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Papst Benedikt steht furchtlos im 'Lebenslänglich' seines Amtes

16. April 2012 in Weltkirche, keine Lesermeinung
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Die Geheimnisse des Joseph Ratzinger in einem Beruf, der sich nicht einfach „lernen“ lässt. Von Paul Badde / Die Welt


Rom (kath.net/DieWelt) Benedikt XVI. geht am Stock. Kein Wunder bei den 85 Jahren, die er heute vollendet. Ein Wunder ist eher, dass er sieben Jahre nach seiner Wahl zum Papst nicht längst schon auf dem Zahnfleisch geht. Die Bürde seines Amtes ist enorm, zum üblichen Verschleiß des Körpers im Alter. Sein Bruder Georg lebt ihm seit langem vor, was noch alles auf ihn zukommen könnte. Die Hüftgelenke, die Augen, die Ohren, alle Knochen. Es tut mal hier weh und mal da. Benedikt XVI. ist gesund und ordnet sein Leben höchst vernünftig, doch inzwischen ist der immer schon eher zarte Mann einer der ältesten Päpste überhaupt. Sein Vorgänger, Johannes Paul II., der Papst mit dem Sportler-Herzen, starb sechs Wochen, bevor er 85 geworden wäre. Diesen „Marathon-Mann Gottes“ hat Benedikt XVI. schon im März überholt.

Er ist jetzt wirklich alt, trotz aller Stunden, wo er immer jünger wirkt, wie etwa am Nachmittag des 24. März, als er in Guanajato auf der Plaza de la Paz mit den Kindern Mexikos zusammentraf. Der Platz brechend voll. Orchester, Kinderchöre, Trompeten, es fehlte an nichts, was Krach macht. Eine programmatische Rede auf Spanisch an den Präsidenten der Republik und die Kardinäle und Bischöfe Mexikos hatte der Papst da schon nach dem Langstreckenflug aus Rom auf dem Flughafen hinter sich gebracht, als er sich nun an die Kleinen wandte: „ Liebe Kinder! Ich bin froh, eure fröhlichen Gesichter zu sehen, die diesen schönen Platz füllen. Ihr steht im Herzen des Papstes an ganz wichtiger Stelle. Heute sind wir voller Jubel, und das ist wichtig. Gott möchte, dass wir immer glücklich sind. Wenn wir zulassen, dass die Liebe Christi unser Herz verwandelt, dann werden wir die Welt verwandeln können. Das ist das Geheimnis des echten Glücks.“ Alle Erschöpfung schien weggewischt. Er sah nicht nur hellwach aus. Er war es. Nach seiner inneren Uhr war es da aber auch gerade 2 Uhr 30 in der Nacht, römische Zeit. „Ihr, meine kleinen Freunde, seid nicht allein.“ Er war glücklich, das war klar, und das ist natürlich nicht immer so.

Denn der „Freund der kleinen Freunde“ ist ja auch ein Kirchenlehrer und Missionar und immer ein Seelsorger geblieben. Er war Professor. Jetzt ist er Bischof von Rom und Monarch des Vatikanstaates. Vor allem aber ist er als Nachfolger des Apostels Petrus seit sieben Jahren Oberhirt einer unübersehbar großen Herde von Katholiken, die sich oft in alle Himmelsrichtungen zu zerstreuen droht. Doch Papst ist kein Ausbildungsberuf. Er lässt sich nicht lernen. Und Strippenziehen, Hausmächte um sich zu sammeln und Netzwerke zu seinem Vorteil zu knüpfen, all dies hat Joseph Ratzinger nie gelernt, weder als Erzbischof von München noch als Chef der Glaubenskongregation in Rom. Es blieb ihm wesensfremd. In diesem Sinn ist er bis heute ein Außenseiter geblieben. Schon mit 31 Jahren forderte er eine radikale Abkehr der Kirche „von Macht, von der Kumpanei, vom falschen Schein, vom Mammon, von Betrug und Selbstbetrug“, Jahrzehnte bevor die deutschen Katholiken nach seiner Konzerthausrede in Freiburg im letzten Herbst zu rätseln begannen, was er wohl mit der „Entweltlichung“ gemeint haben mochte, die er der Kirche in Deutschland zum Abschied als Heilmittel zu ihrer notwendigen Erneuerung empfahl, die ihm seit dem Konzil ein Herzensanliegen ist. Ist das weltfremd? Ist er weltfremd? Nur in gewisser Hinsicht. Viele Spiele hat er tatsächlich nie mitgespielt. Gesehen hat er immer alles.


