Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Bistum Trier entlässt AFD-Landtagsabgeordneten Schaufert aus einem Kirchengremium
  2. Kardinal Parolin: Es wird keine Kehrtwende in der Kirche geben
  3. Das Leben des Menschen ist schutzwürdig oder doch nicht?
  4. Erzdiözese Wien: Lediglich 7,5 Prozent der Kirchenmitglieder besuchen die Hl. Messe
  5. Nur 4 deutsche Bistümer sagen NEIN zum 'Synodalen Irrweg/Ausschuss'
  6. Deutsche Jugend: GRÜNE PFUI, AFD HUI?
  7. Werden Sie Schutzengerl für kath.net für mindestens 2024 und 2025!
  8. Etikettenschwindel in der Mutterhauskirche der Waldbreitbacher Franziskanerinnen
  9. Deutschland: Schüler konvertieren aus Angst zum Islam
  10. ,Ich habe Pornographie gemacht – jetzt mache ich Rosenkränze!‘
  11. ,Besorgniserregend': Neue Studie über muslimische Schüler
  12. Erzbistum Hamburg verliert 2023 Millionen Euro durch Mitgliederschwund
  13. Papst empfiehlt Brettspiele statt Zeit am Handy zu vertrödeln
  14. 'Klima-Jesuit' Jörg Alt mit wirren Aussagen: 'Jesus hätte sich auf die Straße geklebt'
  15. Klarer als die Deutsche Bischofskonferenz!

Eine Jüdin, ein Kardinal, und ein ermordetes Mädchen

13. Februar 2022 in Chronik, 7 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


NS-Opfer Gabi Schwarz (1937-1943) starb im Alter von knapp sechs Jahren. Gastbeitrag von Elmar Lübbers-Paal


Augsburg (kath.net) Auch wenn das Mädchen, über das ich hier berichte, keine sechs Jahre alt wurde, so reichen nur wenige Zeilen aus, um ihr Schicksal zu verdeutlichen. Gabi ist katholisch getauft und wird katholisch erzogen, dennoch muss sie sterben, weil sie den Machthabern als Jüdin galt. Um ihren Leidensweg mitfühlen zu können, müssen wir deshalb zunächst ihre Herkunft betrachten.

Gabis Mutter

Das jüdische Ehepaar Karl und Anna Schwarz führt in Augsburg ein Eisenwarengeschäft. Aus der Ehe gehen drei Töchter hervor. Lotte (Charlotte Margarete Eckart geb. Schwarz * 26.4.1904) ist die jüngste. 1933 heiratet sie den Hauptmann a. D. Wilhelm Eckart. Dieser stirbt jedoch nach nur einem Ehejahr an einer Atemwegserkrankung. Als junge Witwe bildet Lotte sich zur Atemlehrerin fort und arbeitet in dem Kneipp-Kurort Bad Wörishofen. 1936 geht sie als Atemlehrerin nach Liechtenstein. Dort verhandelt sie mit Pfarrer Frommelt über die Einführung von „Atemlehre“ als Unterrichtsfach. Da wird Lotte schwanger. Sie muss Liechtenstein verlassen und nach Deutschland zurückkehren.

Dort gelten inzwischen die Nürnberger Rassengesetze, die Verbindungen zwischen Juden und „Deutschblütigen“ unter Strafe stellen. Deswegen behält sie den Namen des Kindsvaters wohl zeitlebens für sich.

In Marktoberdorf im Allgäu bringt Lotte ein kerngesundes Mädchen zur Welt: Gabi (Gabriele Schwarz * 24.5.1937). Seit Jahren steht Lotte in persönlichem Kontakt zu Kardinal Michael von Faulhaber, der ihren verstorbenen Mann noch aus dem Ersten Weltkrieg kannte. Der Münchner Kardinal dokumentiert 15 Besuche von Lotte in seinem Tagebuch. Am 12.5.1937 wird Lotte auf seine Empfehlung getauft, ein Tag nach ihrer Geburt, am 25.5., auch Gabi. Der Kardinal firmt Lotte und stellt ihr am gleichen Tag eine Empfehlung für ein katholisches Komitee in Amerika aus. Lotte will zusammen mit Gabi so schnell wie möglich raus aus Deutschland. Während sie sich um die Auswanderung bemüht, vertraut sie ihre kleine Gabi der Bauernfamilie Aichele in Stiefenhofen (Westallgäu) an. Die Schwester der Bäuerin, Rosalia Häringer, die in Marktoberdorf verheiratet ist, vermittelt das Kind ihrer Schwester Therese auf den Aichele-Hof. Früher war Rosalia bei Lottes Familie in Augsburg Haushälterin. So kennt sie Lotte von Kindesbeinen. Die weiß ihre Tochter bei Aicheles in guten Händen und besucht sie, so oft sie kann. Sie bringt ihr schmucke Kleider und Spielzeug mit. Lotte hinterlässt auch einen Fotoapparat auf dem Hof. So entstehen viele Fotos von Gabi, die ihre glückliche Kindheit belegen. Welch ein Segen!


