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Gedenkjahr: Rosenkranzfest 1938 war Bekenntnisakt gegen NS-Regime

2. März 2018 in Chronik, 1 Lesermeinung
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Zeithistoriker Helmut Wohnout: Feier am 7. Oktober 1938 im Stephansdom mit 9.000 Jugendlichen markierte Umdenken der Kirchenleitung - 80. Gedenkjahr soll unvoreingenommene Bilanz jenseits von ideologiegespeisten historischen Denkschulen ermöglichen


Wien (kath.net/KAP) "Wer am 7. Oktober 1938 am Rosenkranzfest im Wiener Stephansdom teilgenommen hat, hat damals bewusst einen Bekenntnisakt gegen den Nationalsozialismus gesetzt." Das betonte der Zeithistoriker Helmut Wohnout im Interview mit Kathpress im Blick auf jene politischen Ereignisse, die 2018 im Fokus des offiziellen "Gedenk- und Erinnerungsjahres" Österreich stehen werden. Wolle man die Rolle der katholischen Kirche im Jahr 1938 gerecht beurteilen, so müsse man neben der tragischen "Feierlichen Erklärung" der Bischöfe mit ihrem "Ja zum Anschluss" das baldige Umdenken der Kirchenleitung mitbedenken, wofür das Rosenkranzfest exemplarisch sei, so Wohnout, der dem wissenschaftlichen Beirat für das Gedenkjahr angehört.

Dass die Teilnahme an dieser religiös-politischen Feier damals keine Selbstverständlich war, werde vor dem Hintergrund der politischen Lage besonders deutlich, führte Wohnout aus: Nur wenige Tage zuvor, am 30. September 1938 hatten die europäischen Großmächte, England, Frankreich, Italien und das Deutsche Reich das sogenannte "Münchner Abkommen" unterzeichnet. Die Münchner Konferenz hatte mit einem diplomatischen Triumph des nationalsozialistischen Deutschland geendet. Die mehrheitlich deutschsprachigen Gebiete der Tschechoslowakei wurden dem Deutschen Reich angegliedert. Hitler hatte sich gegenüber den Westmächten durchgesetzt und das nationalsozialistische Deutschland stand am vorläufigen Höhepunkt seiner Macht.

"Es war keine gute Zeit für Oppositionelle, im Gegenteil. Hitler war im Kreis der Staatsführer salonfähig geworden, und man war gut beraten, sich darauf einzustellen, dass der Anschluss und die NS-Herrschaft ein Definitivum darstellen würde. Viele meinten, es sei klug, sich zu arrangieren. Und diejenigen, die anderer Meinung waren, behielten dies besser für sich", so Wohnout zu den Rahmenbedingungen rund um den 7. Oktober 1938.

Vor diesem Hintergrund sei es "nicht erwartbar" gewesen, dass sich trotzdem rund 9.000 Jugendliche zuerst im Stephansdom und dann öffentlich vor dem Erzbischöflichen Palais versammelten, um ihre Loyalität zur Kirche und zu Kardinal Innitzer zu bekunden, so Wohnout, der ein wissenschaftliches Zeitzeugenprojekts zum Rosenkranzfest durchgeführt hat.

Keimzelle für Widerstand


Im Nachhinein betrachtet, seien viele Teilnehmer an der Rosenkranzfeier in der Folge in den passiven, manche auch in den aktiven Widerstand gegen das NS-Regime gegangen. Und sie waren es, die nach 1945 die katholische Kirche, aber auch das Land maßgeblich gestaltet haben.

Als einige Beispiele dafür nannte Wohnout die illegalen Gruppen um Prälat Karl Strobl, der nach dem Krieg die Katholische Hochschulgemeinde aufbaute, und die Jugendlichen rund um den von den Nationalsozialisten verhafteten späteren Bischofsvikar Josef Zeininger in der "Krim" im 19. Wiener Gemeindebezirk, dessen späterer Einsatz der Katholischen Arbeiter Jugend galt. Die illegale Gruppe um Monsignore Anton Pichler in der Wiener Pfarre St. Rochus wiederum habe Verbindungen zu den späteren Gründern der ÖVP um Felix Hurdes gehabt.

