Nordische Bischofskonferenz-Sekretärin: Was letztendlich dann in eine Kirchenspaltung führen wird

11. März 2022 in Kommentar


Generalsekretärin Kaschner: Offenbar gibt es in „Deutschland Überlegungen, auch kirchliche Lehre zu verändern, was letztendlich in eine Spaltung führen wird“ – Was ist davon zu halten? kath.net-Einschätzung von Petra Lorleberg


Bonn-Kopenhagen (kath.net/pl) Kein Blatt vor den Mund nahm Sr. Anna Mirijam Kaschner, die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, bei ihrer Grundsatzkritik am deutschen Synodalen Weg im Kölner „Domradio“. Bei den Katholiken Skandinaviens gebe es sowohl bei den Bischöfen wie auch bei den Gläubigen die Sorge, „dass das Ganze in eine Art Kirchenspaltung führen wird. So wie das momentan aussieht, gibt es in Deutschland Überlegungen, auch kirchliche Lehre zu verändern, was letztendlich dann in eine Spaltung führen“ werde, diagnostizierte die hochrangige Laienchristin im Gespräch mit Domradio-Redakteur Tobias Fricke.

Konkret stellte sie fest, dass es „einige Punkte in den Bestrebungen des Synodalen Weges in Deutschland“ gebe, „die einfach mit der kirchlichen Lehre nicht zu vereinbaren“ seien. Seiten der Nordischen Bischofskonferenz bedauere man sehr, „dass die Deutsche Bischofskonferenz sozusagen vorgeprescht ist und sich irgendwie nicht darum gekümmert hat und nicht bemüht hat, auch vielleicht die Nachbar-Bischofskonferenzen mit in die Überlegungen einzubeziehen, sondern es wurde dort in Deutschland etwas verhandelt“. Als benachbarte Bischofskonferenz sei man „mehr oder weniger stille Zuschauer oder gerade noch Beobachter“. Zwar sei der Vorsitzende der nordischen Bischofskonferenz mit Beobachterstatus bei den Synodalversammlungen dabei, auch habe sie selbst in die digitale Version der „letzten Synodalversammlung“ verfolgt. Doch habe sie dort festgestellt, „dass Stimmen, die sich vielleicht etwas kritischer dem Ganzen gegenüber äußern, relativ schnell unterdrückt wurden“. Dies bekümmere sie sehr und es habe „nichts mehr mit synodalem Weg oder Synodalität zu tun“, stellte die Ordensfrau fest.

Natürlich gebe es seitens der Nordischen Bischofskonferenz auch in einigen Punkten Konsens mit der Deutschen Bischofskonferenz und ja, es müsse auch Reformen geben: „Wir haben ja auch geschrieben in diesem Brief [der Nordischen Bischofskonferenz, siehe Link], dass die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und auch die Verhinderung von Missbrauchsfällen in Zukunft absolute Priorität haben muss.“ Doch es sei nachzufragen, „welche Art von Reformen sollen das sein? Geht es um strukturelle Reformen? Kann die Veränderung von Strukturen das Glaubensleben in Deutschland erneuern? Und da haben wir einfach große Zweifel, denn wir merken in unseren Ländern - und das ist eigentlich auch das Anliegen dieses Briefes gewesen, nämlich den Blick über den Tellerrand der Deutschen Bischofskonferenz hinaus zu legen, einfach auch zu sehen, dass das, was in Deutschland passiert, auch an Bestrebungen, Veränderungen herbeizuführen, nicht unbedingt das ist, was in anderen Teilen der Weltkirche aktuell ist. Und da habe ich die Sorge oder auch unsere Bischöfe die Sorge, dass da etwas im Alleingang gemacht wird, was aber gar nicht zu der Lebens- und Glaubenswirklichkeit der Weltkirche passt.“

Auf die Frage des Domradios, ob bsp. die Geschlechtergerechtigkeit auch nur eine Zeitgeistfrage sei, reagierte sie mit der Gegenfrage, ob man seitens der Kirche zu allem Ja sagen müsse, was sich in der Gesellschaft verändere. „Hat nicht die katholische Kirche über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg genau ihre Glaubwürdigkeit darin gehabt, dass sie gesagt hat: Nicht alles, was mehrheitsfähig ist, ist auch gut, ist auch im Sinne des Evangeliums? Im Sinne dessen, was Kirche verkündet.“

Hier mahnten die nordischen Bischöfe zu Vorsicht und „zum Miteinbeziehen aller anderen Sichtweisen und Meinungen, die es eben auch gibt und die es, soweit ich weiß, auch in Deutschland gibt, die aber auch auf Grund der Mehrheitsmeinung, die natürlich in den Medien sehr stark vertreten ist, diese Stimmen oft nicht gehört werden.“ Doch sei es genau im Sinn des Synodalen Prozesses, den Papst Franziskus initiierte, diese Stimmen vernehmbar zu machen. Hier sollen sich auch jene Menschen äußern können, „die sich nicht trauen, in den Medien große Worte zu schwingen oder die in Debattenkulturen eine führende Stimme haben“.

