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Christsein im 'Garten Eden'

9. Februar 2003 in Chronik, keine Lesermeinung
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Die Lage der Christen im Irak spitzt sich zu - Ein Hintergrundbericht von Michael Hausin (Öffentlichkeitsreferent der "Hilfsaktion Märtyrerkirche") über den Irak


Irak (kath.net/idea)
Ein drohender Militäreinsatz der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irakrichtet die Augen auf ein Land, das wie kaum ein anderes außer Israel"biblisches Land" ist, auch wenn von den rund 25 Millionen Einwohnern nichteinmal 3% Christen sind. Michael Hausin, Öffentlichkeitsreferent der"Hilfsaktion Märtyrerkirche," stellt sie und ihre Geschichte vor.

In der Bibel wird das Gebiet des heutigen Irak "Zweistromland" genannt. EineRegion, wo der Garten Eden, das Paradies, gewesen sein soll. Aus Ur inChaldäa stammt Abraham. Und an den Ufern von Euphrat und Tigris saßen um 600v. Chr. die verbannten Juden und träumten von der Rückkehr nach Jerusalem.

Der Legende nach sollen außerdem die Heiligen Drei Könige aus dem Nordirakstammen. Neun von zehn irakischen Christen sind Assyrer, Aramäer oderArmenier und sprechen noch immer die Sprache, die auch Jesus Christusbenutzte.

Hussein verlangt Gehorsam

Heute sind rund 90% der Irakis Moslems. Trotzdem wird das Land im Gegensatzzu anderen nicht islamisch regiert. Das blutige Regime des Diktators SaddamHussein hat vielmehr ein seltsam pragmatisches Interesse an Religion. SeineBaath-Partei, die 1958 mit einem Militärputsch die Monarchie beendete, warursprünglich eine antireligiöse, nationalistisch-panarabische Partei. IhreIdeologie ist mit Versatzstücken aus Faschismus und Bolschewismus garniert.Propagiert wird die Wiedergeburt (Baath) der arabischen Kultur und ihreÜberlegenheit. Ihr Gründer war ein orthodoxer Christ, Michel Aflaq, dereinen arabischen Großstaat wollte. Dieser sollte nicht auf dem Islam fußen,sondern auf der arabischen Sprache und Rasse. Die Baath-Partei wollte sichin keine religiösen Angelegenheiten einmischen.

Deshalb findet man im Irak -im Unterschied zu Saudi-Arabien - keine Religionspolizei, die inPrivathäusern schnüffelt, ob auf die richtige, islamische Art gebetet wird.Anders als im Iran gibt es auch keine Revolutionsgarden, die mit Schlägendafür sorgen, daß Frauen ihre Schleier ordnungsgemäß tragen. Die laxeÜberwachung, ja das Desinteresse an der öffentlichen Einhaltung desislamischen Gesetzes, der Scharia, hat dazu geführt, daß die Reichen undSchönen der Golfstaaten gerne in Bagdad Wochenende und Urlaub verbringen.Hier dürfen sie ohne Angst Alkohol genießen und mit Frauen flirten.Vergehen, für die sie in ihrer Heimat Prügelstrafen oder Schlimmeres zuerwarten hätten. Saddam Hussein will bedingungslosen Gehorsam ihm gegenüberund nicht zu Allah. Deshalb ist er in den Augen orthodoxer Moslems einAbgefallener, der eigentlich den Tod verdient.

Das kleinere Übel?