Insgesamt erhofft sich der Historiker vom Gedenkjahr 2018 eine "unvoreingenommene Bilanz jenseits von ideologiegespeisten historischen Denkschulen". Es wäre ein großer Gewinn, wenn dabei ein "gesichertes historisches Bewusstsein" entstünde, das der jungen Generation zu vermitteln sei, um auf dieser Basis die Zukunft zu gestalten.

Hitlers Pläne mit Innitzer

Die Geschichte der katholischen Kirche im Jahr 1938 und danach kann als in den Grundzügen als gut aufgearbeitet gelten. Als Beispiele dafür nannte Wohnout die wissenschaftlichen Arbeiten von Erika Weinzierl und Maximilian Liebmann. Letzterer hatte sich u.a. intensiv mit Kardinal Innitzer auseinandergesetzt.

"Neue Erkenntnisse" gebe es aber nach wie vor. Sie machen das Bild deutlicher, so Wohnout, der in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die vor einigen Jahren publizierten Tagebücher von NS-Reichspropagandaminister Joseph Goebbels hinwies.

Aus ihnen könne man schließen, dass Adolf Hitler nach den beiden Begegnungen mit Kardinal Innitzer "zumindest kurzfristig" gehofft habe, mit dem Wiener Erzbischof seine weitreichenden Absichten "zur Errichtung einer von Rom getrennten katholischen Nationalkirche" verwirklichen zu können. "Die aus heutiger Sicht bizarr anmutende Idee Hitlers bestand in einer papstfreien, gleichgeschalteten deutschen katholischen Kirche analog zur weitgehend herrschaftskonformen protestantischen Kirche", so Wohnout.

Goebbels schreibt im Tagebuch, dass ihm Hitler nach seinem Gespräch berichtete: "Abfallbewegung initiieren, Gegenreformation liquidieren". Innitzer schien Hitler als mögliches Instrument, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. "Doch hier lag Hitler völlig falsch. Innitzer dachte nicht eine Sekunde daran, bei so etwas mitzuspielen. Der Kardinal blieb immer papsttreu", führte Wohnout aus. Die NS-Größen hätten deshalb alsbald ihr weltfremdes Gedankenspiel mit dem Wiener Kardinal als Gallionsfigur wieder fallen gelassen, und die Verhandlungen um einen modus vivendi zwischen Nationalsozialismus und Kirche seien gescheitert.

Die kirchenpolitischen Planspiele Hitlers zeigten aber anschaulich, wie sehr der nationalstaatlichen, totalitären NS-Diktatur der universale Anspruch der weltweit agierenden katholischen Kirche ein Dorn im Auge war, so Wohnout abschließend.

Größte Manifestation gegen Nationalsozialismus

Am 7. Oktober jährt sich zum 80. Mal die Jugendfeier zum Rosenkranzfest im Wiener Stephansdom. Die Feier mit dem damaligen Wiener Erzbischof, Kardinal Theodor Innitzer, gilt als die größte Manifestation des geistigen Widerstands gegen den Nationalsozialismus im gesamten sogenannten "Großdeutschen Reich". So war im September 1938 die Wiener katholische Jugend über das offizielle "Wiener Diözesanblatt" zum traditionellen Rosenkranzfest eingeladen worden.

Schon diese Ankündigung signalisierte einen Akt des Widerstandes und wurde vom totalitären NS-System als Herausforderung empfunden. Rund 9.000 junge Menschen erschienen schließlich am 7. Oktober im Stephansdom und hörten die Predigt Kardinal Innitzers, die vom Eingeständnis seines Irrtums und seiner Enttäuschung über das Verhalten der Nationalsozialisten geprägt war.

"Euer Führer ist Christus"

Kardinal Innitzer predigte in Abänderung des gedruckten Programms nicht vorne beim Altar, sondern bestieg wegen der unerwartet hohen Anzahl von Jugendlichen die berühmte Pilgramkanzel. Seine Ansprache gipfelte in den Worten: "Einer ist euer Führer, euer Führer ist Christus, wenn ihr Ihm die Treue haltet, werdet ihr niemals verloren gehen".

