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Ungläubiges Staunen über Navid Kermani

25. Februar 2016 in Kommentar, 20 Lesermeinungen
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Ungläubiges Staunen als Christ über Navid Kermani. Sein Verstehen christlicher Liturgie und der sakramentalen Gegenwart Christi muss manchen sich mündig nennenden und reformorientierten Christen nachdenklich machen. Von Helmut Müller


Kevelaer (kath.net) Fasziniert lese ich schon seit Wochen Kermanis gleichnamiges Buch. Aber heute bin ich an die Stelle gekommen an der er über die eucharistischen Gaben Brot und Wein nachdenkt (S. 211f). Er schickt voraus, dass er nicht an einen Gott glauben kann, der sich in ein Stück Brot und einen Schluck Wein verwandelt. Aber er gesteht ein, wenn es so wäre, könne es sich nur um eine Transsubstantiation handeln, ein bloß symbolisches Verständnis der Verwandlung wäre „Firlefanz“. Er schreckt vor dem ungeheuerlichen Gedanken zurück, dass der Gottmensch über Zunge und Gaumen sich schmecken, durch Zähne sich zerbeißen lässt, durch die Speiseröhre rutscht, durch Magensäfte zersetzt wird und schließlich die Reste ausgeschieden werden.

Mein Gedanke: Das lässt alles dieser Gottmensch mit sich machen, so unbegreiflich konkret geht er in diese Welt ein und setzt sich ihren Prozessen physisch aus. Nur die Transsubstantiation der eucharistischen Gaben gibt dieses Verstehen her. Selbst Transsignifikation erweist sich m. E. schon als „Firlefanz“, als intellektuelles Zurückschrecken vor der Konkretheit der Verwandlung von Gott in Welt. Nur im Märchen begegnet man ähnlichen Konkretisierungen, wenn sich der Zauberer im Gestiefelten Kater in eine Maus verwandeln lässt und der Kater dieselbe dann frisst. Kein Wunder, dass bei diesen Parallelen jeder vernünftig denkende Mensch kalte Füße bekommt. Angefangen schon im Johannesevangelium (Joh 6,52), über die Reformation, bis zu einem Großteil moderner Theologen.

Kermani hat begriffen, dass man sich nur zwischen einem Skandalon reiner Vernünftigkeit, für dieses Skandalon - wenn man dazu den Mut hat - und „Firlefanz“ entscheiden kann, vorausgesetzt Eucharistie soll weiterhin als Feier der Realpräsenz Christi geglaubt werden. Mein ungläubiges Staunen gilt dieser Einsicht Kermanis, der die Alternativen nennt: Transsubstantiation oder gar nichts. Symbolisches Verstehen bzw. Transsignifikation ist für ihn offenbar nur Firlefanz.


Wenn man Kermani ernst nimmt, glaubt man in einer Gesellschaft von „religiös Schwerbehinderten“ zu leben. Religion scheint in manchen Kreisen eingedampft zu sein auf eine civilreligiöse Ethik, politisch korrektes Handeln und spirituelles Entertainment. Liturgie hat ihren Charakter als Gottesdienst verloren. Sich selbst zu finden ist ein hoher Wert, wenn aber Liturgie nicht mehr wie ein „Passwort zum Herzen Gottes“ gesucht und vielleicht erfahren wird, verfehlt sie ihre eigentliche Dimension, nämlich Gottesdienst zu sein. Karl Rahner hat am Ende seines Lebens ein rätselhaftes Wort hinterlassen, dass man ihm gar nicht zugetraut hätte: „Unsere größte Sorge: Dass Gott angebetet und geliebt wird.“ Es scheint doch wahrlich größere Sorgen zu geben, wird wohl eingewandt, damals schon und heute erst recht, wenn sogar grauenhafte Taten im Namen Gottes begangen werden.

Selbstverständlich meinen Rahner und Kermani etwas völlig anderes. Kermani berichtet nämlich ganz ergriffen und beeindruckt davon, wie in einem Kloster im Kosovo schon seit 700 Jahren ohne jede Reform ein Gottesdienst gefeiert wird. Insgesamt wird er schon 1400 Jahre so gefeiert, heute aber so nur noch in diesem Kloster; stundenlang, nur zur Ehre Gottes. Als Ritus ist dieser Gottesdienst daher ins Weltkulturerbe eingegangen.

Vielleicht verstehen wir im Westen Gott und Welt zu sehr neuzeitlich von uns selbst her und dazu noch im Ursache-Wirkungsgefüge der modernen Naturwissenschaften. Vielleicht wäre ein ästhetisches Verständnis erhellender, wenn wir Gott als Künstler der Welt verstünden, der, unbegreiflicher Weise, beschlossen hat, in uns Gestalt dieser Welt anzunehmen. Das ist schon schwer genug. Aber dann verspricht er, völlig banal in den Gestalten von Brot und Wein, sinnfällig wie oben beschrieben, bei uns zu bleiben. In der kausalmechanischen Hermeneutik moderner Naturwissenschaften ist das unbegreiflich. In jüngster Zeit wird diese cartesische Kausalmechanik erfreulicherweise immer mehr durchbrochen. Ein Beispiel: Für den Züricher Evolutionsbiologen Andreas Wagner gibt es „eine geheime Architektur des Lebendigen, die eine überirdische Schönheit hat“. Und damit meint er nicht etwa das schon seit Menschengedenken sinnfällig wahrnehmbare Pfauenrad, sondern ganz allgemein schon eine makromolekulare Ästhetik auf den elementarsten Ebenen der Natur, die er als Agnostiker nicht einmal als Schöpfung begreifen kann. Wahres und Schönes schon auf dieser Ebene? Was hindert einen daran, DAS WAHRE, DAS SCHÖNE und schließlich auch DAS GUTE, allen irdischen Ebenen enthoben, schlechthin in Gott zu vermuten?

Kermani als gläubiger Muslim hat das Wesen des Religiösen im Katholischen besser verstanden als mancher Reformer: Gott die Ehre geben und, o Wunder, schließlich auch sich selbst finden (und dann die Welt). Die Umkehr dieser Reihenfolge hat der Neuzeit zwar gewaltige Kenntnisse gebracht, aber schon bei Markus können wir lesen: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“ (Mk 8,36)

Was hindert uns, die radikale Ausrichtung des Orients auf Gott beizubehalten, zumal die meisten Kirchen ja noch „geostet“ sind, da von Osten her die Wiederkunft Christi erwartet wird? In dieser Ausrichtung wird dann auch das Wissen des Westens über die Welt erst wirklich fruchtbar.

Kermani ist eine Gestalt, die beide Kulturen verbindet, Gott die Ehre gibt und erst so alles Weltliche sein Maß finden lässt.

Navid Kermani: Ungläubiges Staunen. Über das Christentum. Ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2015.

kath.net-Lesetipp:
Unterirdische Ansichten eines Oberteufels über die Kirche in der Welt von heute
Von Helmut Müller
80 Seiten
2015 Dominus Verlag
ISBN 978-3-940879-38-7
Preis 5.10 EUR

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Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2015: Navid Kermanis bewegende Rede


Foto oben: Ausschnitt aus dem Titelblatt des erwähnten Buches (c) Verlag C.H.Beck


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