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Wegen muslimischen Grundschülern wurde Krippenspiel entchristlicht

15. Dezember 2015 in Deutschland, 37 Lesermeinungen
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Ethnologin Irene Götz zieht im „Spiegel“ vor dem staunenden Leser eine Linie von den christlichen Weihnachtsbräuchen hin zur „deutschen Weihnacht“ im Sinn nazistischer Volkstumspolitik. Dann wird die „neue offene ‚Kulturnation‘“ gelobt.


Hamburg (kath.net) „Weihnachtsfeier in einer Münchner Grundschule: Kinder präsentieren sich als Kiwis, Orangen und Bananen verkleidet - anstatt als Maria und Josef, Hirten und Engel. Die Lehrerin hatte das traditionelle Krippenspiel durch eine Unterrichtseinheit über gesunde Ernährung ersetzt. Sie wollte die große Zahl muslimischer Kinder (und Eltern) nicht durch ein christlich geprägtes Spiel ausgrenzen. Diese mit den Schülerinnen und Schülern abgestimmte Entscheidung löste bei manchen Zuschauern Irritation aus, weil man sich nun einmal auf die vertraute weihnachtliche Stimmung gefreut hatte.“ Das schreibt Irene Götz, Professorin für Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, in einem Gastbeitrag für das Hamburger Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Außerdem berichtet die Ethnologin über weitere „unterschiedliche Versuche“, „Kinder anderen Glaubens oder ohne Religion in die Rituale der Weihnachtszeit zu integrieren oder Alternativen zu schaffen“. Als Beispiel führt sie Krippenspiele an, „in denen auch muslimische Kinder Hauptrollen übernehmen“.


Weihnachten sei, so die Forscherin, vom Ursprung her zwar ein christliches Fest, sei aber „in einer weithin säkularen Gesellschaft längst mit vielfältigen Bedeutungen und Funktionen beladen“. Inzwischen soll es hauptsächlich „als atmosphärisches Familienfest dienen“, seine Friedensbotschaft biete sich „für eine symbolische Inklusion der Kulturen und Religionen“ regelrecht an, „und es schleichen sich auch in muslimischen Familien Adaptionen und Brauch-Mixturen ein“.

Solche „deutschen“ Traditionen wie die „typisch deutsche“ „Weihnachtsfeier im gemütlichen Heim oder das Münchner Oktoberfest, die meisten der sogenannten Nationalgerichte und nationalen Baustile von der Fachwerkromantik bis zum Schwarzwälder Bauernhaus“ seien allerdings eigentlich regionale Kulturphänomene, erläuterte Götz. „Traditionen sind stets Teil der jeweiligen (nationalen) Identitätspolitik. Gerade im Nationalsozialismus hatte schließlich eine germanophile und xenophobe Traditionserfindung oder -pflege Konjunktur, die bis heute nachwirkt. Weihnachten wurde dort erst zur ‚deutschen Weihnacht‘, zum vorchristlichen winterlichen Lichterfest. Die kirchlichen Bräuche des Jahreslaufes wurden hier als Relikte ‚germanischen Volkstums‘ mit regelrecht falschen Ursprungsdeutungen im Sinne nazistischer Volkstumspolitik aufgeladen und instrumentalisiert. Die sich überlegen gebende ‚Kulturnation‘ der ‚Dichter und Denker‘, die zu einem systematischen Völkermord in der Lage war, pervertierte ihre Traditionen und den Kulturbegriff, so dass in der weiteren Nachkriegszeit ‚typisch deutsch‘ und die nationale Identität eine sehr ambivalente Angelegenheit blieben.“

Den staunenden Lesern – darunter Christen, die sich nun fragen müssen, ob sie mit ihrem christlichen Bekenntnis versehentlich ins Rechtsextreme abgerutscht sind – wird nun der Begriff der „neuen offenen ‚Kulturnation‘“ vorgestellt. „Im Alltag“ seien „die Menschen vielerorts ohnehin in ihren kreativen Aushandlungen von Traditionen schon wesentlich weiter. Sie sind offener und entspannter geworden durch eine ‚Kosmopolitisierung‘ ihres Alltags (Ulrich Beck), die ihnen zur selbstverständlichen Tradition geworden ist.“

Link zum Artikel in voller Länge: „Deutsche Traditionen: Nach alter Väter Brauch und... bitte?“

Zur Dokumentation: Multikulturelle Weihnachtskarte



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