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Der auserwählte Typus der Kleinen

8. Mai 2008 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Zur Seligsprechung der Ordensgründerin Mutter Rosa Margaretha Flesch am 4. Mai 2008 in Trier. Von Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz / Die Tagespost.


Würzburg (www.kath.net / tagespost) In einer Lebenswelt vieler Religionen und neuer Heilslehren und Heilungsversprechen ist das Profil des Christentums nicht mehr deutlich. Sind möglicherweise alle Religionen mehr oder weniger gleich? Stimmen sie letztlich in einem interreligiösen Einheitsgott überein?

Einige wenige und besonders klare Zeichen gibt es jedoch, an denen das Unterscheidende des Christlichen deutlich wird. Zu solchen Zeichen gehört die seit zwei Jahrtausenden nicht verstummende große Melodie: Gott anzutreffen in den Armen. Durch alle christlichen Generationen lässt sich dieser Ton vernehmen, immer wieder neu und anders angeschlagen.

Im 19. Jahrhundert erreicht er eine symphonische Fülle: Dem „Pauperismus“ infolge der Industrialisierung antwortet vor allem ein Schatz von Gründerinnen mit karitativen Frauenkongregationen. Zwischen 1830 und 1860 wurden allein in Deutschland 48 katholische weibliche Genossenschaften gegründet, auf evangelischer Seite 1836 die Diakonissen.

Unter den Kongregationen des 19. Jahrhunderts hat jene der „Waldbreitbacher Franziskanerinnen der Gottesmutter von den Engeln“, entstanden vor gut 150 Jahren, ein besonderes Profil. Lebenszeit und Lebensort der Gründerin Margaretha Flesch spielen sich im europäischen Umbruch ab, die Zeit steht seit der Französischen Revolution auf des Messers Schneide.

Ihr Geburtsjahr 1826 liegt mitten in der politischen Umstellung und neuen Kräfteverteilung des 19. Jahrhunderts die Säkularisierung der Kirchengüter und die Aufhebung vieler Klöster war seit 1803 allenthalben vollzogen, 1815 wurde der Kontinent durch den Wiener Kongress neu aufgeteilt. Das Rheinland war preußisch geworden; für die Katholiken begann der Abstieg in die Zweitrangigkeit.

Noch während der Jugend Margarethas wird Europa 1848 von schwierigen und vergeblichen Demokratisierungsschüben umgetrieben, der Kirchenstaat wankt, aber auch die Macht der andrängenden neuen Ideen wie Demokratie, Presse- und Religionsfreiheit machen der Kirche zu schaffen, die im Grundzug defensiv wird.

Mehr denn je lässt sich die Kirche in ein Ghetto der häuslichen und binnenkirchlichen Frömmigkeit drängen, mehr denn je auch wird sie defensiv gegenüber dem (Kultur-)Protestantismus, der vor allem in Deutschland das Geistesleben bestimmt und in den Bismarckschen Kulturkampf mündet. Die jahrhundertealte hohe Ästhetik der christlichen Kunst weicht durch die Säkularisation einem blassen Nachahmen der alten Stile; das frömmelnde nazarenische Jesusbild besetzt die christlichen Häuser.


Dennoch ist es auch das Jahrhundert großer Heiliger, die nun ein neues Profil des Christentums suchen: eben auch die vielen Gründerinnen von Liebeswerken wie in Münster Pauline von Mallinckrodt für die Blinden, im Elsaß Elisabeth Eppinger, die Gründerin der Niederbronner Schwestern, oder im Taunus Katharina Kaspar, Gründerin der Armen Dienstmägde Jesu Christi.

In rascher Hilfe waren auch seit 1842 in Neiße die „Grauen Schwestern“ tätig, in Aachen seit 1845 Franziska Schervier mit den „Armenschwestern“, während in Frankreich Frederik Ozanam die Vinzenzvereine ins Leben gerufen hatte.