Das Scheitern

Trotz der Empfehlung Kardinal Faulhabers scheitern alle Pläne zur Auswanderung. 1941 wird Lotte verhaftet, vermutlich weil sie als Katholikin den Judenstern nicht tragen will. Sie wird ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück gebracht und am 8.5.1942 in der NS-Tötungsanstalt Bernburg mit Kohlenmonoxid ermordet.

Gabis Heiterkeit

Gabi ist für die Aicheles wie ein eigenes Kind. Gern spielt das Mädchen mit dem lockigen Haar mit den Nachbarskindern und den Tieren des Hofes. Ganz besonders haben es ihr Hofhund Frischle und die Hühner angetan, die sie leidenschaftlich gerne füttert. 1942 wird ein Mädchen aus Augsburg, das mit der Kinderlandverschickung auf den Aichele-Hof kommt, ihre erste Freundin. Gabis schönster Sommer.

Todesmühlen der Bürokratie

Obwohl Gabi katholisch getauft ist, gilt sie nach dem Gesetz aufgrund ihrer Abstammung als „Volljüdin“. 1939 erhält sie deshalb wie alle Jüdinnen den zusätzlichen Vornamen „Sara“. Auf dem Bauernhof ist Gabis jüdische Abstammung kein Thema: sie ist ja wie ihre Mutter getauft und wird katholisch erzogen. Jeden Tag betet man mit dem kleinen Kind, erzählt ihr von der Heiligen Schrift und feiert Weihnachten, Ostern und Namenstag mit ihr. Nach Lottes Tod kommt die Gestapo auf ihre Spur: Überweisungen des Pflegegelds an Aicheles werden Gabi zum Verhängnis. Der Ortsgruppenleiter und Bürgermeister überbringt den Befehl: Gabi muss fort.

Gabis bewegendster Satz

Als Gabi ihrer Pflegemutter, der Bäuerin Therese Aichele, für immer Lebewohl sagen muss, sagt sie: „Gell, Mama, Du betest für mich und ich bete für Euch!“

Gabis Schicksal

Schweren Herzens geben Aicheles ihre Pflegetochter ab. Sie kommt zunächst in das „Jüdische Sammellager Berg am Laim“ nach München. Dorflehrer Johann Pletzer setzt alle Hebel in Bewegung. Er spricht mit Vater Aichele in München sogar persönlich bei der Gestapo vor. Vergeblich! Ein letztes Mal sieht er Gabi in Berg am Laim durchs Schlüsselloch beim Spielen. Kurz darauf wird das Sammellager geräumt. Sämtliche Insassen werden in Viehwaggons nach Auschwitz transportiert. Vier Tage und drei Nächte dauert die Fahrt, eingepfercht, ohne Verpflegung und hygienische Einrichtungen einem unbarmherzigen Schicksal entgegen. In Auschwitz angekommen werden die Nichtarbeitsfähigen, die Alten, die Kranken und die kleinen Kinder sofort zum Krematorium II gekarrt – auch Gabi. Die Unglücklichen werden an Ort und Stelle vergast und ihre Leichen verbrannt. Es ist der 16. März 1943.

Kürzlich weihte der Augsburger Bischof, Dr. Bertram Meier, eine Gedenktafel für Gabi ein. Sie befindet sich nun an der äußeren Seitenwand der Kirche von Stiefenhofen – zur Mahnung.

