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Ein verbotenes Erfolgsmodell

24. Juni 2005 in Interview, keine Lesermeinung
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Brian Ray, Direktor des Nationalen Hausschulforschungsinstituts (USA) im Interview über Hausschulen - "Die Welt missioniert unsere Kinder offenbar effektiver, als unsere Kinder die Welt missionieren können"


Wien (kath.net/idea)
In den USA werden rund zwei Millionen Kinder zu Hause unterrichtet. In Deutschland ist das verboten. Tun Eltern es trotzdem (zwischen 2.000 und 3.000 Kinder sollen eine "Hausschule" besuchen), müssen sie wie jüngst in Paderborn sogar mit Haftstrafen rechnen. Denn ein Gesetz aus nationalsozialistischer Zeit hat die allgemeine Schulpflicht 1938 in einen Schulzwang verwandelt. Der weltweit führende Experte zum Thema häuslicher Unterricht ist der US-Amerikaner Dr. Brian Ray, Direktor des Nationalen Hausschulforschungsinstituts in Salem (Oregon). Im Gespräch mit Marcus Mockler erläutert er, warum diese alternative Bildungsform in Amerika so viel Erfolg hat.

idea: Herr Dr. Ray, warum ist Hausunterricht in den USA so beliebt?

Ray: Aus sehr unterschiedlichen Gründen. Der Einstieg ist für die meisten Eltern Unzufriedenheit mit dem, was an öffentlichen Schulen passiert. Sie wollen beispielsweise nicht länger zusehen, wie ihr Kind dort von anderen geschlagen wird - und keiner greift ein. Sie wollen nicht, daß ihr Kind einem Lehrer ausgesetzt bleibt, der pädagogisch völlig überfordert ist und dem Kind schadet. Zehn Prozent der Schüler von öffentlichen Schulen in den USA geben an, von einem Lehrer schon einmal sexuell mißbraucht oder sexuell belästigt worden zu sein. Dazu kommt der Druck in einer Schulclique, Alkohol, Drogen oder Sex auszuprobieren. Aus dem allen wollen die Eltern ihre Kinder rausholen.Familien genießen gemeinsame Zeit

idea: Ist das nicht ein wahnsinniger Streß für Mütter und Väter, in den eigenen vier Wänden die Schule zu ersetzen?

Ray: Interessanterweise tritt nach ein paar Monaten der Effekt ein, daß es Eltern wie auch das Kind genießen, mehr Zeit miteinander zu verbringen, sich besser kennenzulernen, füreinander da zu sein. Dann melden die Eltern bald ihre anderen Kinder von der Schule ab, unterrichten alle zu Hause und merken, daß das auch der Geschwisterbeziehung spürbar gut tut.

idea: Gibt es nicht auch häufig Hausunterricht aus ideologischen Gründen - weil man mit religiöser, ethischer und politischer Ausrichtung der Schule nicht einverstanden ist?

Ray: Richtig ist: Immer mehr Eltern sehen es als ihre Aufgabe an, die Kinder selbst zu erziehen und ihnen dabei die Werte zu vermitteln, die sie selbst für wichtig halten. Darunter sind viele Christen - aber auch Atheisten, Mormonen, Muslime und Juden tun das. Sie fragen sich: Warum lassen wir unsere Kinder jeden Tag mehrere Stunden durch andere Menschen prägen, die vielleicht ein ganz anderes Weltbild und Wertesystem haben? Warum prägen wir sie nicht selbst?Hausschüler leben nicht isoliert

idea: Wie viele Eltern von Hausschülern sind entschiedene Christen?

Ray: Rund 70 Prozent der Eltern würden sich vermutlich so einstufen. Christen sind hier eindeutig überproportional stark vertreten.

idea: Manche Christen in Europa lehnen Hausunterricht nicht zuletzt deshalb ab, weil sie sagen: Wir sollen als Christen Salz und Licht in dieser Welt sein - und unsere Kinder sollen an der Schule Zeugen für Jesus Christus sein. Schaden wir dem christlichen Zeugnis nicht, wenn wir die Kinder von der Schule abziehen?

Ray: Zuerst muß man sagen: Hausschüler gehen zwar nicht mehr in die öffentliche Schule, aber sie haben selbstverständlich weiterhin vielfältig Kontakt auch zu anderen Kindern - etwa im Sportverein oder in einem Chor oder im Verbund mit anderen Hausschülern, unter denen ja keineswegs alle Christen sind. Deshalb ist auch die Sorge, daß durch Hausunterricht Parallelgesellschaften entstünden, durch die Erfahrung nicht gedeckt. Unsere Zahlen belegen: Hausschüler sind später stärker ehrenamtlich engagiert als andere Schüler, sie beteiligen sich häufiger an Wahlen, schreiben mehr Leserbriefe, werden seltener kriminell usw.

Wie Kinder "missioniert" werden

idea: Aber als kleine Missionare an den Schulen fallen Hausschüler aus ...