Es gehört zu den immer neu Staunen erregenden Geheimnissen des Christentums, dass es aus gänzlich unerwarteten Quellen wieder fruchtbar wird – aus Quellen, die zu Sieg und Auseinandersetzung gar nicht geschaffen scheinen. In solchen Lagen bildet sich ein Typus heraus, der in Krisenzeiten der Kirche plötzlich auftaucht, gewissermaßen aus dem Thesaurus der „Gemeinschaft der Heiligen“ aktiviert wird: der Typus der unauffälligen, vielleicht sogar einfältigen „Kleinen“.

Da sie leicht übersehen werden, geraten sie auch nicht ins unmittelbare Schussfeld – und sie gewinnen Terrain, noch bevor die tonangebende Kultur sie bemerkt. Zu diesem Typus der Kleinen, die im Gleichnis vom Senfkorn vorhergesagt sind, gehört Rosa Flesch. Und es mag sein, dass dieses Kleinsein der Schutz ist, der sich um ein wichtiges göttliches Werk legt.

Wie merkwürdig, dass jenes Proletariat, in das die Familie Flesch mit ihren sechs Kindern und dem kargen Brot hineingehörte und in dem Marx den Träger der endgültigen Revolution sah, umgekehrt die christlichen Revolutionäre ganz anderer Art aus sich entließ. In diese Wiedergeburt des Christlichen aus dem Geist der Bescheidenheit gehört Margaretha Flesch, die nach der Gründung ihrer Genossenschaft am 18. März 1863 den Namen der heiligen Rosa von Viterbo annahm.

„Der liebe Gott sucht das Kleine aus, wenn er Großes vorhat.“ Neben die Leuchten der Theologie und Philosophie sind die Kleinen, fast Unsichtbaren, sich Verbergenden in das christliche Abenteuer eingewirkt. Und das gilt in fast Ärgernis erregender Weise auch von vielen unspektakulären Aussagen der Gründerinnen im 19. Jahrhundert. Liest man die Erinnerungen Mutter Rosas über ihre jungen Jahre, so bestürzt die Einfachheit des Tones, das immer schon Gewusste, das Katechismusartige in ihren stilistisch ungefeilten Sätzen.

„Der liebe Gott ist so gut, man braucht nicht traurig zu sein.“ – „Die Leiden sind die Pflastersteine auf dem Weg zum Himmel.“ – „Nur in der Armut ist mir die Hilfe Gottes versprochen.“ – „Solange die Schwestern den Geist der Armut und Einfachheit pflegen, so lange ist Gottes Segen bei unserer Genossenschaft, so lange kommen auch neue Mitglieder.“ – „Die Gebete der Einfältigen erhört der liebe Gott, sie dringen durch die Wolken.“

Wer wüsste das nicht und empfände zugleich nicht das Gefühl der Kürze des geistlichen Alphabets, das vor den Augen der literarischen und künstlerischen Welt ans Lächerliche grenzt? Und doch lesen wir, dass die junge Frau Einfluss auszuüben beginnt, dass sie über Gaben verfügt, die ihre Trägerin über alle Anfeindungen hinausheben: die Gabe des unermüdlichen Helfens, die Gabe der Hellsicht, sogar der Prophetie, und eine unerschöpfliche Zuversicht. „Der Gehorsam ist die Mutter der Wunderwerke.“

Dazu kommen Gesundheit und Krankheit in den Blick: Das anfänglich schwächliche Kind, dessen Mutter an Schwindsucht stirbt und dessen Schwester an Fallsucht leidet, ist doch im Kern gesund und hat eine lange Lebenszeit von 80 Jahren; erst im Alter drückt sich wieder eine wechselnde Anfälligkeit und Schwäche aus.

Wieder ist man versucht, den religionskritischen Einwänden Gehör zu geben: Warum ist es das Schwächliche, dem Leben nur mühsam Gewachsene, das hier dem Göttlichen naherückt: „Vieles für Christus leiden und verachtet werden für Christus – das sind die Wundertaten einer wahren Braut Christi.“ Es sieht so aus, als wäre das Göttliche selbst dem Leiden, der Armseligkeit des Denkens und Fühlens verschwistert. Und Leiden gab es in Fülle.

