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Die deutsche Stunde der Kirche

15. April 2006 in Deutschland, keine Lesermeinung
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Über die Wahl, das Programm und andere Details von Papst Benedikt XVI. - von Paul Badde / Die Welt.


Berlin (www.kath.net / Die Welt)
Joseph Ratzinger wurde am 16. April 1927, einem Karsamstag, in Marktl am Inn geboren und wenige Stunden später mit dem frisch geweihten Wasser der Osternacht getauft. Der Zusammenhang hat sich ihm tief eingeprägt. Vielleicht war er ja damals schon hellwach.

Morgen, an seinem 79. Geburtstag, spendet der Sohn eines Gendarmen nun erstmals einer Milliarde Katholiken und überhaupt der ganzen Welt (hinter der Stadt Rom) seinen österlichen Segen. Über Satellit werden seine Worte in über 65 Länder getragen. Mehr Menschen hat noch kein Deutscher je erreicht: morgen feiert Joseph Ratzinger sein erstes Osterfest als Papst.

Wenn er dazu schon heute Abend von Norden her in den Petersdom einzieht, wird er, sobald er die Achse der Basilika erreicht hat, auf einer kreisrunden Porphyr-Platte im Boden der Basilika – gleich hinter dem Hauptportal unter der Loggia, auf der er vor einem Jahr zuerst in das Licht all dieser Kameras ins Freie trat – eine rechtwinklige Wende nach Westen machen, um sich von hier zum Hauptaltar zu wenden.

Diese rote Platte war schon in der Vorgänger-Basilika Kaiser Konstantins an dieser Stelle in den Boden eingelassen, wo sie bis heute einen unvergleichlichen Wendepunkt der Geschichte Europas und der Deutschen fest hält. Auf dieser Platte hat Papst Leo III. dem Frankenkönig Karl aus Aachen in der Weihnachtsnacht 800 die Kaiserkrone des Römischen Reiches aufgesetzt. Es gab zu der Zeit jedoch noch einen römischen Kaiser, doch nur im Osten – während Westrom im Jahr 476 in der Völkerwanderung untergegangen war.

Das wusste natürlich auch Leo III. – Mit dem Schachzug der Kaiserkrönung Karls ließ er dieses Reich damals wieder auferstehen und es - in einer „translatio“ - sogar über die Alpen wandern. Es war der große Anschluss des Nordens und Westens an die lateinische Kultur des Mittelmeers. Seit dieser Stunde gab es zwei Kaiser – und schon 812 erkannten die Byzantiner Karl den Großen als ebenbürtig an, in einer völlig neuen Balance zwischen West und Ost.

Die Reichsgründung sollte gut 1000 Jahre Bestand haben. Natürlich haben die Franken die Epochenwende dennoch in der Mehrzahl erst Jahrhunderte später zu deuten gewusst. Und ähnlich, nur ungleich sublimer, muss wohl auch der Schritt begriffen werden, mit dem Joseph Ratzinger vor einem Jahr „als demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“ als Papst auf der Loggia über dem Petersplatz erschien.

Nach dem großen Polen in den Schuhen des Fischers darf die Wende dieser letzten Wahl jedoch wohl als Schachzug des heiligen Geistes begriffen werden. Nicht, oder nicht nur, weil diesmal ein „Mozart der Theologie“ dem prophetischen Johannes Paul II. folgte. Gewaltiger war, dass am 19. April 2005 erstmals ein Mann aus dem Land der Reformation Nachfolger Petri wurde.

Ein Jahr später sind die Folgen auch davon noch gar nicht abzusehen. Gewiss ist freilich dies: seit diesem Abend hat Deutschland ein neues Gravitationszentrum bekommen, weit außerhalb seiner Grenzen, rund 2000 Kilometer von Berlin entfernt. Die Deutschen in Deutschland können das in ihrer Mehrzahl vielleicht noch so wenig wahrnehmen wie die Franken zur Zeit der Krönung Karls in Roms ihre Zeitenwende begriffen haben. Wie sollte es anders sein?

In Rom sieht es dennoch anders aus, wo die Römer Benedikt XVI. schon vom ersten Tag an „dolce“ fanden – und bald danach einen „Thomas von Aquin unserer Zeit“. Ein Jahr nach der Wahl ist nun aber auch Rom selbst in diesen Tagen wieder zu einer Stadt deutscher Stimmen geworden: fast schon zu einem „Rom deutscher Nation“. Benedikt XVI. zieht schon an normalen Tagen weit mehr Pilger an als sein großer Vorgänger, bei jeder Audienz am Mittwoch, bei jedem Angelus am Sonntagmittag, wenn der Petersplatz auch im Winter brechend voll von Menschen ist. Bei diesem ersten Osterfest übertrifft er nun jeden Rekord.

Benedikt XVI. hatte schon Recht, als er am 19. April 2005 das Votum der Kardinäle „wie das Fallbeil einer Guillotine“ auf sich zukommen sah. Die Wahl trennte danach wirklich im Bruchteil einer einzigen Sekunde sein ganzes früheres Leben von ihm ab – es trennte aber auch eine Epoche von der anderen. Seit diesem Tag gibt es in Europa wieder zwei „Kaiser“ – zwei mindestens gleichwertige Instanzen der Deutungshoheit über die Gesellschaft, die Politik, die Geschichte, die Ethik.