Christen verbanden mit der Partei in den Anfangsjahren Hoffnungen. Sievertrauten der Zusage, als vollwertige Araber behandelt zu werden, ohneMoslems werden zu müssen. Daß Saddam Hussein angesichts der Kriegsdrohungender USA inzwischen die islamische Karte spielt - der "Polit-Gangster großenStils" (Scholl- Latour) gibt sich als frommer Moslem, der täglich seinereligiösen Pflichten verrichtet - jagt Christen noch keine Angst ein. Daßdas Regime den Schriftzug "Allahu Akhbar (Gott ist groß) in die irakischeFlagge einfügte und Koranschulen generös finanziert, findet bei den meistenChristen Verständnis. Sie sehen in der Saddam-Diktatur im Vergleich mitSaudi-Arabien, dem Iran oder den Golfstaaten noch immer das kleinere Übel.Während in Saudi-Arabien auf den Besitz der Bibel die Todesstrafe steht,können im Irak Kirchen renoviert werden. Gottesdienste verlaufen ohneStörungen, der Muslim Saddam schenkt den Kirchen Grundbesitz.Personenkult um HusseinSaddam Husseins Regime gelingt es dabei immer wieder, die Religionengegeneinander auszuspielen, um dadurch die eigene Herrschaft besser zusichern. Dabei kann er es in puncto Terrormethoden und Menschenverachtungdurchaus mit den großen totalitären Bewegungen des letzten Jahrhunderts -Nationalsozialismus und Bolschewismus - aufnehmen. In den Städten schaut einSaddam-Porträt von allen Plätzen und Hauswänden auf einen herab: zu Pferd, im Wagen, beim Gebet, mit Kindern, mit Gewehr und Tirolerhut. Aber auchKirchen gehören zum öffentlichen Erscheinungsbild. Kreuz, arabischeBibelverse oder traditionelle christliche Symbole lassen manche Gebäudeweithin als christliche Versammlungsstätten erkennen.

Nahezu jede Konfessionhat in Bagdad ein eigenes Kirchengebäude: die traditionellen Altorientalenwie die Syrisch-Orthodoxe Kirche, die mit der katholischen Kirche uniertenChaldäer, die assyrischen Orthodoxen, die assyrischen Protestanten,Anglikaner und Presbyterianer (Reformierte).

Freiheit - nur begrenzt

Dennoch kann man nicht von Religionsfreiheit sprechen, wenn über dasChristsein im Irak berichtet wird. "Unsere Freiheit besteht nur innerhalbder Mauern der Kirchengebäude", sagt ein katholischer Geistlicher. GrößereVersammlungen außerhalb des Kirchengeländes sind verboten. Ein evangelischerÄltester erklärt: "Nur so lange wir uns politisch nicht oppositionellbetätigen, läßt man uns unsere Religion frei ausüben." Mission unter Moslemsist streng verboten. Ausschlaggebend sind rein praktische Motive. Das Regimefürchtet, daß die Erlaubnis zum Religionswechsel auf massive Proteste dermoslemischen Mehrheit stößt. Unruhen sollen aber unter allen Umständenvermieden werden.

Dutzende Hinrichtungen

Christen sind aber nicht nur religiös, sondern auch ethnisch eineMinderheit. Die meisten sind weder Araber oder Kurden, sondern Assyrer,Aramäer oder Armenier. Seit 1968 "verschwanden" zahlreiche assyrischeIntellektuelle, Dutzende wurden hingerichtet, 150 Klöster und Kirchenzerstört, ganze Einwohnerschaften in sogenannte "Modelldörfer" (bessereInternierungslager) umgesiedelt. Dieses grausame Schicksal erfuhr ihnennicht in erster Linie als Christen, sondern in ihrer Eigenschaft alsAngehörige einer als gefährlich eingestuften ethnischen Minderheit.Die Geschichte der Evangelischen im Irak ist neueren Datums und beginnt nachdem Ersten Weltkrieg, um 1920. Aus der Konkursmasse des Osmanischen Reicheserhielten die Briten den Irak als Mandatsgebiet. Mit ihnen kamen die erstenMissionare: Anglikaner, Methodisten und schottische Presbyterianer. In den60er und 70er Jahren gab es auch die Chance für zaghafte Gründungen vonevangelikal ausgerichteten Hausgemeinden. Schätzungen sprechen von etwa4.000 Evangelikalen, die sich ausschließlich in den Großstädten inHausgemeinden organisieren. Insgesamt gibt es etwa 13.000 Protestanten imIrak. Die Hälfte davon gehört zu den traditionellen Denominationen:Anglikanern oder Presbyterianern. Die andere Hälfte zählt sich zu denEvangelikalen, einschließlich der Pfingstkirchen. Sie sind, da sie alsangelsächsische Ableger gelten, am gefährdetsten. "Als Pfarrer bin ich inder Öffentlichkeit erkennbar", erzählt ein evangelischer Pastor. "Im Gewühlder Basare zischt schon mal einer ,Yankeeschwein', obwohl ich Araber bin."

