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Erosionsprozess in der Kirche? Wenn ja, warum?

13. Oktober 2014 in Kommentar, 13 Lesermeinungen
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Wenn der formale Kirchenaustritt größere Unruhe hervorruft als die innere Kündigung von fast 90% der Katholiken, dann kommt die Frage auf, ob der Ausfall von Kirchensteuer wichtiger erscheint als der Missionsbefehl. Von Hubert Gindert


Kaufering (kath.net/Forum Deutscher Katholiken) Es gibt Meldungen, die man nicht kommentieren muss und danach zur Tagesordnung übergehen kann. Dazu zählen die 178000 Austritte aus der Katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2013. Zur Kirchenstatistik 2013 erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx u.a.: „Das zweite Halbjahr 2013 hat offensichtlich zu einem Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust geführt.“ Für viele Kommentatoren liegt die Ursache dafür schnell auf der Hand. Es sind „die Kosten um den schicken Bau auf dem Limburger Dom“ (SZ, zitiert nach Konradsblatt 30.2014), mit Bischof Tebartz van Elst als Sündenbock. Die Medien fragen nicht, in wieweit sie den „Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust“ durch die Art ihrer Berichterstattung mit verursacht haben. Kardinal Marx sagt in seiner Ursachenanalyse weiter: „Die aktuellen Zahlen sind schmerzlich und alle in der Kirche müssen das ernst nehmen für ihr Handeln.“ Aber müsste der auf 10,8% zurückgegangene Kirchenbesuch nicht noch mehr erschrecken als die Austrittszahlen von 2013? Von den rund 24,2 Mio. Katholiken in Deutschland nehmen 21,6 Mio. nicht an der sonntäglichen Eucharistiefeier, dem wichtigsten Ereignis einer Pfarrgemeinde, teil. Die FAZ sagt entsprechend: „Weit dramatischer … sind langfristige Erosionsprozesse. Die Zahl der regelmäßigen Gottesdienstbesucher hat sich binnen weniger als einer Generation halbiert“ (Zitiert nach Konradsblatt 30.2014). Wenn aber der formale Kirchenaustritt größere Unruhe hervorruft als die innere Kündigung von fast 90% der Katholiken, dann kommt die Frage auf, ob der Ausfall von Kirchensteuer wichtiger erscheint als der Missionsbefehl. Dieser lautet bei Matthäus: „Geht hin in alle Welt und verkündet aller Schöpfung die frohe Botschaft.“ Es taucht auch die Frage auf, ob man Christ sein kann ohne Kirche, wie das bei denen ist, die zu ihr keinen Kontakt mehr haben. Über Neuevangelisierung spricht die Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz nicht.


In den westlichen Ländern gibt es die gern geglaubte Entschuldigung: Mit wachsendem Wohlstand schwindet der Glaube. Papst Franziskus war in Korea: Dort wächst die Katholische Kirche im gleichen Rhythmus mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Man kann ja fragen: Ist der Wohlstand in der Kirche bei uns ein Hindernis für das religiöse Leben?

Man schätzt nicht, was man nicht kennt. Nach neun Jahren Pflichtunterricht in Religion kennen die jungen Katholiken die Inhalte ihres Glaubens nicht. Das ist seit langem bekannt. Wer sich in den letzten Jahrzehnten um Abhilfe an die Verantwortlichen gewandt hat, musste den Eindruck gewinnen, dass solche Schreiben auf den Index der verbotenen Schriften gesetzt worden sind.

„Wir erleben nicht so sehr eine Epoche der Veränderungen, sondern die Veränderung der Epoche“, sagte Papst Franziskus in einem Interview. Dieser Epochenwechsel zeigt sich bei uns auch im dramatischen Niedergang des Glaubens. Erzbischof Gänswein sieht die eigentliche Ursache der Vertrauenskrise als eine Glaubenskrise: „Es handelt sich um eine wirkliche Glaubenskrise. Die Glaubwürdigkeit des Evangeliums steht auf dem Spiel.“ Aber wenn auch die Heilige Schrift vom Massenabfall und vom Auftreten falscher Propheten in der Endzeit berichtet, enthebt uns das nicht der Aufgabe, nach den Ursachen für den Glaubensabfall heute zu fragen und ihn, soweit das in unserer Hand liegt, aufzuhalten!

Prof. Dr. Hubert Gindert ist der Initiator und Vorsitzende des Forums Deutscher Katholiken.

K-TV-Interview mit Prof. Hubert Gindert



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