Die Jugendlichen versammelten sich nach der Andacht spontan vor dem Erzbischöflichen Palais, um nachdrücklich ihre Solidarität mit Kirche und Kardinal zu bekunden. Tausende ließen Innitzer hochleben. Sprechchöre mit Rufen wie "Wir wollen unseren Bischof sehen!" wurden angestimmt - eine "Provokation" in den Augen der NSDAP-Funktionäre, die natürlich die Anspielung auf die Hitler-Parolen merkte. Kardinal Innitzer winkte zögernd aus einem Fenster im ersten Stock an der Ecke der Rotenturmstraße und gab dann mit beiden Armen deutliche Zeichen, dass die Jugendlichen nach Hause gehen sollten.

"Hitler-Jugend" und Gestapo verhafteten von dieser Kundgebung weg Jugendliche, einige kamen später sogar ins KZ. Am folgenden Tag, dem 8. Oktober, schlug das Regime dann mit voller Härte zurück. "Spontan", tatsächlich aber gut organisiert, stürmte die "Hitler-Jugend" (HJ) - Schlägertrupps, bestehend aus 17- bis 25-jährigen - das Erzbischöfliche Palais und das Curhaus am Stephansplatz Nr. 3. Kardinal Innitzer konnte im letzten Moment in Sicherheit gebracht werden, das Palais wurde verwüstet. Das Christus-Bild, das die "Hitler-Jungen" mit ihren Dolchen zerfetzten, hängt heute im Konsistorialsaal des Palais.

Im Curhaus fiel der HJ der Domkurat Johannes Krawarik in die Hände. Er wurde aus dem Fenster geworfen; dass er dabei nicht getötet wurde, hatte er einem Sandhaufen zu verdanken. Mehr als eine Stunde wurde ihm ein Arzt verweigert. Er zog sich so schwere Verletzungen zu, dass er bis Februar 1939 im Spital bleiben musste.

Die Polizei sah dem Treiben der HJ untätig zu. Der Nazi-Polizeipräsident saß im Kaffeehaus und schaute auf die Uhr, ob die mit der Partei vereinbarte Zeitspanne für das wüste Treiben schon abgelaufen war.

Eine Woche später fand eine Massenkundgebung der Nationalsozialisten mit 200.000 Menschen auf dem Wiener Heldenplatz statt. Sie war explizit gegen die Katholische Kirche gerichtet. Der Wiener Gauleiter Josef Bürckel wetterte gegen Kardinal Innitzer, wobei die Masse johlte. Nazis zogen darauf mit Pfuirufen am Erzbischöflichen Palais vorbei. Auf Spruchbändern war etwa zu lesen: "Die Pfaffen an den Galgen", "Innitzer nach Dachau", "Innitzer und Jud, eine Brut".

Copyright 2018 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten
Foto: Symbolbild


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Lesermeinungen

 Ehrmann 3. März 2018 

Was für ein Gegensatz zum Beitrag unseres "Geschichtsprofessors"!°

Errare humanum est - auch ein Kardinal kann Fehleinschötzungen unerliegen- und Kard.Innitzer hat es sehr bereut. Der Bericht etwa über seine Einrichtung, genannt "der Stall", versteckt im eb. Palais, hat viele Juden gerettet, aber auch so manche Mitarbeiter ins Todeslager gebracht. Die "Loyalität" der Österreicher ist nur zu verstehen, wenn man sie auf dem Hintergrund der Folgen betrachtet, die auch nur geringe Kritik hervorrief. Jeder ist eben nicht bereit zum Martyrium wie Schwester Kafka und viele andere: "Christus hinter Stacheldraht" und "der Stall" sind nur einige empfehlenswerte Lektüren, über die man heute einfach nicht sprechen will, da sie die Opferbereitschaft von Österreichs Priestern und einfachen Katholiken schildern.


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