Leiden unter Sanktionen

Unter den seit zwölf Jahren anhaltenden UN-Sanktionen leiden auch diechristlichen Iraker. Hunger, Arbeitslosigkeit und Krankheiten haben dieeinst wohlhabenden Christen oft in Armut und Elend gestürzt. Die meistenchristlichen Familien könnten ohne die Armenspeisung ihrer Kirchen nichtüberleben. "Trotz der monatlichen Fleischlieferung der Armenischen Kirchedurchwühle ich den Müll, wie die meisten in der Stadt", klagt einFamilienvater, der früher als Goldschmied zu den Begüterten gehörte. KeinWunder, daß nach 1991 eine Fluchtwelle einsetzte, die dazu führte, daß derAnteil der christlichen Bevölkerung von einst zehn auf unter drei Prozentgefallen ist. Auf ihrer Asylsuche vertrauen sich viele Christen skrupellosenSchleusern an, um irgendwie aus dem Irak herauszukommen. Den etwa 500.000 imLand verbliebenen Christen schlägt aus der muslimischen Bevölkerung Haßentgegen. Sie gelten als fünfte Kolonne Washingtons. Je mehr Bomben von obenauf irakische Städte fallen werden, desto größer wird der Haß gegen dieChristen am Boden werden. In einer aufgeheizten Stimmung fallenPogromaufrufe gern auf fruchtbaren Boden. Es kommt schon jetzt zuÜbergriffen von "privater" Seite. Gerade in ländlichen Gegenden werdenChristen und deren Eigentum schnell zum Opfer fanatischer Muslime.

Der Vizepremier ist Christ

Der irakische Vizepremier, Tariq Aziz, ist ein chaldäischer (katholischer)Christ. Er vertrat das Land in vielen Auslandsmissionen. In einem System, indem Clan- und Gruppenloyalität der Schlüssel zu Erfolg und Beförderung sind,kann ein Christ in Führungsposition ein Segen sein. Wie imMafia-Klientelsystem hält Aziz seine Hand schützend über "seine" Chaldäer.Viele Christen dienen auch als Offiziere in den Streitkräften. Ob dieseChristen sich einfach nur an Römer 13 (jeder Christ sei der Obrigkeituntertan) halten oder unter Gewissensqualen ihren Dienst versehen, bleibtoffen. Generell fällt auf, daß die Christen im irakischen Kernland denDespoten Saddam wie jeder Iraker loben. Selbst unter vier Augen fällt keinkritisches Wort über den Tyrannen vom Tigris. Denn niemand kann sicher sein,daß sein Gast kein Informant ist. Was, wenn sich der Fremde an höhererStelle verplappert? Man muß schon die kleinen Zeichen und Verhaltensweisenbemerken. Im Umfeld der hymnischen Lobreden auf Saddam Hussein fällt nurauf, daß die Christen nüchtern über den Diktator reden und es vermeiden, dieüblichen Elogen auf ihn zu halten. In ihren Privathäusern hängt imWohnzimmer üblicherweise nicht das obligatorische Saddam-Gemälde, sondern,je nach Konfession, ein Kreuz, ein Papstbild oder eine Ikone. Auf die Fragenach dem fehlenden Saddam-Porträt bekommt man nur einen Blick auf den Boden.

Man darf das Fehlen bemerken, aber keine Stellungnahme erwarten, die sie umKopf und Kragen bringen könnte.

Was kommt nach Saddam?

Die Kirchen in Bagdad denken pragmatisch-kurzsichtig. Sie richten sich nachdem Sprichwort: "Besser mit dem Teufel verhandeln, den man kennt." Nochschützen die Büttel des irakischen Sicherheitsapparates vor heimlicheingereisten islamistischen Haßprediger. Nach dem Sturz des Saddam-Regimesfürchten Christen, daß eine neue islamistische Führung wie im Iran kommt unddamit offener Terror gegen die Christen ausgeübt wird. Völlig ablehnendgegenüber Hussein sind dagegen die Christen in der Autonomen RegionKurdistan im Norden des Irak. Dort erlitten sie wie die Kurden irakischeGiftgasangriffe. Hier wird offen ein Ende des Saddam-Regimes herbeigesehnt.



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