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Religiöse Aspekte in der Islamdiskussion nach den Pariser Morden

30. Jänner 2015 in Kommentar, 8 Lesermeinungen
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„Die Politik der Anbiederung an islamische Erwartungen mit der Preisgabe eigener kultureller Standards verhindert geradezu die angestrebte Integration.“ Gastkommentar des evangelischen Oberkirchenrates i.R. Klaus Baschang


Karlsruhe (kath.net) Bei uns ist ein kultureller Relativismus aufgekommen, der sich und anderen verbietet, Unterschiede zwischen den Religionen überhaupt wahrzunehmen. Einer sehr oberflächlichen Kenntnis des Christentums wird als interessante Alternative der Islam als ursprunghafte Friedensreligion angeboten, deren Gewaltaktivitäten nur auf einem Irrtum beruhe. Dabei kann man in jedem Schulbuch den Unterschied zwischen den beiden Religionsbegründern gerade in der Gewaltfrage nachlesen, so man das denn will.

Dieser kulturelle Relativismus beruht gewiss auch auf einer Bekenntnisschwäche der christlichen Kirchen. Das geht allerdings viel mehr auf das Konto der pluralistischen EKD als des zentral organisierten und ritualstarken Katholizismus. Diese Entwicklung trifft die Kirchen hart. Sie können sich dem Terror der Vielfaltsideologie kaum entziehen. Toleranz wird gegen profilierte Eigenposition gestellt. Dabei weckt der Verzicht auf erkennbare Profilbildung doch nur Misstrauen und führt dann zum Ende von Toleranz.

Man muss natürlich zwischen Religionssystemen und Religionsangehörigen unterscheiden. Im Protestantismus geschieht das relativ locker, sonst gäbe es nicht so viele Freikirchen, in der katholischen Kirche sehr viel zurückhaltender. Der Islam leugnet solche Trennung. Darum setzt er die Scharia weltlichem Recht voran und stellt seine eigene Menschenrechtskonvention von Kairo 1948 unter Scharia-Vorbehalt.


Das Wissen darüber ist leider nicht weit verbreitet, auch nicht tiefer begründet. So kommt es zu vorauseilendem Gehorsam. ALDI nimmt eine Flüssigseife vom Markt, weil darauf eine Moschee abgebildet ist. Etwa die Hälfte der Bundesländer hat irgendwelche islamischen Vereinigungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt – aus nachvollziehbaren pragmatischen Gründen zwecks Ermöglichung von muslimischem Religionsunterreicht in unseren Schulen und in deutscher Sprache, aber ohne verfassungsrechtliche Prüfung, ob damit nicht die Unterscheidung von Religion und Staatsordnung berührt ist. Es gibt noch wesentlich mehr Beispiele dafür, dass der Islam längst zu Deutschland „gehört“. Sie werden aber kaum publik gemacht - die Schere im Kopf der Medien.

Was aber bedeutet dieses „gehört zu Deutschland“? Historisch ist es eindeutig falsch. Ist damit gemeint, dass diese Religion inzwischen Deutschland „prägt“, so wie wir vom Christentum einschließlich Judentum (und den Konflikten zwischen beiden) geprägt wurden? Wollen wir also Mohammed als verpflichtendes Lebensvorbild für unsere muslimischen Mitbürger, Sondergerichtsbarkeit für diese, Mehrehe, Frauen mit minderer Würde gegenüber den Männern, Sonderregeln für die Kinder beim Sportunterricht in den Schulen, Ersetzung christlicher Feiertagsnamen durch religiös neutrale usw.?

Zur Kultur des Abendlandes gehörte immer, dass Minderheiten in der Mehrheitsgesellschaft eigenen Raum hatten. In ihm konnten sie ihre Herkunft pflegen und sich ihrer vergewissern, bis dann eine oder zwei Generationen später die volle Integration erfolgt ist. Die Integration misslingt aber, wenn Mehrheitsgesellschaften die abweichenden Lebensregeln der Minderheiten sich zu eigen machen wollen oder müssen. Die Politik der Anbiederung an islamische Erwartungen mit der Preisgabe eigener kultureller Standards verhindert geradezu die angestrebte Integration.

Die verbalen Friedensbekundungen der islamischen Verbandsfunktionäre und ihre gemeinsamen Auftritte mit der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten taugen nichts, weil sie den kulturellen Relativismus auch noch fördern. Sie würden erst hilfreich, wenn endlich eigene Aufgaben der muslimischen Gemeinden benannt würden, mit denen sie in ihren Reihen Integration fördern: Pflege der deutschen Sprache in den Familien, Frauenbildung in den Moscheen, Gewaltprävention im Koranunterricht, Demos gegen Verfolgung Andersgläubiger in islamischen Ländern, Ausbildung und Anstellung der Imame unabhängig von der Türkei usw.

Politik und Kirchen würden mit solchen Erwartungen an die Verbände diejenigen gebildeten und zumeist auch gläubigen Muslime unter uns unterstützen, die sich dafür einsetzen, die Gewaltelemente aus dieser Religion zu entfernen. Seyran Ates, Necla Kelek, Ayaan Hirsi Ali, Hamed Abdel-Samad und andere. Man kann auch davon ausgehen, dass die Mehrheit der unter uns lebenden Muslime ihren Glauben relativ un-dogmatisch lebt und an einer solchen „Reformation und Aufklärung” des Islam, wie gerne gesagt wird, durchaus interessiert wäre.

Klaus Baschang wurde 1976 zum Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Baden berufen, von 1991 bis 1998 war Baschang zudem ständiger Stellvertreter des Landesbischofs.


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