Seit diesem kühlen Apriltag ist der Primat der säkularen Welterklärung unter leisem Nieselregen auf dem Petersplatz zusammen gebrochen wie ein altes Kartenhaus. Keiner macht Joseph „Benedikt XVI.“ Ratzinger inmitten des radikalen Wertewandels die Ebenbürtigkeit seiner Stimme in allen relevanten Debatten streitig. Entscheidender ist aber vielleicht dennoch eine Kleinigkeit für das geprüfte Deutschland; und nach dem Leid der grauenhaften Erfahrungen des letzten „deutschen“ Jahrhunderts wurde sie von keinem so genial erfasst wie in der Headline-Konferenz der BILD-Zeitung: „Wir sind Papst.“

Denn das stimmt tatsächlich: seit dem 19. April 2005 haben auch endlich deutsche Lutheraner „ihren“ Papst, und deutsche Evangelikale wie deutsche Juden, deutsche Moslems, deutsche Agnostiker, selbst deutsche Atheisten und Neuheiden – und nicht zuletzt die deutschen Katholiken, von denen sich so viele so oft vor den Glaubenskämpfen des letzten Jahrhunderts einer Modernität an den Hals warfen, die sie schon am nächsten Morgen hoffnungslos altmodisch aussehen ließen.

Benedikt XVI. aber ist wohl der modernste Papst, den wir seit langem hatten, dazu ein „gelernter“ Papst, der das Pontifikat Johannes Paul II. nicht nur entscheidend mitgestaltet hatte, sondern der an seiner Seite auch Jahr um Jahr erlebt und geschaut hatte, wie es ist, Papst zu sein. Dass er auch dabei schon manches beobachtet hatte, was er anders gemacht hätte, steht auf einem anderen Blatt.

Als gewiss darf heute aber auch gelten, dass er eine Art „Kronprinz“ des „geliebten Vorgängers“ war, bei dessen Namensnennung noch immer der Petersplatz vor Applaus explodiert. Dass der Liebling des geliebten Vorgängers in dem äußerst kurzen Konklave aber auch wirklich gewählt wurde, muss dennoch als kleines Wunder gelten. Das ging nicht ohne Kampf. Wer Bilder lesen kann, konnte dies mehr als jedem Getratsch gleich nach der Wahl schon einem überaus sprechenden ersten Bild entnehmen.

Unmittelbar nach dem Konklave versammelten sich alle Kardinäle mit dem neuen Papst neben der Sixtinischen Kapelle in der Sala Ducale noch einmal zu einem ersten Gruppenbild: der neue Papst in der Mitte in Weiß, alle Kardinäle dicht an dicht in Purpurrot im Halbkreis um ihn versammelt, bis auf eine einzige Ausnahme.

Rechts neben Benedikt XVI. steht da hoch aufgerichtet Joachim Kardinal Meisner aus Köln, immer noch kampfgerötet, freigelassen durch fast einen Meter Abstand links und rechts vom Kollegium seiner eng beieinander stehenden bischöflichen Mitbrüder, als wage immer noch keiner, ihn zu berühren – gerade so, als wäre er ein flügelschlagender Erzengel, der den neuen Papst über die Wahl hinaus noch in diese ersten Schritte des neuen Pontifikats hinein begleitet habe. Was war geschehen? Das bleibt ein Geheimnis dieses Konklaves. Nur dies ist gewiss: mit diesem Schritt über die Schwelle der Sixtina hatte die deutsche Stunde der Weltkirche begonnen. Im Sommer am Rhein wurde der Aufbruch gleichsam noch einmal am Rhein in Tagen besiegelt, wie Deutsche sie noch nie erlebt hatten.

Und dennoch: es bleibt eine Stunde der Geschichte, eine Frist, eine einzigartige Chance und wohl keine Epoche. Keinem wird dies bewusster sein, als Benedikt XVI. selbst, und er wird die Zeit zu nutzen wissen – in einem Alter freilich, das ihn nur wenig von seinem Vorgänger unterscheidet. Er hat nicht mehr viel Zeit, könnten Beobachter meinen.

Seinen roten Messmantel aber hat er sich über und über mit der Jakobsmuschel seines Wappens so besticken lassen, wie die Bourbonen ihre Königsmäntel einmal mit den Lilien des Feldes vom See Genezareth schmückten. Die Muschel ist das Symbol der Wahrheitssuche des heiligen Augustinus ebenso wie das klassische Pilgerabzeichen der Santiago-Pilger.

Benedikt XVI. will noch ein Stück weit gehen. Drei Ziele hat er dabei jetzt schon fest im Auge. Die Heiligkeit der Person wird er gegen jede Ideologie verteidigen. Sein Vorgänger hat den Totalitarismus erlitten. Er aber hat „die totalitäre Versuchung“ als Deutscher aus einer Nähe erlebt, von deren Gefahren kommende Generationen kaum noch eine Vorstellung haben. Außerdem wird er die Liturgie als Raum des Heiligen wieder herstellen, deren Zusammenbruch er erlebt hat wie eine einstürzende Kathedale. Die Brüche, die das Konzil in der Kirche hinterlassen hat wie ein Erdbeben, wird er behutsam zu überbrücken versuchen. Schließlich wird er die christliche Pflicht zur Verteidigung ihres Anspruchs auf den öffentlichen Raum nicht mehr aufgeben – heraus aus der privaten Nische, in die Europas Christen sich seit Jahrhunderten haben abdrängen lassen.

Eine verlorene Schlacht? Vielleicht. Er wird sie dennoch aufnehmen. In ihm tritt der Moderne wie der „Diktatur des Relativismus“ ein Vertreter des Absoluten entgegen, der sein Motto („Mitarbeiter der Wahrheit“) schon 1977 mit den Worten begründete: und erläuterte, dass er gerade die Wahrheit gewählt habe, „weil in der heutigen Welt das Thema Wahrheit fast ganz verschwunden ist, weil sie als für den Menschen zu groß erscheint und doch alles verfällt, wenn es keine Wahrheit gibt.“

Foto: © Agenzia SIR



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