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In der 'Mittelbayrischen' schreibt man bei Gelegenheit postfaktisch

23. Dezember 2016 in Kommentar, 3 Lesermeinungen
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„Ein Paradebeispiel für Postfaktizismus findet sich in Bericht und Kommentar über die Veröffentlichung des Bistumshaushaltes der Diözese Regensburg in der ‚Mittelbayrischen Zeitung‘.“ kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Regensburg (kath.net/pw) Wir leben in postfaktischen Zeiten. Dieses Faktum hat sich allgemein herumgesprochen. Auch der Journalismus unserer Tage ist zuweilen postfaktisch. Diesen Widerspruch aufzulösen, ist zuweilen gar nicht so einfach. Denn genau das ist postfaktischer Journalismus, ein Widerspruch in sich. Wie viel einfacher wäre es, mit der Lüge umzugehen. Eine Lüge ist von der Sache her einfach eine faktische Unwahrheit. Moraltheologisch ist die Lüge eine Sünde.

Was wir gemeinhin als postfaktisch bezeichnen, ist eine Art kreativer Umgang mit der Wahrheit. Ein Sachverhalt an sich hat viele Komponenten, die ihn wesentlich ausmachen. Zusätzlich gehören zu einem Sachverhalt Komponenten, die ihm zugehören, aber nicht wesentlich sind. Im Journalismus geht es darum, dem Leser alles zu berichten, was an einem Sachverhalt wesentlich ist. Das ist Pflicht. Alles weiter ist fakultativ und kann Erwähnung finden, wenn es dem Leser dient, die Wahrheit zu erkennen.

Der postfaktische Journalismus geht hier genau umgekehrt vor. Unwesentliche Komponenten eines Sachverhaltes werden überbewertet und berichtet, Wesentliches wird dann und genau dann ausgelassen, wenn es der Weltanschauung des Berichtenden zuwider läuft. So kann niemand den postfaktischen Journalisten einen Lügner nennen. Ein Protagonist der Wahrheitssuche ist er aber auch nicht. Das aber, die unbedingte Suche nach der Wahrheit, ist der Kern eines guten Journalismus.

Die Wahrheit, auch diese Bescheidenheit gehört dazu, hat niemand gepachtet. Es ist immer ein Prozess der Annäherung, sich auf den Weg zu machen. Wahrhaftige Berichterstattung ist in Folge dessen durchaus ein Näherungsprozess. Das Gegenteil, nicht die Lüge, sondern die postfaktische Berichterstattung kommt hochmütig mit dem Nimbus, absolute Wahrheiten zu verkünden daher.

Ein Paradebeispiel für solchen Postfaktizismus findet sich in Bericht und Kommentar über die Veröffentlichung des Bistumshaushaltes der Diözese Regensburg in der „Mittelbayrischen Zeitung“ vom 14. Dezember 2016. Im Rahmen einer Pressekonferenz legte das Bistum seinen Haushalt vor. Postfaktisch legt Isolde Stöcker-Gietl gleich los und spricht von „erstmals“. Nun mag erstmals eine Zeitung wie die „Mittelbayrische“ erstmals bemerkt haben, dass ein Bistum Zahlen veröffentlicht. Das Bistum Regensburg jedenfalls veröffentlicht seinen Haushalt seit 1994. Das kann man auf der Internetseite des Bistums nachlesen. Dort sind die veröffentlichten Haushalte zum Download hinterlegt.


Wie die meisten Körperschaften öffentlichen Rechts oder Gebietskörperschaften wurde in der Vergangenheit die kameralistische Buchungsweise verwendet. Es erfolgt nun in Regensburg wie in vielen anderen Bistümern auch eine Umstellung auf doppische Buchhaltung. Weder ist das eine falsch noch ist das andere richtig. Es geht darum auf unterschiedliche Weise Aufkommen und Verwendung von Finanzen abzubilden. Der Vorteil der doppischen Buchführung nach HGB (Handelsgesetzbuch) hat den Vorteil, neben den Geldflüssen auch den Wert und Werteverzehr von Anlagegütern (z.B. Immobilien) abzubilden.

Auch hier wieder postfaktisches aus der Feder von Stöcker-Gietl. Als Sachverständigen zitiert sie den Politologen Carsten Frerk. Verschweigt dabei aber tunlichst den weltanschaulichen Hintergrund ihres Fachmannes, der als prominenter Vertreter der Humanistischen Union als Kirchenkritiker anzusehen ist.

Höchst fraglich ist auch dessen Kritik am HGB, die nicht unbedingt von ökonomischem Sachverstand zeugt. Wenn ein Gebäude, wie es Frerk kritisiert, nach 40 oder 50 Jahren abgeschrieben ist, ist das nicht ein Problem der Kirche. Der Vorwurf des Schönrechnens ist schlichter Blödsinn, denn der Werteverzehr wird an dieser Stelle schlicht und ergreifend realistisch dargestellt. Das kann jeder Eigenheimbesitzer wissen. Noch haben nicht alle Rechtsträger im Bistum auf doppische Buchführung umgestellt. Dieser Vorgang soll bis 2018 abgeschlossen sein. Kenner der Materie wissen, welche Schwierigkeiten mit einer solchen Umstellung einhergehen. Die Eröffnungsbilanz verlangt eine Bewertung aller Anlagegüter, sie verlangt aber auch eine neue Software, die Geldflüsse so abbilden kann, dass doppisch gebucht und am Ende bilanziert werden kann.