Er hatte auch nie einen Karriereplan, egal ob viele das für menschenunmöglich halten. Darum wirkt er auch heute noch oft wie ein Amateur. Er beruft seit langem meist Leute um sich, die er kennt und denen er vertraut, doch keine gewieften Taktiker, Politiker oder Verwaltungsgenies. Spektakuläre Pannen, an denen sein Pontifikat zusätzlich zu seinen drei Enzykliken, seinen Reisen und Büchern über Jesus von Nazareth inzwischen auch gesegnet ist, sind damit fast vorprogrammiert, nicht zuletzt aus dem Blickwinkel einer Medienwelt, in der das christliche Credo von Nizäa aus dem Jahr 325 keinerlei Bedeutung mehr hat – außer der einen, dass es immer noch stört. So wirkt der Freund der kleinen Freunde in der Abenddämmerung der Postmoderne, je älter er wird, auch selbst zunehmend wie ein kleiner Prinz von einem anderen Stern, wie ein Wunderkind, das immer nur geradeaus seinen Zielen folgt, ohne nach links oder rechts zu schauen, mit bemerkenswerter Ausdauer, ungeachtet allen Erfolgs oder Misserfolgs.

Der Aussöhnungsprozess mit den konservativen Piusbrüdern – in dem er gegen alle historische und menschliche Wahrscheinlichkeit konsequent ein letztes Schisma der katholischen Kirche abzuwenden versucht – betreibt er unbeirrt schon seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Den Kampf gegen jeglichen Missbrauch und die vorbehaltlose Aufklärung dieser dunklen Seite der Kirche hat keiner so zielstrebig geführt wie er. Dass er unbestechlich ist, müssen ihm selbst seine schärfsten Kritiker und Feinde bescheinigen, an denen es ihm Zeit seines Lebens nie mangelte; ein eifernder Jakobiner war er deshalb dennoch nie. Was seine Freunde und Gegner in und außerhalb der Kirche aber auch in Zukunft von ihm erwarten dürfen, ließ sich in der großen Liturgie der Kar- und Ostertage in den letzten Tagen in Rom wie einem offenen Buch entnehmen.

Die Feiern bilden den Höhepunkt des Kirchenjahres, angefangen vom Palmsonntag auf dem Petersplatz bis zur Spendung des Päpstlichen Segens in über 60 Sprachen über die Stadt Rom und die ganze Welt (urbi et orbi) am Ostersonntag - und sie sind ungeheuer anstrengend. Der Papst ist dabei nirgends zu ersetzen, weder im Lateran noch nachts am Kolosseum, noch im Petersdom. Die Feierlichkeiten verlangen große Disziplin, etwa „das Gedächtnis des Leidens und Sterbens des Herrn“ am Karfreitag, in der die Johannes-Passion nicht etwa nur einfach komplett vorgelesen, sondern Wort für Wort auf lateinisch gesungen wird. Die Andacht gebietet, dabei rund 40 Minuten lang zu stehen – nicht zu sitzen. Nur die Nachricht vom Tod Christi erlaubt ein kurzes Hinknien. Bei dieser Anstrengung verblüffte der Papst in diesem Jahr sogar die Schweizer Gardisten, wie ruhig er die ganze Zeit mit gefalteten Händen vor ihnen verharrte wie einer von ihnen, wie auf Wache, in königlichem Purpur, ohne die geringste Ablenkung, wie ein indischer Fakir in der Versenkung. Selbst die Zeremonienmeister zu seiner Rechten und Linken wirkten diesmal nervös im Vergleich zu dem alten Mann. Zwischen ihnen stand der Papst wie ein Baum. Diese gelassene Ruhe darf die katholische Kirche auch in Zukunft weiter von ihm erwarten. Und diese Zukunft kann noch lange dauern.