Noch einmal weißt die hochrangige Laienkatholikin darauf hin, dass es „auch in Deutschland diese Aufbrüche“ gebe. Doch, sagte sie: „Was ich selber, in der dritten Synodalversammlung in Frankfurt im Video verfolgt habe, hat mich allerdings erschrocken. Die Reaktionen der synodalen Vertreter, sobald eine Äußerung kam, die etwas kritischer war zu dem Mainstream, waren unangemessen. Da wurden Leute ausgebuht und das kann nicht die Art sein, wie wir Synodalität leben und in christlichem Kontext miteinander umgehen.“

Einschätzung – Sr. Kaschner trifft den Nagel auf den Kopf:
-    mit ihrer Thematisierung der Befürchtung, dass in der katholischen Kirche in Deutschland Lehränderungen zu erwarten sind (seien wir ehrlich, diese Änderungen sind in der Vorort-Praxis bereits häufig da, vielleicht sogar schon mehrheitlich).

-    Mit ihrer deutlichen Warnung vor der Schisma-Gefahr (siehe Link). Notabene: Es wäre dann in Deutschland zumindest das Schisma 2.0 oder 3.0, je nach Einschätzung und Zählweise.

-    Mit ihrer Bemerkung, dass im medialen sowie innerkirchlichen Mainstream jene Meinungen, die den deutschen Synodalen Weg kritisieren, unterdrückt werden – eine Beobachtung, zu der übrigens unsere kath.net-Leser jede Menge Vorort-Erfahrungen aus dem konkreten Alltag in ihren Pfarreien, in Pfarr- und Bistumsblättern, an den theologischen Fakultäten, im Berufsleben als kirchliche Hauptamtliche in der Seelsorge sowie in den offiziellen Medienkanälen der Deutschen Bischofskonferenz beisteuern können.

Was Sr. Kaschner in der Kürze des Interviews nicht erwähnt, ist noch ein weiterer Punkt: dass bei all jenen, die für ihre kirchlichen Äußerungen (bsp. in der Forderung von Delegierten des Synodalen Wegs, das Priestertum abzuschaffen) nur dann ein „sentire cum ecclesia“ zu vermuten ist, wenn auch ein starke grundsätzliche Bereitschaft zum „credere cum ecclesia“ zu erkennen ist. Nagelprobe könnte die Haltung zu solchen Themen sein: Sag, was glaubst du über die Hl. Eucharistie / gehst du zur Beichte / wie stehst du zur Frage der Abtreibung? Klar muss sein, dass die „Dissenzkatholiken“ derzeit über die „Konsenskatholiken“ die absolute „Lufthoheit“ in öffentlichen und kircheninternen Medien sowie in den Pfarreien und Gremien haben.

Die wichtigen Bemerkungen von Sr. Kaschner – immerhin eine FRAU, was in den aktuellen Diskussionen nicht hoch genug eingestuft werden kann! – untermauern nicht nur die Kritik der Nordischen Bischofskonferenz.

Sondern sie reihen sich nahtlos ein in die Kritik des Apostolischen Nuntius in Deutschland (siehe Link), in die Kritik der Polnischen Bischofskonferenz (siehe Link). Hochgradig kritisch äußerten sich auch weitere wichtige katholische Christen, darunter Persönlichkeiten wie der Initiator des „Youcat“, Bernhard Meuser (siehe Link), die Professorin für Religionsphilosophie und Delegierte beim Synodalen Weg, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz (siehe Link), Bischof Rudolf Voderholzer (siehe Link) und sogar Purpurträger wie Walter Kardinal Brandmüller (siehe Link) Walter Kardinal Kasper (siehe Link) und last but not least der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Kardinal Müller (siehe Link).

Höhepunkt der Kritik am Deutsch-Synodalen Privatweg ist aber zweifellos der sehr persönliche Brief von Papst Franziskus an die deutsche katholische Kirche (siehe Link) im Juni 2019, an dem er nach eigenen Angaben einen gesamten Monat gegrübelt hatte. Dieser Brief, der ein deutliches Bemühen der deutschen Katholiken um Einheit mit der Weltkirche und um Neuevangelisierung in unserer Gesellschaft wünscht, wurde kurz diskutiert und dann aktiv „vergessen“. Spürbare Anstrengungen zu Einheit mit der Lehre der Weltkirche sowie zur Neuevangelisierung sind weder breit auf Pfarreiebene, noch auf Ebene der deutschen Bistümer noch auf Ebene von DBK, ZDK und Synodaler Weg zu erkennen! Genaugenommen ist es eine Frechheit, wie die katholische Kirche in Deutschland auf einen Brief reagiert, den unser Papst erkennbar mit Herzblut geschrieben hat.

Doch machen wir uns nichts vor: Auch diese meine kritischen Bemerkungen werden in den deutsch-privatkatholischen Papierkorb entsorgt werden. Dort liegen sie dann und erfreuen sich an der trauten Gemeinschaft mit dem Katechismus der katholischen Kirche, mit den entsprechenden Äußerungen der Weltkirche, mehrerer Bischofskonferenzen und von Papst Franziskus. Die DBK hat ja bereits reagiert: man werde gegenüber der Nordischen Bischofskonferenz zwar sachlich reagieren, aber durchaus klarmachen, was Sache ist (siehe Foto unten). Vielleicht ist man sich auch nicht zu schade für finanzielle Anreize hier und anderswo...

Doch wo ist die Nische, wo Konsenskatholiken in Deutschland noch ihr Katholischsein in voller Einheit mit der Weltkirche leben können? „Herr, wohin sollen wir gehen? Nur DU hast Worte ewigen Lebens.“ Konsenskatholiken in Deutschland können derzeit eigentlich nur noch hilflos beten: „Herr, gib uns Wegweisung und wahre Hirten.“

 

Zur Dokumentation - Deutsche Bischofskonferenz reagiert auf Twitter auf die Kritik der Nordischen Bischofskonferenz an DBK und Synodalem Weg

 

 


© 2022 www.kath.net