern auch der Ablauf von ihm überwacht wird: „Der Vollzug der Lebensbeendigung durch den Patienten erfolgt unter medizinischer Begleitung“. Der Arzt könnte also jederzeit intervenieren, wenn beim Vollzug des Suizids etwas schief läuft. Niemand wird je überprüfen können, ob der assistierte Suizid dann wirklich ein Suizid oder nicht doch eine Tötung auf Verlangen war. Es bedarf keiner prophetischen Gaben, um vorherzusagen, dass wenige Berichte über misslungene Suizidbeihilfen, bei denen Patienten längere Qualen erlitten, dazu führen werden, nach aktiver Sterbehilfe „lege artis“ durch dafür ausgebildete Ärzte zu rufen. Die Tötung auf Verlangen liegt deshalb in der Logik des assistierten Suizids. Der einzige Gesetzentwurf, der dieser Entwicklung vorzubeugen vermag, ist der Entwurf Sensburg/Dörflinger, der die Suizidbeihilfe verbietet, wie dies auch die Rechtsordnungen anderer Staaten in Europa tun, denen niemand den Charakter eines Rechtsstaates absprechen wird: Österreich, Italien, England und Wales, Irland, Portugal, Spanien und Polen. Wer konsequent das in Art. 2 Abs.2 GG gewährleistete Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit schützen und den Beruf des Arztes vor jedem Zwielicht bewahren will, wird deshalb dem Entwurf Sensburg/Dörflinger zustimmen.

Prof. Manfred Spieker (Foto) ist emeritierter Professor für Christliche Sozialwissenschaften des Instituts für Katholische Theologie der Universität Osnabrück.

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