In der Nacht darauf aber war es, als würde er dennoch schon jetzt sein Vermächtnis verkünden, als er in seiner Predigt die Identifizierbarkeit Gottes im Licht der Osternacht als Alleinstellungsmerkmal der Christenheit auslegte. Es war und ist sein Lebensthema. Es ist das „unbesiegte Licht der Aufklärung Gottes“, das in der Osternacht eine zweite Neuschöpfung erfahren hat, über das er schon 1959 einen Aufsehen erregenden Aufsatz in der Zeitschrift „Hochland“ veröffentlichte. Vom Ereignis der Auferstehung wählte er jetzt für seinen Ostergruß ein Gemälde von Johann Heinrich Tischbein aus dem Jahr 1763, in der ein hell leuchtender Christus aus seiner Grabhöhle hinaus in die Dämmerung des ersten Ostertages tritt – in einer Art Umkehrung des Höhlengleichnisses Platons. Es ist eine gemalte Vision. „Bitten wir den Herrn in dieser Stunde darum,“ rief er jetzt, „dass das Leuchten von Christi Antlitz durch die Kirche in die Welt hereintritt!“

Er ist kein Firmenchef. Sein Entscheidungsspielraum ist nur gering und Lichtjahre von der unfehlbaren Allmacht entfernt, die ihm oft angedichtet wird. Wir dürfen uns den Papst allerdings als einen Präsidenten vorstellen, der einer Stiftung vorsteht, wo er sich nicht einem privaten Glauben, sondern dem Gründungswillen des Stifters unbedingt verpflichtet weiß. Dieses gemeinsame Glaubensgut von Abermillionen durch viele Jahrhunderte, in einem einzigartigen Amalgam aus Identität und Kontinuität, kann und darf und wird dieser Stiftungsvorstand nie zur Disposition stellen. „Ich habe nie versucht“, erklärte er seinem Interviewpartner Peter Seewald schon 1996, „ein eigenes System, eine Sondertheologie zu schaffen. Spezifisch ist, wenn man es so nennen will, dass ich einfach mit dem Glauben der Kirche mitdenken will, und das heißt vor allem mitdenken mit den großen Denkern des Glaubens.“ Daran hat sich nichts geändert. Dieser Rahmen wird für den alten Theologen des Aufbruchs aus den Tagen des Konzils auch als Papst und in Zukunft die Richtschnur bleiben, um über jedes berechtigte und unberechtigte Reformverlangen zu befinden. Dass ihm bei dieser Aufgabe im Apostolischen Palast selbstverständlich nur ein „lebenslänglich“ gilt, hat er an Johannes Paul II. aus nächster Nähe beobachtet und erfahren. Wenn er von seinem Fenster auf den Petersplatz hinab schaut, blickt er immer auf den Obelisken, auf den schon Petrus sah, als er da unten im Neronischen Cirkus kopfüber gekreuzigt wurde. Der so prachtvoll überbaute Vatikanhügel ist nichts anderes als der Galgenhügel des ersten Papstes. Diese Aussicht hat Benedikt XVI. seit langem furchtlos werden lassen. Seiner Verpflichtung für die Nachfolge Petri wird und will er nicht mehr lebend entkommen. Das macht ihn freier als viele ahnen, gerade in seinem Heimatland. Ja, er geht inzwischen am Stock. Aber es ist vor allem ein Hirtenstab, mit dem der 85jährige weltweit über eine Milliarde Katholiken zusammenhält.




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