Ray: Das stimmt. Jesus hat die Last der Mission auch nicht zuerst Grundschülern, sondern Erwachsenen auferlegt. Außerdem werden die missionarischen Chancen, die Kinder haben, doch sehr überschätzt. Wenn ich bedenke, wie viele erwachsene Christen in Führungspositionen kaum die Chance nutzen, zu Mitarbeitern und Kunden über Jesus Christus zu sprechen - was muten wir da unseren Kindern zu, die in ihren Schulklassen die großen Missionare sein sollen? Es läuft laut Untersuchungen leider genau umgekehrt: Schüler aus christlichem Elternhaus verhalten sich statistisch kaum anders als andere Schüler, wenn wir das an Themen wie Alkohol- und Drogenmißbrauch oder vorehelichem Geschlechtsverkehr festmachen. Die Welt missioniert unsere Kinder offenbar effektiver, als unsere Kinder die Welt missionieren können.

idea: Wie schneiden Hausschüler im Vergleich zu anderen Schülern ab?

Ray: Ihre Ergebnisse sind im Durchschnitt 15 bis 30 Prozent besser als die von Kindern und Jugendlichen, die eine öffentliche oder private Schule besuchen.

Erfolgsgeheimnis: Individueller Unterricht

idea: Wie erklären Sie sich das?

Ray: Das ist ganz einfach. Ab und zu veranstalte ich Fortbildungen für Lehrer. Dort stelle ich immer mal wieder folgende Fragen: Was hielten Sie davon, Klassen mit nur drei oder vier Schülern zu haben? Was hielten Sie davon, auf die Lerngeschwindigkeit jedes einzelnen Kindes Rücksicht nehmen zu können? Wie wäre es, ein Kind in seinem stärksten Fach wie einen Gymnasiasten, in seinem schwächsten wie einen Hauptschüler zu behandeln? Wie wäre es, erst dann zur nächsten Lerneinheit überzugehen, wenn die aktuelle Einheit auch wirklich verstanden wurde? Und immer kommt dieselbe Antwort der Lehrer: Das wäre absolut wünschenswert. Und sehen Sie: Genau das leistet der Unterricht zu Hause.

idea: Wie kann das Hausunterricht leisten, wo doch die meisten Eltern keine pädagogische Ausbildung haben?

Ray: Die Untersuchungsergebnisse zeigen, daß pädagogische Ausbildung nicht das entscheidende Kriterium ist. Motivierte Eltern können hier offenbar mehr erreichen als Pädagogen, die sich gegen die Größe der Klassen und andere Probleme des Schulsystems nicht wehren können.

idea: Liegt das gute Abschneiden der Hausschüler vielleicht daran, daß ihre Eltern überragend gebildet und finanziell wohlsituiert sind?

Ray: Das dürfte nur zu einem geringen Teil eine Rolle spielen. Unsere Ergebnisse zeigen, daß bislang Eltern, die zu Hause unterrichten, etwas überproportional weißer Hautfarbe sind und im Durchschnitt einen etwas höheren Schulabschluß haben. Finanziell sind sie aber absolut durchschnittlich.

idea: Hausschule spielt sich also nicht nur in elitären Familien ab?

Ray: Nein, der Trend geht in die Gegenrichtung: Immer mehr Schwarze und Einwanderer aus Mittelamerika entscheiden sich für den Hausunterricht. Beachten Sie dabei folgende Auswirkung: In öffentlichen Schulen bestimmt der soziale Status der Eltern stark das Abschneiden ihrer Kinder. Das finden Sie ja auch in Deutschland. Bei Kindern, die zu Hause unterrichtet werden, hängt die Leistung in viel geringerem Maße vom sozialen Status der Eltern ab. Im Klartext: Ein Kind aus einer einkommensschwachen schwarzen Familie erreicht mit hoher Wahrscheinlichkeit einen besseren Schulabschluß, wenn es zu Hause unterrichtet wird, als wenn es eine öffentliche Schule besucht.

idea: Für die Vermittlung des Grundschulwissens würden sich die meisten Eltern fit genug fühlen. Aber sind viele nicht mit den Lehrplänen von Geschichte in der 9. Klasse oder Physik in der 11. Klasse völlig überfordert, weil sie selbst kaum etwas davon wissen oder alles vergessen haben?

Ray: Das ist natürlich ein Problem. Deshalb ist der Begriff Hausschule gerade bei älteren Kindern auch irreführend. Denn tatsächlich bilden sich überall in den USA neue Verbünde. Da kommen in der Nachbarschaft einmal in der Woche die Kinder zusammen, um sich von einer Biologie-Expertin unterrichten zu lassen, ein andermal treffen sie sich für physikalische Experimente. Der Unterricht findet also nicht ausschließlich zu Hause statt, es entwickeln sich neue Formen von Kooperationen. Das eigene Heim ist die Basis, aber für bestimmte Fächer und bestimmte Leistungsniveaus nutzt man den Verbund, sucht sich ehrenamtliche oder professionelle Lehrer für mehrere Kinder. Das funktioniert - aber dabei können die Eltern weiterhin frei entscheiden, von wem sie wie lange ihre Kinder unterrichten lassen.

Erfolg schafft guten Ruf

idea: Hatte Hausunterricht in den USA immer einen guten Ruf?

Ray: Überhaupt nicht. Vor mehr als 20 Jahren gab es noch US-Staaten, die das ausdrücklich verboten und Eltern inhaftierten - ähnlich, wie das momentan in Deutschland geschieht. Aber inzwischen ist die Schule zu Hause sehr anerkannt, weil sie auch hervorragende Schüler hervorgebracht hat.

idea: Wir danken für das Gespräch.



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