Nicht nur musste „dat Jritt“ lange, sehr lange auf die kirchliche Anerkennung ihrer (damals drei Idealistinnen umfassenden) Genossenschaft durch die Diözese Trier warten. Die unglaublich engen Wohnverhältnisse bei der Kreuzkapelle zu Füßen von Waldbreitbach wurden noch dazu mit der epilepsiekranken Schwester und mit Waisenmädchen geteilt.

Wider alle „Vernunft“ verfolgte Margaretha aber den Plan, ein Klösterchen auf der Höhe zu errichten – mit kaum vorhandenem Geld, auf abschüssigem Gelände, ursprünglich ohne viel Wasser; so trugen die Gefährtinnen „nach der Arbeit“ Humus auf dem Rücken nach oben, teilweise mit bloßen Füßen. Und es gelang. Wo heute das eindrucksvolle, große Kloster der Franziskanerinnen steht, war früher nichts als Wildnis, unfruchtbare Öde.

Doch folgte dem Segen, der zusätzlich in zwölf Jahren 21 Tochtergründungen sprießen ließ – Altenheime, Kinder- und Krankenhäuser –, noch die Belastung durch den Krieg von 1870/71, in welchem Mutter Rosa mit ihren Schwestern in Lazaretten schwersten Dienst tat; eine Kugel hatte auch ihr Bein getroffen, das seitdem ständig schmerzte.

Und während dieser Abwesenheit wuchs das Unvorhergesehene: Der damalige Geistliche Rektor bereitete eine neue Linie vor, die er mit einer neuen Oberin durchsetzen wollte, was schließlich 1878 geschah. In der Folge, und zwar bis zu ihrem Tod am 25. März 1906, also 28 Jahre lang, wurde Mutter Rosa nun ins Abseits gedrängt.

Sie wurde mit 52 Jahren, mitten auf der Höhe ihres Schaffens und des anhebenden „Erfolgs“, von ihrer Nachfolgerin „entmachtet“, zunehmend als Stifterin verleugnet, gedemütigt, ihre Aufzeichnungen wurden entwendet und vernichtet. Sie versank in Schweigen.

28 Jahre, fast ein Lebensalter lang, bestand sie die immer erneute, nie vernarbende Zurücksetzung in Tapferkeit, sie bestand auch die Versuchung, auszutreten und eine neue Genossenschaft zu gründen. Auch hier gibt es ein authentisches Wort: „Das Hinwegsetzen über manches heilt oft mehr Übel in einer Stunde als die Empfindlichkeit in einem Jahr.“

Überzeugend ist, dass die zum Stillhalten Gezwungene und ins Abseits Geschickte auf die Besucher stärkend, aufrichtend wirkte, sie gerade nicht ins Frömmelnde entließ. „Ich bete zu Gott, dass du demütig und klein bleibst und dass Leiden und Kreuz dein Anteil sind... Auch um die größte aller Gnaden bitte ich zu Gott, dass du ihm treu bleibest bis zum Ende“ – so aufmunternd (!) zu einer jungen Schwester. Mutter Rosa ordnete sich ganz in die – wortlose – Verkündigung der Erlösung ein. „Das Stillschweigen ist die Mutter heiliger Gedanken und die Ernährerin des Gebetes.“

Mutter Rosas bittere Prüfung, noch bis in die letzten Tage hinein, war der Verlust der Sicherheit, von Gott geführt zu sein – zu vieles sprach dagegen, zu vieles wurde verändert, auch und gerade mit geistlicher Billigung. Die Müllerstochter und Gründerin musste immer neue Stockungen durchstehen, ja wurde von ihren Oberen selbst als Stockung und Hindernis empfunden.

Aber: Mutter Rosa fand auf dem Felsen ihrer Gründung in Waldbreitbach eine Wasserader, was ihre Bauherren für unmöglich gehalten hatten. „Gott leitet die Herzen wie Wasserbäche! In vertrauensvollem Gebet kann man alles erlangen.“

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