Wer mehr über Gabi erfahren möchte, dem sei das Buch „Gabi (1937-1943) – Geboren im Allgäu ermordet in Auschwitz“ von Leo Hiemer, sein Film „Leni...muss fort“ sowie die Ausstellung „Geliebte Gabi“ empfohlen: www.geliebtegabi.de

Archivfoto: Gabi vor der Haustür des Aichele-Hofs in Stiefenhofen © Archiv Leo Hiemer


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

 felis.catus 14. Februar 2022 
 

@KatzeLisa

"Wie haben sie nach dem Krieg mit dieser Schuld weiterleben können?" Leider wurden viele der Schuldigen nie zur Rechenschaft gezogen. Einige jedoch wurden verurteilt, teilweise infolge eines großen Engagements von Menschen, wie z.B. Serge Klarsfeld. Der Holocaust-Überlebende ist einer der bekanntesten Nazi-Jäger und spürte zusammen mit seiner Frau Beate Klarsfeld den als „Schlächter von Lyon“ berüchtigten Klaus Barbie und zahlreiche andere NS-Verbrecher auf.


2
 
 KatzeLisa 13. Februar 2022 
 

grauenhaft

Es ist immer wieder unfassbar, was für Verbrechen Menschen verüben können. Am Tod dieses Kindes waren viele beteiligt, die meisten sind hier auf Erden nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Sie waren kleine Rädchen im Vernichtungswerk der Nazis. Wie haben sie nach dem Krieg mit dieser Schuld weiterleben können?


1
 
 Chris2 13. Februar 2022 
 

@frank.r

Es ist kein Zufall, dass die offzielle Perversion der Menschenrechte, die in der Forderung nach einem "Menschenrecht auf Abtreibung" gipfelt, und das Verstummen der kirchlichen Verkündigung über die unauslöschliche Seele eines jedes Menschen zeitlich zusammenfallen...


1
 
 bibelfreund 13. Februar 2022 
 

Wehret den Anfängen

Nie vergessen: die von den christlichen Kirchen oder CDU/CSU bejubelten Klima-Kinder etc sind tief im antisemitismus verwurzelt, ganz zu schweigen von den anti-israelischen Abstimmungen des Merkel-Regimes in der UNO


0
 
 frank.r 13. Februar 2022 
 

Mensch ist Mensch. Vollkommen unabhängig vom religiösen Bekenntnis oder von der Herkunft der Eltern und Großeltern oder der Staatsangehörigkeit. Leider haben aus den schlimmen Erfahrungen der NS-Zeit viele nicht gelernt und bekommen das immer noch nicht auf die Reihe.


4
 
 Chris2 13. Februar 2022 
 

Jede Gesellschaft, die ihre Kinder ermordet,

begibt sich in die Klauen des Widersachers und wird untergehen. Doch aus den Trümmern wächst hoffentlich neues Leben und die Besinnung auf Gott und die wirklich wichtigen Dinge. Bis die nächsten Ideologien zuschlagen. Und manchmal verschwinden dekadente Zivilisationen auch ganz. Es deutet einiges darauf hin, dass wir letzteres sogar gerade 'live' erleben...


1
 
 Zyane 13. Februar 2022 
 

Unfassbar, was vor gar nicht langer Zeit für Gräueltaten verübt wurden. Nicht einmal vor Kindern haben diese Verbrecher halt gemacht. Wir sollten aufpassen, dass sich solche Dinge nie wiederholen, auch in Anfängen nicht.


4
 

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu








Top-15

meist-gelesen

  1. Werden Sie Schutzengerl für kath.net für mindestens 2024 und 2025!
  2. KOMMEN SIE MIT! EINMALIGE REISE - 13. Oktober 2024 in Fatima + Andalusien!
  3. ,Ich habe Pornographie gemacht – jetzt mache ich Rosenkränze!‘
  4. Nur 4 deutsche Bistümer sagen NEIN zum 'Synodalen Irrweg/Ausschuss'
  5. Klarer als die Deutsche Bischofskonferenz!
  6. Bistum Trier entlässt AFD-Landtagsabgeordneten Schaufert aus einem Kirchengremium
  7. Taylor sei mit Euch
  8. US-Präsident Biden macht Kreuzzeichen bei Pro-Abtreibungskundgebung
  9. 'Gott kann in die Geschichte eingreifen, wenn wir beten!'
  10. ,Besorgniserregend': Neue Studie über muslimische Schüler
  11. Kardinal Parolin: Es wird keine Kehrtwende in der Kirche geben
  12. Bischof Strickland warnt vor ‚Crescendo der Apostasie’ in der Kirche
  13. Etikettenschwindel in der Mutterhauskirche der Waldbreitbacher Franziskanerinnen
  14. Papst: Pius VII. leitete die Kirche mithilfe seiner Unterwäsche
  15. Deutsche Jugend: GRÜNE PFUI, AFD HUI?

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz