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«Sie wollten die Kirche retten»

18. März 2018 in Kommentar, 3 Lesermeinungen
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Ein persönliches Zeugnis zum ersten Todestag von Miloslav Kardinal Vlk. Gastbeitrag von Generalvikar Martin Grichting


Chur-Prag (kath.net) Im vatikanischen Collegio Teutonico, in dem ich während des Studiums gelebt habe, gingen regelmässig prominente Gäste ein und aus. Der Besuch des damaligen Erzbischofs von Prag, Kardinal Miloslav Vlk, ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Vlk erzählte uns Studenten eines Abends in aller Schlichtheit seine Lebensgeschichte: Nach der nur mit Mühe vom tschechischen Regime erlaubten Priesterweihe wurde er weiterhin von den Behörden schikaniert. Als sich zeigte, dass er nicht kleinzukriegen war, wurde ihm seitens des Staates die «Lizenz» entzogen, als Priester zu wirken. Man ließ ihm die Wahl zwischen Fabrikarbeiter und Fensterputzer. Er entschloss sich zu Letzterem, da es ihm neben dem Zugang zu frischer Luft auch die Möglichkeit gab, in Prag weiterhin im Verborgenen als Priester zu wirken.

Der Kardinal erzählte nicht nur aus seinem bewegten Leben, sondern kam auch auf einen Teil der tschechischen Untergrundkirche zu sprechen. Bestimmte ihrer Vertreter versuchten, während der Zeit der kommunistischen Verfolgung in inoffizieller Weise kirchliches Leben und die Versorgung der Gläubigen durch die Sakramente aufrecht zu erhalten. Der Prager Kardinal würdigte den Einsatz vieler mutiger Priester und Laien. Er wies aber auch darauf hin, dass manche in ihrem Wirken die Grenzen des Zulässigen überschritten hatten. Es gab Bischöfe, die verheiratete Männer zu Priestern und Bischöfen weihten, ja sogar Frauen. Durch die Weihe solcher Personen gedachten sie, der staatlichen Überwachung zu entgehen. Sie vertrauten wohl auf die theologische Sachkenntnis der Kommunisten. Denn diesen musste geläufig sein, dass nach katholischer Lehre und Disziplin Verheiratete und Frauen die Priester- bzw. Bischofsweihe nicht empfangen können. Vlk äußerte sich zum Vorgehen dieser Vertreter der Untergrundkirche als besonnener Kirchenmann und mit Verständnis für die damalige schwierige Situation. Aber er tat es deshalb nicht weniger eindrücklich. Er sagte über diejenigen, welche sich zwecks Erreichung höherer Ziele berechtigt gefühlt hatten, sich über die Lehre und die Ordnung der Kirche hinwegsetzen zu dürfen, nur den einen schlichten Satz: «Sie wollten die Kirche retten».


Die Kirche retten wollen: Dieses an sich positive Anliegen begegnet einem nicht nur, wenn man die Geschichte der Kirche in der ehemaligen Tschechoslowakei studiert. Sie ist eine Versuchung zu jeder Zeit, auch in unserer Zeit. Auch heute gibt es einen Druck auf die Kirche, sich anzupassen. Nicht kommunistische Machthaber versuchen heute, die Kirche vor ihren Karren zu spannen. Sondern es ist ein gesellschaftlicher Mainstream, der von der Kirche erwartet, dass sie sich der Mehrheitsmeinung anschließt, sei es in Bezug auf die Problematik der Eugenik, der Abtreibung, der Ehescheidung und Wiederheirat oder des assistierten Suizids. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise kürzlich ein Bischof in den Medien und von kirchlichen Mitarbeitern als unbarmherzig kritisiert worden, weil er in Frage gestellt hatte, dass Seelsorger die Sterbesakramente spenden in Fällen, bei denen nachher der Giftbecher gereicht wird.

Zweifellos sind die Sanktionen für Verhalten, das vom Mainstream abweicht, in den westlichen Demokratien andere als damals im kommunistischen Ostblock. Aber die Ausgrenzung, welche diejenigen erfahren, welche sich nach dem Glauben der Kirche richten und sich deshalb nicht dem Diktat der herrschenden Meinung unterwerfen, ist nicht minder schmerzhaft. Der frühere slowakische Innenminister Vladimir Palko (2002-2006) hat ein Buch verfasst, das zeigt, wie Christen in den westlichen Demokratien immer größere Mühe haben, ihren Glauben frei zu leben («Die Löwen kommen: Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern», fe-Verlag Kisslegg 2014). Gynäkologe zu werden oder Hebamme, ist heute schon ein Spießrutenlauf, wenn man nicht an Abtreibungen mitwirken will. Und es sind bekanntlich auch schon Bäcker verurteilt worden, weil sie sich geweigert haben, eine «Hochzeitstorte» für ein gleichgeschlechtliches Paar herzustellen.