Wie klein der Schritt von postfaktisch zu Lüge ist, zeigt sich im Kommentar auf der gleichen Seite der Printausgabe. Während im Web wohl nach Protesten eine Änderung vorgenommen wurde, spricht Stöcker-Gietl in der Printausgabe wörtlich(!) von „goldenen Wasserhähnen“, die der Apostolische Delegat Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst in seine Dienstwohnung in Limburg, wo er damals Diözesanbischof war, habe einbauen lassen. Hier ist der Schritt vom postfaktischen zur objektiv feststellbaren Lüge getan. Es gab nie goldene Wasserhähne. Die angebliche Protzwohnung erwies sich im Nachhinein als kühler nüchterner Neubau, der bei aller Modernität, auch in technischer Hinsicht, jedoch von Protz nichts erkennen ließ. Die Hetzkampagne gegen den damaligen Bischof ist noch nicht vergessen.

Das Ziel des aktuellen Kommentars ist leicht erkennbar. Dem Bischof von Regensburg soll hier geschadet werden, weil der Apostolische Delegat seinen deutschen Wohnsitz in Regensburg hat. Bischof Voderholzer hat dem zugestimmt und wird hier bewusst durch gezielte postfaktische Kommentierung en passant unter Protzverdacht gestellt.

Für jeden, der sich mit derartig tendenziöser Berichterstattung auskennt, ist es leicht durchschaubar. Der oberflächliche Leser, der vielleicht keinen Kontakt zur Kirche hat, geht dem schnell auf den Leim. Auch hier wieder ein Prinzip postfaktischer Berichterstattung.

Der Kenner der Sache, hier der praktizierende und bekennende Katholik, der sich über seine Kirche informiert, schüttelt den Kopf und blättert weiter. Alle anderen bekommen ein falsches Bild geliefert. Die protzende, stinkreiche Kirche und der Bischof, der sich mit Prunk und Luxus umgibt. Man glaubt es doch zu gern, wenn man ohnehin mit der Kirche fremdelt.

Geradezu absurd wird es, liest man den folgenden – natürlich postfaktisch konstruierten – Sachverhalt: „Dass man Tebartz-van Elst seinerzeit in Regensburg Unterschlupf gewährte, brachte auch Voderholzer in Erklärungszwang, was die Finanzen in seinem Bistum betrifft.“ Dass der Regensburger Bischof seinem Amtsbruder „Unterschlupf gewährte“ impliziert, man habe dem früheren Bischof von Limburg in irgendeiner Form eine Unterkunft gestellt. Fakt hingegen ist, dass die Familie Tebartz-van Elst in Regensburg eine Wohnung gemietet hat, die der Apostolische Delegat nutzt, wenn er sich in Deutschland aufhält. Das ist ein Unterschied.

Zudem wird der Zusammenhang konstruiert, Bischof Voderholzer sei deshalb, weil er – was ja nicht stimmt - eine Unterkunft gestellt hätte, in Erklärungszwang bezüglich der Finanzen in seinem Bistum geraten. Darin findet sich ein impliziter Verschwendungsvorwurf, den es so nie gegeben hat. Hier wird mit den Methoden den Postfaktizismus ein Sachverhalt vollständig neu konstruiert, in die Vergangenheit verlegt und damit nicht existierende Probleme in der Gegenwart behauptet und begründet. Kein oberflächlicher Leser ist in der Lage, diesen Zusammenhang unvermittelt zu erkennen. Der unbedarfte Leser wird mithin in die Irre geführt. Dies erfolgt mit dem Nimbus absolute Wahrheiten zu berichten. So kann es nicht verwundern, wenn in ein oder zwei Jahren ein Kollege die hier monierte Stelle einfach zitiert und sie als Wahrheit behandelt. Es ist eine hinterhältige Weise aus dem Nichts, in einem Kommentar ein Faktum zu konstruieren und dieses in die Welt der Nachrichten zu entlassen, wo es später als Meldung wieder aufersteht.

Postfaktischer Journalismus ist nicht Lügenpresse. Der Vorwurf würde nicht greifen, denn es wird nicht oder nur sehr selten mit der Lüge operiert. Es wird mit Dekonstruktion und Neukonstruktion von Fakten gearbeitet, um Sachverhalte zu verfremden oder gar neu zu schaffen. Das ist der Inhalt, das ist das Ziel.

Am Ende noch ein Bekenntnis. Auch der Autor dieser Zeilen hat sich des Postfaktischen an einer Stelle dieses Artikels bedient. Das ist absichtlich geschehen und es geschah mit einem gewissen Augenzwinkern, sollte es doch zeigen, wie einfach es ist. Der aufmerksame Leser wird die Stelle längst bemerkt haben. Und es zeigt sich auch dort: Postfaktisch ist nicht niemals so ganz unwahr, es ist aber niemals wahr. Das macht postfaktischen Journalismus so gefährlich.

Über die Veröffentlichung der Zahlen des Bistums Regensburg wurde, dies sei an dieser Stelle bemerkt, im Wesentlichen positiv berichtet. Auch Pressekonferenz zur Veröffentlichung der Zahlen verlief in guter Atmosphäre, wie Pressesprecher Clemens Neck bestätigte. Nur die „Mittelbayrische Zeitung“ fiel aus dem Rahmen, weil eine Redakteurin sich statt in seriösem Journalismus lieber in Postfaktizismus üben wollte. Zum guten Schluss hat allerdings auch dieser keine wesentlich längeren Beine als die Lüge.

Foto Peter Winnemöller


Foto oben (c) kath.net/Michael Hesemann


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