Für viele Gläubige und für diejenigen, welche für die Leitung der Kirche Verantwortung tragen, stellt sich deshalb immer mehr die Frage, wie man sich angesichts der sich verschärfenden Situation verhalten soll. Dabei kann die Versuchung aufkommen, die Kirche «retten» zu wollen, notfalls auch gegen sie. Das heißt konkret: Sich den Applaus der Mehrheitsgesellschaft und des medialen Mainstreams zu erkaufen durch die Preisgabe dessen, was die Heilige Schrift, die Glaubenslehre der Kirche und die zehn Gebote beinhalten.

In dieser Spannung steht die Kirche heute weltweit. Und es fühlen sich manche ‒ vielleicht in bester Absicht ‒ berechtigt, über das hinauszugehen, was das Wort Gottes und die Lehre sowie die Ordnung der Kirche zulassen. Vielleicht liegt hier, wie damals in Tschechien, nur ein gut gemeinter Überverantwortlichkeitskomplex derer vor, welche die Kirche auch gegen diese selbst, ihre Lehre sowie Disziplin retten zu wollen. Aber es geht zu weit. Denn wir müssen und wir können die Kirche nicht retten. Und es steht uns auch nicht zu. Wir sind nicht Herren über den Glauben (2 Kor 1,24). Wir sind als Glieder der Kirche nicht verpflichtet, die Kirche und ihre Botschaft erfolgreich und der öffentlichen Meinung angenehm zu machen, wenn das bedeuten würde, die Lehre der Kirche zu verwässern oder umzudeuten.

Auch bei der Verfolgung bester Absichten steht das Evangelium und die kirchliche Lehre nicht zu unserer Disposition. Und wenn wir das dennoch glauben und entsprechend handeln würden, dann würden wir nicht erreichen, was wir bezweckten. Vielmehr würde es das Zeugnis der Kirche und ihre Einheit schwächen. Das war damals in Tschechien auch so. Den Kommunisten ist es gelungen, die Kirche zu fragmentieren in eine «patriotische» Kirche, eine verfolgte Untergrundkirche und eine Gruppierung, die sich eben über grundlegende Prinzipien der kirchlichen Lehre hinweggesetzt hat. Heute ist es ähnlich. Der Kirche droht eine faktische Spaltung in solche, welche am Wort des Herrn und an der ganzen Lehre der Kirche festhalten und solchen, welche sie der öffentlichen Meinung angenehmer machen wollen, indem sie versuchen, die Geltung der kirchlichen Lehre und der damit verbundenen Gebote abzuschleifen oder sie zumindest in den Hintergrund zu rücken. Auch wenn dies mit der guten Absicht geschieht, die Kirche zu retten, gefährdet es dennoch die Einheit der Kirche und ihr glaubwürdiges Zeugnis für das Wort des Herrn.

Angesichts dieser Gefahr für die Einheit der Kirche ist der vor Jahresfrist verstorbene Erzbischof von Prag, Kardinal Miloslav Vlk, ein Vorbild: Er hat sich geweigert, für eine unchristliche Macht Klinken zu putzen und putzte stattdessen Fenster. Die damit verbundene Marginalisierung hat er geduldig ertragen. Dennoch hat er trotz aller Einschränkungen das Mögliche getan, ohne zu rebellieren und ohne die Einheit der Kirche zu gefährden. Er hat als gläubiger Christ darauf vertraut, dass die Wahrheit sich letztlich durchsetzen wird. Genau dieser von christlicher Hoffnung getragene Glaube mitsamt der Bereitschaft, notfalls Fensterputzer zu werden, ist auch von der Kirche heute verlangt. Das II. Vatikanische Konzil hat in der Erklärung «Dignitatis Humanae» (Nr. 1) gesagt: «Anders erhebt die Wahrheit nicht Anspruch als kraft der Wahrheit selbst, die sanft und zugleich stark den Geist durchdringt». Der unbedingte Glaube daran, dass der Geist der Wahrheit auch heute genauso am Werk ist wie damals zur Zeit der Apostel, wird uns davor bewahren, die Kirche gegen sie selbst und ihre Lehre «retten» zu wollen, um sie nachchristlichen Mächten angenehmer zu machen.

Gebetshaus Augsburg - Interview Kardinal Miluslav Vlk auf der #MEHR 2012


Foto: Miloslav Kardinal Vlk bei einem Besuch von „Kirche in Not“ im Jahr 2003 (c) Kirche in Not


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